Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 359
Rom Arch Vat. Armar. 62 vol. 37 fol 129 (124): Autograph Ecks
FRIEDENSBURG, Beiträge 241ff Nr 132
Reverendissime ac amplissime pater in
Christo. Incivilis fui profecto nuperis litteris, qui ausus fui longissima epistola et nescio quibus gerris virum tam sublimem, tot arduis negotiis implicitum et, quod majus est, michi incognitum, obruere et tedio afficere; verum aliquid dabis zelo et turbato animo meo ob haereticorum infamiam, qui tamen modo silent post Caesaris adventum. Qui si absque meliori provisione abierit quam hactenus fecerit, ve Germaniae, ve ecclesiis et monasteriis. Fama mala nunciavit nobis nolle
pontificem dispensare cum electo nostro
Eistettensi, ut retineat praeposituram
Herbipolensem: at ille fixe ac firmiter
constituit se potius relicturum
episcopatum quam praeposituram, et sic
pontifex exponet ecclesiam Aureatensem
maximo discrimini. Aliae ecclesiae ab
haereticis patiuntur, nostra ecclesia adhuc
salva est, excepto eo quod marchio
aliquot monasteria cum pluribus oppidis et
infinitis villis subtraxit jurisdictioni
episcopi nostri et obedientiae sedis
apostolicae. Et propter fratrem marchionis
illius sectarii sedes apostolica molesta est
ecclesiae Eistettensi. Quid debent dicere
Catholici aut cogitare de Sanctissimo
Domino Nostro? Utinam Sanctitas Sua
clementius respiceret Eistettenses.
Magnum est scandalum pusillis, cum
omnes in patria ista noverint intra 20
annos ad preces marchionum monasterium
Wildsburg ordinis s. Benedicti mutatum in
canonicos saeculares; marchione
Faederico ibi praeposito mortuo successit
frater ille marchio, qui monasterium illud
cum omnibus redditibus etc. dedit fratri
suo sectario, ut jam nec monachus nec
sacerdos aliquis assit nec unquam missa
legatur ibi nisi luterica: et pontifex illi vult dare praeposituram aliam Herbipolensem in destructionem ecclesiae Eistettensis. Date Vulcano has litteras: »malum est in eos scribere qui possunt proscribere«. Dux Ernestus administrator Pataviensis, frater principum meorum ducum Bavariae, assumptus est in coadjutorem Salisburgensem; cui autem decreverit dare praeposituram Eistettensem, non audio; attentavi aliquando ejus animum, an cederet eam michi sub pensione 200 florenorum; nam cum habeam hic canonicatum lecturae theologicae annexam, unde mihi non solum honorifica esset praepositura, sed multis rationibus commoda et utilis; si papa Leo viveret et patres purpurati, qui me benevolentissime prosequebantur, facile impetrassem, ut tantisper fuisset confirmata coadjutoria, si michi cessisset praeposituram. Modo autem Sanctissimus Dominus Noster non tanto me complectitur favore sicut Leo, et pauci ex senatu cardineo me norunt antiquis cardinalibus mortuis: michi emoriendum est in scholae pulveribus. Speramus multa a Caesare Catholici omnes; timemus tamen ne facilitate sua abutantur haeretici. Deus optimus maximus sospitet Reverendissimam Paternitatem Tuam in multos annos. Eichstet 3 marcii anno salutis 1540. |
Hochwürdigster und erlauchter Vater in Christus: Ich war im letzten Brief wahrhaft unhöflich, daß ich gewagt habe, in einem so langen Brief mit ich weiß nicht welchen Unwichtigkeiten einen so erhabenen Mann, der mit so vielen hohen Aufgaben beschäftigt ist und den ich noch dazu nicht einmal persönlich kenne, zu bedrängen und zu belästigen. Etwas aber werdet Ihr mir wohl meinen Eifer und mein aufgewühltes Gemüt wegen der Bosheit der Häretiker zugute halten, wenn diese nun auch nach der Ankunft des Kaisers schweigen. Falls dieser aber ohne größere Maßnahmen der Fürsorge wieder abreist, als er es bis jetzt getan hat, dann wehe Deutschland, wehe den Kirchen und Klöstern! Ein übles Gerücht hat mich erreicht, der Papst wolle unserem gewählten Bischof von Eichstätt keine Dispens gewähren, damit er die Dompropstei in Würzburg zurückerhält. Jener hat fest und eindeutig bestimmt, er müsse zuerst das Bistum aufgeben, bevor er die Propstei erhalten könne: so liefert der Papst die Kirche von Ingolstadt größter Gefahr aus. Andere Bistümer leiden unter den Häretikern,
das
unsere ist noch unberührt, außer daß Markgraf
GEORG einige Klöster zusammen mit mehreren
Städten und unzähligen Dörfern der Jurisdiktion
unseres Bischofs und dem Gehorsam gegenüber
dem apostolischen Stuhl entzogen hat. Und wegen
des Bruders jenes sektiererischen Markgrafen hat
der apostolische Stuhl Ärger mit dem Eichstätter
Bistum. Was sollen die Katholiken sagen oder von
unserem Heiligen Vater denken? Wenn doch Seine
Heiligkeit gnädiger mit den Eichstättern umgehen
würde! Für die einfachen Gläubigen ist das ein
großer Skandal, da alle in dieser Gegend seit
zwanzig Jahren gewußt haben, daß auf Forderung
der Markgrafen das Benediktinerkloster Wildsberg
in ein weltliches Kanonikerstift umgewandelt
wurde. Nach dem Tod des Markgrafen
FRIEDRICH, der dort Propst war, folgte jener
Bruder als Markgraf, der jenes Kloster mit allen
Einkünften usf. seinem sektiererischen Bruder gab,
so daß dort bereits kein einziger Mönch oder
irgendein Priester sich aufhält, keine Messe mehr
gelesen wird außer dem lutherischen Gottesdienst.
Nun will der Papst eine zweite Propstei, die in Würzburg, zum Schaden des Bistums Eichstätt an diesen übertragen. Übergebt den Brief dem Feuer: »es ist nämlich von Übel, gegen jene zu schreiben, die einen auf die Proskriptionsliste setzen können.« Herzog ERNST, der Administrator von Passau, der Bruder meiner fürstlichen Herzöge von Bayern, ist jetzt zum Koadjutor von Salzburg erhoben worden. Wem er die Propstei in Eichstätt zu übertragen beschlossen hat, weiß ich nicht. Ich wollte ihn einst dazu verleiten, diese mir mit einer Pension von zweihundert Gulden zu überlassen, denn da ich hier ein Kanonikat in Verbindung mit einem theologischen Lektorat habe, wäre für mich diese Propstei nicht nur ehrenvoll, sondern aus vielen Gründen gut und nützlich. Wenn Papst LEO X. und die Kardinäle noch lebten, die mir ihr äußerstes Wohlwollen schenkten, hätte ich mit Leichtigkeit erreicht, daß mir einstweilen die Kumulation beider Pfründen bestätigt worden wäre, falls er mir die Propstei abgetreten hätte. Der Heilige Vater schenkt mir aber wohl nicht die gleiche Gunst wie LEO, und nur wenige Kardinäle kennen mich, nachdem die alten verstorben sind. Es ist mir bestimmt, »im Staub meiner Hochschule zu sterben!« Wir Katholiken erwarten alle viel vom Kaiser. Wir fürchten aber, daß die Häretiker seine Umgänglichkeit mißbrauchen. Gott der Allmächtige möge Eure hochwürdigste Väterlichkeit auf viele Jahre beschützen! Eichstätt, 3. März im Jahr des Heils 1540. |