Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 369

Eck an Hg. Wilhelm von Bayern
Eichstätt
17-12-1540


Münchem BayStA, Staatsverwaltung 2778 fol 246-247v (Autograph)
DÖLLINGER, Beiträge zur polit., kirchl. u. Kulturgeschichte (1882) 3, 148-151; ARCEG 3, 300-303


Die Lutheraner unter Führung Melanchthons haben auf Campeggios Rede keine Antwort gegeben. Auf Granvellas Frage, warum Eck die bereits fertigen Artikel zurückhalte, habe Eck auf die Einreden der Vertreter aus der Pfalz und Brandenburg verwiesen: Granvella solle bei diesen intervenieren lassen. Danach hatte Granvella Bedenken gegen die Einleitung der Artikel, ließ eine Korrektur in französischer Sprache fertigen, die dann ins Lateinische übertragen und schließlich verdeutscht wurde. Bei der Verlesung der Artikel waren Magdeburg, Salzburg, Straßburg und beide bayerischen Herzogtümer einig, Jülich meldete gegenüber den Kurfürsten Bedenken an; trotzdem haben dann die drei geistlichen Kurfürsten und die fünf Genannten einschließlich Bayern die ersten sechs Artikel als verglichen übergeben. Die Pfalz, Brandenburg und Jülich haben je eine Gedenkschrift vorgelegt; Granvella hat die Sache mit Eck besprochen: ein Abweichen Einzelner wäre ein Verstoß gegen den Augsburger Abschied und die in Glaubensfragen mit dem Kaiser vereinbarte Einheit der elf Stimmen des Hagenauer Abschiedes. Es wäre ein Ärgernis, mit der Gegenpartei eine Konkordie schließen zu wollen, dabei aber selbst uneins zu sein. Besondere Schwierigkeiten machen die Brandenburger; Granvella hat sich seine Rolle nicht so schwierig vorgestellt und neigt zum Resignieren. Dazu herrscht Besorgnis, daß die Pfalz ganz zur lutherischen Partei übergehen könnte. Viele meinen, Leonhard von Eck wäre ein geeignetes Mitglied des Präsidiums gewesen, falls man ihn berufen hätte. Granvella erhofft sich viel vom Pfalzgrafen Friedrich in Heidelberg. Seit dem Tag zu Schmalkalden lassen Luther und Melanchthon unter Pseudonym Schriften gegen Papst und Bischöfe verbreiten und verstören das Volk; zu hoffen ist, daß Trier standhaft bleibt. Der Speyerer Bischof hat Eck geschrieben, daß Regensburg eine gute Grundlage für einen Religionsfrieden böte; der Salzburger Erzbischof sollte eine Kopie dieses Briefes erhalten. Das Problem bleibt, ob die drei Abtrünnigen weiterhin dem Rat angehören sollen. Hinsichtlich der zweihundert Gulden will Eck entsprechend der brieflichen Anweisung Leomhard von Ecks verfahren. Granvella ist nicht ungerecht; er versucht alles für die Wahrung der Glaubenseinheit zu tun, ist aber über die Abtrünnigen im eigenen Lager erzürnt.


