Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 360
Rom Arch Vat, Armar. 62 vol. 37 fol 126 (Autograph Ecks)
FRIEDENSBURG, Beiträge 243f Nr 133
S.P. et paratissima obsequia. Reverendissime pater: Statueram
itaque multis tecum agere super statu
ecclesiae Germanicae; sed et tarde
nunciatum est mihi abiturum cras mane
tabellarium et jam est profunda nox et Sanctissimus Dominus Noster mihi
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subtraxit aureos ex pensione Herbipolensi,
quae suffecisset pro scriba et amanuensi,
ut omnia manu mea inter tot occupationes
sint exaranda. Proxima posta ero liberalior
in litteris scribendis. Jam hec rogaverim:
cohibete pasquillos illos injuriosissimos,
quibus diffamantur pontifex cardinales, e
quibus scandalisantur simplices et
tripudiant haeretici. Olim docta carmina
prodibant a pasquillo; modo abutitur
sacris litteris, votis spiritus sancti ad
jocum, injuriam et infamiam hominum.
Nosti Eusebium de praeparatione
evangelica etc.: noctuas Athenis. Dein mirum quod Witenbergensem academiam non detestet et execret papa: hodie promovent doctores autoritate apostolica, confluunt studentes etc. Sanctissimus Dominus Noster admodum
tardat cum Reverendissimo nostro electo
in causa praepositurae: satis informatus
est pontifex, satis informatum collegium
cardinalium, non dico plura. Petiturus est episcopus electus ut Sanctissimus Dominus Noster per biennium concedat ei etiam mensem pontificium in prebendis, ut exterribus et exulibus sacerdotibus a Luterismo pulsis posset providere. Et hanc causam promoveas velim, licet sciam in hujusmodi concessionibus fallacias committi, scilicet non causam ut causam. Praetextus est bonus; Ratisbona allegatur; at in eventu aliquando non observatur, sed, ut alibi fit, suis servitoribus, pincernis, scribis, senatorum filiis provident. Ideoque episcopo in mense pontificio unum vel alterum adjungerem, quo secundum tenorem bullae procederet, eo salvo quod provideretur Eckii nepos, quem totum theologiae dabo et proximo anno ad Parrhisios destinare intendo. Postremo inclusi negotium fidei, ut ex
scripto intelliges, quod tuo tamen offero
judicio; nam illam facilitatem sedis
apostolicae in Semiluderanos non probo.
Miror cur in me semper fuerit difficilis, ut
papa noster Paulus non me judicaverit
dignum praepositura et ex pensione, quae
inter partes convenerat, michi 200
detraxerit florenos. Utinam liceret biduo te
alloqui super negotio fidei et statu
ecclesiae. Aliqua, sed pauca scripsi
Reverendissimo patrono meo cardinali
Brundusino, ut qui non parum novit res
Germanicas. Lassus me commendo Reverendissimae P.T., quam Deus servet incolumem, ut his oculis possem eam intueri in generali concilio, unde totus status ecclesiasticus ubivis gentium periclitabit. Vale et salve amplissime pater. Ex Eichstet, quo propter pestem Ingolstadicum confugi, 11 marcii anno gratiae 1540. |
Gruß und Dienstbereitschaft! Ich hatte den unvergleichlichen Herrn Kardinal SADOLETUS ermahnt, nicht zu dulden, daß die Häretiker seine Güte und Umgänglichkeit mißbrauchen, indem sie ihn veranlaßten, ihnen zu schreiben; denn sie mißbrauchen übelwollend seine Briefe zum Schaden für Kirche und Glauben. Ich wollte, daß er Euch meinen Brief zeigt. Er hatte nämlich an STURM, MELANCHTHON und MOSHAM geschrieben. Ich kenne auch die Integrität SADOLETS, daß er das mit ernster und bester Absicht getan hat. Ich mahnte ihnn, in Zukunft vorsichtiger zu sein. Er schrieb mir aus Carpentras, daß er nicht in Rom weile; ich solle Eurer hochwürdigsten Väterlichkeit schreiben, da Ihr so engagiert seid und begehrt, den Zustand der Kirche gründlich bereinigt zu sehen. Ich beschloß daher, mich mit Euch über den
