Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 374

Eck an Giovanni Morone
Ingolstadt
16-03-1541



Mailand Bibl Ambrosiana, cod O. 230 sup. fol. 188 (Autograph)
FRIEDENSBURG, Beiträge 473f Nr 140


Eck wartet auf den Ruf zum Regensburger Colloquium. Er weiß nicht, ob die Protestanten so einheitsbegierig sind, wie sie am Ende des Wormser Colloquiums vorgaben. Eck hat sich an zwei Tagen der vergangenen Woche die »Controversiae« des Pighius kritisch vorgenommen. Er bleibt bei seinem negativen Urteil. Die Mainzer und Kölner sind in Regensburg anwesend; erfreulich ist, daß auch Cochlaeus eingetroffen ist. Trotz seiner Irrtümer soll Pighius freundlich behandelt werden, da er der Kirche von Nutzen sein kann. Eck selbst hält sich zurück, da er des Pighius Neigung zu Zorn und Selbstüberhebung kennt.



Paratissima obsequia pro salute.

Reverendissime in Christo pater:

Statueram quam primum ad vos venire et jussus sum expectare vocationem. An Protestantes tam cupidi sint concordiae, sicut fuerunt dissoluto colloquio Wormaciensi, non intelligo. Pigii scriptum super prima controversia diligenter et cum calamo legi duobus diebus septimanae praeteritae.Confirmatior sum in mea sententia, ut omnino cohibeatis eum ne edetur, alioquin novum fiet in ecclesia Dei disturbium et scandalum. Curate ut prius a doctis Catholicis examinetur. Ecce praedixi vobis.

Audio Moguntinos et Colonienses adesse; forte ego citius vocabor. Gaudeo et Cochlaeum nostrum salvum illuc advenisse. Omnino non refugiamus colloquiumm; facile erimus superiores.

Dominus Pighius, etsi nonnichil meo judicio aberraverit, tamen quia est maximi ingenii, suaviter est tractandus et a singularitatibus abstrahendum. Poterit prodesse aliquando ecclesiae. Conferrem lubentissime privatim cum homine super his quae viderentur michi ab eo incauta dicta; sed expertus propensionem suam ad iram, quando existimat se bis mille Eckiis doctiorem, me contineo.

De Turca pessima hic referuntur. Dii meliora. Me commendo.

Ingolstadii 16 martii 1541.

E. Reverendissimae P.
deditissimus capellanus
J. Eckius

Mein bereitwilligster Gehorsam zuvor!

Ehrwürdigster Vater in Christus!

Ich hatte beschlossen, sobald wie möglich zu Euch zu kommen und den Befehl erhalten, meine Berufung [nach Regensburg] abzuwarten. Ob die Protestanten wirklich so begierig nach Einheit mit uns sind, wie sie es beim Abschluß des Wormser Colloquiums waren, weiß ich nicht. Die Schrift des PIGGE über die erste Kontroverse habe ich sorgfältig und mit dem Korrekturstift an zwei Tagen der vorigen Woche durchgelesen. Ich bin dabei in meiner Meinung gefestigt worden, die Schrift nicht drucken zu lassen, da sonst neue Verwirrung und Skandal in der Kirche Gottes entstünde. Sorgt dafür, daß das Werk zuerst von gelehrten Katholiken geprüft wird. Ich habe es Euch vorausgesagt!

Ich höre, daß die Mainzer und Kölner anwesend sind; vielleicht werde auch ich in Kürze gerufen. Ich freue mich, daß unser COCHLÄUS wohlbehalten angekommen ist. Überhaupt sollten wir vor dem Colloquium nicht ausweichen; leicht werden wir dominieren.

PIGGE irrt zwar nach meinem Urteil in einigen Fragen, ist aber dennoch ein herausragender Geist; man soll ihn milde behandeln und von Absonderung zurückhalten. Er könnte für die Kirche einmal von Nutzen sein. Ich würde liebend gern privat unter vier Augen mit ihm über einige seiner in meiner Sicht unvorsichtige Aussagen unterhalten; aber ich weiß um seine Neigung zum Jähzorn und daß er sich für zweitausend Mal gelehrter hält als Eck; daher halte ich mich zurück.

Über die Türken laufen hier sehr schlechte Nachrichten ein. Gott möge die Dinge wenden! Meine Empfehlung.

Ingolstadt, 16. März 1541.