Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 359

Eck an Kard. Gasparo Contarini
Eichstätt
03-03-1540


Rom Arch Vat. Armar. 62 vol. 37 fol 129 (124): Autograph Ecks
FRIEDENSBURG, Beiträge 241ff Nr 132

Eck hat vor einiger Zeit an Contarini einen ausführlichen Brief geschrieben; jetzt ist Eck wieder erregt wegen der Infamie der Häretiker, die nun, da der Kaiser eingetroffen ist, in Schweigen verfallen sind. Wehe Deutschland und seinen Kirchen und Klöstern, wenn der Kaiser wieder abreisen sollte, ohne besser Vorsorge getroffen zu haben. Es kursiert das schlimme Gerücht, der Papst wolle dem Eichstätter Bischof seine Würzburger Propstei wegnehmen, von dem man weiß, daß er lieber auf sein Bistum verzichten würde als auf diese. Im Eichstätter Bistum hat der Markgraf einige Klöster mit vielen Städten und zahllosen Dörfern der bischöflichen Jurisdiktion und päpstlichen Obödienz entzogen. Wegen des Bruders jenes sektiererischen Markgrafen zürnt der apostolische Stuhl dem Bistum Eichstätt. Was sollen die einfachen Gemüter davon halten, daß der Papst dem Druck der Markgrafen innerhalb von zwanzig Jahren nachgegeben hat, die Benediktinerabtei Wildsburg praktisch mit allen Konsequenzen zu säkularisieren, so daß es dort keinen Mönch, keinen Priester und keine Messe außer dem lutherischen Gottesdienst mehr gibt, und jetzt will er dem Markgrafen zum Schaden des Bistums auch noch die Würzburger Propstei übertragen. Herzog Ernst, der Passauer Administrator, ist zum Salzburger Koadjutor gewählt worden; hoffentlich beansprucht er nicht die Eichstätter Propstei, denn Ecks Domherrenstelle mit theologischer Lektur, die er für seinen Lebensunterhalt benötigt, ist dieser Propstei angeschlossen. Lebte Papst Leo und die Eck wohlgesonnenen Kardinäle noch, hätte sich Eck in dieser Propstei als Koadjutor absichern lassen, aber Paul III. ist ihm nicht so günstig gesonnen, und nur wenige der neuen Kardinäle kennen Eck persönlich.


Reverendissime ac amplissime pater in Christo.
Obsequia paratissima offert et optima quaeque precatur et optat.

Pientissime pater:
Incivilis fui profecto nuperis litteris, qui ausus fui longissima epistola et nescio quibus gerris virum tam sublimem, tot arduis negotiis implicitum et, quod majus est, michi incognitum, obruere et tedio afficere; verum aliquid dabis zelo et turbato animo meo ob haereticorum infamiam, qui tamen modo silent post Caesaris adventum.

Qui si absque meliori provisione abierit quam hactenus fecerit, ve Germaniae, ve ecclesiis et monasteriis.

Fama mala nunciavit nobis nolle pontificem dispensare cum electo nostro Eistettensi, ut retineat praeposituram Herbipolensem: at ille fixe ac firmiter constituit se potius relicturum episcopatum quam praeposituram, et sic pontifex exponet ecclesiam Aureatensem maximo discrimini.

Aliae ecclesiae ab haereticis patiuntur, nostra ecclesia adhuc salva est, excepto eo quod marchio aliquot monasteria cum pluribus oppidis et infinitis villis subtraxit jurisdictioni episcopi nostri et obedientiae sedis apostolicae. Et propter fratrem marchionis illius sectarii sedes apostolica molesta est ecclesiae Eistettensi. Quid debent dicere Catholici aut cogitare de Sanctissimo Domino Nostro? Utinam Sanctitas Sua clementius respiceret Eistettenses.

Magnum est scandalum pusillis, cum omnes in patria ista noverint intra 20 annos ad preces marchionum monasterium Wildsburg ordinis s. Benedicti mutatum in canonicos saeculares; marchione Faederico ibi praeposito mortuo successit frater ille marchio, qui monasterium illud cum omnibus redditibus etc. dedit fratri suo sectario, ut jam nec monachus nec sacerdos aliquis assit nec unquam missa legatur ibi nisi luterica:

et pontifex illi vult dare praeposituram aliam Herbipolensem in destructionem ecclesiae Eistettensis. Date Vulcano has litteras: »malum est in eos scribere qui possunt proscribere«.

Dux Ernestus administrator Pataviensis, frater principum meorum ducum Bavariae, assumptus est in coadjutorem Salisburgensem; cui autem decreverit dare praeposituram Eistettensem, non audio; attentavi aliquando ejus animum, an cederet eam michi sub pensione 200 florenorum; nam cum habeam hic canonicatum lecturae theologicae annexam, unde mihi non solum honorifica esset praepositura, sed multis rationibus commoda et utilis; si papa Leo viveret et patres purpurati, qui me benevolentissime prosequebantur, facile impetrassem, ut tantisper fuisset confirmata coadjutoria, si michi cessisset praeposituram. Modo autem Sanctissimus Dominus Noster non tanto me complectitur favore sicut Leo, et pauci ex senatu cardineo me norunt antiquis cardinalibus mortuis: michi emoriendum est in scholae pulveribus.

