Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 372

Eck an Giovanni Morone
Ingolstadt
15-02-1541



Mailand Bibl Ambrosiana, cod O. 230 sup. fol 196 (Autograph)
FRIEDENSBURG, Beiträge 262f Nr 138


Eck hat mit großer Freude von Contarinis Eintreffen in Deutschland erfahren. Auch er ist bereit, sobald wie möglich nach Regensburg zu kommen. Die »Explicatio controversiarum praecipuarum« des Pighius ist zu einem unpassenden Zeitpunkt im Druck erschienen. Die Protestanten klagen darin enthaltene Versprechungen ein, so daß die Schrift mehr zerstört als der Einigung dient. Schon vor zweiunddreißig Jahren während seiner Freiburger Zeit hat Eck in seinem Exemplar des Gabriel Biel am Rand ein Gedankenkonstrukt des Pighius erwähnt und verworfen. Den Benediktiner D. Ulrich hat Eck mit Erlaubnis seines Abtes absolviert. Supplicatio und Abtbrief liegen in Worms für Morone bereit.


S.P. et paratissima obsequia.

Reverendissime pater:
Immortali me gaudio affecisti, dum nunciasti Reverendissimi cardinalis a Contarenis adventum. Magni nominis est apud nostros ab integritate, ut exemplo suo possit plures movere. Ego paratus sum venire quandocunque ad opus Wormaciae inceptum.

Quod Pighius hic suas meditationes excudit, displicet. Protestantes conquerentur promissa eis non servata. Porro destruit quae concordavimus: aedificat nichil nisi Jericho.

Augustinum, tantum lumen ecclesiae, damnat, quem non intelligit;, receptam Anshelmi sententiam improbat meris neniis et sophismatibus; antiquam reprobatam suscitat, cujus magister in litera meminit, et a nullo vidi pejus declaratam. An quis crederet difficile esse Eckio tres aut quatuor modos proferre, si singularitati et vanitati studere vellet, probabiliores quam sit modus Pighii? An Durandus Barhonis Armacanus Egidius Maronis et alii non sunt lecti ab Eckio et intellecti, et quibus probabiliora et tollerabiliora attulisset ecclesiae catholicae quam Pighiana? Vidi meum Gabrielem et in margine invenio me annotasse et improbasse figmentum Pighianum ante 32 annos, dum profiterer theologiam Friburgi: at coram plura de illo. Vellem tantum ingenium non studere singularitatibus.

D. Ulricum professum s. Benedicti de licentia abbatis sui petentem absolvi. Facite quod potestis. Reliqui et commisi literas abbatis sui sigillatas et supplicationem suam Wormaciae Reverendissimae Paternitati Vestrae, quae properantibus nobis et tamen tarde demum redeuntibus neglexi.

Valete felicissime et si quid effeceritis in causa fidei aut cui parti potissimum incumbam, semper facite me certiorem.

Ingolstadii 15 februarii 1541.

E.R.P. deditissimus
J. Eckius.

Gruß und bereitwilligster Gehorsam!

Hochwürdigster Vater.
Ihr habt mir unvergängliche Freude bereitet mit Eurer Nachricht vom Eintreffen des hochwürdigsten Kardinals CONTARINI. Wegen seiner Unbescholtenheit hat er bei den Unsrigen einen großen Ruf, so daß er durch sein Beispiel viele mitreißen kann. Ich selbst bin bereit, sobald auch immer möglich, an dem in Worms Begonnenen mitzuarbeiten.

Daß PIGGE hier seine Gedanken drucken läßt, mißfällt mir. Die Protestanden werden sich beklagen, man habe das ihnen Versprochene nicht gehalten. Weiterhin zerstört er wieder, worüber wir überein gekommen waren: er baut nur ein neues »Jericho«.

AUGUSTINUS lehnt er ab, obgleich dieser ein so großes »Licht der Kirche« ist: er kennt und versteht ihn nämlich nicht. Die rezipierte Lehre ANSELMS tadelt er mit bloßen Possen und falschen Schlüssen; die alte verworfene Lehre läßt er wieder aufleben, an deren Autor er wörtlich erinnert. Von keinem aber finde ich sie schlechter erklärt. Wer würde glauben, es wäre für mich schwierig, drei oder vier Argumente hervorzuholen, wenn ich mich mit einer Sonderlehre oder leerem Wahn beschäftigen wollte, Argumente, die wahrscheinlicher wären als die des PIGGE? Habe ich etwa DURANDUS, BARHONIS, ARMACANUS, AEGIDIUS, MARONIS und andere nicht gelesen und begriffen und hätte sie der katholischen Kirche als plausibler und eher zu dulden vorgeschlagen als die Ansichten des PIGGE? Ich habe in meinem GABRIEL BIEL nachgeschlagen und finde dort in einer Fußnote die Fiktion des PIGGE erwähnt und zurückgewiesen, und das bereits vor zweiunddreißig Jahren, als ich in Freiburg Theologie lehrte: darüber Näheres unter vier Augen.

Den Benediktinermönch ULRICH habe ich mit Erlaubnis seines Abtes auf seine Bitte hin absolviert: macht in dieser Sache, was Euch möglich ist. Ich habe die gesiegelten Briefe seines Abtes und seine Supplikation in Worms Eurer hochwürdigsten Väterlichkeit überlassen und anvertraut, was ich wegen meiner Eile und meinem dennoch zu spätem Eintreffen vernachlässigt hatte.

Lebt glücklich, und falls ich in der Glaubenssache egal welcher Partei von besonderem Nutzen sein kann, teilt mir das jederzeit mit.

Ingolstadt, 15. Februar 1541.