Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 341

Eck an Hieronymus Aleander
Ingolstadt
07-01-1539



Rom Arch Vat, Germania 52, fol 204v - 205r(Kopie);
Rom Bibl Vat 12127 fol 373v (Kopie)

Eck schreibt Aleander mit Seufzen über den Niedergang des Glaubens und der Frömmigkeit in Deutschland. Sogar sein Landesfürst rät ihm, das Land zu verlassen. Die Häresie hat nicht mit Vernunftargumenten und mit Hilfe der Schrift den Sieg davongetragen, sondern rein fleischliche Dinge haben den Ausschlag gegeben. Der Papst zögert damit, Deutschland durch das Konzil zur Hilfe zu kommen, und der Kaiser sinnt über ganz andere Dinge nach und gibt so Deutschland dem Verderben preis. Eck fürchtet, daß die Häresie durch ihre Erfolge immer mehr Einfluß auf die Jugend gewinnt und die Verachtung für Kaiser und König zunimmt. Weiteres wird Ecks Bruder Simon berichten.

Exemplar literarum Doctoris Joannis Eckij ad Reverendissimum Dominum Hieronymum Aleandrum Cardinalem Brundusinum Legatum.

Paratissima obsequia pro salute cum sui commendatione. Reverendissime Pater et Domine Amplissime!

Gemens et in suspiriis scribo in dies rem fidei ac religionis fieri deteriorem in Germania, et maxima impendere Catholicis damna, adeo ut magnus princeps mihi scribat, ut cogite mihi alio migrandum esse. Non vincit nos heresis rationibus et scripturis, sed quia »sapit carnem, et dicit populo placentia«, iuxta Hieremiae vaticinium, ideo turba turbatione acta illam sequitur. Tardat pontifex nobis succurrere concilio, Caesar, dum alia meditatur, perdit Germaniam. Serpentem irrequietum Germaniae timeo, qui iam tot victoriis iuvenis potitus insolescit, toties Caesarem et Regem contemptis.

Reliqua frater Doctor Simon exponet; me et ipsum habeat amplitudo tua commendatum.

Deus opt. max. sospitet te in multos annos.

Ingolstadii 7. Januarij XXXIX.



Bereitwilligster Gehorsam zum Gruß und meine Empfehlung!

Hochwürdigster Vater und hochgeachteter Herr:

Seufzend und schwer atmend muß ich Euch mitteilen, daß es um die Sache des Glaubens und der Religion in Deutschland immer schlechter steht und den Katholiken größter Schaden droht, so daß ein großer Fürst mir schon zum Auswandern rät. Die Häresie bezwingt uns nicht mit Vernunftgründen oder mit Hilfe der Heiligen Schrift, sondern weil sie »nach Fleischlichem schmeckt und dem Volk zu Gefallen redet.« So die Prophetie des Jeremias. So folgt ihr die Masse, von Verwirrung getrieben. Der Papst zögert, uns das Konzil einzuberufen, der Kaiser hat anderes im Sinn und stürzt Deutschland ins Verderben. Ich fürchte die Unruhe stiftende Schlange, die durch so viele Siege sich der Jugend unter Verachtung von Kaiser und König bemächtigt hat und immer übermütiger wird.

Das Weitere wird mein Bruder, Doktor SIMON, erklären; mich und ihn empfehle ich Eurer Erhabenheit!

Der allmächtige Gott behüte Euch auf viele Jahre!

Ingolstadt, 7. Januar 1539.