Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 403

Nikolaus Ellenbog an Eck
Ottobeuren
08-10-1542



Paris BN ms lat 8643, 3 Nr 45, fol 158v-159r
GEIGER, Ellenbog, Anhang II 36; CCath 19/21 (Münster 1938), 458f


M. Georg Flach aus dem Benediktinerkloster Lorch, Ecks Hausgenosse in Ingolstadt, hat Ellenbog von Ecks Zuneigung zu seiner Person gesprochen, und er sei nie ohne Briefe Ecks nach Ottobeuren gereist. Gerade jetzt, da er Eck von der Gründung des Studienhauses geschrieben habe, hat er, leider bisher vergeblich, auf einen solchen Brief gewartet. Seine Zweifel, Eck könne etwas an der Gründungsidee mißfallen haben, hat M. Georg bestätigt: er hat Ellenbog berichtet, daß Eck nicht in allem mit der Planung und Durchführung durch die beteiligten Mitbrüder einverstanden ist. Das wundert ihn doch, da die Akademie gute Fortschritte macht und die Kirche gerade jetzt gebildete Mönche braucht. Hieronymus ist zuzustimmen, daß ein heiliges Leben allein zwar seinen Wert in sich trägt und dem Aufbau der Kirche dient, dann aber schadet, wenn den Zerstörern der Kirche nicht entgegengetreten wird. In diesen Zeiten ist es notwendig, daß die Kirche über gelehrte Männer verfügt, die sich der Häresie entgegenstellen.

Frater Nicolaus Ellenbog doctori Ioanni Eckio S.D.

Venit ad nos perhumanus ille pater, magister Georgius ex Lorch, conviva tuus, doctissime Ecki, multiss mihi exponens propensi tui ad me animi benevolentiam, contestans proculdubio se vacuum tuis literiss nullo modo ad me venisse, si istinc discedens se Ottenpurrham venturum sperasset. Hac tam constanti assertione persuasus nihilo secius laetor ac si literas, et quidem copiosas, a tua dignitate, praestantissime vir, accaepissem. Insuper ut literas ad te darem, doctus ille pater adhortatus est. Has itaque (etsi inconcinnas) exaravi in argumentum veteris amicitiae nostrae. Atque utinam ea mihi esset fortuna, ut factis animi mei erga te promptitudinem testari possem.

Caeterum ab eo tempore, quo recentis gymnasii exordia literis tibi significavi, responsum a te habui nullum, quod sane acerbo animo tuli putans te initiando studio minus favere.

Sed magistro Georgio referente ad planum didici, quibuss nominibus et placeat et displiceat caenobiarcharum consilium. Non potui unquam adduci, ut crederem te, virum doctum, studio literarum contraire posse. Sed modum, quem praefixerunt patres, tibi non omnino probari intelligo.

Faciat Deus, ut res bene caepta optime progrediatur claudaturque catastrophe faelicissima ad omnium caenobitarum, inprimis autem Benedictini sodalicii bonum et honorem proindeque laudetur deus in servis suis et ecclesia universalis per doctoss monachos tamquam firmissimis columnis fulciatur.

Nam Hieronymo teste sancta rusticitas solum sibi prodest, et quantum aedificat ex vitae merito ecclesiam Christi, tantum nocet, si destruentibus non resistat.

In ea autem incidimus tempora, quibus pernecessarium foret ecclesiam catholicam doctos habere viros, qui Lernaeis monstris instar Herculis se opponant. Rescisso enim uno capite mox suboritur aliud, et tot nostra tempestate sunt sectae, ut numerum ferme effugiant.

Haec sunt, doctissime vir, quae te scire volui.

Tu vale bene Ellenbogii tui memor.

 Die 8. Octobris 42.

Bruder Nikolaus Ellenbog grüßt Doktor Johannes Eck.

Es kam zu mir jener sehr freundliche Pater, Magister GEORG FLACH aus Lorch, Euer Hausgenosse, hochgelehrter Eck, und erzählte mir mit vielen Worten von Eurer Hochachtung mir gegenüber, und er bezeugte zweifelsfrei, daß er niemals ohne einen Brief von Euch zu mir gekommen ist, wenn er auf dem Weg zu irgendeinem Ziel hoffte, auch nach Ottobeuren zu gelangen. Von dieser Dauerzusage überzeugt, freue ich mich über nichts mehr, als wenn ich Briefe, auch umfangreiche, von Euer Hochwürden, großer Mann, empfangen habe. Darüber hinaus hat mich jener gelehrte Mann aufgefordert, auch an Euch einen Brief mitzugeben. Daher habe ich diesen (wenn auch ungehobelten) Brief als Beleg für unsere alte Freundschaft geschrieben. Auch, damit ich glückliche Gelegenheit habe, meine Dienstfertigkeit Euch gegenüber mit Taten bezeugen zu können.

Ich habe übrigens seit der Zeit, als ich Euch von der Gründung des neuen Ordensstudiums schrieb, von Euch keinerlei Antwort erhalten, was ich betroffen zur Kenntnis nahm, da ich glaubte, daß Ihr den Beginn der Studien dort nicht gutheißt.

Aber aufgrund des Berichts von Magister GEORG habe ich vollkommen verstanden, was der Rat der Äbte beschlossen und was er verworfen hat. Ich konnte einfach nicht glauben, daß Ihr als gelehrter Mann gegen das Studium der Wissenschaften Einspruch erheben könnt. Aber ich verstehe, daß die Art und Weise, die die Väter festgesetzt haben, Euch nicht ganz überzeugt hat.

Gott möge geben, daß die wohl begonnene Sache bessere Fortschritte macht und ein großer Glücksfall in ihr beschlossen liegt für das Wohl und die Ehre aller Mönche, besonders des Benediktinerordens, und von daher Gott in seinen Dienern gelobt und die Gesamtkirche durch gelehrte Mönche gleichsam mit starken Säulen gestützt wird.

Denn nach dem Zeugnis des HIERONYMUS nützt die heilige Einfalt nur etwas, wenn sie aufgrund des Verdienstes der Lebensweise die Kirche Christi aufbaut, und sie schadet insoweit, wenn sie den Zerstörern der Kirche nicht entgegentritt.

Wir sind jetzt in eine Zeit gekommen, in der es sehr nötig wird, daß die katholische Kirche gelehrte Männer besitzt, die sich den Ungeheuern der Lerna wie Herkules entgegenwerfen. Ist nämlich ein Haupt abgeschlagen, erwächst bald ein neues, und gegenwärtig gibt es so viele Sekten, daß sie fast nicht mehr zu zählen sind.

Das wollte ich Euch schreiben, hochgelehrter Freund.

Es möge Euch wohl ergehen, und denkt an Euren Ellenbog!

Am 8. Oktober 1542.