Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 376

Eck an Giovanni Morone
Eichstätt
19-03-1541


Mailand Bibl Ambrosiana, cod O. 230 sup. fol. 198 (Autograph)
FRIEDENSBURG, Beiträge 474f Nr 141


Eck kann es nicht erwarten, nach Regensburg zu kommen; er weiß um die Bedeutung der Persönlichkeit Morones, möchte mit ihm die Religionsfrage besprechen. Ein winziges Wort Granvellas gegenüber Herzog Wilhelm würde genügen, und Eck würde nach Regensburg eilen. Er will sich darauf beschränken, die kirchliche Obrigkeit vor Pighius gewarnt zu haben; er hat auch an Leonhard von Eck anstößige Schriften von ihm gesandt. Er will gern gegenüber Morone seine Einwände gegen Pighius begründen, aber kein öffentliches Ärgernis erregen. Er teilt Morones Hoffnung auf Einigung, aber nicht im Sinne des Pighius. Der Wiener Bischof Fabri soll verstorben sein; schwer wird König Ferdinand unter seinen Hofleuten wieder jemanden finden, der mit solchem Eifer für die Sache des Glaubens erfüllt ist. Er hätte Dr. Apel gern als Assistenten beim Colloquium gehabt, will für dessen Intervention für einen Subdiakon gegenüber dem Legaten eintreten. Der beigelegte Zettel enthält Näheres. Morone soll sich auch für den Eichstätter Domherrn Christoph Groß einsetzen, der einen Mord begangen hat.


Paratissima obsequia pro salute et omne bonum.

Reverendissime pater:
Nec potes tantis adfectibus expetere adventum meum quin majori ego porcellar. De integritate fide eruditione Reverendissimi legati nichil addubito, quae michi tot annis prospecta est tot magnorum virorum testimonio. Coram et ipse cupio omnia quae religionis, quae fidei, quae pro haeresibuss extirpandis commoda sunt, tractare: at pendeo ex aliis, ut scripsi; injussus venire non debeo; pareo, quia nullum video discrimen, et si opus esset succurrere necessitati fidei, nemo me vel tantillum posset remorari; non proderit si me ultro ingero: sed verbulum sufficeret - quod illustris dominus a Granvella suggerere posset duci meo Wilhelmo catholico heroi Illustrissimo.

De Pighio nihil plus dico; sufficiat admonuisse vos proceres ecclesiae. Admonui etiam Leonhardum Eckium, cui etiam aliqua excerpta scripsi non tolleranda: non quod Pighio viro doctissimo et admirando ingenio male velim, sed quod me excusem si quid diversius evenerit, ne dux incusaret me negligentiae, quod permiserim hujusmodi imprimi in gymnasio suo. Sarcinam hanc totam imposui humeris vestris. At quam liberi ingenii sit Eckius et minime malevoli (nunquam accusatus sum a nostris hypocritha vel phariseus, tam apertus sum) offero me paratum coram Reverendissimo in Christo patre etc. domino legato acturum super his in quibus arbitror Pighium non pie scripsisse. Modo fiat in secreto paucis doctoribus adhibitis, ne si in publicum efferat, cum magno scandalo fidei, quod maxime cavendum duco.

Quod Reverendissima P.T. sperat concordiam, ego maxime spero. Praesens dicam, sed non est opus Pighiis ad hanc rem. Plura coram.

De Thurca placuerunt melliora; de episcopo nostro Viennensii, viro laborum patentissimo, dudum fama fuit et ego quotidianis precibus tricesimum absolvam altera Ambrosii. Ferdinandus rex nescit quantum virum perdat, et vereor ut sit alius reliquus inter aulicos proceres qui negotium fidei tam syncere promoveat. D.O.M. omnia melius disponet quam nos nostris peccatis demeremur.

Doctor Nicolaus Apel, is qui fuit Wormaciae (quem profecto mallem habere assistentem in colloquio quam aliquos alios sex aut octo) is pro subdiacono interpellat. Ego pro hoc polliceor, quia is pauper est, meret ut Reverendissimus dominus legatus huic faciat gratiam.

Christophorus Groß, canonicus Eistettensis, homicidium fecit; petit restitui. Huic Reverendissima P.V. non desit quantum cum Deo et honestate potestis.

Valete faelicissime in Christo usque quo coram de omnibus uberius; solum mittatis ad me dispensationem pro subdiacono, pro quo Apell interpellat.

Valete et salvete denuo.

Ingolstadii 19 marcii 1541.

