Reformationsgeschichte : Vorträge - Materialien - Quellentexte
Vinzenz Pfnür

Konsequenzen und Aufgaben
aus der Unterzeichnung
der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre"



Una Sancta. Zeitschrift für ökumenische Begegnung
59 (2004) H.2, S. 145-158

Papst Johannes Paul II bezeichnete in der Ansprache vom 31. Okt. 1999 die Unterzeichnung der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre" (im Folgenden: GE (1)) als „Meilenstein auf dem nicht leichten Weg der Wiederherstellung der vollen Einheit unter den Christen." (2)

Wenn, um im Bild zu bleiben, die GE nicht zu einem verlorenen Steinblock in unwegsamen Gelände werden soll, ist es geboten, den Weg, der zu diesem Meilenstein führte, so abzusichern, daß er nicht nur für wenige Pfadfinder und Kletterer, sondern für alle, die das Ziel der Wiederherstellung der vollen Einheit vor Augen haben, eindeutig zu finden und gefahrlos zu begehen ist. Zugleich soll dieser Weg am Meilenstein nicht abbrechen, sondern weiterführen auf das Ziel zu.


1. Der Weg zur GE.

1.1 Die GE als Frucht des offiziellen katholisch-lutherischen Dialogs.

Die GE ist nicht plötzlich vom Himmel gefallen, sondern die Frucht des ökumenischen und speziell des offiziellen katholisch-lutherischen Dialogs.

Intention der GE ist es, „die Ergebnisse der Dialoge über die Rechtfertigung in einer Weise zusammenzufassen, die unsere Kirchen in der gebotenen Präzision und Kürze über den Gesamtertrag dieses Dialogs informiert und es ihnen zugleich ermöglicht, sich verbindlich dazu zu äußern" (GE 4). „Unsere Erklärung ist keine neue und selbständige Darstellung neben den bisherigen Dialogberichten und Dokumenten, erst recht will sie diese nicht ersetzen. Sie bezieht sich vielmehr - wie der Anhang über die Quellen zeigt - auf die genannten Texte und deren Argumentation." (GE 6)

1.2 Die Fundierung des katholisch-lutherischen Dialogs im kirchlichen Bekenntnis

Die Ergebnisse des katholisch-lutherischen Dialogs und damit auch die GE sind nicht erkauft durch ein Beiseiteschieben der konfessionellen Bekenntnistradition, sondern sind vielmehr bewußt fundiert im kirchlichen Bekenntnis. Vor allem in der zweiten Dialogphase der internationalen Gemeinsamen römisch-katholischen/evangelisch-lutherischen Kommission von 1973 bis 1984 wurde dies ausdrücklich reflektiert: „... der nachkonziliare Dialog, wie er z.B. in unserer gemeinsamen Römisch-katholischen / Evangelisch-lutherischen Kommission seit 1967 geführt wird, hat nicht mehr den Charakter privater und unverbindlicher Begegnungen. Er vollzieht sich vielmehr im offiziellen Auftrag unserer Kirchen. In dem Maße, wie es diesem offiziellen Dialog gelungen ist, in grundlegenden Fragen Annäherungen und Übereinstimmungen zu erzielen, drängt er zu verbindlicher Annahme seiner Ergebnisse in unseren Kirchen und stellt vor die Frage nach Verwirklichung kirchlicher Gemeinschaft. Dieser Dynamik eines kirchlich verantworteten und auf Verwirklichung kirchlicher Gemeinschaft drängenden Dialogs entspricht es zutiefst, daß das für Leben, Lehre und Gemeinschaft der Kirche verbindliche Bekenntnis in besonderem Maße Gegenstand gemeinsamer Aufmerksamkeit und Beschäftigung wird." (3)
Nicht zufällig ist der Kernsatz der GE „Allein aus Gnade im Glauben an die Heilstat Christi, nicht aufgrund unseres Verdienstes, werden wir von Gott angenommen und empfangen den Heiligen Geist, der unsere Herzen erneuert und uns befähigt und aufruft zu guten Werken" (GE 15) der Stellungnahme der internationalen Gemeinsamen römisch-katholischen/evangelisch-lutherischen Kommission zum Augsburgischen Bekenntnis (1980) entnommen (4)
Nicht zufällig wurde auch Augsburg als Unterzeichnungsort gewählt.
Ausdrücklich weist Papst Johannes Paul II darauf hin, „daß dieser Meilenstein [der GE] gerade in der Stadt gesetzt wird, wo im Jahre 1530 mit der "Confessio Augustana" eine entscheidende Seite der lutherischen Reformation geschrieben wurde". (5)

1.3 Die Gefährdung des Bekenntnisbezuges

Diese Fundierung des Dialogweges im kirchlichen Bekenntnis ist nicht selbstverständlich und ist von zwei Seiten her gefährdet, zum einen von einer Geringschätzung oder Negativwertung und zum andern von einem konfessionalistischen Verständnis des Bekenntnisses als Mittel der Abgrenzung.

