Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 384

Eck an Giovanni Morone
Regensburg
15-07-1541


Rom Bibl Vat, cod Vat 6419 fol. 414 (Autograph)/Arch Vat, Conc Trid 38
FRIEDENSBURG, Beiträge 476f Nr 143


Eck hat gehört, daß der Regensburger Reichstag mitten im Streit beendet werden soll und in acht Tagen der Kaiser, der Legat und die Fürsten abreisen werden. Sollte das zutreffen, fühlt sich Eck in seinen Pfründenangelegenheiten erneut vernachlässigt, da sich in diesen Wochen der Verzicht Valentin Bochers nicht durchsetzen ließ. Nur mit Streit könnte er sich durchsetzen; da er davor zurückschreckt, hat er auch die Wimpfener Propstei verloren. Er wartet seit vier Jahren auf seine Vorladung; bisher sind nur Drohungen eingetroffen. Der Haupthinderungsgrund ist, daß der in seinem Namen eingesetzte Besitzer die vereinbarten zwanzig Gulden Pension für einen seiner Neffen nicht zahlen will, bevor Valentin Bocher seinen endgültigen Verzicht geleistet hat. Das Nachsehen hat auch Ecks Neffe Schaup, der zum Studium nach Paris gehen sollte und der jetzt den Ansprüchen Dr. Apels weichen mußte wie im Konstanzer Kanonikat seinem Vetter Fabri. So steht er nun vor dem Nichts. Trotzdem hofft er noch für den vielversprechenden Knaben. Der Regensburger Reichstag ist für Eck unglücklich gelaufen, vor allem seine Erkrankung hat größere Erfolge verhindert. So haben die Kontrahenten nach Ecks Rückzug vom Colloquium nicht nur nichts erreicht, sondern auch das vorher Ausgehandelte ist wieder aufgegeben worden, so die Krankenkommunion, die Sakramentsverehrung, die beim Wormser Colloquium erreichten Fortschritte in der Erbsündenfrage. Der Grund ist, daß das ungelehrte »Regensburger Buch« unverdiente Bedeutung erlangt hat und von Kaiser und Reichsständen autorisiert wurde. Seit neun Wochen quält sich Eck mit Krankheiten, Fieber und teuren Medizinen, sodaß er ganz von den Ärzten abhängig geworden ist. Er hatte gehofft, daß der bayerische Herzog die Kosten für die Heilbehandlungen tragen würde, aber weit gefehlt. Sein Geld geht für Ärzte und Apotheker drauf; er will aber alles gern ertragen, wenn er seine frühere Gesundheit wiedererlangen könnte; der Gedanke an die Erfolge auf den vergangenen Reichstagen hält ihn aufrecht.


Reverendissime pater.

Audio dietam in procinctu finiendam et in octo diebus Caesarem, Reverendissimum dominum legatum et principes abituros; ego posticum ultimus claudam. Quod si verum est, misere sum neglectus, quod cessionem Valentini Bochers tanta instantia non potui obtinere tot septimanis, licet nichil dubitem de jure meo, possem experiri cum eo in judicio. Sed semper abhorrui lites; alioquin non cessissem praepositurae Wimpinensi; et quod saepe intellexi etiam habentes bonam causam Romae periclitatos ob cautelas et nescio quas technas curtisanorum. Ego expectarem quousque ille me citaret; nam jam quartus agitur annus quod nihil egit, nisi quod minatus est; hoc tamen obstat michi, quia possessor jure meo ex pacto non solvit viginti florenos pensionis uni nepotum meorum, nisi sit securus ab impetitione Valentini.

Neglectus est etiam nepos junior Schaupius, quem missurus sum Parrhisii, qui cessit doctori Apel, cessit in Constantiensi canonicatu consobrino Fabri. Jam nichil habet. Sed qui dat escam pullis corvorum, etiam providebit ei, si talis erit qualem spero futurum. Magnam mihi polliceor de illo puero.

Infortunata, infausta et inauspicata est michi hec dieta Ratisponensis. Nam in negotio fidei sperabam me multa expediturum, et fecissem procul dubio, si bona valetudo fuisset michi comes. Sic autem factum est ut non modo nichil sit obtentum ab adversariis post meum a colloquio recessum, sed et bona quae egeramus in colloquio, in spongiam ceciderint; nichil hic de eucharistia reservata pro infirmis, nichil de adoratione eucharistiae, nichil de concordia Wormaciensi super articulo peccati originalis etc., dum autor nimium adficitur libro suo indocto ut per Caesarem et ordines imperii autentisetur.

Porro molestias aegritudinis, abstinentias, medicinarum acerbos haustus in nonam septimanam, ut ex una febri tres fierent, quantumvis medicis essem obedientissimus. Quanta fastidia noctium longarum et dierum longiorum, quanta jactura temporis, ut nec legere auderem medicorum jussu aut partiliter legerem; cibi et potus, licet tenuissimi, quanta mutatio.