Nachdem Feltrensis sein oration gethan und Granvella kham erhalten, das die luterischen nit antwurten per Melanchtonem, wiewol auch ain zweivel einfiel in der session zwischen herren Granvell und nuncio apostolico, aber doch sass der Granvel oben und der nuncius vor ihm herniden, am 9. huius fragt mich d. Granvell, wie wir so lange umgiengen, dan er wesst, das ich vor lang die artickel gestelt. Entschuldigt ich uns, wir hetten widerwertig leut under unss, Pfaltz und Brandenburg, die verhinderten unss mit ihrem einreden und disputiern; er solt ain mal sein leut darzu schicken. Hora secunda schickt er unss zu d. Carolobello und des kaisers secretari M. Gerhard Valdenwickn. Hielten sich Pfaltz und Brandenburg überauss ungeschaffen, also verschief d. Granvel, das ich zu mir neme den carmeliten, den die unsern zu mir erwölt hetten, und morgens um 6 uhr käme zu dem episcopo Attrebatensi (filio suo), wolt er sein doctores auch schicken. Das geschah, das wir um 9 fertig waren. Der eingang aber gefiel dem Granvel nit, stalt ain andern in gallico, das transferierte Gerhardus in latin, liessents schreiben und verteutschen. Am 11. huius sind die artickel verlesen worden under unss. Wir, Madenburg, Saltzburg, Strassburg, baid Bairisch, waren all zeit ainss, Gülch stand fur und fur in ainem bedencken auf die churfürsten, welche sich nit kunden vergleichen bis an den 14. huius, do haben die drei gaistlich churfürsten und wir fünf entlich entschlossen uns am morgen den praesidenten die 6 artickel die ersten übergeben, was concordi darin der kirchen leidlich. Aber die trei, Pfaltz, Brandenburg und Gülch, hat jeder ain bsonder gschrift eingelegt. Die praesidenten haben die 4 gschrifften geantwurt herrn Granvel am 16. huiuss am morgen, der ihn geantwurt in gschrifften hora prima, darob bedencken sie sich biss heut auf achte. Mir sagz niemants, was sollich händel sint, wa ichs nit sunst erfar. Aber Granvell schickt gestert frue nach mir, ee die praesidenten zu ihm kamen, dan er wesst wie es stund, und sagt mir, er wolte ihn die antwurt geben: so es sunst der brauch wäre im reich, das die maiste stimmen fürgiengen, solt da auch geschähen; darum wolt er nit leiden, das ainer, zwen oder drei sich absünderte von dem gmainen rath, wa sie aber das mer theten, das wurde von praesidenten nit angenommen. Zu dem andern so wär es wider den recess zu Augspurg, dan die 11 principal jetzt ernent zu Hagenaw auss den gehorsamen stenden hetten kays. mt. verbunden bei ihr mt. zu bleiben in disem fal des glaubens etc. und so etlich under ihn sich absondern wolten, wäre gleich als vil als wolten sie tacite vom recess abweichen, das ihm an stat kays. maiestat unleidenlich. Fragt mich, was mer zu sagen, ideo suggessi, si forte addi posse: die überigen 8 wurden sich beklagen, so die drei sich absünderten, hetten sie nit mer die 11 stimmen nach vermög des Hagnawischen vertrags. Auch so wers ain treffelich ergernuss, so kays. mt. und chur und fürsten die 11 principal darum ernent und gesetzt, das sie solten fleiss ankeren, concordi mit der widerpartei zu machen, so wurden sie selbs under ainander unainss etc. Er klagt sich hoch von den presidenten in gmain und in der brandenburgischen sach. In summa, ich merck so vil, das er wolt, er wer auss der sach; man hat ihm die sach vil leuchter angeschlagen, weder er befint. Es würdt der convent nichts guts bringen, ist hohlich zu besorgen. Mit den Brandenburgischen hats die gstalt: So der margraf hat zu disem gesprech geschickt ain diacon probst Keller, zwen pfaffen, ist ainer ain parfusser minch aus Schottenland entrunnen. Wolt Granvel, das er und die praesidenten die drei beschickten und liessen sagen, dass sie dem gespräch auf unser seiten nit gemess noch tauglich. So sie gaistlich beweibt personen wären wider den recess zu Augspurg, so kinden sie auch nit schidlich person geacht werden auf unser seiten etc., wie der Hagnawisch recess laut. Darum solten sie sich des raths enthalten, biss sie durch die post möchten den churfürsten des erinnern etc. Aber er hab das bei den praesidenten nit kinden erlangen. Zu fürderung der sach hett er hievor mich bericht, so Cochleus wider den Schotten vor geschriben hett, wir solten den praesidenten anzaigen, wie der dem künig auss Schottenland entrunnen, wäre aber rex Scotiae imperatori nostro amicissimus et foedere iunctus, wie vor