1.3.1 Abwertung des Bekenntnisses
Gerade im deutschen Protestantismus ist das Bekenntnis mit dem Geruch behaftet, daß es den Protestantismus teile. (6) Auch in der Diskussion um die Struktur der EKD spielt die Bekenntnisfrage eine nicht unwichtige Rolle. So befürchtet Dorothea Wendebourg, daß mit einer Auflösung der VELKD „das Bekenntnis als entscheidende Größe für die Ordnung der Kirchen jedenfalls auf der überlandeskirchlichen Ebene ausgespielt" und für das Verhältnis der Landeskirchen untereinander „keine verbindliche strukturierende Funktion mehr" hätte. (7)

Insbesondere im Neuprotestantismus sah man im kirchlichen Bekenntnis eine Abschwächung oder sogar eine Aufgabe des reformatorischen Impetus: Die ursprüngliche Idee der Reformation, „der mit einer prinzipiellen Kritik des Herkommens verbundene religiöse Individualismus der persönlichen Gewissensüberzeugung" sei in den Reformationskirchen beinahe ganz zurückgetreten und nur bei den Dissenters der Reformation (Sozinianer, Spiritualisten und Täufer) durchgehalten worden. (8)

Diese Sicht der Reformation findet sich auf katholischer Seite in abgeschwächter Form auch bei Joseph Lortz. Im Unterschied zu Denifle und Grisar wertet er Luther positiv als abgründigtiefe religiöse Persönlichkeit, als „Urphänomen schöpferischer Eigenart und Kraft". (9) Was Lortz fasziniert, ist der junge Luther. „Aber diese Höhenlage des subjektiven Strebens vermochte Luther nicht zu halten.... Die Schwenkung vom Christentum der kleinen Schar, der wirklich christlichen Gemeinde, zur Landeskirche der Fürstenreformation kann man unmöglich als Fortschritt bezeichnen." (10) Luthers Abgrenzung gegenüber Zwingli und den Täufern ist für Lortz „eine fatale Inkonsequenz". (11)

Im Grundbekenntnis lutherischer Kirchen, der Confessio Augustana, sieht er den Einbruch des „Bagatellisierens und Relativierens in das lutherische Christentum" (12)

1.3.2 Das Bekenntnis als Dokument der Abgrenzung und Konfessionstrennung.

Vielfach wurde und wird noch immer selbstverständlich vorausgesetzt, daß das Konzil von Trient die lutherische Lehrposition und umgekehrt die lutherischen Bekenntnisschriften die katholische Lehrposition verurteilt hat. Bekenntnis stehe so gegen Bekenntnis. Eine Annäherung im Dialog könne deshalb nur auf Kosten der Wahrheit und unter Relativierung oder Aufgabe des Anspruches des Bekenntnisses geschehen.

1.4 Die Bekräftigung des Bekenntnisbezuges im katholisch-lutherischen Dialog.

Diesen Bestreitungen der Bedeutung des Bekenntnisbezuges hat sich der offizielle katholisch-lutherische Dialog ausdrücklich gestellt.

1.4.1 Ziel Kirchengemeinschaft

Im Unterschied zur Position von Joseph Lortz nimmt die katholische Seite die geistliche Realität lutherischen Kirchenwesens ernst, wie es in Katechismus, Bekenntnis und Liturgie zum Ausdruck kommt. Programmatisch formulierte Joseph Ratzinger 1977: „Die Suche nach Kircheneinheit muß von der Logik der Sache her an die gemeinschaftlich-kirchliche Gestalt anknüpfen, so sehr sie gerade das achten und schätzen wird, was an Quellen einer ganz persönlichen Frömmigkeit, an seelischer Kraft und Tiefe für den Einzelnen vorgegeben ist. Aber wenn nicht von einer Vereinigung zwischen Einzelnen und mit Einzelnen die Rede ist, sondern Kirchengemeinschaft gesucht wird, dann sind Bekenntnis und Glaube der Kirche angefordert, in der der Einzelne mitlebt und zu seiner persönlichen Begegnung mit Gott geöffnet wird. Das heißt: der Bezugspunkt solchen Mühens müssen die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche sein und Privattheologien unmittelbar nur in dem Maß, in dem sie auf solch Gemeinschaftliches hinführen... Das Interesse der Ökumene kann ... gerade nicht sein, daß das Bekenntnis verschwindet, sondern daß es aus der Abdrängung ins Unverbindliche herausrückt zur vollen Bedeutung verbindlichen gemeinschaftlichen Glaubens in der Kirche." (13)


1.4.2 Gemeinsamkeit im Bekenntnis

Mit der Betonung des Stellenwertes des Bekenntnisses stellte sich umso eindringlicher die Frage nach der Vereinbarkeit der Bekenntnisse. Sowohl die Kirchen der lutherischen Bekenntnisschriften wie das Konzil von Trient sprechen ein „damnamus" („wir verwerfen") bzw. ein „anathema sit" über Vertreter gegnerischer Lehrpositionen. Haben damit lutherische Kirchen und die römisch-katholische Kirche sich gegenseitig verworfen und sind sie damit ewiglich geschieden und widereinander?" Dieser Frage ging im Auftrag der „Gemeinsamen Ökumenischen Kommission" der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, die im Anschluß an den Deutschland-Besuch von Papst Johannes Paul II. im Jahre 1980 gegründet wurde, von Sommer 1981 bis Herbst 1985 der Ökumenische Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen nach. Zur Bewältigung dieser Aufgabe wurden drei Unterkommissionen eingesetzt. Das Ergebnis des nicht unbeschwerlichen Dialogprozesses war die Studie: „Lehrverurteilungen - kirchentrennend?" (LV) (14) In der Stellungnahme der Deutschen Bischofskonferenz zu LV (21. Juni 1994) heißt es: „Den beteiligten evangelischen und katholischen Theologen ist es gelungen, neue historische, hermeneutische und systematische Einsichten über die Ereignisse in der Reformationszeit zu vermitteln... insbesondere haben sie sich bemüht, die ,Vielschichtigkeit des von Luther ausgegangenen Konfliktprozesses' (LV 22) und die damit verbundenen vielfältigen gegenseitigen Verstehensschwierigkeiten aufzuweisen. Überzeugend wird herausgestellt, daß die unüberbrückbar scheinenden Gegensätze zwischen bestimmten Aussagen der reformatorischen Bekenntnisschriften und des Tridentinums nicht in jedem Fall Gegensätze in der Sache selbst sind, sondern sich bei einer tieferen hermeneutischen Reflexion teilweise auch als Unterschiede in der theologischen Sprache und Denkform erschließen, und daß generell zu beachten ist, ,daß weder die reformatorischen Bekenntnisschriften noch auch die Dekrete und Canones des Trienter Konzils primär als Texte gelesen werden dürfen, die sich gegen die genuine und kirchlich verantwortete Lehre der anderen Seite richten' (LV 26)" (15), sondern vielfach gegen „Positionen von Randgruppen, zeitweilig vertretene Extrempositionen, überspitzte mißverständliche Äußerungen, theologische Schulmeinungen, von der eigenen Fragestellung her gelesene Aussagen einer anderen theologischen Sprachgestalt, Verzerrungen und unterstellte Implikationen, die in dieser Weise nicht von der betreffenden Kirche vertreten worden sind." (16)

