Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 351

Eck an Simon Thaddaeus Eck, Offizial in Wien
Ingolstadt
31-07-1539



Rom Bibl Vat, 6404, fol 9r-10r (zeitgen. Kopie)
Nuntiaturberichte I, 4, 2, 589 Anm. 1 (Auszug)

Leonhard Rebhan, der Prediger und Kanonikus aus Thann und vor der Vertreibung des Klerus aus Basel dort Prediger, hat Eck berichtet, daß die Franzosen von den Bernern die Kastelle zurückforderten, die sie vor vier Jahren dem Herzog von Savoyen weggenommen hatten; keines der Kantone außer Basel und Schaffhausen wollte den Bernern helfen, weil diese zugunsten der von der Kirche abgefallenen Genfer den Krieg begonnen hatten. Er berichtete auch von einem Aufstand der Schiffer in Konstanz, der von der Obrigkeit niedergeschlagen wurde. Der Grund ist die Vertreibung des Klerus. Am Tag vor Bartholomäus soll durch Vermittler über die Gravamina verhandelt werden. Der Kaiser wird in Brabant erwartet, wo sich der Pfalzgraf Friedrich aufhält. Die Königin Maria soll auf dem Weg nach Spanien sein, um dort während der Abwesenheit des Kaisers die Statthalterschaft zu übernehmen. Von dem Kolloquium in Nürnberg ist nichts zu befürchten. Die katholischen Fürsten wollen dorthin keine Gesandten schicken wegen der Klausel der Lutheraner, die die Präsenz des Papstes und seines Legaten und Nuntius verbietet. Der Erzbischof von Lund hat jedoch unverständlicherweise diesem Artikel zugestimmt. Er steht im Verdacht, von den Lutheranern bestochen zu sein wie sein Vorgänger, der Bischof von Konstanz Waltkirch. Er behauptet, wäre der Kaiser besser informiert, würde er den Nürnberger Artikeln zustimmen. Einem lutherischen Grafen hat er das Kloster Salfeld verkauft und den Leipziger Dominikanern das Messelesen, Predigen und Beichthören verboten. Der Freiburger Exminorit Dr. Creutzer predigt jetzt dort im lutherischen Sinne. Der Leipziger Rat hat Urbanus Rhegius 500 Gulden für die Annahme des Predigtamtes geboten; nie ist in ganz Deutschland einem Katholiken so ein Angebot gemacht worden. Cochläus schrieb Eck am 22-06-1539, er wolle die Ingolstädter Pfarrstelle nicht annehmen. Wegen Zacharias lohnt die ganze Aufregung nicht. Eck hält sich gesund, nimmt regelmäßig Bäder, beobachtet daraufhin die Reaktionen seines Körpers, jedoch ist er entgegen den Lügen seiner Gegner dem Ingolstädter Lehrbetrieb und seinem Predigtamt durchaus gewachsen. Der Freisinger Bischof hat Eck für acht Tage an seinen Hof geladen, ihn aufgeheitert, seinen Wein genießen lassen und ihm auch sonst manche Ehre angetan. Er fühlt sich so gesund, daß er zu Fuß nach Rom und weiter laufen würde, hätte er nicht den verletzten Fuß.


E literis D. Eckii ad D. Simonem fratrem officialem Viennensem ultima Julii 39.

Reverendissimo Domino Legato et Domino Viennensi dicas quod his diebus
fuit mecum Dominus Lionardus Rebhan praedicator et canonicus in Than, qui prius fuit praedicator Basileae ante exilium cleri.

Ille retulit inter alia: Gallum repetiisse arces et castella quas Bernenses abstulerunt duci Sabaudiae ante quatuor annos habito conventu in Baden. Nullus ex cantonibus voluit assistere Bernensibus nisi Basilea et Schaffhausen, quia bellum fuerit inceptum per Bernenses in favorem Gebennensium a fide catholica deficientium.

Retulit etiam magnam seditionem motam fuisse Constantiae, et incepit...nauarcharum: Nobiles tamen et aliqui ex comunitate sedarunt hunc tumultum. Causam illam praetendit plebs contra senatum, quia eiecerint clerum: ex quo ipsi se et pueros nutrierunt. Et senatus iam augeat gravamina plusquam clero ... aut ergo senatus reducat clerum aut tollat gravamina. Dati sunt mediatores a senatu et plebe qui pronunciant ante Bartholomei super illis gravaminibus. Diabolus semper cavet ne seditiones progrediantur apud Lutheranos.

Expectamus Caesarem: Nam dux Faedericus Palatinus debet esse ... in Brabantia. Regina Maria debet petere Hispanias illic gubernatura Caesare absente. Sparsum adhuc apud nos an Imperator in Insubriam aut Belgas venturus sit.

