Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 352
Paris BN cod lat 8643, 3, fol 85v- 86v Nr 38
GEIGER, Ellenbog, Anhang II 32; CCath 19/21 (Münster 1938), 408ff
Nr 38
D. Ioannes Eckius suo Nicolao S.D. Venerande pater: Literas tuas in Iunio scriptas accaepi
XVI.
Augusti, tam celeri posta. De Wicelio,
quod magnificis eum pugnare pro nobis
alludens ad verbum Christi ad apostolos
de subintroductis discipulis, verum, si
Wicelius etiam nos non impugnaret.
Verum dum est iniquior constitutionibus
ecclesiae, dum missam privatam auferre
vult in monasteriorum, collegiorum,
cathedralium ecclesiarum ac beneficiorum
destructionem, dum queritur esse nimis
multa monasteria et superr multitudine
monachorum et sacerdotum conqueritur,
dum suffragia vivorum pro defunctis
contemnit, sanctos negat esse invocandos,
improbat usum ecclesiae, quae latinis
utitur orationibus in baptismo, celibatum
damnat in clero, layco consulit
eucharistiam sub utraque specie dandam,
ait: vota castitatis impossibilia superiores
volunt observari, characterem indelebilem
in sacerdote irridet, neque monachi, neque
monasteria, neque vota sibi placent, iam
vade et dic Wicelium non pugnare contra
nos. De reubarbaro accepi omnia. Paulum,
Marinae maritum, commendo D.T. Et
nomine meo reverendum patrem nostrum
abbatem roga, ut ei auxilio sit, quo ei
pater balneum commendet; ego hac
aestate habui cum eo impensas, ad haec
dedii 2 florenos et alia pro balneatore et
instrumentis, et bene profecit. Si pater
suus wil nit seinem sun helfen, maint er,
ich soll sorori non uterinae vil helfen,
falletur; apparet esse totus bonus et
simplex. Caesar Lutheranis 9 menses ultra
sex primos abdicavit. Caesar esset forte
concordatus cum duce Iuliacensi super
Geldria, sed Brabantini et Flandri
resistunt. Sophi profligavit exercitum
Thurcae add interniciem. Portugallus
recuperavit civitatem Don in mari rubro,
quam Turca abstulit dolo in Aprili. In
Misnia omnia pessime se habent,
triumphat Lutherismus, nondum tamen
tyrannus invasit ecclesias cathedrales
Merseburger et Misnam. Orationem
funebrem pro episcopo Marschalcho
statim videbis. Mille alia restarent scribenda, sed nuncius instat Pannonicus; opus est, ut et cardinali scribam episcopo Viennensi et fratri doctori Simoni. Vale cum reverendo abbate et toto conventu. Ingolstadii 18. Augusti 1539. |
Johannes Eck grüßt seinen Nikolaus! Über WITZEL: da Ihr ihn preist, weil er für uns kämpft, und Ihr an das Wort Christi an die Apostel wegen der später hinzugekommenen Jünger anspielt: über diesen WITZEL würdet Ihr Wahres aussprechen, wenn er uns nicht auch bekämpfte, indem er nämlich den kirchlichen Gesetzen widerstreitet; er die Privatmessen zum Verderben der Klöster, Kollegien, Kathedralkirchen und Benefizien aufheben will; er sich beklagt, es gäbe zu viele Klöster und zu viele Mönche und Priester; er die Fürsprache der Lebenden für die Toten verachtet; er leugnet, daß man die Heiligen anrufen solle; er die Praxis der Kirche verwirft, bei der Taufe sich lateinischer Gebete zu bedienen; er den Zölibat des Klerus verdammt; er den Laien rät, die Eucharistie unter beiderlei Gestalt zu empfangen; er sagt, die Oberen verlangten die Einhaltung unmöglicher Gelübde in Bezug auf die Keuschheit; er den unzerstörbaren Charakter im Priester belächelt. Weder Mönche noch Klöster noch Gelübde gefallen ihm: Nun kommt und sagt, daß WITZEL nicht gegen uns streitet! Über Rhabarber habe ich genug gehört. PAULUS, den Gemahl MARINAS, empfehle ich Euch. In meinem Namen bittet unseren hochwürdigsten Vater Abt, dem Unterstützung zukommen zu lassen: durch ihn hat ihm der Vater das Badehaus empfohlen. Ich hatte in diesem Sommer durch ihn Ausgaben und gab zwei Gulden und mehr für den Erbauer des Badehauses und die Einrichtungsgegenstände: alles ging gut voran. Wenn sein Vater seinem Sohn nicht helfen will, meint er, solle ich der nicht leiblichen Schwester helfen: da liegt er falsch: er erscheint gutmütig und einfältig. Der Kaiser hat gegenüber den Lutheranern neun Monate über die sechs ersten hinaus abgelehnt. Er hätte sich vielleicht mit dem Herzog von Jülich über Geldern geeinigt, aber die Brabanter und die Flamen leisten Widerstand. Der Perserkönig hat das Heer der Türken in die
Flucht geschlagen. Der portugiesische König hat die Stadt Aden am Roten Meer, die ihm der Türke im April durch eine List weggenommen hatte, zurückerobert. In Meissen entwickelt sich alles sehr schlecht; noch aber hat der Tyrann die Bistümer Merseburg und Meissen nicht in seine Hand gebracht. Die Leichenrede für Bischof CHRISTOPH VON
PAPPENHEIM werdet Ihr bald zu sehen
bekommen. Tausend andere Dinge sind noch zu schreiben, aber der Nuntius am Königshof in Wien drängt. Ich muß auch dem Kardinal, dem Wiener Bischof und meinem Bruder DOKTOR SIMON schreiben. Lebt wohl, auch der verehrte Abt und der ganze Konvent. Ingolstadt, 18. August 1539. |