Speramus multa a Caesare Catholici omnes; timemus tamen ne facilitate sua abutantur haeretici.

Deus optimus maximus sospitet Reverendissimam Paternitatem Tuam in multos annos.

Eichstet 3 marcii anno salutis 1540.

Hochwürdigster und erlauchter Vater in Christus:
 meine Dienstbereitschaft und alle guten Wünsche!

Frommer Vater:
Ich war im letzten Brief wahrhaft unhöflich, daß ich gewagt habe, in einem so langen Brief mit ich weiß nicht welchen Unwichtigkeiten einen so erhabenen Mann, der mit so vielen hohen Aufgaben beschäftigt ist und den ich noch dazu nicht einmal persönlich kenne, zu bedrängen und zu belästigen. Etwas aber werdet Ihr mir wohl meinen Eifer und mein aufgewühltes Gemüt wegen der Bosheit der Häretiker zugute halten, wenn diese nun auch nach der Ankunft des Kaisers schweigen.

Falls dieser aber ohne größere Maßnahmen der Fürsorge wieder abreist, als er es bis jetzt getan hat, dann wehe Deutschland, wehe den Kirchen und Klöstern!

Ein übles Gerücht hat mich erreicht, der Papst wolle unserem gewählten Bischof von Eichstätt keine Dispens gewähren, damit er die Dompropstei in Würzburg zurückerhält. Jener hat fest und eindeutig bestimmt, er müsse zuerst das Bistum aufgeben, bevor er die Propstei erhalten könne: so liefert der Papst die Kirche von Ingolstadt größter Gefahr aus.

Andere Bistümer leiden unter den Häretikern, das unsere ist noch unberührt, außer daß Markgraf GEORG einige Klöster zusammen mit mehreren Städten und unzähligen Dörfern der Jurisdiktion unseres Bischofs und dem Gehorsam gegenüber dem apostolischen Stuhl entzogen hat. Und wegen des Bruders jenes sektiererischen Markgrafen hat der apostolische Stuhl Ärger mit dem Eichstätter Bistum. Was sollen die Katholiken sagen oder von unserem Heiligen Vater denken? Wenn doch Seine Heiligkeit gnädiger mit den Eichstättern umgehen würde!

Für die einfachen Gläubigen ist das ein großer Skandal, da alle in dieser Gegend seit zwanzig Jahren gewußt haben, daß auf Forderung der Markgrafen das Benediktinerkloster Wildsberg in ein weltliches Kanonikerstift umgewandelt wurde. Nach dem Tod des Markgrafen FRIEDRICH, der dort Propst war, folgte jener Bruder als Markgraf, der jenes Kloster mit allen Einkünften usf. seinem sektiererischen Bruder gab, so daß dort bereits kein einziger Mönch oder irgendein Priester sich aufhält, keine Messe mehr gelesen wird außer dem lutherischen Gottesdienst.

Nun will der Papst eine zweite Propstei, die in Würzburg, zum Schaden des Bistums Eichstätt an diesen übertragen. Übergebt den Brief dem Feuer: »es ist nämlich von Übel, gegen jene zu schreiben, die einen auf die Proskriptionsliste setzen können.«

Herzog ERNST, der Administrator von Passau, der Bruder meiner fürstlichen Herzöge von Bayern, ist jetzt zum Koadjutor von Salzburg erhoben worden. Wem er die Propstei in Eichstätt zu übertragen beschlossen hat, weiß ich nicht. Ich wollte ihn einst dazu verleiten, diese mir mit einer Pension von zweihundert Gulden zu überlassen, denn da ich hier ein Kanonikat in Verbindung mit einem theologischen Lektorat habe, wäre für mich diese Propstei nicht nur ehrenvoll, sondern aus vielen Gründen gut und nützlich. Wenn Papst LEO X. und die Kardinäle noch lebten, die mir ihr äußerstes Wohlwollen schenkten, hätte ich mit Leichtigkeit erreicht, daß mir einstweilen die Kumulation beider Pfründen bestätigt worden wäre, falls er mir die Propstei abgetreten hätte. Der Heilige Vater schenkt mir aber wohl nicht die gleiche Gunst wie LEO, und nur wenige Kardinäle kennen mich, nachdem die alten verstorben sind. Es ist mir bestimmt, »im Staub meiner Hochschule zu sterben!«

Wir Katholiken erwarten alle viel vom Kaiser. Wir fürchten aber, daß die Häretiker seine Umgänglichkeit mißbrauchen.

Gott der Allmächtige möge Eure hochwürdigste Väterlichkeit auf viele Jahre beschützen!

Eichstätt, 3. März im Jahr des Heils 1540.