„Besonders bei den jeweiligen Verwerfungen in der Rechtfertigungs- und Sakramentenlehre wird deutlich, daß sich die reformatorischen Bekenntnisschriften hauptsächlich gegen Positionen der Spätscholastik wenden und umgekehrt das Konzil von Trient gegen solche reformatorische Positionen, wie sie sich den Konzilsvätern aus den dem Konzil vorgelegten und vielfach aus zweiter und dritter Hand erstellten Irrtumslisten darstellten." (17) So bedeutet etwa sola fide für die Konzilsväter: ohne Sakramente, ohne gute Werke, und ohne Gefährdung durch noch so schwere Sünden. (18) In diesem Sinn und nicht im Sinn genuin lutherischer Bekenntnisposition ist das sola fide im Konzil von Trient verurteilt.

Die internationale Gemeinsame römisch-katholische/evangelisch-lutherische Kommission hat bereits 1984 in ähnlicher Weise herausgestellt: „Theologisch-historische Forschungen und neuere kirchliche Entwicklungen führen uns bereits jetzt zu der Einsicht, daß in wichtigen Fragen die gegenseitigen Lehrverurteilungen die andere Seite nicht oder nicht mehr treffen. So trifft etwa die sachlich notwendige reformatorische Abweisung der ,Pelagianer und anderer, die lehren, daß wir ohne den Heiligen Geist allein durch. die Kräfte der Natur Gott über alles lieben können und die Gebote Gottes der Substanz der Akte nach erfüllen können', nicht die kirchlich verantwortete Lehre der katholischen Kirche; umgekehrt trifft die sachlich notwendige katholische Abweisung derer, die sagen, ,die Zehn Gebote gingen die Christen nichts an', oder ,der einmal Gerechtfertigte könne nicht mehr sündigen noch die Gnade verlieren', nicht die Position des lutherischen Bekenntnisses. Ähnlich treffen die reformatorische Verurteilung ,derer, die lehren, daß die Sakramente ex opere operato rechtfertigen' ,ohne gute Regung im Empfänger', nicht die katholische Lehre, und umgekehrt die katholische Verwerfung derer, die sagen, ,daß durch die Sakramente des Neuen Bundes ex opere operato keine Gnade mitgeteilt werde, sondern der Glaube allein zur Erlangung der Gnade der göttlichen Verheißung genüge', nicht das lutherische Bekenntnis. Auch die reformatorische Verurteilung des Meßopfers als Verleugnung des ein für allemal geschehenen Kreuzesopfers trifft nicht die Lehre der katholischen Kirche, ebensowenig wie die katholische Verurteilung derer, die die Realpräsenz Christi im Abendmahl leugnen oder sie durch Ablehnung der Transsubstantiationslehre in Frage stellen, die lutherische Kirche und ihre Lehre trifft." (19)

Die Lehrverurteilungen sind so in der Sache nicht aufgehoben, sie sind auch weiter heilsame Warnungen, aber sie warnen nicht vor dem Bekenntnis der anderen Kirche, sondern davor, den durch die beiderseitigen Warnschilder markierten gemeinsamen Bereich des Christlichen nicht zu verlassen.

Das lutherische und das katholische Bekenntnis schließen sich so nicht gegenseitig aus, sondern sind füreinander offen. Im katholisch-lutherischen Dialog wurde diese Beziehung durch die Stichworte Anerkennung und Rezeption zum Ausdruck gebracht. (20)

Im Gefolge der Diskussion um die mögliche Anerkennung der Confessio Augustana durch die katholische Kirche (21) kam es zu einer gemeinsamen katholisch-lutherischen Auslegung. (22) „Im Blick auf den katholisch/lutherischen Dialog, insbesondere das Gespräch über die Confessio Augustana, nahm der Papst das Wort der deutschen Bischöfe auf: ,Freuen wir uns, daß wir nicht nur einen Teilkonsens in einigen Wahrheiten entdecken können, sondern einen Übereinstimmung in zentralen Glaubenswahrheiten.'" (23)

