Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 327

Eck an Papst Paul III.
Ingolstadt
01-03-1537


Parma Archivio di Stato (Autograph Ecks)

Beinahe jeden Monat erhält Eck von einem römischen Höfling Nachricht, daß neue arglistige Verleumdungen gegen ihn ausgestreut werden, die den Papst veranlaßt haben, seine Zusagen ihm gegenüber für ungültig zu erklären. Das läßt sich Eck von keinem Fürsten bieten, geschweige denn vom obersten Fürsten, dem Papst. Bis zum heutigen Tag verspricht er sich von ihm alles Gute und auch, daß die ihm zugewiesene Pfründe als verdienter Lohn für seinen Einsatz zur Verteidigung des Glaubens ihm erhalten bleibt. Der Papst hat keinen Grund, die ihm vom neuen Pfründeninhaber Moritz von Hutten zugesagten 500 Gulden vorzuenthalten. Eck schließt aus der Tatsache, daß Paul III. seinen Neffen, den Vizekanzler Alessandro Farnese, äußerst großzügig unterstützt, auf dessen großes Interesse an seiner Herkunftsdynastie. So möchte Eck Paul III. darauf hinweisen, daß er neben Theologie, Rechtswissenschaften und Sprachen auch immer geschichtliche und genealogische Studien betrieben und entsprechende Forschungen in Klosterbibliotheken durchgeführt hat. Dabei ist ihm auch das Lilienwappen der Farnese mehrfach beim gräflichen Adel Deutschlands begegnet, wenn auch in anderer Kolorierung: so in Castel, Sulzbach und Flössenburg. Aus deutschen Annalen weiß Eck, daß Graf Berniger von Castelburg als Teilnehmer des Romzuges Friedrichs I. Barbarossa beim Kaiser in Ungnade gefallen war; da seine Gemahlin Adelheid die Tochter des zur Welfenpartei gehörenden Grafen von Wolfratshausen war, trat er zu den Welfen über. Die Welfen standen in ständiger Rivalität mit den Herzögen von Schwaben. Einige Grafen hatten bereits früher sich mit Welf in der Mark Spoleto niedergelassen, so daß der Ursprung der Welfen wohl dort zu suchen ist, obwohl man überall in Italien nur immer von den Ghibellinen spricht. Diese Angaben können dem Papst vielleicht bei der Suche nach den Ursprüngen des Hauses Farnese helfen.


Post devotum osculum pedum beatorum.

Beatissime pater: Etsi ex urbe Curtisanus quidam omni ferme mense scribat, novum adversus me concitari commentum, quo gratia S.T. michi data invalidetur. Ea autem omnia sunt huiusmodi, quae a nullo modo principe umquam admitterentur, multo minus a principe principum, a Pontifice optimo Maximo.

Quare in hunc diem confido, imo michi polliceor de S.T. omnia bona, ut s. beneficium a principe concessum maneat, velut maximi labores pro fide a me suscepti postulant. Et clementia tua in causa praepositurae Herbipolensis mei per omnia rationem habeat, neque me quinquagenarium in ulteriorem futurorum spem reiiciat novi reservati, nam gratia quae iacet est gratia, gratia minus ... non sortiretur effectum, aut praepropere revocaretur.

Beatitudini T. me commendo.

Ingoldstadii Kalendas Martias Anno gratiae M.D.XXXVII.

S.T. humillimus servitor a pedibus
I. Eckius.

(Beigefügtes Autograph Ecks an Paul III.:)

Cum videam S.T., beatissime pater, impense favere nepoti suo Reverendissimo Cardinali S.R.E. vicecancellario, arbitror te prosapiae tuae ac Generi studiosum. Ego etsi theologicis, juridicis ac philosophicis studiis incubuerim et non nichil linguis, tum nostratibus historiis nonnullas horas ..., potissimum ubi in antiquis fundationibus monasteriorum et monachorum ephimeridibus aliquid deprendere potui et expiscari.

Inter alia invenio Comites nobilissimos Germaniae fuisse liliorum, qui sex lilia deferebant, situ et ordine quo Farnesia domus, sed tamen variis coloribus ornabantur, et ab arcibus fratres divisi, varia sortiebantur nomina.

Nam principalis familia fuit Castelbergiorum, ab arce quae postea mutata est in monasterium Castel ordinis S. Benedicti. Frater ex eis resedit in arce Sultzbach, ubi iam ...arce est pulchrum ... deferens VI lilia in rubro campo in hunc diem. Tertius frater tandem resedit in arce Floss, unde dicti sunt Comites a Floss. Hodie arx adhuc manet Antiquiburgi et Flossburgum dicitur: de coloribus liliorum in hunc diem nil certi habere potui, ita iactarunt quos legi et audivi. Nam Capelbergi aliqui trahunt sex lilia celestini seu jantini coloris in silvio seu cernio colore, et Flossenburgio ascribant sex alba lilia in ceruleo seu celestino: alii rotunde permutant. Hoc tum reperimus in annalibus nostris, Comitem Bernigerum a Castelberg duxisse secum ex Norico trecentos equites Imperatori Friderico I. Barbarossae in expeditione Romana, sed quia idem Comes Berniger accidit comitem Hirsutum, venit in indignationem Caesaris, et quia uxor sua Adelhaidis fuit filia Comitis de Wolfartshausen, qui erat sub Guelphone, ideo factum est, ut Comes Berniger fieret Guelphicae factionis. Guelphones autem principes, quorum septem fuerunt ex ordine illius nominis, semper adversabantur ducibus Suevorum, ut illa ad longum recensere possum. Fuit enim etiam patria mea sub Guelphonum dominio.

