Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 385

Eck an Kardinal Alessandro Farnese
Ingolstadt
13-08-1541


Widmung Ecks, in: ECK, Enchiridion locorum communium, Ausgabe Ingolstadt 1541 = METZLER Nr 51 (49)
CCath 34, 14ff: P. FRAENKEL

Seit der Wahl Pauls III. ist Ecks »Enchiridion« in siebenter überarbeiteter Auflage erschienen. Da alle Exemplare vergriffen sind, drängte man nicht nur in Deutschland, sondern auch in Italien und Spanien auf eine achte Auflage. Der neue Irrtum hinsichtlich der Privatmesse und das dem Kaiser, dem päpstlichem Legaten und den Reichsständen untergeschobene ungelehrte »Regensburger Buch« des "Kanonisten" Gropper zwingen Eck dazu, denn dort wird die Gültigkeit einer Messe ohne Kommunikanten in Zweifel gezogen und ihre Feier dem Ermessen des Zelebranten anheimgestellt. Recht taten daher die Stände, die das Buch zurückwiesen. So hat der Regensburger Reichstag wenig Frucht gebracht und die Erwartungen vieler Gläubiger enttäuscht. So sieht es Eck als gerechtfertigt an, dem »Enchiridion« ein Ergänzungskapitel beizufügen. Farnese soll weiterhin auf die Vorbereitung eines Generalkonzils hinarbeiten.


Reverendissimo in Christo patri, et amplissimo domino, domino Alexandro Farnesio, sanctae Romanae ecclesiae, tituli sancti Laurentii in Damaso cardinali, et vicecancellario, principi et patrono pientissimo,
Iohannes Eckius se commendat.

»Enchiridion locorum communium adversus Lutheranos«, reverendissime pater, sub ipsa sanctissimi domini nostri Pauli III. electione, septimo recognitum edideram. At, exemplaribus divenditis, non solum Germani mei, sed et Itali et Hispani, sollicite institere, ut sub incudem octavo revocarem. Urgebat me novus error de privata missa abroganda, quem non solum protestantes, sed etiam qui »ore saltem apostoli se fatentur«, strenue propagare nituntur. Sic enim Demon laborat, rem Deo gratissimam et ecclesiae utilissimam extinguere.

Et adeo hec pestis sevire incipit, ut canonista nuper non erubuerit, indoctum librum divo imperatori, sedis apostolicae legato, sacri Romani imperii ordinibus, obtrudere; in quo in dubium vocat, an missa celebranda sit sine communicantibus, et consuluit unicuique libere permittendum. Recte Aristoteles: »Unusquisque bene iudicat, quae bene novit.« Theologiae expers praescribere voluit toti Germaniae credenda.

At sanior fuit electorum, principum, ac statuum mens, qui propter hunc et alios plures lapsus librum reiecerunt, assignatis etiam rationibus.

Hinc parum profecit conventus Ratisponensis in causa fidei, et plurimorum fidelium expectationem fefellit.
Ideo auctarium satis prolixum, ut enchiridii formam ferme excederet, adieci.

Habet hic amplitudo tua totius tumultus Germanici originem et motiva; contra quoque invictam ecclesiae apostolicae defensionem. Nam 23 annis in hac palestra non segniter me exercui.

Tu macte virtute negotio fidei tua autoritate, qua plurimum vales, fortiter adsiste, et concilium generale promove, ut Deus optimus maximus nestorios tibi annos concedat.

Me commendo.

Ingolstadii, Idibus Augusti, 1541.

Dem hochwürdigsten Vater in Christus und hochgeehrten Herrn, Herrn Alessandro Farnese, Kardinal der Heiligen Römischen Kirche unter dem Titel San Lorenzo in Damaso und Vizekanzler, Fürst und frommem Patron,
empfiehlt sich Johannes Eck.

Ich hatte das »Enchiridion locorum communium adversus Lutheranos«, hochwürdigster Vater, seit der Wahl unseres Heiligen Vaters PAUL III. in siebenter Überarbeitung herausgegeben. Nach Verkauf aller Exemplare jedoch drängten mich nicht nur die Deutschen, sondern auch Italiener und Spanier mit Nachdruck darauf, die im Druck befindliche achte zurückzuziehen: dazu zwang mich der neue Irrtum, die Ablehnung der Privatmesse, den nicht nur die Protestanten, sondern auch diejenigen, »die sich zumindest mit dem Mund Apostel nennen«, kräftig propagieren. So nämlich bemüht sich der Teufel, eine Gott wohlgefällige und der Kirche sehr nützliche Sache auszulöschen.

Und diese Pest begann so heftig zu wüten, daß sich neulich GROPPER, der »Kanonist«, nicht gescheut hat, das ungelehrte »Regensburger Buch« dem göttlichen Kaiser, dem Legaten des apostolischen Stuhls und den Reichsständen aufzudrängen: in diesem Buch stellt er in Zweifel, daß die Messe ohne Kommunikanten gefeiert werden darf und hat dazu geraten, das dem einzelnen freizustellen. Recht urteilt ARISTOTELES: »Jeder beurteilt das richtig, wovon er etwas versteht.« Ein der Theologie Unkundiger wollte ganz Deutschland etwas zu glauben vorschreiben.

Gesünder aber reagierte der Verstand der Kurfürsten, Fürsten und Stände, die wegen dieses und vieler anderer Entgleisungen das Buch zurückwiesen und dafür ihre Gründe nannten.

Von daher hat der Regensburger Konvent wenig Nutzen für die Glaubenssache gebracht und die Erwartung zahlreicher Gläubigen enttäuscht.
Ich habe daher ein sehr ausführliches Zusatzkapitel zum »Enchiridion« hinzugefügt, so daß es die Gestalt des Buches fast sprengt.

Hier nun hat Eure Hoheit Ursachen und Gründe des Aufruhrs in Deutschland in Händen und dazu auch die unwiderlegbaren Gegengründe der apostolischen Kirche. Denn ich habe mich dreiundzwanzig Jahre lang in dieser Kampfarena unermüdlich geübt.

Steht, soweit Ihr es vermögt, unverdrossen der Sache des Glaubens mit Eurer Autorität zur Seite und fördert die Vorbereitung des Konzils, auf daß der allmächtige Gott Euch noch viele Jahre schenke!

Meine Empfehlung.

Ingolstadt, 13. August 1541.