Der im lutherisch-katholischen Dialog erreichte Konsens basiert so nicht auf komplizierten und mühsam zurecht gebastelten Formeln, sondern gründet im kirchlichen Bekenntnis. Dabei ist im Blick auf Hl. Schrift, Symbola der Alten Kirche und Zeugnisse der Kirchenväter (catalogus testimoniorum) eine gemeinsame Wurzel gegeben. Im Blick auf Trient und die Konkordienformel ist zunächst die positive Funktion nicht zu übersehen, die auseinanderströmenden Schulrichtungen - des Spätmittelalters bzw. der innerlutherischen Schulstreitigkeiten - auf die der Kirche gemeinsame Mitte hin zu konzentrieren. Wichtig ist dabei, die Herausbildung einer eigenen konfessionell geprägten Sprache bewußt wahrzunehmen (24), die andere Seite nicht auf den eigenen Sprachgebrauch festzulegen, vielmehr die Berechtigung der Terminologie der anderen Seite anzuerkennen und von einer Sprache in die andere zu übersetzen, wie dies etwa in LV ausdrücklich praktiziert wird: „Übersetzt man von einer Sprache in die andere, dann entspricht einerseits die reformatorische Rede von der Rechtfertigung durch den Glauben der katholischen Rede von der Rechtfertigung durch die Gnade, und dann begreift anderseits die reformatorische Lehre unter dem einen Wort Glaube der Sache nach, was die katholische Lehre im Anschluß an 1 Kor 13,13 in der Dreiheit von ,Glaube, Hoffnung und Liebe' zusammenfaßt." (25)

1.5 Die Bedeutung des Bekenntnisbezuges für die Frage konfessioneller Identität.

Die Akzeptanz des Weges zur GE beinhaltet so auch die Absage an die Versuchung, konfessionelle Identität in erster Linie aus der Abgrenzung zu konstituieren.Für die Frage der Identität, der in der gegenwärtigen ökumenischen Situation m.E. eine Schlüsselfunktion zukommt (26), ist der Bekenntnisbezug - nicht isoliert verstanden, sondern im Kontext der Artikulierung kirchlichen Lebens - von entscheidender Bedeutung. Denn ohne ihn dürfte Identität kaum positiv zu begründen sein. Die Alternative ist eine rein negativ und formal begründete Identität: „Je heterogener die im komplexen semantischen Konstrukt ,Protestantismus' zusammengebundenen Elemente waren, desto stärker konnte die beschworene Gemeinschaft der Protestanten nur noch durch polemische Abgrenzungen und Feindbildproduktion gestiftet werden." (27) Instrument der Abgrenzung ist dabei insbesondere die Rechtfertigungslehre, verstanden als formales kritisches Prinzip. (28)


2. Die Weiterführung des Weges nach der Unterzeichnung der GE.

Die Unterzeichnung der GE im Rahmen eines gemeinsamen Gottesdienstes durch repräsentative Vertreter des Lutherischen Weltbundes und der Römisch-katholischen Kirche markiert einen wichtigen Einschnitt des Dialogprozesses: den Überschritt von der in offiziellen Kommissionen erzielten Einigung zur kirchlich akzeptierten Einigung im Zentrum des gemeinsamen Glaubens. Für alle, die an diesem Gottesdienst der Unterzeichnung der GE teilgenommen haben, war der Austausch des Friedensgrußes ein bewegendes Erlebnis, das in ekklesiologischer Hinsicht einen unwiderruflichen Meilenstein auf dem Weg zur Verwirklichung voller Kirchengemeinschaft darstellt. Damit verbunden ist die Verpflichtung, die Versöhnung zu vertiefen und den Weg gemeinsam weiter zu gehen.

2.1 Die Reinigung des Gedächtnisses

Papst Johannes Paul sieht in der GE „einen wertvollen Beitrag zur Reinigung des geschichtlichen Gedächtnisses." (29) Dies betrifft mit der Rechtfertigungslehre als Zentrallehre der lutherischen Reformation auch die Sicht der Reformation insgesamt. Wenn die katholische Kirche mit Kirchen, die den Namen Luthers in ihrer Bezeichnung führen, gemeinsam in Aktion treten, dann bedarf insbesondere das Gedächtnis Luthers einer solchen Reinigung, daß es nicht mehr Quelle der Vergiftung der katholisch-lutherischen Beziehungen werden kann.

Von katholischer Seite ist an erster Stelle die Frage des Lutherbannes zu klären, die nicht nur die Person Luthers sondern auch die Anhänger Luthers betrifft. Entsprechend dem Text der Bulle Exsurge Domine und der Bulle Decet Romanum Pontificem wird unter Strafe der Exkommunikation die Lektüre aller Schriften Luthers verboten, auch derer, „die die vorgenannten Irrtümer nicht enthalten", „damit sein Gedächtnis ganz aus der Gemeinschaft der Gläubigen Christi getilgt wird" (30). Desgleichen verfällt der Exkommunikation, wer nach Verstreichung des Termins weiterhin mit Luther und seinen Anhängern (31) Gemeinschaft unterhält. (32)

Nun war es schon in der Reformationszeit so, daß diese Bestimmungen der Bannbullen vielfach, insbesondere bei den Religionsgesprächen, nicht rezipiert wurden. Auch stand die Kirchenstrafe der Exkommunikation in der Reformationszeit wegen ihrer häufigen und ungeistlichen Anwendung nicht hoch im Ansehen. Zudem befand sich Luther mit der Exkommunikation in guter Gesellschaft, etwa der Gründer des Kapuzinerordens Mateo de Bascio und Ludovico de Fossombrone oder des päpstlichen Legaten Aleander (33). Anderseits wird etwa in einem Schreiben von Papst Clemens VII vom 15.1.1530 selbstverständlich voraussetzt, daß diejenigen, die die Schriften Luthers lesen, der Exkommunikation verfallen sind (34). Vor allem aber werden in der sogenannten Gründonnerstagsbulle (Bulla in coena Domini), angefangen vom Jahre 1521 bis zur Einstellung der Verlesung im Jahre 1770 „Luther und seine Anhänger" bzw. die „Lutheraner" explizit exkommuniziert (35).