Zustand der deutschen Kirche auszutauschen; es ist
mir aber erst spät gemeldet worden, daß mein
Bericht schon morgen früh abgeht und wir doch
schon tiefe Nacht haben und der Heilige Vater mir zweihundert
Gulden aus
der Würzburger Pension entzogen hat, die für einen
Schreiber und Sekretär ausgereicht hätte, so daß
ich bei all meinen so vielen Beschäftigungen auch
noch alles mit eigener Hand schreiben muß. Bei der nächsten
Post werde ich freigebiger im Schreiben sein. Darum aber möchte ich gebeten haben: hindert jene sehr beleidigenden Spottgedichte des Pasquills, durch die Papst und Kardinäle verlästert werden, ein Skandal für die einfachen Seelen, über den die Häretiker sich diebisch freuen. Einst brachte der Pasquill gelehrte Gedichte hervor; heute wird die Heilige Schrift mißbraucht, die Gelübde im Heiligen Geist der Belustigung, dem Unrecht und der Infamie der Menschen ausgeliefert. Ihr kennt doch die Schrift des EUSEBIUS: »Vorbereitung auf die Evangelien« usf.: Ich trage hier »Eulen nach Athen«! Ich wundere mich fernerhin, daß der Papst die Universität Wittenberg nicht antastet und exkommuniziert: man promoviert dort heute Doktoren mit apostolischer Autorität; der Zustrom der Studenten nimmt ständig zu usf. Unser Heiliger Vater zögert gegenüber unserem
gewählten Bischof in der Sache der Propstei: der
Papst und die Kardinäle sind bestens informiert:
mehr sage ich nicht dazu! Unser gewählter Bischof bittet darum, daß der Heilige Vater ihm für zwei Jahre auch den Papstmonat für seine Präbenden gewähre, um sich um die vom Luthertum vertriebenen heimatlosen und exilierten Priester kümmern zu können. Diese Sache möchtet Ihr bitte voranbringen, obgleich ich weiß, daß bei derartigen Konzessionen Betrügereien vorkommen. Die Sache wird nicht als solche behandelt, wenn der Vorwand etwas taugt: man denke an Regensburg! Bei der Durchführung wird manchmal nicht acht gegeben, sondern, wie es auch anderswo geschieht, für die Dienerschaft, Mundschenke, Schreiber, die Söhne der Räte vorgesorgt. Ich würde daher dem Bischof im Papstmonat das eine oder das andere einräumen, damit er in Übereinstimmung mit der Bulle vorgehen kann, zum Beispiel daß dadurch auch mein Neffe versorgt würde, den ich Theologie studieren lassen werde und den ich im kommenden Jahr nach Paris schicken will. Ich habe Euch eine Schilderung über den Glaubensstreit beigelegt, wie Ihr selbst aus dem Schreiben ersehen werdet. Ich lege es Eurem Urteil vor, denn ich billige die Leichtgläubigkeit des apostolischen Stuhls gegenüber den Semilutheranern nicht. Ich wundere mich, weshalb ich immer Schwierigkeiten habe, so daß mich zum Beispiel Papst PAUL III. nicht der Propstei für würdig erkannt hat und mir von der Pension, der er als Ganzer zugestimmt hatte, zweihundert Gulden abgezogen hat? Wenn es doch möglich wäre, Euch binnen zweier Tage über die Glaubensfrage und den Zustand der Kirche anzusprechen. Ich habe etwas darüber, aber in kurzer Form, meinem Patron Kardinal ALEANDER geschrieben, der die Situation in Deutschland recht gut kennt. Todmüde empfehle ich mich jetzt Eurer hochwürdigsten Väterlichkeit, die Gott unversehrt bewahren möge, um Euch mit eigenen Augen auf dem Generalkonzil sehen zu dürfen. Aber unsere Sünden sind so groß, daß die Welt des Konzils nicht würdig ist. Daher wird das Gefüge der Kirche überall in der ganzen Welt aufs Spiel gesetzt. Lebt wohl, erlauchter Vater. Aus Eichstätt, wohin ich wegen der Pest in Ingolstadt geflohen bin, am 11. März im Jahr der Gnade 1540. |