E.R.P.
deditissimus
J. Eckius.

Bereitwilligster Gehorsam, Gesundheit und alles Gute!

Ehrwürdigster Vater,
ich sehne meine Ankunft bei Euch so sehr herbei, daß Ihr das nicht übertreffen könntet. An der Integrität, dem rechten Glauben und der Gelehrsamkeit des Ehrwürdigsten Legaten zweifle ich nicht; das ist mir in vielen Jahren durch das Zeugnis so vieler bedeutender Persönlichkeiten bestätigt worden. Gern würde ich ihm vortragen, in welcher Weise zum Nutzen der Religion und des Glaubens und zur Ausrottung der Häresien zu verfahren ist: aber ich hänge von anderen ab, wie ich geschrieben habe; ungebeten möchte ich nicht kommen. Ich gehorche, da ich im Moment keine gefährliche Situation erkenne; und wenn es nötig werden sollte, der Glaubenssache beizuspringen, könnte mich niemand und nichts zurückhalten; es würde aber nichts nützen, wenn ich in anderer Weise mich einmische: ein kleines Wort aber des Herrn GRANVELLA an meinen Fürsten und tapferen Verteidiger des katholischen Glaubens Herzog Wilhelm würde genügen.

Über PIGGE sage ich nichts Neues; es genügt, daß Ihr die Kardinäle informiert habt. Ich habe auch LEONHARD VON ECK ermahnt, dem ich auch einige nicht tolerable Exzerpte gesandt habe; nicht daß ich PIGGE als gelehrtem Mann mit bewundernswürdigem Geist übel will, sondern daß ich im Fall von eintretenden Widrigkeiten entschuldigt wäre und der Herzog mich nicht der Nachlässigkeit zeihen kann, daß ich zugelassen hätte, so etwas an seiner Hochschule drucken zu lassen. Die ganze Last habe ich auf Eure Schultern gelegt. Um zu zeigen, wie offen Eck ist und wie wenig übelwollend (niemand der Unseren hat mich, da bin ich sicher, als Heuchler oder Pharisäer beschimpft), erkläre ich mich bereit, vor dem Ehrwürdigsten Vater in Christus und Herrn Legaten vorzutragen, in welchen Punkten ich glaube, daß PIGGE nicht recht hat. Doch soll das nur im Gehorsam, in Gegenwart weniger Doktoren geschehen, damit bei einer Veröffentlichung kein großer Skandal um den Glauben entsteht; das will ich auf jeden Fall verhindern.

Was das betrifft, daß  Eure Ehrwürdige Väterlichkeit die Einheit erhofft, so erhoffe ich sie am meisten. Das werde ich nach meinem Eintreffen zum Ausdruck bringen; jedoch sind dazu keine Männer wie PIGGE vonnöten. Weiteres persönlich!

In der Türkenfrage steht es besser; um unseren Wiener Bischof, der unter so vielen Beschwerden äußerst geduldig ausgeharrt hat, ist vor einigen Tagen das Gerücht aufgetaucht, daß er nun ein zweiter AMBROSIUS ist. Ich werde dreihundert Gebete für ihn sprechen. König FERDINAND weiß nicht, was für einen Mann er verliert, und ich weiß nicht, ob sich unter den übrigen Hofleuten noch jemand findet, der wie FABRI die Glaubenssache so ernst vorangetrieben hat. Gott möge alles besser lenken, als wir mit unseren Sünden verdienen.

Doktor NIKOLAUS APEL, der in Worms anwesend war (wieviel lieber hätte ich ihn auf dem Colloquium in Worms an meiner Seite gehabt als die anderen sechs oder acht), sucht um die Subdiakonatsweihe nach. Ich lege für ihn ein gutes Wort ein, denn er ist arm und verdient, daß der Ehrwürdigste Herr Legat ihm diese Gnade gewährt. Aus dem beiliegenden Zettel erfahrt Ihr alles.

Ein gewisser Herr CHRISTOPH GROSS, Eichstätter Domherr, hat einen Mord begangen. Er bittet um Wiedereinsetzung. Dem möge sich Eure Ehrwürdigste Väterlichkeit nicht versagen, so weit Euch das Gott und Eure Ehre erlauben.

Lebt wohl in Christus, bis wir uns persönlich ausführlicher über alles aussprechen können; nur sendet mir den Dispens für die von mir für APEL erbetene Subdiakonatsweihe.

Lebt wohl und nochmals alles Gute!

Ingolstadt, 19. März 1541.