Das Gift dieses Befundes liegt in dem Graubereich zwischen Geltung und Nichtgeltung der Bannbullen. Insbesondere gibt es m.W. keine explizite kirchenamtliche Klärung, die es verwehrt, sich auf die Bannbullen zu berufen, um damit das Gedächtnis Luthers und Gemeinschaft mit Anhängern Luthers als unkatholisch und kirchlich unerlaubt zu qualifizieren.

Die 1963 von Dr. Wilhelm Michaelis angestoßene und bis in die Mitte der siebziger Jahre geführte Diskussion um die Aufhebung des Lutherbannes verlief ohne Ergebnis. Dies lag m.E. zum einen daran, daß Michaelis, veranlaßt durch ein Gutachten von katholischer Seite, sich in seiner Argumentation auf die Frage der rein formalen rechtlichen Geltung der Bulle Decet Romanum Pontificem beschränkte und die dogmatische Seite und eine inhaltliche Stellungnahme zu den in der Bulle Exsurge Domine aufgeführten 41 Sätzen Luthers ausklammerte. Zum andern sah man im katholisch-lutherischen Dialog Mitte der siebziger Jahre die Frage einer gemeinsamen Standortfindung, wie sie mit der Diskussion um die Anerkennung der Confessio Augustana verknüpft war, als vordringlicher an.

Nach den Ergebnissen des katholisch-lutherischen Dialoges und nach Unterzeichnung der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre" ist eine neue Ausgangssituation gegeben:

Von dem dort gewonnenen gemeinsamen Standort her können die 41 verurteilten - z.T. situationsgebundenen, mißverständlichen und ungeschützten - Sätze Luthers soweit in einem gemeinsamen Verständnis gewertet werden, daß sie einer notwendigen Gemeinsamkeit im Bekenntnis nicht entgegen stehen. (36)

Mit der Unterzeichnung der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre" hat die katholische Kirche im Rahmen eines Gottesdienstes Gemeinsamkeit mit einer Kirche bekundet, die sich in ihrer Bezeichnung bewußt auf Luther beruft. Damit hat die katholische Kirche indirekt zum Ausdruck gebracht, daß der Satz von der Auslöschung des Gedächtnisses Luthers für sie der Vergangenheit anheimgegeben ist. Auch die Aufnahme von Kirchenliedern Luthers im katholischen Gottesdienst ist ein Ausdruck dieser Überzeugung.

Was die lutherische Seite betrifft, so sind es vor allem die unterschiedlichen Luther-Bilder, die die katholisch-lutherischen Beziehungen vergiften können. Grundlage eines gemeinsamen Gedächtnisses Luthers sollte in erster Linie die Luther-Rezeption der lutherischen Kirchen sein, wie sie auch der Selbstbezeichnung lutherischer Kirchen zugrunde liegt. Im Blick auf die Wirkungsgeschichte sind hier vor allem Luthers Bibelübersetzung, seine Katechismen, seine Gebete und Kirchenlieder, die Schmalkaldischen Artikel (als Bekenntnisschrift) und sein testamentarisches Bekenntnis vom Abendmahl (als meist zitierte Lutherschrift in der Konkordienformel) hervorzuheben. Ein Zeugnis kirchlicher Lutherrezeption ist auch der Cranach-Altar der Stadtpfarrkirche mit den drei Bildern von Taufe (Melanchthon), Abendmahl (Luther) und Buße (Bugenhagen) sowie dem darunter angeordneten Bild des Gekreuzigten, auf den Luther von der Kanzel verweist. Wenn „der Katholik nicht auf die Auflösung der Bekenntnisse und auf die Zersetzung des Kirchlichen im evangelischen Raum setzt, sondern ganz umgekehrt auf die Stärkung des Bekenntnisses und der ekklesialen Wirklichkeit hofft" (37), so begrüßt er damit auch das Gedächtnis Luthers, wie es Teil des Selbstverständnisses lutherischer Kirchen ist. Hinzuweisen wäre von lutherischer Seite, daß bestimmte polemische Aussagen Luthers gegen den Papst als Antichrist und gegen die Messe als größtem und schrecklichstem Greuel (38) im katholisch-lutherischen Dialog einer Klärung zugeführt wurden. Hilfreich wäre auch die Feststellung, daß Luther nicht (wie in Fernsehfilmen über Luther behauptet) die erste deutsche Bibelübersetzung veröffentlicht hat, sondern schon vorher 18 verschiedene Übersetzungen der ganzen Bibel im Druck erschienen und daß Luthers eigene Aussagen eine theatralische Szene des Thesenanschlages am 31. Oktober 1517 ausschließen. (39)

Um dem kommunikationsstörenden Gift, das einem zwielichtigen Gedächtnis Luthers entströmt, entgegenzuwirken wäre m.E. eine symbolische Handlung angebracht, in der die katholische Kirche Luther in das kirchliche Gedächtnis zurückholt und beide Seiten die Grundstrukturen eines gemeinsamen Gedächtnisses Luthers aufzeigen.