Ad hec, dum consiliarii ducis mei novum hospicium conducerent, medicos, servos, cocas, apotecarios, arbitrabar Suam Illustrissimam Dominationm velle sufferre omnes impensas aegritudinis; sed nichil minus, cum apothecariis plus 14 fl. fuit dandum; unus medicus sibi ipsi consuluit et 10 fl. ex pecuniis meis reservavit; alteri perseveranti usque nunc bonis aureis satisfeci, duobus Italis doctoribus nondum satisfeci - expecto pecuniam brevi - et pro antiquo hospitio 12 fl. ferme exposui, ut infirmitas non modo corpus exhauserit, ut aegre pedibus incedam, sed et crumenam evacuaverit. At haec omnia ferenda, si pristina valetudo redierit, nam damna alia cum felicitate comiciorum praeteritorum conpensabo.

Eckius.

Hochwürdigster Vater!

Ich höre, der Reichstag muß in Kürze beendet werden, und in acht Tagen werden der Kaiser, der Legat und die Fürsten abreisen. Sollte das wahr sein, hat man mich wieder einmal elendiglich im Stich gelassen, weil ich in so vielen Wochen trotz größten Bemühens den Verzicht VALENTIN BOCHERS nicht erreichen konnte. Obgleich ich nicht an meinem Recht zweifle, könnte ich mit ihm zusammen vor Gericht treten. Ich habe aber stets Rechtsstreitigkeiten gefürchtet: sonst hätte ich nicht auf die Propstei in Wimpfen verzichtet. Ich habe oft erfahren müssen, daß auch Bewerber mit fundierten Rechtsansprüchen in Rom über die Kautelen gestolpert sind. Ich kenne mich mit den Machenschaften der kurialen Höflinge dort nicht aus. Ich will abwarten, bis jener BOCHER mich zitieren läßt, denn bereits das vierte Jahr hat er nichts unternommen außer mir zu drohen. Das aber stört mich, daß der Besitzer der Pfründe, wie es meines Erachtens der Vertrag fordert, nicht die zwanzig Gulden Pension einem meiner Neffen auszahlt, wenn er sich der entsprechenden Beauftragung durch VALENTIN BOCHER nicht sicher ist.

Im Stich gelassen wird auch mein jüngerer Neffe SCHAUP, den ich nach Paris senden will: Dieser trat seine Ansprüche an Doktor APEL und im Fall des Konstanzer Kanonikats an seinen Vetter FABRI ab. Jetzt hat er nichts mehr. Wer aber »gibt den Rabenkindern Speise« und wird für sie sorgen, wenn er so wird, wie ich es von ihm erhoffe? Ich verspreche mir nämlich von diesem Jüngling viel!

Unglückselig, von Pech und schlimmer Vorbedeutung verfolgt ist für mich dieser Reichstag in Regensburg: denn in der Glaubenssache hoffte ich, mehr zuwege bringen zu können, und ich hätte das zweifellos auch geschafft, wenn ich von guter Gesundheit begleitet gewesen wäre. So aber ist es geschehen, daß nicht nur nichts gegenüber den Widersachern nach meinem Rückzug vom Colloquium verteidigt wurde, sondern auch das, was wir im Colloquium behandelt haben, gleichsam »mit dem Schwamm weggewischt« wurde. Nichts wurde hier im Hinblick auf die Krankenkommunion, die Verehrung der Eucharistie, die Vereinbarung von Worms zur Erbsünde usf. festgehalten, da der Verfasser zu sehr an seinem ungelehrten Regensburger Buch festklebt, damit es durch den Kaiser und die Reichsstände autorisiert wird.

Ich leide schon in der neunten Woche sehr an meiner Krankheit, der Abstinenz, der bitteren Medizin, so daß aus einem Fieber jetzt drei geworden sind, obgleich ich mich streng nach den Ärzten richtete. Was für eine Qual sind mir die langen Nächte und noch mehr die langen Tage, was für ein Zeitverlust, daß ich wegen der ärztlichen Weisung nicht zu lesen wage oder doch nur zeitweise; was für ein Wandel in Speise und Trank, wenn es auch sehr milde geschieht!

Als die herzoglichen Räte mir ein neues Krankenlager verschafften, für Ärzte, Diener, Köchinnen und Apotheker sorgten, glaubte ich, Seine erlauchte Herrschaftlichkeit wolle alle Unkosten für meine Krankheit übernehmen, aber nichtsdestoweniger mußte ich den Apothekern mehr als vierzehn Gulden zahlen; einer der Ärzte hat für sich zehn Gulden von meinem eigenen Geld gefordert; einen anderen, der mich bis jetzt bedrängte, habe ich mit Goldmünzen zufrieden gestellt; zwei italienischen Ärzten habe ich noch gar nichts bezahlt - ich erwarte in Kürze Geld. Für das bisherige Krankenhaus habe ich fast zwölf Gulden bezahlt. So hat die Krankheit nicht nur meinen Leib ausgezehrt, so daß ich kaum auf den Füßen stehen kann, sondern auch meinen Geldbeutel geleert. Jedoch muß das alles ertragen werden, wenn nur meine frühere Gesundheit wieder hergestellt wird, denn die anderen Übel werde ich durch den Erfolg auf den anderen, früheren Reichstagen kompensieren usf.

Eck