Vinzenz Pfnür      
Joseph Cardinal Ratzinger / Papst Benedikt
Joseph Cardinal Ratzinger

Rom


Freiheit und Wahrheit
IKaZ Communio (De) 24 (1995) 527-542

I. Die Frage

II. Die Problematik der neuzeitlichen Freiheitsgeschichte und ihres Freiheitsbegriffs
III. Freiheit und Wahrheit
1. Vom Wesen menschlicher Freiheit
2. Freiheit und Verantwortung
3. Die Wahrheit unseres Menschseins
IV. Zusammenfassung der Ergebnisse
ANMERKUNGEN

I. Die Frage


Im Bewußtsein der Menschheit von heute erscheint Freiheit weithin als das höchste Gut überhaupt, dem alle anderen Güter nachgeordnet sind. In der Rechtsprechung hat durchweg die Freiheit der Kunst, die Freiheit der Meinungsäußerung den Vorrang vor jedem anderen sittlichen Wert. Werte, die mit der Freiheit konkurrieren, zu ihrer Einschränkung nötigen könnten, erscheinen als Fesseln, als »Tabus«, das heißt als Relikte archaischer Verbote und Ängste. Politisches Handeln muß sich dadurch ausweisen, daß es freiheitsfördernd ist. Auch Religion kann sich nur dadurch behaupten, daß sie sich als befreiende Kraft für den Menschen und die Menschheit darstellt. In der Skala der Werte, auf die es für den Menschen und sein menschenwürdiges Leben ankommt, erscheint Freiheit als der eigentliche Grundwert und als das grundlegende Menschenrecht überhaupt. Dem Begriff Wahrheit begegnen wir demgegenüber eher mit Verdacht: Man erinnert sich daran, für wieviele Meinungen und Systeme schon der Begriff Wahrheit in Anspruch genommen wurde; wie oft so die Behauptung von Wahrheit ein Mittel gewesen ist, um Freiheit niederzuhalten. Dazu kommt die von der Naturwissenschaft genährte Skepsis gegenüber allem, was nicht exakt erklärbar oder belegbar ist: All das scheint letztlich nur subjektive Wertung zu sein, die keine gemeinsame Verbindlichkeit in Anspruch nehmen kann. Die moderne Haltung der Wahrheit gegenüber zeigt sich am bündigsten in dem Pilatuswort: Was ist Wahrheit? Wer behauptet, mit seinem Leben und mit seinem Reden und Tun im Dienst der Wahrheit zu stehen, muß sich gefaßt machen, als Schwärmer oder als Fanatiker eingestuft zu werden. Denn »nach drüben ist der Ausblick uns versperrt«; dieses Goethewort aus dem Faust charakterisiert unser aller Empfinden.


Zweifellos, es gibt Gründe genug, gegenüber allzu sicher auftretendem Wahrheitspathos vorsichtig zu fragen: Was ist Wahrheit? Aber es gibt ebensoviel Grund, die Frage zu stellen: Was ist Freiheit? Was meinen wir eigentlich, wenn wir Freiheit rühmen und sie auf die oberste Stufe unserer Wertskala stellen? Ich glaube, daß der im allgemeinen mit dem Freiheitsverlangen verbundene Inhalt recht treffend ausgelegt ist in den Worten, mit denen einmal Karl Marx seinen Traum von Freiheit ausgedrückt hat. Der Zustand der künftigen kommunistischen Gesellschaft werde es möglich machen, »heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe ...«1 Genau in diesem Sinn versteht das unreflektierte Durchschnittsempfinden unter Freiheit das Recht und die Möglichkeit, alles das zu tun, was wir uns gerade wünschen und nichts tun zu müssen, was wir nicht möchten. Anders gesagt: Freiheit würde bedeuten, daß das eigene Wollen die einzige Norm unseres Tuns sei und daß der Wille alles wollen könne und alles Gewollte auch auszuführen die Möglichkeit habe. An dieser Stelle steigen freilich Fragen auf: Wie frei ist der Wille eigentlich? Und wie vernünftig ist er? Und: Ist ein unvernünftiger Wille ein wirklich freier Wille? Ist eine unvernünftige Freiheit wirklich Freiheit? Ist sie wirklich ein Gut? Muß also die Definition der Freiheit vom Wollenkönnen und vom Tunkönnen des Gewollten her nicht durch den Zusammenhang mit der Vernunft, mit der Ganzheit des Menschen ergänzt werden, damit es nicht zur Tyrannei der Unvernunft komme? Und wird es nicht zum Zusammenspiel zwischen Vernunft und Wille gehören, dann auch die gemeinsame Vernunft aller Menschen und so die gegenseitige Verträglichkeit der Freiheiten zu suchen? Es ist offenkundig, daß in der Frage nach der Vernünftigkeit des Willens und seiner Vernunftbindung die Wahrheitsfrage verborgen mitgegeben ist.


Zu solchen Fragen zwingen uns nicht nur abstrakte philosophische Überlegun-gen, sondern unsere ganz konkrete gesellschaftliche Situation, in der zwar das Freiheitsverlangen ungebrochen ist, aber doch Zweifel an allen bisherigen Formen von Befreiungsbewegungen und von Freiheitssystemen immer dramatischer erscheinen. Vergessen wir nicht, daß der Marxismus als die eine große politische Kraft unseres Jahrhunderts unter dem Anspruch angetreten ist, die neue Welt der Freiheit und des befreiten Menschen heraufzuführen. Gerade dieses sein Versprechen, den wissenschaftlich gesicherten Weg zur Freiheit zu kennen und die neue Welt zu erschaffen, hat ihm viele der kühnsten Geister unserer Epoche zugeführt; schließlich erschien er gar als die Kraft, durch die die christliche Erlösungslehre endlich in eine realistische Befreiungspraxis umgewandelt werden könnte — als die Kraft, das Reich Gottes als das wahre Menschenreich heraufzuführen. Der Zusammenbruch des realen Sozialismus in den osteuropäischen Staaten hat solche Hoffnungen nicht ganz beseitigt, die da und dort im stillen weiterbestehen und nach neuer Gestalt suchen. Dem politischen und ökonomischen Zusammenbruch entsprach keine wirkliche geistige Überwindung, und insofern ist die vom Marxismus gestellte Frage noch keineswegs aufgelöst. Immerhin, daß sein System nicht so funktionierte, wie es versprochen war, ist offenkundig. Daß diese vermeintliche Befreiungsbewegung neben dem Nationalsozialismus das größte Sklavensystem der neuzeitlichen Geschichte war, kann im <529> Ernst niemand mehr leugnen: Das Ausmaß zynischer Zerstörung des Menschen und der Welt wird zwar häufig eher schamvoll verschwiegen, aber bestreiten kann es niemand mehr.