Hec S.T., Pater sancte, suggerere volui, ut si quipiam habeat domus Farnesia de origine sua; an ne quicquam habeat inquam quod huic adiuvet, fusior essem in hac re explicanda. Nam multi Comites cum Guelphone descenderunt in Marchiam Spolitanam. Unde vera origo Guelphi data est, quod hodie tam frequens in Gibellin audimus in Italia.

(In dorso:)
S.D.N. PAULO III. PONT. OPT. MAX.

1537 Kal. Martii.

Literae D. Io. Ecckii supplicantis pro reservatione ... ad Ecclesiae Herbipolensis praeposituram in favorem D. Mauritii ab Hutte

Demütiger Fußkuß!

Heiliger Vater: Wenn auch ein Höfling fast jeden Monat aus Rom schreibt, daß dort neue erfundene dinge über mich verbreitet werden, durch die die mir von Eurer Heiligkeit gewährte Gnade entkräftet wird, so handelt es sich dabei um Verhaltensweisen, die sonst von keinem Fürsten geduldet würden, am wenigsten vom Fürsten der Fürsten, dem Papst.

Deshalb vertraue ich darauf bis auf den heutigen Tg, ja ich verspreche mir von Eurer Heiligkeit alles Gute, daß nämlich die mir von einem Fürsten gewährte Pfründe erhalten bleibt, wie es die um des Glaubens willen von mir übernommenen großen Anstrengungen erfordern. Eure Heiligkeit möge in der Sache der Würzburger Propstei in allem für mich eintreten und mich nicht auf die Hoffnung nach einer fünfjährigen Wartezeit auf eine neue Pfründenreservation zurückwerfen, denn eine gewährte Gnade bleibt eine Gnade, anders kann sie keine Folgen haben oder sie würde vorzeitig rückgängig gemacht.

Ich empfehle mich Eurer Heiligkeit.

Ingolstadt, 1. März im Jahr der Gnade 1537.

Eurer Heiligkeit demütigster Diener, Euch zu Füßen
Johannes Eck.

(Beigefügtes Autograph Ecks an Paul III.:)

Da ich sehe, Heiliger Vater, daß Eure Heiligkeit Eurem Neffen, dem hochwürdigsten Kardinal der Heiligen Römischen Kirche und Vizekanzler seine besondere Gunst schenkt, glaube ich, daß Ihr sehr für die Herkunft Eures Geschlechtes Interesse habt. Wenn ich auch vor allem theologische, juristische und philosophische, daneben etwas sprachliche Studien betreibe, so verbringe ich doch so manche Stunde mit den Geschichtswerken der Unsrigen, besonders wenn ich in alten Sammlungen in Registern von Klöstern und Mönchen etwas finden und herausfischen konnte.

Unter anderen finde ich, daß sehr edle deutsche Grafen die Lilien im Wappen tragen; die Lilien führen sie in der gleichen Anordnung wie das Haus FARNESE, jedoch in verschiedenen Farben, und Brüder unterscheiden sich von Burg zu Burg und tragen verschiedene Namen.

Die Hauptfamilie waren die KASTELBERGER nach einer Burg, die später in das Benediktinerkloster Kastell umgewandelt worden ist. Ein Bruder von ihm lebte auf der Burg Sulzbach, einer...schönen Burg, und bis heute führt er sechs Lilien auf rotem Feld. Ein dritter Bruder schließlich lebte auf der Burg Floss: von daher heißen sie Grafen von Floss. Bis heute befindet sich die Burg in Altenburg und wird Floßburg genannt: über die Farben der Lilien konnte ich bis heute nichts Gewisses in Erfahrung bringen. So lauten die Zeugnisse , die ich gelesen und gehört habe: die KASTELBERGER tragen sechs Lilien in Himmel- oder Veilchenblau..., dem FLOSSBURGER schreibt man sechs weiße Lilien in rötlicher oder himmelblauer Farbe zu; andere wechseln sie aus. Das aber fanden wir in unseren Annalen, daß der Graf BERNIGER VON KASTELBERG dreihundert Reiter aus Noricum beim Ronzug Kaiser FRIEDRICHS I. BARBAROSSA angeführt habe, aber weil derselbe Graf BERNIGER Graf von Hirsau wurde, fiel er beim Kaiser in Ungnade; und weil seine Gemahlin ADELHEID eine Tochter des GRAFEN VON WOLFRATSHAUSEN war, der einem Guelfen unterstand, geschah es, daß Graf BERNIGER zur guelfischen Partei wechselte. Die guelfischen Fürsten aber, von denen es sieben unter diesem Namen gab, waren immer Feinde der Herzöge von Schwaben: ich konnte das seit langem beobachten, denn auch meine Heimat stand unter guelfischer Herrschaft.

Das, Heiligster Vater, wollte ich Eurer Heiligkeit an die Hand geben, damit das Haus FARNESE etwas über seinen Ursprung erfährt. Damit Ihr etwas Hilfreiches hättet, bin ich beim Erläutern etwas ausführlicher geworden. Viele Grafen sind mit dem Guelfen in die Mark Spoleto hinab gezogen. Dort könnte der wahre Ursprung des Guelfen sein, was wir heute in Italien so oft gegenüber den Ghibellinen vernehmen.