2.2 Ziel: Gemeinsame Erklärung zum Sakramentenverständnis und zur Zulassung zur Eucharistie

Die Abschlußerklärung Einheit vor uns der zweiten Phase des internationalen katholisch-lutherischen Dialoges intendierte für den „initialen Akt gegenseitiger Anerkennung" nicht nur für die Rechtfertigungslehre, sondern auch hinsichtlich des sakramentalen Lebens und des ordinierten Amtes „die kirchlich verbindliche Anerkennung des Grundkonsenses", „der die zwischen Katholiken und Lutheranern noch bestehenden Verschiedenheiten nicht mehr als kirchentrennend erscheinen läßt und die gegenseitigen Lehrverurteilungen gegenstandslos macht" (40). Der mühsame Rezeptionsprozeß der GE zeigt, daß der nächste Schritt die Frage der Sakramente und des Amtes nicht gleichzeitig bewältigen kann. So legt sich realistischerweise nahe, eine GE zur Frage des Sakramentenverständnisses anzuzielen.

Dabei kommt der Frage der Eucharistie und der Zulassung zur Eucharistie besondere Bedeutung zu. In der gegenwärtigen Phase des katholisch-lutherischen Dialogs gibt es m.E. in diesem Punkt zur Zeit keine Ideallösung. Völlig unbefriedigend und schädlich für die Glaubwürdigkeit kirchlicher Verlautbarungen ist aber m.E. die rabulistische Erweiterung pastoraler Notsituationen (41). Hier besteht die Gefahr des Jonglieren mit juristischen Versatzstücken, die im Endeffekt kein sinnvolles Ganzes mehr ergeben. Leitlinie müßte m.E. demgegenüber die Frage nach einem glaubwürdigen Vollzug der Eucharistiefeier sein, wofür besonders 1 Kor 10,17 eine Herausforderung darstellt: „Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib, den wir alle haben teil an dem einen Brot." (1 Kor 10,17): Es gibt nur den einen Christus, nur den einen Leib und nur die eine Eucharistie, nicht zwei verschiedene Leiber Christi und nicht zwei verschiedene Eucharistien. Es ist deshalb keine glaubwürdige Lösung, lutherische Christen, die mit ihrer Taufe Glieder des einen Leibes Christi sind, mit dem Argument abzuweisen: Geht ihr zu eurer evangelischen Eucharistie. Anderseits ist ein bloßes gemeinsames Tun ohne Gemeinsamkeit im Verständnis dessen, was geschieht, auch keine glaubwürdige Feier der Eucharistie. Wenn also das - etwas salopp formulierte - Motto „Jeder gehe in seinen Stall" keine theologisch tragbare Lösung ist, so kann es m.E. nur in der Richtung eine Lösung geben, daß die Bedingung für die Teilnahme an der katholischen Eucharistiefeier präzisiert wird, nämlich die Bereitschaft, das mitzuvollziehen, was in der katholischen Eucharistiefeier geschieht. Dies beinhaltet m.E. 1. die durch die eine Taufe gegebene Gemeinsamkeit der Gliedschaft in dem einen Leib Christi, 2. die Gemeinsamkeit im grundlegenden Verständnis von Erlösung, die mit der Bejahung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre ihren Ausdruck findet, 3. das gemeinsame Verständnis der sakramentalen Gegenwart Christi in der Eucharistie, wie sie etwa im katholisch-lutherischen Dialog (vgl. das Herrenmahl) formuliert wurde, und 4. die grundsätzliche Bejahung der universalen ekklesiologischen Dimension der Eucharistiefeier, wie sie mit der Nennung von Ortsbischof und Papst zum Ausdruck kommt. Die ersten beiden Kriterien können bei Mitgliedern lutherischer Kirchen, die der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre" ihre Zustimmung gegeben haben, vorausgesetzt werden. Die beiden weiteren sind solange individuell abzuklären, solange es nicht auch eine gemeinsame Erklärung zu Sakrament und Amt gibt. Sind also die genannten Voraussetzungen gegeben und bedenkt man noch die vielen Zeichen partieller Anerkennung zwischen den Amtsträgern der katholischen und der lutherischen Kirche dann ist es m.E. für die Glaubwürdigkeit der Eucharistie als dem einen Brot des einen Herrn abträglicher, solche Getaufte am gemeinsamen Tisch des einen Herrn auszuschließen als sie im Bewußtsein der damit akzeptierten Gemeinschaft teilhaben zu lasse


2.3 Wiederherstellung der Gemeinsamkeit in der Ausübung des kirchlichen Amtes.

Trotz der Irritationen und Verletzungen, die die Erklärung "Dominus Iesus" über die Einzigkeit und die Heilsuniversalität Jesu Christi und der Kirche auslöste, sollte sich m.E. die Diskussion auf die anstehenden Sachfragen des Verständnisses von Kirche und apostolischer Tradition konzentrieren: Dabei ist die Aussage: Es gibt also eine einzige Kirche Christi, die in der katholischen Kirche subsistiert und vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird auf dem Hintergrund der abgelehnten Gegenposition zu sehen, „die Kirche Christi bestehe heute in Wahrheit nirgendwo mehr, sondern sei nur als ein Ziel zu betrachten, das alle Kirchen und Gemeinschaften suchen müssen" (Nr. 17).