 

Die moralische Überlegenheit des liberalen Systems in Politik und Wirtschaft, die so zum Vorschein gekommen ist, läßt dennoch keinen Enthusiasmus aufkommen. Zu groß ist die Zahl derer, die an den Früchten dieser Freiheit nicht teilhaben, ja, überhaupt jede Freiheit verlieren: Arbeitslosigkeit wird erneut zum Massenphänomen; das Gefühl des Nicht-gebraucht-Werdens, der Überflüssigkeit foltert die Menschen nicht weniger als die materielle Armut. Skrupellose Ausbeutung macht sich breit; das organisierte Verbrechen nutzt die Chancen der freiheitlichen Welt, und in alledem geht das Gespenst der Sinnlosigkeit um. Der polnische Philosoph Andrzej Szczypiorski hat auf den Salzburger Hochschulwochen 1995 das Dilemma der Freiheit schonungslos beschrieben, das sich nach dem Fall der Mauer ergeben hat; es lohnt sich, ihm etwas ausführlicher zuzuhören: »Es unterliegt keinem Zweifel, daß der Kapitalismus einen großen Fortschritt vollzog. Und es unterliegt auch keinem Zweifel, daß er die Erwartungen nicht erfüllte. In dem Kapitalismus ist immer wieder der Schrei der riesigen Massen zu hören, deren Begehren nicht erfüllt wurde ... Der Untergang der sowjetischen Konzeption der Welt und des Menschen in der politischen und sozialen Praxis war eine Befreiung von Millionen Menschenleben aus der Knechtschaft. Aber im europäischen Gedankengut, im Lichte der Tradition der letzten zweihundert Jahre, bedeutet die antikommunistische Revolution auch das Ende der aufklärerischen Illusionen, also die Zerstörung der intellektuellen Konzeption, die der Entwicklung des frühen Europa zugrunde lag ... Es ist eine merkwürdige, niemandem bisher bekannte Epoche der Uniformierung der Entwicklung eingetreten. Und plötzlich erwies sich — wohl zum ersten Mal in der Geschichte —‚ daß es nur ein einziges Rezept, einen einzigen Weg, ein einziges Modell und eine einzige Weise der Gestaltung der Zukunft gäbe. Und die Menschen verloren den Glauben an den Sinn der sich vollziehenden Umwandlungen. Sie verloren auch die Hoffnung darauf, daß die Welt überhaupt veränderbar ist und daß es sich lohnt, die Welt zu verändern ... Der heutige Mangel an einer Alternative läßt aber die Menschen völlig neue Fragen stellen. Die erste Frage: vielleicht hatte der Westen doch nicht recht? Die zweite Frage: wenn der Westen nicht recht hatte, wer hatte dann recht? Weil für niemanden in Europa wohl keinem Zweifel unterliegt, daß der Kommunismus nicht recht hatte, entsteht die dritte Frage: Vielleicht gibt es kein Recht? Aber wenn es so ist, hat das ganze Gedankengut der Aufklärung keinen Wert ... Vielleicht hielt die ausgediente Dampfmaschine der Aufklärung nach zwei Jahrhunderten nützlicher, störungsloser Arbeit vor unseren Augen und mit unserer Beteiligung an. Und der Dampf geht nur in die Luft. Wenn es so in der Tat ist, dann sind die Perspektiven finster.«2


Soviel man hier auch an Gegenfragen stellen könnte, der Realismus und die Logik der Grundfragen von Szczypiorski sind nicht beiseite zu schieben; aber zugleich ist die Diagnose so bedrückend, daß man bei ihr nicht stehenbleiben kann. Hatte niemand recht? Vielleicht gibt es kein Recht? Sind die Grundlagen der europäischen Aufklärung, auf denen unser Freiheitsweg beruht, falsch oder mindestens mangelhaft? Die Frage »Was ist Freiheit?« ist im letzten nicht weni-<530>ger kompliziert als die Frage »Was ist Wahrheit?« Das Dilemma der Aufklärung, in das wir unleugbar hineingeraten sind, zwingt uns, beide Fragen neu zu stellen und auch neu nach beider Zusammenhang zu suchen. Um voranzukommen, müssen wir also den Ausgangspunkt des neuzeitlichen Freiheitsweges neu bedenken; die Kurskorrektur, die wir ganz offensichtlich brauchen, damit in der Verfinsterung der Perspektiven wieder Wege sichtbar werden, muß auf die Ausgangspunkte selbst zurückgreifen und dort einsetzen. Natürlich kann ich im begrenzten Rahmen eines Vortrags nur versuchen, ein paar Schlaglichter zu setzen, die Größe und Gefährdungen des neuzeitlichen Weges andeuten, um so zu neuer Besinnung zu helfen.

 

 

II. Die Problematik der neuzeitlichen Freiheitsgeschichte

und ihres Freiheitsbegriffs

 

Es ist kein Zweifel: Die Epoche, die wir Neuzeit nennen, ist von Anfang an durch das Thema Freiheit bestimmt; der Aufbruch nach neuen Freiheiten ist überhaupt der einzige Grund, der zu einer solchen Periodisierung berechtigt. Luthers Kampfschrift Von der Freiheit eines Christenmenschen schlägt sofort das Thema in kräftigen Tönen an.3 Es war der Ruf der Freiheit, der die Menschen aufhorchen machte, der eine wahre Lawine in Gang setzte und aus den Schriften eines Mönches eine Massenbewegung entstehen ließ, die das Gesicht der mittelalterlichen Welt von Grund auf umgestaltete. Es ging um die Freiheit des Gewissens gegenüber der kirchlichen Autorität, also um die innerste Freiheit des Menschen überhaupt. Nicht die gemeinschaftlichen Ordnungen retten den Men-schen, sondern sein ganz persönlicher Glaube an Christus. Daß plötzlich das ganze Ordnungssystem der mittelalterlichen Kirche letztlich nicht mehr zählte, wurde als ein ungeheurer Befreiungsschub empfunden. Die Ordnungen, die eigentlich tragen und retten sollten, erschienen als Last; sie binden nicht mehr, das heißt sie haben keine Erlösungsbedeutung mehr. Die Erlösung ist Befreiung, Befreiung vom Joch der überindividuellen Ordnungen. Auch wenn man nicht vom Individualismus der Reformation sprechen sollte, so ist doch die neue Bedeutung des einzelnen und die Verschiebung des Verhältnisses zwischen dem Einzelgewissen und der Autorität ein tragender Zug. Diese Befreiungsbewegung blieb freilich auf den eigentlich religiösen Bereich beschränkt. Wo sie, wie in den Bauernkriegen und in der Täuferbewegung, auch zum politischen Programm wurde, hat sich ihr Luther kräftig entgegengestellt. Im politischen Bereich wurde mit der Schaffung der Staats- und Landeskirchen ganz im Gegenteil die Macht der weltlichen Autorität gesteigert und verhärtet. Im angelsächsischen Raum brechen dann die Freikirchen aus dieser neuen Verschmelzung von religiöser und politischer Herrschaft aus und werden so zu Vorläufern einer neuen Konstruktion der Geschichte, die dann in der zweiten Phase der Neuzeit, der Aufklärung, deutliche Gestalt annimmt. Der ganzen Aufklärung gemeinsam ist der Wille zur Emanzipation, zunächst im Sinn von Kants sapere aude wage, deine Vernunft selbst zu gebrauchen. Es geht um den Ausbruch der Einzelvernunft aus den Bindungen der Autorität, die <531> alle kritisch überprüft werden müssen. Nur das vernünftig Einsichtige soll gelten. Dieses philosophische Programm ist seinem Wesen nach auch ein politisches Programm: Nur die Vernunft soll herrschen, es soll letztlich keine andere Autorität geben als die der Vernunft. Nur das Einsichtige gilt; was nicht vernünftig, das heißt einsichtig ist, kann auch nicht verpflichten. Diese Grundrichtung der Aufklärung stellt sich aber doch in unterschiedlichen, ja gegensätzlichen Sozialphilosophien und politischen Programmen dar. Mir scheint, man könne zwei große Strömungen unterscheiden: die mehr naturrechtlich orientierte angelsächsische Richtung, die zur konstitutionellen Demokratie als dem einzig realistischen System von Freiheit tendiert; dagegen steht der radikale Ansatz von Rousseau, der letztlich auf die völlige Herrschaftslosigkeit abzielt. Das naturrechtliche Denken kritisiert das positive Recht, die konkreten Herrschaftsformen am Maßstab der inneren Rechte des Menschseins, die allen gesetzlichen Ordnungen vorausgehen, ihr Maß und ihr Grund sind. »Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei, und wär’ er in Ketten geboren« hat in diesem Sinn Friedrich von Schiller gesagt. Das ist nicht ein Satz, der Sklaven mit metaphysischen Gedanken tröstet, sondern ein kämpferischer Satz, eine Handlungsmaxime. Rechtsordnungen, die Sklaverei schaffen, sind Unrechtsord-nungen. Von der Schöpfung her hat der Mensch Rechte, die geltend gemacht werden müssen, damit Gerechtigkeit sei. Freiheit wird dem Menschen nicht von außen verliehen. Er hat Recht deshalb, weil er frei geschaffen ist. Aus solchem Denken ist die Idee der Menschenrechte als Magna carta der modernen Freiheitsbewegung entfaltet worden. Wenn hier von Natur die Rede ist, dann ist nicht einfach ein System von biologischen Abläufen gemeint. Vielmehr wird gesagt, daß vor allen Ordnungsgebilden im Menschen selbst, von seiner Natur her, Rechte da sind. Die Menschenrechtsidee ist in diesem Sinn zunächst eine revolutionäre Idee: Sie steht gegen den Staatsabsolutismus, gegen die Willkür positiver Gesetzgebung. Aber sie ist auch eine metaphysische Idee: Im Sein selbst steckt ein ethischer und rechtlicher Anspruch. Es ist nicht blinde Materialität, die man dann nach purer Zweckmäßigkeit formen kann. Natur trägt Geist in sich, trägt Ethos und Würde in sich und ist so der Rechtsanspruch auf unsere Befreiung und ihr Maß zugleich. Dies ist im Prinzip durchaus der von der Stoa inspirierte und schöpfungstheologisch verwandelte Naturbegriff von Röm 2, was uns hier begegnet: Die Heiden kennen `von Natur´ das Gesetz und sind sich so selbst Gesetz (Röm 2,14). Das spezifisch Aufklärerisch-Neuzeitliche dieser Denklinie wird man wohl darin sehen dürfen, daß der Rechtsanspruch der Natur gegenüber den bestehenden Herrschaftsgestalten vor allem Einforderung der Rechte des Individuums gegenüber dem Staat, gegenüber den Institutionen ist. Als Natur des Menschen wird es vor allem angesehen, daß er Rechte gegen die Gemeinschaft hat, Rechte, die vor der Gemeinschaft zu schützen sind: Die Institution erscheint als der Gegenpol zur Freiheit; als Träger von Freiheit erscheint das Individuum und als ihr Ziel die volle Emanzipation des Individuums.

