Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 358

Eck an Vitus Krumher, Ecks Sachwalter in Rom
Eichstätt
03-03-1540


Florenz Archivio di Stato, Carte Cervine filza 9 fol 911 (Autograph Ecks)
FRIEDENSBURG, Beiträge 240f Nr 131


Eck hat trotz mehrfachen Anschreibens von Krumher aus Rom keine Antwort erhalten; wahrscheinlich sind die Briefe verlorengegangen. Er hat daher das neue Schreiben einem Brief an Aleander beigelegt. Er bittet, seine Angelegenheit sorgfältig zu verfolgen, da Aleander versprochen hat, dafür zu sorgen, daß Vitus Bocher gegenüber den Ansprüchen Ecks nachgibt. Dieser hat nämlich auf die Regensburger Kaplaneipräbende und das Kustodenamt keinen Rechtsanspruch. Obgleich Eck seine Konkurrenten vor den Exekutor der Angelegenheit, Bischof Fabri von Wien, hat vorladen lassen und seine Freunde für einen erträglichen Interessenausgleich gesorgt haben, geben jene nicht auf. Im Hinblick auf die Dispens für einen gewissen Eichstätter Gastfreund hat der Überbringer des Briefes, Enoch Martius, einen Kommissionsbrief bei sich. Ob Dr. Sigismund Han ihm weiterhin lästig ist, weiß Eck nicht, da er sich wegen der Pest nach Eichstätt zurückgezogen hat, wohin weniger Briefe gelangen. Für seinen begabten Neffen, den Augsburger Kleriker Johannes Schaup, sucht Eck Unterstützung für dessen Studien beim Eichstätter Bischof; er könnte nach seinem Tod sein Nachfolger werden, aber wegen des Daniederliegens der philosophischen Studien will er ihn nächstes Jahr zu einem siebenjährigen Philosophie- und Theologiestudium nach Paris schicken. Nach Karls V. Eintreffen im Reich halten sich die Häretiker zurück, doch er wird wohl wieder nichts unternehmen. Krumher soll Enoch Martius eine Liste der noch lebenden Kardinäle mitgeben.


S.P. Venerande magister:

Scripsi saepius D.T., licet responsum nullum receperim, adeo ut suspicer literas meas fuisse interceptas. Eapropter nuperas inclusi literis Reverendissimi cardinalis Brundusini, ne venirent in manus lupi Arabici. Oro autem plurimum, omnia diligenter prosequaris; nam Reverendissimus cardinalis promisit se curaturum ut Valentinus Bocher cederet actioni et juri praetenso, quia revera nihil juris habet in prebenda capellaniae et officio custodiae Ratisponae. Citaveram intrusos ad executorem precum regalium, episcopum Viennensem; amici se interposuerunt et res est concordata pro minimo. Tamen illud nolunt promere, sed deponunt quousque habeant cessionem. Ita urge Brundusinum ut effectum reddat, quod recepit se curaturum.

Super dispensatione cujusdam hospitis nostri Eistettensis etiam bajulus literarum, d. Enoch Martius, habet commissionem. Et super hoc colloquetur. De doctore Sigismundo Han an pergat mihi molestus, nihil intelligo, nam peste furente secessi Eichstadium, ubi amici rarius per literas me invisunt quam si essem Ingolstadii.

Habeo puerum ingeniosum valde ac studiosissimum, qui est nepos ex sorore non tamen uterina. Nescio quomodo pro eo gratiam impetrarem super episcopo Eistettensi, ut sic provideretur quod etiam me mortuo posset prosequi studia incepta; si deus mihi vitam prolongarit, nunquam ei deero. Et quia studium philosophiae est penitus desolatum, propono eum post annum mittere ad Parrhisios, ut septennium ibi agat in philosophia et theologia. Nomen illi est Johannes Schaup, clericus Augustanae diocesis.

Haeretici jam silent post adventum Caesaris, de quo multa speramus; timemus tamen ne pauca faciat.

Vale feliciter et cum domino Enoch mitte schedam cardinalium jam viventium. Iterum vale et salve.

Eichstadii 3 marcii anno salutis 1540.

Seid gegrüßt, verehrter Magister!

Ich habe Euch öfters geschrieben, freilich keine Antwort erhalten, so daß ich vermute, meine Briefe wurden abgefangen. Deshalb habe ich meinem Brief den letzten des hochwürdigsten Kardinals ALEANDER beigefügt, damit er nicht in die Hände des »arabischen Wolfes« fällt. Ich bitte aber sehr, alles mit Sorgfalt zu behandeln, denn der hochwürdigste Kardinal hat versprochen, er werde dafür sorgen, daß VALENTIN BOCHER von der Handlung und vorgetäuschtem Rechtsanspruch zurücktritt, denn in Wirklichkeit besitzt er keinerlei Recht auf die Kaplaneipfründe und das Amt des Kustoden in Regensburg. Ich hatte die Beteiligten zum Exekutor der königlichen Ansprüche, dem Bischof von Wien, zitiert; die Freunde haben sich eingemischt, und in der Sache haben wir wenigstens eine Übereinstimmung. Sie wollen sie jedoch nicht öffentlich bestätigen, schlagen sie nur nieder, bis sie das Zessionsrecht haben. Drängt doch ALEANDER, damit sich auswirkt, was durchzusetzen er versprochen hat.

Für den Dispens eines gewissen Gastfreunds von uns in Eichstätt, der auch unser Briefbote ist, HENOCH MARTIUS, hat ALEANDER die Befugnis. Darüber wird geredet werden. Ob DOKTOR SIGISMUND HANIUS mir weiterhin zur Last fällt, weiß ich nicht, denn ich habe mich wegen der wütenden Pest nach Eichstätt zurückgezogen, wo die Freunde mich weniger mit ihren Briefen erreichen, als wenn ich in Ingolstadt wäre.

Ich habe hier einen sehr intelligenten und eifrigen jungen Mann, der mein Neffe von meiner wenn auch nicht leiblichen Schwester ist. Ich weiß nicht, wie ich den Eichstätter Bischof für ihn einnehmen könnte, so daß er dafür sorgt, daß er auch nach meinem Tod seine begonnenen Studien fortsetzen kann. Wenn Gott mein Leben verlängern sollte, wird ihm nichts fehlen. Und weil das Studium der Philosophie arg daniederliegt, schlage ich vor, ihn nach einem Jahr nach Paris zu schicken, um dort sieben Jahre lang Philosophie und Theologie zu studieren. Sein Name ist JOHANNES SCHAUB, Kleriker der Diözese Augsburg.

Nach der Ankunft des Kaisers schweigen jetzt die Häretiker. Vom ihm erwarten wir uns viel, fürchten aber, daß er nur wenig tut.

Lebt glücklich und sendet zusammen mit Herrn HENOCH eine Liste der noch lebenden Kardinäle. Noch einmal lebt wohl!

Eichstätt, 3. März im Jahr des Heils 1540.