De colloquio hereticorum Norimbergae nihil est quod timeamus. Nemo enim ex catholicis principibus vult aliquem illuc destinare propter clausulam qua Lutherani excluserunt Romanum pontificem et Sanctitatis Suae legatum et nuntium ab illo colloquio.

Pessime audivit Lundensis, quod ipse ecclesiasticus, triplex episcopus tot modis Sanctissimo Domino Nostro juratus, ausus fuit talem articulum insanum contra pontificem admittere et acceptare. Dux Wilhelmus hactenus fecit ei magnam reverentiam, non facturus posthac.

Reddidit se suspectum Lundensis ne auro tholosano sit corruptus, sicut praedecessor suus Waltkirchius episcopus Constantiensis, qui pessime peccavit in negotio religionis. Data enim pecunia collaudavit officia Ludderanorum; dixit Caesarem male informatum; se non dubitare, si Caesar audiret et videret, illum omnia adprobaturum. Haec et similia multa proditorie egit cum hostibus ecclesiae. Preter monasterium Salfeld Lutherano comiti venditur.

Lipsiae Paulinis fratribus et Praedicatoribus interdictum est ne missas amodo celebrent, horas canonicas cantent vel orent ... praedicent aut confessiones audiant. Campane eorum indictum silentium, imagines tum argenteae et alia praeciosa omnia ex monasterio adempta. Praedicat ibi Doctor Creutzer pessimus Lutheranus, si non fallor natus ex Friburgo Brisgaudiae. Adest illic pessimus apostata ex minoribus. Hi pessima quaque praedicant contra papam, cardinales, episcopos, monachos et clerum, ut sic volunt esse evangelica.

Senatus Lipsensis offert Urbano Regio quingentos florenos pro praedicatura: nullus ex catholicis tamen habuit ex concionandi officio per totam Germaniam, et illis bestiis datur.

D. Cochleus, frater meus, scripsit mihi ex Misna 22 Junii nil adhuc erat immutatum, tamen non vult acceptare ecclesiam D. Mariae Ingolstadii dux Wilhelmus volebat ei addidisse ... florenis ex camera.

Porro de Zacharia non oportet tanti facere bastardi illius calumnias. Ego a multis annis dedici fortiter ferre nebulonum similium iniurias. Et quis est Zacharias filius meretricis, pessimis moribus constans mendacissimus, et cui nec hospes mensuram vini crederet nisi ... facie.

Ego de gratia Dei fui et sum sanus. Hac aestate uvula pondebat aliquandiu ex balneo, sed sine omni dolore. Nonnumquam sensi hac aestate dolorem, ut crucifero voluissem illum redimere: ex balneo caput erat humoribus repletum, unde uvule lapsus et oculorum pressio sine dolore; semper lectionem meam legi, semper concionatus sum in templo et in arce: unde nil terrebere huiusmodi mendaciis.

Toties vocatus a Reverendissimo principe Frisingensi fui per octo dies ante Magdalenae, qui me multum exhilaravit, et in gratiam mei doctorem Appell vocavit. Hic optimis vinis suis et sanissimis non enim condit, ut vectores et hospites adeo sanum me effecit, ut si non esset pes totus lesus, non dubitarem arripere iter Romanum vel longius. etc.

Datum Ingolstadii ultima Julii Anno etc. 39.

Dem hochwürdigsten Herrn Legaten und dem Bischof von Wien teilt mit, daß in diesen Tagen Herr LIONARDUS REBHAN, der Prediger und Domherr in Thann, bei mir war, der Prediger in Basel gewesen ist, bevor der Klerus vertrieben wurde.

Dieser berichtete unter anderem:

Der Franzose habe die Burgen und Festungen zurückgefordert, die die Berner dem Herzog von Savoyen vor vier Jahren nach dem Konvent in Baden weggenommen hätten. Keines der Kantone wollte den Bernern Beistand leisten außer Basel und Schaffhausen, denn der Krieg war von den Bernern zugunsten der Genfer geführt worden, die vom katholischen Glauben abgefallen waren.

Er berichtete auch, daß in Konstanz ein großer Aufruhr stattgefunden hat, ... jetzt auch unter den Rheinschiffern. Adel und einige Bürger der Stadt schlugen diesen Aufstand jedoch nieder. Als Grund gab das Volk gegenüber dem Rat die Vertreibung des Klerus vor, von dem sie sich selbst und ihre Kinder ernährt hätten...Entweder der Rat hole den Klerus zurück oder hebe die Gravamina auf usf. Vermittler zwischen Rat und Volk sollen nun vor dem Bartholomäustag über diese Gravamina beraten. Der Teufel sorgt immer dafür, daß bei den Lutheranern keine Aufstände aufbrechen.