     Darin berührt sich diese Strömung mit der zweiten, vom Ansatz her weit radikaleren Richtung: Für Rousseau steht alles, was durch Vernunft und Wille geschaffen wurde, gegen die Natur, ist ihr Verderb und ihr Widerspruch. Der Begriff der Natur ist nicht selbst wieder vom Gedanken des Rechtes geprägt, das <532> als Naturgesetz schon allen unseren Institutionen vorausläge. Rousseaus Naturbegriff ist antimetaphysisch, dem Traum der völligen, durch nichts reglementierten Freiheit zugeordnet.4 Ähnliches taucht bei Nietzsche wieder auf, der das Rauschhaft-Dionysische dem geordneten Apollinischen gegenüberstellt und so Urgegensätze der Religionsgeschichte beschwört: Die Ordnungen der Vernunft, für die Apoll steht, verderben den freien, unbeschränkten Rausch der Natur.5 Klages hat dasselbe Motiv aufgenommen mit der Idee vom Geist als Widersacher der Seele: Der Geist ist nicht die große, neue Gabe, in der es überhaupt erst Freiheit gibt, sondern der Zersetzer des Ursprünglichen mit seiner Leidenschaft und Freiheit.6 In gewisser Hinsicht ist diese Kampfansage an den Geist antiaufklärerisch, und insofern konnte sich der Nationalsozialismus mit seiner Feindseligkeit gegenüber der Aufklärung und mit seiner Anbetung von »Blut und Boden« auf solche Richtungen berufen. Aber das Grundmotiv der Aufklärung, der Schrei nach der Freiheit, ist auch hier nicht bloß wirksam, sondern zu seiner radikalsten Form gesteigert. In den politischen Radikalismen des vergangenen wie des gegenwärtigen Jahrhunderts sind gegenüber der demokratisch domestizierten Form von Freiheit immer wieder solche Tendenzen in vielfältigen Gestalten durchgebrochen. Die Französische Revolution, die mit einer konstitutionellen demokratischen Idee begonnen hatte, hat schnell diese Fesseln von sich geworfen und sich auf die Bahnen Rousseaus und des anarchischen Freiheitsgedankens begeben; gerade damit ist sie — unausweichlich — zur blutigen Diktatur geworden.

     Auch der Marxismus setzt diese radikale Linie fort: Er hat die demokratische Freiheit immer als Scheinfreiheit kritisiert und eine bessere, radikalere Freiheit verheißen. Seine Faszination kam ja gerade davon, daß er eine größere und kühnere Freiheit verhieß, als sie in den Demokratien verwirklicht ist. Zwei Aspekte des marxistischen Systems scheinen mir für die Freiheitsproblematik der Neuzeit und für die Frage nach Freiheit und Wahrheit besonders wichtig zu sein:
a. Der Marxismus geht davon aus, daß Freiheit unteilbar ist, also als solche nur besteht, wenn sie Freiheit aller ist. Freiheit ist an Gleichheit gebunden: Damit Freiheit sei, muß zuallererst Gleichheit hergestellt werden. Das bedeutet, daß zum Ziel der völligen Freiheit Freiheitsverzichte notwendig sind. Die Solidarität derer, die für die gemeinsame Freiheit aller kämpfen, geht der Durchsetzung der individuellen Freiheiten voran. Das Marx-Zitat, von dem wir ausgegangen sind, zeigt, daß am Ende doch wieder die Idee der schrankenlosen Freiheit des Individuums steht, aber für die Gegenwart gilt die Überordnung des gemeinschaftlichen Aspekts, die Überordnung der Gleichheit über die Freiheit und also das Recht der Gemeinschaft gegenüber dem Individuum.
b. Damit verbunden ist die Voraussetzung, daß die Freiheit des einzelnen von der Struktur des Ganzen abhängt und daß der Kampf um die Freiheit zunächst nicht als Kampf um die Rechte des Individuums, sondern als Kampf um eine veränderte Weltstruktur geführt werden muß. Bei der Frage, wie diese Struktur auszusehen habe und welches daher die rationalen Mittel zu ihrer Herstellung seien, ist freilich dem Marxismus der Atem ausgegangen. Denn daß keine der konstruierten Strukturen die Freiheit wirklich ermöglicht, deretwegen die Freiheitsverzichte verlangt werden, konnte eigentlich ein Blinder sehen. Aber Intel<533> lektuelle sind blind, wo es um ihre Denkgebilde geht. Deswegen konnten sie jedem Realismus entsagen und weiter für ein System kämpfen, dessen Verheißungen nicht einlösbar waren. Man half sich mit einer Ausflucht ins Mythologische: Die neue Struktur werde einen neuen Menschen hervorbringen — denn in der Tat, nur mit neuen Menschen, mit ganz anderen Menschen könnten die Verheißungen funktionieren. Wenn in der Forderung der Solidarität und in der Idee der Unteilbarkeit der Freiheit der moralische Charakter des Marxismus liegt, so wird in seiner Ankündigung des neuen Menschen eine Lüge deutlich, die auch den moralischen Ansatz paralysiert. Teilwahrheiten sind einer Lüge zugeordnet, und daran scheitert das Ganze: Die Freiheitslüge hebt auch die wahren Elemente auf. Freiheit ohne Wahrheit ist keine Freiheit.