Auch nach Dominus Iesus verdient der Weg zur vollen Kirchengemeinschaft, wie er im Dokument „Einheit vor uns" der internationalen Gemeinsamen römisch-katholischen / evangelisch-lutherischen Kommission vorgezeichnet ist, erneute Aufmerksamkeit. In der Stellungnahme der Deutschen Bischofskonferenz zur Studie Lehrverurteilungen - kirchentrennend? heißt es: „Wir bitten die evangelische Seite, mit uns weitere konkrete Schritte zu diesem Ziel [nämlich der Wiederherstellung der Gemeinschaft in der Ausübung des kirchlichen Amtes], wie sie etwa in der Erklärung ,Einheit vor uns' von der internationalen ,Gemeinsamen römisch-katholischen/evangelisch-lutherischen Kommission' aufgezeigt wurden, zu prüfen." (42) Das Dokument Einheit vor uns ist bisher wenig rezipiert und des öfteren in dem Sinn mißgedeutet worden, als ob damit eine Einverleibung oder Angliederung der lutherischen Kirche intendiert sei. Der Grundgedanke ist vielmehr: Wenn es im katholisch-lutherischen Dialog zu einer wachsenden gegenseitigen Anerkenntnis von Kirchesein gekommen ist, dann kann man nicht mehr gegeneinander oder nebeneinander Kirche sein, ohne sich nicht zur Sonderkirche zu machen. Auf dem Weg zur katholisch-lutherischen Kirchengemeinschaft kommt dabei dem initialen Akt, in dem die verbindliche Übernahme des im theologischen Dialog erreichten Konsenses erklärt wird, besondere Bedeutung zu, insofern beide Seiten damit in einen ganzheitlichen Prozeß eintreten, der bereits mit dem Beginn Kirchengemeinschaft eröffnet und die Frage der Anerkennung der Ämter durch ihre gemeinsame Ausübung löst, wobei die gemeinsame Rückbesinnung auf die Alte Kirche für beide Seiten orientierender Bezugspunkt ist. (43)


Abschließendes Resumee:

Konsequenz und Aufgabe aus der Unterzeichnung der GE ist so zum einen die Absicherung des bisherigen Weges zur GE und zum andern die Sorge um die Weiterführung des Weges, wie er im offiziellen katholisch-lutherischen Dialog schon vorgezeichnet ist.

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1. Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre. Gemeinsame offizielle Feststellung. Anhang (Annex) zur Gemeinsamen Offiziellen Feststellung, Paderborn/Frankfurt-M. 1999; Einig in der Mitte des Glaubens? Hg. von der Bistumskommission für ökumenische Fragen der Diözese Münster, Münster 1999, S.117-138.

2. Texte aus der velkd 97/2000 S. 53.

3. Gemeinsame römisch-katholische/evangelisch-lutherische Kommission, Wege zur Gemeinschaft, Nr.8f, Paderborn/Frankfurt-M. 1980, S. 56f; vgl. Gemeinsame römisch-katholische/evangelisch-lutherische Kommission, Das Herrenmahl, Nr.3, Paderborn/Frankfurt-M. 1978, S.10: „Der Text des Dokumentes erwuchs aus der Besinnung auf das Zeugnis der Heiligen Schrift und der kirchlichen Traditionen. Insbesondere wurde die liturgische Konkretgestalt in die Überlegungen einbezogen, da zur eucharistischen Wirklichkeit Lehre und Leben, Bekenntnis und liturgische Form, Frömmigkeit und Praxis gehören."

4. Alle unter einem Christus, Nr. 14: Gemeinsame römisch-katholisch/evangelisch-lutherische Kommission, Wege zur Gemeinschaft, Paderborn/Frankfurt-M. 1980, S. 59.

5. Texte aus der velkd 97/2000 S. 53.

6. Vgl. z.B. den Artikel „Reformation", verfaßt von Blanke: RGG2 Bd IV, Tübingen 1930, Sp. 1769-1781, 1777.

7. Dorothea Wendebourg, Der lange Schatten des landesherrlichen Kirchenregiments: ZThK 100, 2003, 420-465.

8. Ernst Troeltsch: Artikel Protestantismus II, in: RGG Bd IV, Tübingen 1913, Sp. 1912; vgl. auch Vinzenz Pfnür, Reformationstheorien und konfessionelle Identität: Ekumenizm na progu trzeciego tysiclecia, hg. von Piotr Jaskóa, Opole 2000 (Ekumenizm i Integracja 2), 275-288.

9. Joseph Lortz, Die Reformation in Deutschland, Freiburg 19483 I, 147.

10. ebd. I 430.

11. Ebd. II 57.

12. Ebd. II 52f; vgl. Vinzenz Pfnür, Die Bedeutung des Bekenntnis-Bezuges im katholisch-lutherischen Dialog: Studia Oecumenica 2, Opole 2002, 113-130, bes. 113-116.

13. Joseph Ratzinger, Prognosen für die Zukunft des Ökumenismus: Joseph Kardinal Ratzinger, Vom Wiederauffinden der Mitte, Freiburg 1997, 181-194, 191-193.

14. Ökumenischer Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen: Lehrverurteilungen - kirchentrennend? I Rechtfertigung, Sakramente und Amt im Zeitalter der Reformation und heute, hg. v. Karl Lehmann und Wolfhart Pannenberg, Freiburg/Göttingen 1986 (Dialog der Kirchen, 4).