Wir erwarten den Kaiser, denn Herzog FRIEDRICH VON DER PFALZ soll...in Brabant sein. Königin MARIA soll nach Spanien reisen, um dort in Abwesenheit des Kaisers die Regentschaft zu führen. Bei uns wird ausgestreut, daß der Kaiser in die Niederlande oder nach Belgien kommt.

Über das Nürnberger Kolloquium der Häretiker gibt es für uns nichts zu befürchten. Niemand unter den katholischen Fürsten will jemanden dorthin senden wegen der Klausel, nach der die Lutheraner den Papst und den Legaten und Nuntius Seiner Heiligkeit von jenem Kolloquium ausgeschlossen haben.

Schlecht verstanden hat der Erzbischof von Lund, daß er, obgleich er selbst ein Hirte der Kirche ist und als Bischof in drei Bistümern dem Papst auf vielfältige Weise Gehorsam geschworen hat, es wagte, jenen üblen Artikel gegen den Papst zuzulassen und anzunehmen. Herzog WILHELM hat ihm bisher große Ehrerbietung erwiesen: er wird das von nun an nicht mehr tun.

Er berichtete, er habe den Verdacht, der Erzbischof von Lund sei durch tolosanisches Gold bestochen worden wie sein Vorgänger, Bischof WALTKIRCH von Konstanz, der in der Religionsfrage große Schuld auf sich geladen hat. Nach Erhalt des Geldes lobte er die Ämter der Lutheraner: er sagte, der Kaiser sei schlecht unterrichtet; er zweifle nicht, daß dieser alles gutheißen würde, wenn er sehen und hören könnte. Diesen und ähnlichen Verrat hat er zusammen mit den Feinden der Kirche begangen. Außerdem wird das Kloster Saalfeld an den lutherischen Grafen verkauft.

In Leipzig ist den Paulinern, den Predigerbrüdern, verboten worden, weiterhin die Messe zu zelebrieren, die kanonischen Horen zu singen oder zu beten, zu predigen oder Beichte zu hören. Ihre Glocken haben zu schweigen; die silbernen Heiligenfiguren und anderes Wertvolle ist aus dem Kloster entfernt worden. Es predigt dort ein DOKTOR CREUTZER, ein übler Lutheraner, wenn ich mich nicht täusche aus Freiburg im Breisgau gebürtig. Bei ihm ist ein übler Apostat aus dem Franziskanerorden. Beide predigen Übles gegen den Papst, die Kardinäle, Bischöfe, Mönche und den Klerus: dabei gebärden sie sich "evangelisch".

Der Leipziger Rat bietet dem URBANUS RHEGIUS fünfhundert Gulden für die Übernahme des Predigtamtes: kein katholischer Prediger in ganz Deutschland bekam soviel für sein Predigtamt; diesen Bestien aber wird es gewährt.

Herr COCHLÄUS, mein Bruder, schrieb mir am 22. Juni aus Meissen, daß dort nichts unangetastet geblieben ist. Trotzdem will er die St.Marienkirche in Ingolstadt nicht annehmen. Herzog WILHELM wollte ihm dazu noch hundert Gulden geben.

In Bezug auf ZACHARIAS sollte man nicht soviel Aufsehens um die Verleumdungen eines solchen Bastards machen. Ich selbst habe seit vielen Jahren gelernt, Unrecht von solchen Wirrköpfen zu ertragen. Wer ist denn schon ZACHARIAS: der Sohn einer Dirne, stets verlogen in seinen schlechten Sitten. Ihm würde kein Gastwirt ein Glas Wein anvertrauen, außer sie stünden sich gegenüber.

Durch Gottes Gnade war und bin ich gesund. In diesem Sommer habe ich beim Baden eine kleine Beule davongetragen, aber völlig schmerzlos. Ich spüre überhaupt keinen Schmerz in diesem Sommer, von dem ich erlöst zu werden den Gekreuzigten hätte anflehen müssen. Nach dem Bad war mein Kopf voller Flüssigkeit: daher die Beule und der Augendruck, aber kein Schmerz. Immer noch halte ich meine Vorlesungen, predige in der Kirche und auf der Burg. Daher erschrick nicht, wenn Du Lügen darüber hörst!

Mehrfach vom Freisinger Bischof aufgefordert, war ich acht Tage vor dem Magdalenentag bei ihm: er hat mich sehr erheitert und mir zu Ehren den DOKTOR APEL kommen lassen. Er ergötzte mich mit seinen besten und gesündesten Weinen wie es gegenüber Fuhrleuten und Gästen üblich ist, so daß ich ohne Zweifel nach Rom oder weiter hätte reisen können, wenn ich nicht einen kranken Fuß hätte.

Gegeben zu Ingolstadt am letzten Tag des Juli 1539.