    An dieser Stelle stehen wir. Wir sind genau wieder an den Problemen angelangt, die Szczypiorski in Salzburg so drastisch formuliert hat. Was Lüge ist, wissen wir nun — wenigstens in Bezug auf die bisherigen Erscheinungsformen des Marxismus. Aber was Wahrheit ist, wissen wir damit noch lange nicht. Ja, die Furcht wird stärker: Vielleicht gibt es überhaupt keine Wahrheit? Vielleicht gibt es das Recht und das Richtige überhaupt nicht? Vielleicht müssen wir uns mit minimalen Notordnungen begnügen? Aber vielleicht gelingen gerade auch die nicht, wie die jüngsten Entwicklungen auf dem Balkan und in so vielen anderen Teilen der Welt zeigen? Die Skepsis wächst, und ihre Gründe werden stärker, aber auch der Wille zum Unbedingten ist nicht aufzuheben.     

Das Gefühl, daß die Demokratie noch nicht die rechte Form der Freiheit sei, ist ziemlich allgemein und breitet sich immer mehr aus. Die marxistische Demokratiekritik kann man nicht einfach beiseite schieben: Wie frei sind Wahlen? Wie weit ist der Wille durch Werbung, also durch das Kapital, durch einige Herrscher über die öffentliche Meinung manipuliert? Gibt es nicht die neue Oligarchie derer, die bestimmen, was modern und fortschrittlich ist, was ein aufgeklärter Mensch zu denken hat? Die Grausamkeit dieser Oligarchie, ihre Möglichkeit öffentlicher Hinrichtungen, ist hinlänglich bekannt. Wer sich ihr in den Weg stellen möchte, ist ein Feind der Freiheit, weil er ja die freie Meinungsäußerung behindert. Und wie ist es mit der Willensbildung in den Gremien demokratischer Repräsentation? Wer möchte noch glauben, daß das Wohl der Allgemeinheit dabei das eigentlich bestimmende Moment sei? Wer könnte an der Macht von Interessen zweifeln, deren schmutzige Hände immer häufiger sichtbar werden? Und überhaupt: Ist das System von Mehrheit und Minderheit wirklich ein System der Freiheit? Und werden nicht Interessenverbände jeder Art zusehends stärker als die eigentliche politische Vertretung, das Parlament? In diesem Gewirr von Mächten steigt das Problem der Unregierbarkeit immer drohender auf: Der gegenseitige Durchsetzungswille blockiert die Freiheit des Ganzen.      

Es gibt zweifellos den Flirt mit autoritären Lösungen, die Flucht vor der unbewältigten Freiheit. Aber bestimmend für den Geist des Jahrhunderts ist diese Haltung noch nicht. Der radikale Strom der Aufklärung hat seine Wirkung nicht verloren, er wird sogar stärker. Gerade angesichts der Grenzen der Demokratie wird der Ruf nach einer totalen Freiheit lauter. Nach wie vor, ja, zusehends gelten »Gesetz und Ordnung« als Gegensatz zu Freiheit. Nach wie vor erscheinen Institution, Überlieferung, Autorität an sich als Gegenpole von Freiheit. Der an-<534> archische Zug des Freiheitsverlangens verstärkt sich, weil die geordneten Formen gemeinschaftlicher Freiheit nicht befriedigen. Die großen Verheißungen der aufbrechenden Neuzeit wurden nicht eingelöst, aber ihre Faszination ist ungebrochen. Die demokratisch geordnete Form von Freiheit kann man heute nicht mehr bloß durch diese oder jene Gesetzesreform verteidigen. Die Frage geht an die Grundlagen selbst. Es geht darum, was der Mensch ist und wie er als einzelner und im ganzen richtig leben kann.

Man sieht: Das politische, das philosophische und das religiöse Problem der Freiheit ist ein unlösbares Ganzes geworden; wer Wege in die Zukunft sucht, muß das Ganze im Blick haben und kann sich nicht mit vordergründigen Pragmatismen begnügen. Bevor ich in einem letzten Teil versuche, Wegrichtungen anzudeuten, die sich mir zu öffnen scheinen, möchte ich noch einen Blick auf die vielleicht radikalste Freiheitsphilosophie unseres Jahrhunderts werfen, diejenige von J.P. Sartre, in der die Frage in ihrem ganzen Ernst und ihrer Größe deutlich wird. Sartre sieht die Freiheit des Menschen als seine Verdammnis an. Im Gegensatz zum Tier hat der Mensch keine »Natur«. Das Tier lebt seine Existenz nach der ihm eingestifteten Gesetzmäßigkeit; es braucht nicht zu überlegen, was es mit seinem Leben anfangen will. Aber das Wesen Mensch ist undeterminiert. Es ist eine offene Frage. Ich muß selbst entscheiden, was ich unter Menschsein verstehen, was ich damit anfangen, wie ich es gestalten will. Der Mensch hat keine Natur, sondern ist nur Freiheit. Er muß das Leben irgendwo hin leben, aber es geht doch ins Leere. Diese sinnlose Freiheit ist des Menschen Hölle. Das Aufregende an diesem Denkansatz besteht darin, daß hier die Trennung von Freiheit und Wahrheit radikal durchgeführt ist: Es gibt gar keine Wahrheit. Die Freiheit hat keine Richtung und kein Maß.7 Aber diese völlige Abwesenheit von Wahrheit, die völlige Abwesenheit jeder auch sittlichen und metaphysischen Bindung, die absolut anarchische Freiheit als Wesensbestimmung des Menschen, enthüllt sich für den, der sie zu leben versucht, nicht als höchste Steigerung der Existenz, sondern als Nichtigkeit des Lebens, als absolute Leere, als die Definition von Verdammnis. In der Extrapolation eines radikalen Freiheitsbegriffs, der für Sartre selbst Lebenserfahrung war, wird sichtbar, daß Befreiung von Wahrheit nicht die reine Freiheit erzeugt, sondern sie aufhebt. Die anarchische Freiheit, radikal genommen, erlöst nicht, sondern macht den Menschen zum mißratenen Geschöpf, zum Sein ohne Sinn.

