Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 396

Nikolaus Ellenbog an Eck
Ottobeuren
19-02-1542



Paris BN ms lat 8643, 3 Nr 25
GEIGER, Ellenbog, Anhang II 35; CCath 19/21 (Münster 1938), 449f Nr 25


Leider war ihr Briefwechsel einige Zeit unterbrochen, da es wohl keine Neuigkeiten gab. Jetzt aber kann Ellenbog mitteilen, daß der Benediktinerorden sich entschlossen hat, in Ottobeuren eine Akademie einzurichten, an der außer Theologie und Philosophie auch Latein, Griechisch und Hebräisch gelehrt wird. Das wird, wie er weiß, Eck sehr freuen und ihn für Ellenbogs langes Schweigen entschädigen. Jung müßte man in dieser Zeit sein.



Doctori Ioanni Eckio frater Nicolaus Ellenbog S.D.

Multo nunc tempore nihil literarum alterutrum misimus, vir doctissime; nimirum, quia neutro ad manum argumentum erat scribendi.

Absit autem, ut clam te habeam, quod maxime omnium desyderas. Tu pro tua doctrina et eruditione singulari doctis literarumque studiis non favere non potes.

Hinc est, ut plane mihi persuaserim tota te animi alacritate auditurum, quae scribo.

Manus Domini excelsa immutavit corda abbatum Benedictini sodalicii, ut execrata inveterata barbarie monachos suos pollicioribus literis institui velint. Nedum autem latina dictione eos pollere volunt, sed et graeca et hebraea. Consultant de nova academia erigenda, in qua theologia, philosophia et linguae sub praeceptoribus haud contemnendis ad maximam monasticorum laudem et universalis ecclesiae utilitatem tradantur.

Hoc te audire iucundissimum tibi esse non ignoro. Eapropter diuturnum silentium rumpere opere precium duxi. Utinam iuvenis incidissem haec tempora. Nae beati illi, quibus licebit in hac academia divinas humanasque literas una cum linguis discere.

Avertat Deus, ne Ata Homerica interveniente negocium hoc tam sanctum et pium intercipiatur.

Vale.

Ottenpurrhae 19. Februarii 42.

Bruder Nikolaus Ellenbog grüßt Doktor Johannes Eck!

Nun haben wir uns, gelehrter Freund, lange Zeit gegenseitig keine Briefe geschickt; kein Wunder, denn kainer von uns hatte einen Grund zum Schreiben.

Es liegt mir aber fern, meine Beziehung zu Euch geheim zu halten, was Ihr ja am meisten von allen ersehnt. Ihr könnt aufgrund Eurer Lehre und Eurer einzigartigen Gelehrsamkeit nicht anders, als Euch den gelehrten Studien hinzugeben.

Ich bin daher ganz und gar überzeugt, daß Ihr ganz freudig auf das hören werdet, was ich Euch schreibe:

Die Hand Gottes im Himmel hat die Herzen der Äbte des Benediktinerordens verwandelt, so daß sie nach Beseitigung der alten Barbarei ihre Mönche in mehr versprechenden Wissenschaften ausbilden wollen. Sie wollen nicht nur, daß sie die lateinische Sprache beherrschen, sondern auch die griechische und die hebräische. Sie beraten über die Einrichtung einer neuen Ordenshochschule, in der Theologie, Philosophie und Sprachen unter Anleitung durch beachtenswerte Lehrkräfte zum höchsten Lob der Mönche und größtem Nutzen für die Gesamtkirche vermittelt werden.

Ich weiß, daß Euch das zu hören sehr erfreuen wird. So habe ich es für passend gehalten, das tagelange Schweigen zu durchbrechen. Wenn ich diese Zeit doch als Jüngling erlebt hätte! Denn »wahrhaft selig« sind jene, denen es erlaubt wird, an dieser Hochschule die göttlichen und die weltlichen Wissenschaften zusammen mit den Sprachen zu lernen.

Gott möge verhindern, daß »homerische Verblendung« dazwischenkommt und diese so heilige und fromme Sache verhindert wird.

Lebt wohl!

Aus Ottobeuren, 19. Februar 1542.