allweg die künig Scotorum fuissent Romani imperii studiosissimi; das nun die praesidenten bedächten, an conveniat talem esse in consilio imperii aut non potius monendus sit elector marchio, ut substituat aliam personam caesari magis gratam et suae illustrissimae dominationi magis honorificam. Aber es würdt nichts darauss. Fleckenstain und Isenburg hencken das ohr dort hinum; obschon Mentz und Baier gern das besst thetten, so boltert der Fleckenstain mit ihm. Es ist ein grosse sorg darbei, Pfaltz werde gantz zu den luterischen fallen. Flaischessen am freitag, communiciern sub utraque specie ist gmain, beichten ist wänig. Den pfaffen gibt man brief auss der cantzlei, das man sie für pfarrer halten soll, unangesehen das sie sich auf ihr gewissen verheirat haben, wie dan der prediger zu dem hailigen Gaist zu Haidelberg (der hie bei unss stim hat in räthen) neulicher zeit hohzeit gehabt in der Newenstat am Kocher. Der trierisch cantzler, der sich treffenlich wol helt hie in diser sach, und gestert probst Flatten von Gülch fur er über die nasen, warum er von unss sich abgesondert hett, der meint, wa der churfürstentag zu Gelhausen für sich gangen, er hette vil guts geschaft; so hab der kunig so trolich den verbotten, als kaum im reich erhört, und dargegen were niemants den Schmalckhaldischen, wan sie im jar drei, vier mal zusamen kummen, so man waisst, dass sie nur nach unru stellen im gantzen reich. Vil schreien nach d. Lenhart Ecken, der wäre gut zu ainem praesidenten gwesen, het dörfen dem von Fleckenstainn einreden. Wer es müglich gewesen, wolten wir etwas guts aussgericht haben. Er het mir kinden sagen, was ich in unserm rath fürdern solt und wohin die sach richten solt. Entgegen hett ich ihn berichten mögen, wie es under uns gestanden. Darzu hett ich ihm allzeit mögen sagen des Granvels mainung und er mich berichten, was ich dem Granvell solte anzaigen, darmit er allweg hett sich zu halten wissen in der praesidentz. H. Granvell maint, er wöll vil erhalten durch hertzog Friderich, dan auf sein bitt bleibt er zu Haidelberg. H. Friderich schickt stets sein secretari auf und ab, kan nit verstan, das er ihm vil aussricht, dan bon parola. Ich bin gestert nach mittag nit dort gwesen, waiss nit, ob h. Granvell sein weltlichen sun gen Haidelberg geschickt hat oder nit zu h. Friderich, wie er willens gwäsen ist. Weil der tag zu Schmalckhalden gwäsen, lassen Luter, Melanchton und ander sub fictis nominibus stets ain buch ieber das ander auss gan seer bitter wider den bapst, ertzbischove und bischove, das ich trunglich sorg, es stecke ain aufrur darhinder wider die ertzbischof und bischof, das gmain volk wurd all da hin fallen, dan ob die Trierischen bestenden. Ich achts darfür, mein herr von Speir sei auch in der sorg, dan under anderm schreibt er mir, Regenspurg wäre wol aine gute malstat, wan wir friden hetten in der religion, aber sunst ists mit sorgen, besonder diser art. Ich wolt gern, das mein gnedigster herr von Saltzburg copei des briefs hettt, das sein f.g. auch wesste, was gehandelt. Bei uns achten ist jetz der schwärest zweivel, ob wir fürhin die 3, die sich haben abgesondert, auch wöllen zulassen fürhin in unsern rath. Die 200 fl. haben wir bei Adam von Tainhaussen entpfangen. Wie mir doctor Leonhart Eck, mein günstiger herr, geschriben hat, also will ich als vil mir möglich höhstes fleiss dem nachkommen. Befilch mich e,f.g., quam Deus in Nestoris annos sospitet.

Raptim Wormaciae 17. decembris anno gratiae 1540.



Die praesidenten haben in der presidentz für räth: thumdechant von Mentz hat doctor Chunrat Brun und d. Jacob Reiter. Hoffmaister Fleckenstain hat den pfältzischen cantzler, graf von Eisenberg hat d. Welsinger cantzler, die sint der sach ains. Probst Seuboltstorf solus.

Ich kan nit mercken mit ainem worten, das Granvell ungerecht sei. Er sehe gern, das gut wäre in causa fidei, erzürnt sich ser ob der andern ungleicher handlung etc.

Dieweil ich am brief geschriben, hat Mentz, Trier und Granvella nach mir geschickt, hat mich allain gfragt, was man thue, und er lass abschreiben sein responss den praesidenten geben. Will mir copei zustellen, das ich mich baser underreden kind mit den 8 gehorsamen. Dieweil ich bei ihm war, kame sein sun und hertzog Friderichs secretari gestiefelt etc., waiss nit, ob sie widerkummen von herzog Friderich oder erst hinauf wöllen.