 

 

III. Freiheit und Wahrheit

 

1. Vom Wesen menschlicher Freiheit

 

Nach diesem Versuch, die Herkunft unserer Probleme zu verstehen und so deren inneren Ansatz vor den Blick zu bekommen, wird es Zeit, nach Antworten zu suchen. Es ist wohl klar geworden, daß die Krise der Freiheitsgeschichte, in der wir heute stehen, auf einem ungeklärten und vereinseitigten Begriff von Freiheit beruht. Zum einen hat man den Begriff der Freiheit isoliert und dadurch verfälscht: Freiheit ist ein Gut, aber sie ist es nur im Verbund mit anderen <535> Gütern, mit denen zusammen sie eine unauflösliche Ganzheit bildet. Zum anderen hat man den Freiheitsbegriff selbst verengt auf die individuellen Freiheitsrechte hin und ihn damit seiner menschlichen Wahrheit beraubt. Ich möchte das Problem dieses Freiheitsverständnisses an einem konkreten Beispiel verdeutlichen, das uns zugleich den Weg zu einer angemessenen Auffassung von Freiheit öffnen kann. Ich meine die Frage der Abtreibung. In der Radikalisierung der individualistischen Tendenz der Aufklärung erscheint Abtreibung als ein Freiheitsrecht: Die Frau muß über sich selbst verfügen können. Sie muß die Freiheit haben, ob sie ein Kind zur Welt bringen oder sich davon befreien will. Sie muß über sich selbst entscheiden dürfen, und niemand anders kann ihr — so wird uns gesagt — da von außen her eine letztlich bindende Norm auferlegen. Es geht um das Recht der Selbstbestimmung. Aber entscheidet die Frau bei der Abtreibung eigentlich über sich selbst? Entscheidet sie nicht gerade über jemand anderen — darüber, daß einem anderen keine Freiheit zugestanden werden soll, daß ihm der Raum der Freiheit — das Leben — genommen werden muß, weil das mit meiner eigenen Freiheit konkurriert? Und so ist zu fragen: Was ist das eigentlich für eine Freiheit, zu deren Rechten es zählt, die Freiheit eines anderen gleich vom Ansatz her aufzuheben?

 

         Nun sage man nicht, das Problem Abtreibung berühre einen spezifischen Sonderfall und tauge nicht, das Gesamtproblem von Freiheit zu klären. Nein, gerade an diesem Beispiel wird die Grundfigur menschlicher Freiheit, ihr typisch menschliches Wesen deutlich. Denn worum geht es da? Das Sein eines anderen Menschen ist so eng mit dem Sein dieses Menschen, der Mutter, verwoben, daß es einstweilen überhaupt nur im körperlichen Mitsein mit der Mutter bestehen kann, in einer physischen Einheit mit ihr, die doch seine Andersheit nicht aufhebt und sein Selbstsein nicht zu bestreiten gestattet. Freilich — dieses Selbersein ist auf radikale Weise ein Sein vom anderen, durch den anderen; umgekehrt wird das Sein des anderen — der Mutter — durch dieses Mitsein ins Für-Sein gedrängt, das seinem eigenen Selbstseinwollen widerspricht und so als Gegensatz zur eigenen Freiheit erfahren wird. Nun müssen wir hinzufügen, daß das Kind, auch wenn es geboren wird und die äußere Gestalt des Von-her-Seins und des Mit-Seins sich ändert, dennoch genauso abhängig, genauso angewiesen auf ein Für-Sein bleibt. Gewiß, nun kann man es in ein Heim abschieben und einem anderen Für zuordnen, aber die anthropologische Figur ist dieselbe, es bleibt das Vonher, das ein Für verlangt, eine Annahme der Grenzen meiner Freiheit, oder vielmehr ein Leben meiner Freiheit nicht aus der Konkurrenz, sondern aus dem gegenseitigen Sichtragen. Wenn wir die Augen auftun, sehen wir, daß dies wiederum nicht nur vom Kind gilt, daß vielmehr im Kind im Mutterleib nur das Wesen menschlicher Existenz im ganzen sich sehr anschaulich zu erkennen gibt: Auch für den Erwachsenen gilt, daß er nur mit dem anderen und von ihm her sein kann und so immerfort auf jenes Für-Sein angewiesen ist, das er gerade ausschließen möchte. Sagen wir es noch genauer: Der Mensch setzt zwar ganz von selbst das Für-Sein der anderen voraus, wie es sich heute im Netz der Dienstleistungssysteme gestaltet hat, aber er möchte seinerseits nicht in den Zwang eines solchen Von und Für hineingenommen sein, sondern ganz unabhängig werden, tun und lassen können, was er nur eben will. Das radikale Freiheitsverlangen,


<536> das sich im Weg der Aufklärung, besonders in der von Rousseau eröffneten Linie, immer deutlicher ergeben hat und heute weithin das allgemeine Bewußtsein bestimmt, möchte weder vonher noch woraufhin, weder von noch für sein, sondern eben ganz frei. Das heißt: Es sieht die reale Grundfigur menschlicher Existenz selbst als das jedem einzelnen Leben und Handeln vorausliegende Attentat auf die Freiheit an; es möchte gerade von seinem eigenen menschlichen Wesen zum »neuen Menschen« hin befreit werden: In der neuen Gesellschaft dürften diese das Ich beschränkenden Angewiesenheiten und dieses Sich-selbst-geben-Müssen nicht mehr existieren.

 

         Im Grund steht hinter dem radikalen Freiheitsverlangen der Neuzeit ganz klar die Verheißung: Ihr werdet sein wie Gott. Auch wenn Ernst Topitsch glaubte, feststellen zu können, kein vernünftiger Mensch wolle heute mehr gottähnlich oder gottgleich sein, so muß man bei näherem Zusehen das genaue Gegenteil behaupten: Das implizite Ziel aller modernen Freiheitsbewegungen ist es, endlich wie ein Gott zu sein, von nichts und niemand abhängig, durch keine fremde Freiheit in der eigenen beschränkt. Wenn man erst einmal diesen versteckten theologischen Kern des radikalen Freiheitswillens sichtet, dann wird auch der fundamentale Irrtum sichtbar, der sich selbst da noch auswirkt, wo solche Radikalismen direkt nicht gewollt, ja, abgelehnt werden. Ganz frei sein, ohne die Konkurrenz anderer Freiheit, ohne ein Von und ein Für — dahinter steht nicht ein Gottes-, sondern ein Götzenbild. Der Urirrtum solch radikalisierten Freiheitswillens liegt in der Idee einer Göttlichkeit, die rein egoistisch konzipiert ist. Der so gedachte Gott ist nicht ein Gott, sondern ein Götze, ja, das Bild dessen, was die christliche Überlieferung den Teufel — den Gegengott — nennen würde, weil darin eben der radikale Gegensatz zum wirklichen Gott liegt: Der wirkliche Gott ist seinem Wesen nach ganz Sein-Für (Vater), Sein-Von (Sohn) und Sein-Mit (Heiliger Geist). Der Mensch aber ist Gottes Ebenbild eben dadurch, daß das Von, Mit und Für die anthropologische Grundfigur bildet. Wo man sich von ihr zu befreien versucht, bewegt man sich nicht auf Göttlichkeit zu, sondern auf Entmenschlichung, auf Zerstörung des Seins selbst durch Zerstörung der Wahrheit. Die jakobinische Variante der Befreiungsidee (nennen wir die neuzeitlichen Radikalismen einmal so) ist Rebellion gegen das Menschsein selbst, Rebellion gegen die Wahrheit, und darum führt sie den Menschen — wie Sartre scharfsichtig gesehen hat — in eine Existenz des Selbstwiderspruchs, die wir Höl-le nennen.

 

 Damit ist wohl deutlich geworden, daß Freiheit an ein Maß, das Maß der Wirklichkeit — an die Wahrheit — gebunden ist. Freiheit zur Selbstzerstörung oder zur Zerstörung des anderen ist keine Freiheit, sondern ihre teuflische Parodie. Freiheit des Menschen ist geteilte Freiheit, Freiheit im Miteinandersein von Freiheiten, die sich gegenseitig begrenzen und sich so gegenseitig tragen: Freiheit muß sich an dem messen, was ich bin, was wir sind — andernfalls hebt sie sich selber auf. Damit kommen wir aber nun zu einer wesentlichen Korrektur des weithin herrschenden oberflächlichen Freiheitsbildes der Gegenwart: Wenn Freiheit des Menschen nur im geordneten Miteinandersein von Freiheiten bestehen kann, dann heißt dies, daß Ordnung — Recht — nicht Gegenbegriff zur Freiheit ist, sondern ihre Bedingung, ja, ein konstitutives Element von Freiheit <537> selbst. Recht ist nicht das Hindernis der Freiheit, sondern es konstituiert sie. Die Abwesenheit von Recht ist Abwesenheit von Freiheit.

 

 

2. Freiheit und Verantwortung

 

Freilich ergibt sich mit dieser Erkenntnis sogleich auch eine neue Frage: Was ist freiheitsgemäßes Recht? Wie muß Recht beschaffen sein, damit es Freiheitsrecht bilde, denn es gibt zweifellos Scheinrecht, das ein Sklavenrecht und darum kein Recht, sondern eine regulierte Form von Unrecht bildet. Unsere Kritik darf sich nicht gegen das Recht selbst richten, das zum Wesen der Freiheit gehört; sie muß Scheinrecht als solches überführen und dem Hervortreten des wirklichen Rechts dienen — jenes Rechtes, das der Wahrheit und darum der Freiheit gemäß ist.

 

      Aber wie findet man es — das ist die große Frage, die endlich richtig gestellte Frage wirklicher Befreiungsgeschichte. Gehen wir auch hier wie schon bisher nicht mit abstrakten philosophischen Erwägungen zu Werke, sondern versuchen wir, uns von den gegebenen Realitäten der Geschichte her an eine Antwort heranzutasten. Fangen wir bei einer überschaubaren kleinen Gemeinschaft an, so läßt sich wohl von ihren Möglichkeiten und Grenzen her einigermaßen ausloten, welche Ordnung am besten dem Zusammenleben aller dient, so daß aus ihrem Miteinander eine gemeinsame Gestalt von Freiheit entsteht. Aber keine kleine Gemeinschaft steht in sich selbst; sie ist eingeborgen und in ihrem eigenen Wesen mitbestimmt von den größeren Ordnungen, denen sie zugehört. Im Zeitalter der Nationalstaaten ging man davon aus, daß die eigene Nation die maßgebende Einheit sei — daß ihr gemeinsames Gut auch den rechten Maßstab der gemeinsamen Freiheit bilde. Die Entwicklung in unserem Jahrhundert hat klar gemacht, daß dieser Gesichtspunkt nicht ausreicht. Augustinus hatte dazu gesagt, daß ein Staat, der sich nur an den gemeinsamen Interessen dieses Staates und nicht an der Gerechtigkeit selber, an der wahren Gerechtigkeit messe, strukturell nicht von einer gut geordneten Räuberbande verschieden sei. Denn für sie ist ja charakteristisch, daß sie das Gut der Bande unabhängig vom Gut der anderen als ihr Maß nimmt. Im Rückblick auf das Kolonialzeitalter und die Schäden, die es in der Welt hinterlassen hat, sehen wir heute, daß noch so geordnete und zivilisierte Staaten sich irgendwie dem Wesen der Räuberbande annäherten, weil sie nur vom eigenen Gut und nicht vom Guten selbst her dachten. So gewährleistete Freiheit hat dann etwas von der Räuberfreiheit an sich. Es ist nicht die wahre, wahrhaft menschliche Freiheit. Bei der Suche nach dem rechten Maß muß die ganze Menschheit vor Augen stehen und — wie wir immer deutlicher sehen — wiederum nicht nur die Menschheit von heute, sondern auch die von morgen.

 

      Der Maßstab für das wirkliche Recht, das sich als wahres Recht und damit als Freiheitsrecht bezeichnen darf, kann daher nur das Gut des Ganzen, das Gute selber sein. Von dieser Einsicht her hat Hans Jonas den Begriff Verantwortung zum ethischen Zentralbegriff erklärt.8 Das bedeutet, daß Freiheit, um recht verstanden zu werden, immer mit Verantwortung zusammen gedacht werden muß. Befreiungsgeschichte kann demgemäß immer nur als Geschichte wachsender Verantwortung stattfinden. Wachstum von Freiheit kann nicht mehr einfach in <538> der immer weiteren Entschränkung der individuellen Rechte bestehen — was zur Absurdität und zur Zerstörung gerade auch der individuellen Freiheiten führt. Freiheitswachstum muß Wachstum von Verantwortung sein. Dazu gehört das Annehmen der je größeren Bindungen, die vom Anspruch des Miteinander der Menschheit, von der Angemessenheit für das Wesentliche des Menschen gefordert werden. Wenn Verantwortung Antworten auf die Wahrheit des Menschseins ist, dann können wir also sagen: Zu wahrer Befreiungsgeschichte gehört die immerwährende Reinigung auf Wahrheit hin. In der Reinigung der einzelnen und der Institutionen durch diese Wahrheit besteht diese wahre Freiheitsgeschichte.

 

          Das Prinzip Verantwortung setzt einen Rahmen, der inhaltlicher Füllung bedarf. In diesem Zusammenhang ist der Vorschlag der Ausbildung eines Weltethos zu sehen, für das sich vor allem Hans Küng leidenschaftlich engagiert. Zweifellos ist es sinnvoll, ja, in unserer gegenwärtigen Lage nötig, nach den gemeinsamen Grundelementen der ethischen Traditionen in den verschiedenen Religionen und Kulturen zu suchen; in diesem Sinn ist eine solche Bemühung durchaus wichtig und angebracht. Andererseits sind die Grenzen eines solchen Versuchs offenkundig, auf die zum Beispiel Joachim Fest in einer durchaus wohlwollenden, aber auch sehr pessimistischen Analyse hingewiesen hat, die sich in ihrer Richtung mit dem Skeptizismus von Szczypiorski berührt.9 Denn einem solchen aus den Weltreligionen destillierten ethischen Minimum fehlt zunächst die Verbindlichkeit, die innere Autorität, die das Ethos braucht. Es fehlt ihm trotz allem Bemühen um Einsicht auch die rationale Evidenz, die nach der Meinung der Autoren wohl die Autorität ersetzen könnte und sollte; es fehlt auch die Konkret-heit, die das Ethos erst wirksam macht.

 

          Ein Gedanke scheint mir richtig, der in diesem Versuch wohl mitgedacht ist: Die Vernunft muß auf die großen religiösen Überlieferungen hören, wenn sie nicht gerade für das Wesentliche menschlicher Existenz taub und stumm und blind werden will. Es gibt keine große Philosophie, die nicht vom Zuhören und Annehmen religiöser Tradition lebt. Wo immer dieser Bezug abgeschnitten wird, verdorrt das philosophische Denken und wird zu einem bloßen Spiel von Begriffen.10 Gerade am Thema Verantwortung, das heißt an der Frage nach der Verankerung der Freiheit in der Wahrheit des Guten, in der Wahrheit des Menschen und der Welt, zeigt sich die Notwendigkeit solchen Zuhörens sehr deutlich. Denn so treffend das Prinzip Verantwortung von seinem Ansatz her ist, es bleibt doch die Frage: Wie sollen wir überschauen, was gut für alle ist und was gut ist nicht nur für heute, sondern auch für morgen? Eine doppelte Gefahr lauert hier: Zum einen droht das Abgleiten in den Konsequenzialismus, den der Papst mit Recht in seiner Moralenzyklika kritisiert.11 Der Mensch übernimmt sich einfach, wenn er glaubt, die Konsequenzen seines Handelns rundum abschätzen und sie zur Norm seiner Freiheit nehmen zu können. Dann wird alsbald die Gegenwart der Zukunft geopfert, aber auch die Zukunft nicht aufgebaut. Zum anderen ist da die Frage: Wer entscheidet denn, was unsere Verantwortung gebietet? Wo man Wahrheit nicht mehr im verstehenden Aneignen der großen Überlieferungen des Glaubens sieht, wird sie ersetzt durch den Konsens. Aber wiederum ist zu fragen: wessen Konsens? Dann wird gesagt: der Konsens <539> derer, die argumentationsfähig sind. Weil man dann die elitäre Anmaßung einer solchen intellektuellen Diktatur nicht übersehen kann, wird gesagt, die Argumentationsfähigen müßten »advokatisch« auch für die einstehen, die zum rationalen Diskurs nicht fähig seien. All das kann wenig Vertrauen erwecken. Wie brüchig Konsense sind und wie schnell sich parteiliche Gruppen in einem bestimmten intellektuellen Klima als die einzig berechtigten Vertreter des Fortschritts und der Verantwortung durchsetzen können, steht vor unser aller Augen. Hier kann nur allzu leicht der Teufel mit Beelzebub ausgetrieben werden; allzu leicht könnten anstatt des Dämons vergangener geistiger Konstellationen sieben neue und schlimmere Dämonen unser Haus besetzen.

 

 

3. Die Wahrheit unseres Menschseins


Die Frage danach, wie Verantwortung und Freiheit ins richtige Verhältnis zu setzen sind, kann nicht einfach durch ein Kalkül der Wirkungen entschieden werden. Wir müssen auf den vorigen Gedanken zurückkommen, daß menschliche Freiheit eine Freiheit im Miteinandersein der Freiheiten ist; nur so ist sie wahr, nämlich der realen Wirklichkeit des Menschen gemäß. Das bedeutet: Ich brauche gar nicht von außen her korrigierende Elemente zur Freiheit des einzelnen zu suchen; so würden Freiheit und Verantwortung, Freiheit und Wahrheit immer Gegensätze bleiben, die sie nicht sind. Die recht erkannte Wirklichkeit des einzelnen trägt selbst die Verwiesenheit auf das Ganze, auf den anderen in sich. Demgemäß werden wir sagen: Es gibt die in jedem Menschen liegende gemeinsame Wahrheit des einen Menschseins, die von der Überlieferung als Natur des Menschen bezeichnet wurde. Vom Schöpfungsglauben her können wir es noch deutlicher formulieren: Es gibt den einen Gottesgedanken Mensch, dem zu antworten unser Auftrag ist. In ihm sind Freiheit und Gemeinschaftlichkeit, Ordnung und Verwiesenheit auf die Zukunft ein einziges.

          Verantwortung würde dann bedeuten: Das Sein als Antwort leben — als Antwort auf das, was wir in Wahrheit sind. Diese eine Wahrheit des Menschen, in der das Gut aller und die Freiheit unlösbar einander zugeordnet sind, ist in der biblischen Überlieferung zentral ausgedrückt im Dekalog, der sich im übrigen in vieler Hinsicht mit den großen ethischen Überlieferungen anderer Religionen deckt. Der Dekalog ist zugleich Selbstvorstellung, Selbstdarstellung Gottes und Auslegung des Menschseins, Aufscheinen seiner Wahrheit, die im Spiegel des Gotteswesens sichtbar wird, weil nur von Gott her der Mensch recht zu verstehen ist. Den Dekalog leben heißt: die eigene Gottähnlichkeit leben, der Wahrheit unseres Wesens antworten und so das Gute tun. Nochmal anders gesagt: Den Dekalog leben bedeutet, die Göttlichkeit des Menschen zu leben, und das eben ist Freiheit: Verschmelzung unseres Seins mit dem göttlichen Sein und der daraus folgende Einklang aller mit allen.12


          Damit diese Aussage richtig verstanden wird, muß noch eine Anmerkung hinzugefügt werden. Jedes große Menschenwort reicht über das unmittelbar bewußt Gesagte in größere Tiefen hinein; im Gesagten steckt immer ein Überschuß des Ungesagten, der die Worte mit dem Vorangehen der Zeiten wachsen <540> läßt. Wenn dies schon von menschlicher Rede gilt, so erst recht von dem Wort, das aus göttlicher Tiefe kommt. Der Dekalog ist nie einfach fertig verstanden. In den einander folgenden und sich verändernden Situationen geschichtlicher Verantwortung erscheint er in immer neuen Perspektiven, öffnen sich immer neue Dimensionen seiner Bedeutung. Es geschieht das Hineingeführtwerden ins Ganze der Wahrheit, in Wahrheit, die gar nicht in einem geschichtlichen Augenblick allein getragen werden könnte (vgl. Joh 16,12f.). Für den Christen bedeutet die Auslegung, die sich in Wort und Leben und Leiden und Auferstehen Christi vollzogen hat, die entscheidende Auslegungsinstanz, in der eine vorher nicht abzusehende Tiefe aufbricht. Weil es so ist, darum ist menschliches Zuhören auf die Botschaft des Glaubens kein passives Aufnehmen sonst unbekannter Information, sondern das Aufwecken unseres verschütteten Gedächtnisses und das Auftun der Kräfte des Verstehens, die in uns auf das Licht der Wahrheit warten. So ist solches Verstehen ein höchst aktiver Vorgang, in dem die ganze rationale Suche nach den Maßen unserer Verantwortung erst wirklich zu Kräften kommt. Die rationale Suche wird nicht erstickt, sondern aus dem hilflosen Kreisen im Unerforschlichen befreit und auf den Weg gebracht. Wenn der im rationalen Verstehen ausgefaltete Dekalog die Antwort auf den inneren Anspruch unseres Wesens ist, dann ist er nicht Gegenpol zu unserer Freiheit, sondern ihre reale Form. Dann ist er die Grundlage für jedes Recht der Freiheit und die eigentlich befreiende Kraft der menschlichen Geschichte.


IV. Zusammenfassung der Ergebnisse


»Vielleicht hielt die ausgediente Dampfmaschine der Aufklärung nach zwei Jahrhunderten nützlicher, störungsloser Arbeit vor unseren Augen und mit unserer Beteiligung an. Und der Dampf geht nur in die Luft«: Das ist die pessimistische Diagnose von Szczypiorski, die uns am Anfang als Aufforderung zum Nachdenken auf den Weg getreten war. Nun, ich würde sagen: Störungslos war die Arbeit dieser Maschine nie — denken wir nur an die zwei Weltkriege unseres Jahrhunderts und an die Diktaturen, die wir erlebt haben. Aber ich würde hinzufügen: Wir brauchen keineswegs das Erbe der Aufklärung als solches und im ganzen zu verabschieden, zur ausgedienten Dampfmaschine zu erklären. Was wir freilich brauchen, ist eine Kurskorrektur in drei wesentlichen Punkten, in denen ich den Ertrag meiner Überlegungen zusammenfassen möchte.

 

1. Ein Verständnis von Freiheit, das als Befreiung nur immer weitere Auflösungen von Normen und die ständige Ausweitung individueller Freiheit bis hin zur völligen Befreiung von aller Ordnung ansehen mag, ist falsch. Freiheit muß sich, wenn sie nicht zur Lüge und zur Selbstzerstörung führen soll, an der Wahrheit orientieren, das heißt daran, was wir eigentlich sind und diesem unserem Sein entsprechen. Da der Mensch ein Wesen im Sein-von, Sein-mit und Sein-für ist, kann menschliche Freiheit nur im geordneten Miteinander der Freiheiten bestehen. Recht ist daher nicht Gegensatz zu Freiheit, sondern ihre Bedingung, ja konstitutiv für sie selbst. Befreiung besteht nicht in der allmählichen Abschaffung von Recht und von Normen, sondern in der Reinigung unserer selbst und <541> in der Reinigung der Normen, so daß sie das menschengemäße Miteinander der Freiheiten ermöglichen.

 

2. Aus der Wahrheit unseres Wesens folgt ein weiteres: Es wird innerhalb dieser unserer Menschengeschichte nie den absolut idealen Zustand geben, und es wird nie eine endgültige Freiheitsordnung errichtet werden. Der Mensch ist immer unterwegs und immer endlich. Szczypiorski hatte angesichts des offenkundigen Unrechts der sozialistischen Gesellschaftsordnung und angesichts aller Probleme der liberalen Ordnung die zweifelnde Frage gestellt: Vielleicht gibt es überhaupt kein Recht? Darauf müssen wir nun sagen: In der Tat, die schlechthin ideale Ordnung der Dinge, die rundum Recht ist, wird es nie geben.13 Wo solcher Anspruch erhoben wird, wird nicht die Wahrheit gesagt. Der Fortschrittsglaube ist nicht in jeder Hinsicht falsch. Falsch aber ist der Mythos von der künftigen befreiten Welt, in der alles anders und gut sein wird. Wir können immer nur relative Ordnungen errichten, sie können immer nur relativ recht haben und sein. Aber gerade um diese höchstmögliche Annäherung an das wahrhaft Rechte müs-sen wir uns mühen. Alles andere, jede innergeschichtliche Eschatologie, befreit nicht, sondern täuscht und knechtet daher. Deswegen muß auch der mythische Glanz entmythisiert werden, den man Begriffen wie Veränderung und Revolution beigelegt hat. Veränderung ist kein Gut in sich selbst. Ob sie gut oder schlecht ist, hängt von ihren konkreten Inhalten und Bezugspunkten ab. Die Meinung, die wesentliche Aufgabe im Ringen um Freiheit, sei die Veränderung der Welt, ist ich wiederhole es — ein Mythos. In der Geschichte wird es immer ein Auf und Ab geben. In Bezug auf das eigentlich sittliche Wesen des Menschen verläuft sie nicht linear, sondern in Wiederholungen. Unsere Aufgabe ist es, jeweils in der Gegenwart um die relativ beste Verfassung des menschlichen Miteinander zu ringen und dabei errungenes Gutes zu bewahren, bestehendes Schlechtes zu überwinden und dem Einbruch der Mächte der Zerstörung zu wehren.

 

3. Wir müssen auch den Traum der absoluten Autonomie der Vernunft und ihrer Selbstgenügsamkeit verabschieden. Die menschliche Vernunft braucht den Anhalt an den großen religiösen Traditionen der Menschheit. Sie wird die einzelnen religiösen Traditionen durchaus kritisch betrachten. Die Pathologie der Religion ist die gefährlichste Erkrankung des menschlichen Geistes. Sie existiert in den Religionen, sie existiert aber gerade auch dort, wo Religion als solche abgewiesen und relativen Gütern absoluter Rang zugewiesen wird: Die atheistischen Systeme der Neuzeit sind die erschreckensten Beispiele einer ihrem Wesen entfremdeten religiösen Leidenschaft, das heißt aber einer lebensgefährlichen Erkrankung des menschlichen Geistes. Wo Gott geleugnet wird, wird Freiheit nicht aufgebaut, sondern ihres Grundes beraubt und daher verzerrt.14 Wo die reinsten und tiefsten religiösen Überlieferungen ganz abgelegt werden, trennt sich der Mensch von seiner Wahrheit, er lebt gegen sie und wird unfrei. Auch die philosophische Ethik kann nicht schlechthin autonom sein. Sie kann nicht auf den Gottesgedanken verzichten und nicht verzichten auf den Gedanken einer Wahrheit des Seins, die ethischen Charakter hat.15 Wenn es keine Wahrheit vom Menschen gibt, hat er auch keine Freiheit. Nur die Wahrheit macht frei.


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ANMERKUNGEN

 

1 K. Marx/F. Engels, Werke. 39 Bde. Berlin 1961-71, Bd. 3, S. 33; zit. n. K. Löw, Warum fasziniert der Kommunismus? Köln 1980, S. 65.

2 Ich zitiere nach dem Manuskript, das bei den Hochschulwochen zu erhalten war.

3 Vgl. zum Ganzen z.B. E. Lohse, Martin Luther. München 1981, S. 60f.; 86ff.

4 Vgl. D. Wyss, Zur Psychologie und Psychopathologie der Verblendung: J.J. Rousseau und M. Robespierre, die Begründer des Sozialismus, in: Jahres- und Tagungsbericht der Görres-Gesellschaft 1992, S. 33-45; R. Spaemann, Rousseau — Bürger ohne Vaterland. Von der Polis zur Natur. München 1980.

5 Vgl. P. Köster, Der sterbende Gott. Nietzsches Entwurf übermenschlicher Größe. Meisenheim 1972; R. Löw, Nietzsche Sophist und Erzieher. Weinheim 1984.

6 Vgl. Th. Steinbüchel, Die philosophische Grundlegung der christlichen Sittenlehre I,1. Düsseldorf 31947, S. 118-132.

7 Vgl. J. Pieper, Kreatürlichkeit und menschliche Natur. Anmerkungen zum philosophischen Ansatz von J.P. Sartre. in: Ders., Über die Schwierigkeit, heute zu glauben. München 1974, S. 304-321.

8 H. Jonas, Das Prinzip Verantwortung. Frankfurt a.M. 1979.

9 J. Fest, Die schwierige Freiheit. Berlin 1993, bes. S. 47-81; S. 80 kommentiert er zusammenfassend Küngs Weltethos so: »Je weiter die nicht ohne Zugeständnisse erreichbaren Übereinstimmungen getrieben werden, desto dehnbarer und folglich ohnmächtiger müssen zwangsläufig aber auch die ethischen Normen werden, bis das Projekt schließlich auf bloße Bekräftigung jener unverbindlichen Sittlichkeit zuläuft, die gerade nicht das Ziel, sondern das Problem ist.«

10 Eindringlich dazu J. Pieper, Schriften zum Philosophiebegriff, Bd. 3, hrsg. v. B. Wald. Hamburg 1995, S. 300-323 sowie S. 15-70, bes. 59ff.

11 Veritatis splendor, Nr. 71-83.

12 Vgl. Katechismus der katholischen Kirche, Nr. 2052-2082.

13 Vgl. die Konzilskonstitution Gaudium et spes, Nr. 78: ... numquam pax pro semper acquisita est ...

14 Vgl. J. Fest, a.a.O., S. 79: »Keiner der Appelle, die ihm gelten, weiß zu sagen, wie er ohne Jenseits leben kann und ohne Furcht vor dem Jüngsten Tag, und doch Mal um Mal wider die eigenen Interessen und Begierden zu handeln vermag«; vgl. auch L. Kolakowski, Falls es keinen Gott gibt. München 1982.

15 Vgl. J. Pieper, a.a.O.