15. Stellungnahme der Deutschen Bischofskonferenz zur Studie „Lehrverurteilungen - kirchentrennend?": Die deutschen Bischöfe, 52, Bonn 1994, S.4f.

16. Vgl. ebd. S.3.

17. Lehrverurteilungen - kirchentrennend?, S. 26.

18. Vinzenz Pfnür, Verwirft das Konzil von Trient in der Lehre von den Sakramenten die reformatorische Bekenntnisposition? Zur Frage der Kenntnis der reformatorischen Theologie auf dem Konzil von Trient. Untersuchung der Irrtumslisten über die Sakramente: Lehrverurteilungen - kirchentrennend? III Materialien zur Lehre von den Sakramenten und vom kirchlichen Amt, hg. v. Wolfhart Pannenberg, Freiburg/Göttingen 1989 (Dialog der Kirchen, 6) S. 159-186, bes.165; vgl. Vinzenz Pfnür, Die Wirksamkeit der Sakramente sola fide und ex opere operato: Gemeinsame römisch-katholische/evangelisch-lutherische Kommission, Das Herrenmahl, Paderborn/Frankfurt-M 197810, S. 93-100.

19. Gemeinsame römisch-katholische/evangelisch-lutherische Kommission, Einheit vor uns, Paderborn/Frankfurt-M 1985, Nr. 68, S. 43f.

20. Vgl. Gemeinsame römisch-katholische / evangelisch-lutherische Kommission, Einheit vor uns, Paderborn/Frankfurt-M. Nr.49, S.29.

21. Vgl. Katholische Anerkennung des Augsburgischen Bekenntnisses, hg. v. Harding Meyer, Heinz Schütte und Hans-Joachim Mund, Frankfurt 1977; Das katholisch-lutherische Gespräch über das Augsburger Bekenntnis. Dokumente 1977-1981, hg. v. Harding Meyer, Genf 1982 (LWB-Report 10).

22. Confessio Augustana. Bekenntnis des einen Glaubens. Gemeinsame Untersuchungen lutherischer und katholischer Theologen, hg. von Harding Meyer und Heinz Schütte, Paderborn/Frankfurt a.M. 1980.

23. Gemeinsame römisch-katholische/evangelisch-lutherische Kommission, Einheit vor uns, Paderborn/Frankfurt-M. 1985, S. 31.

24. vgl. die Festschreibung der terminologischen Trennung zwischen Rechtfertigung auf der einen und Wiedergeburt, Erneuerung, Heiligung auf der anderen Seite, obwohl die Konkordienformel sich noch bewußt ist, daß in der Apologie und in der Schrift (Verweis auf Tit 3,5) iustificatio und regeneratio gleich gesetzt ist (vgl. BSLK 920)

25. Lehrverurteilungen - kirchentrennend?, S. 59.

26. Vgl. etwa Una Sancta 3/2000; 3/2002.

27. Friedrich Wilhelm Graf, Protestantismus II: TRE XXVII, 556.

28. Vgl. Vinzenz Pfnür, Reformationstheorien und konfessionelle Identität: Ekumenizm na progu trzeciego tysiaclecia, Opole 2000 (Ekumenizm i Integracja 2), 275-288.

29. Texte aus der velkd 97/2000 S. 53.

30. Leo X., Bulle Exsurge Domine: „Inhibemus preterea sub omnibus et singulis premissis penis eo ipso incurrendis, omnibus et singulis Christi fidelibus superius nominatis, ne scripta etiam prefatos errores non continentia, ab eodem Martino quomodolibet condita vel edita aut condenda vel edenda seu eorum aliqua tanquam ab homine Orthodoxe fidei Inimico atque ideo vehementer suspecta et ut eius memoria omnino deleatur de Christi fidelium consortio legere, asserere, predicare, laudare, imprimere, publicare, sive defendere per se vel alium seu alios, directe vel indirecte, tacite vel expresse, publice vel occulte, seu in domibus suis sive aliis locis, publicis vel privatis tenere quoquo modo presumant, quinimmo illa comburant, ut prefertur." (Dokumente zur Causa Lutheri, hg. und kommentiert von Peter Fabisch und Erwin Iserloh, Teil II, Münster 1991, 402).

31. ... Martinum, complices, adherentes, fautores et receptatores praefatos et eorum quemlibet tamquam aridos palmites in Christo non manentes, sed doctrinam contrariam Catholice fidei inimicam sive scandalosam seu damnatam in non modicam offensam divinae maiestatis ac universalis Ecclesiae et fidei Catholice detrimentum et scandalum dogmatizantes et predicantes... (ebd. 400)

32. „Monemus insuper omnes et singulos Christi fideles supradictos sub eadem excommunicationis late sententie pena, ut hereticos predictos declaratos et condemnatos mandatis nostris non obtemperantes post lapsum termini supradicti evitent et, quantum in eis est, evitari faciant nec cum eisdem vel eorum aliquo commertium aut aliquam conversationem seu communionem habeant nec eis necessaria ministrent". (Ebd. 402).

33. Erstere wurden wegen unerlaubter Entfernung aus dem Kloster (vgl. TRE XVII 619-625), letzterer wegen Finanzangelegenheiten exkommuniziert (vgl. G. Müller, Causa reformationis. Beiträge zur Reformationsgeschichte und zur Theologie Martin Luthers, Gütersloh 1989).

34. Magnum Bullarium Romanum I, Luxemburg 1792, p. 682.

35. „Excommunicamus et anathematizamus ... et nuper ob similitudinem impietatis per nos damnatum Martinum Lutherum et eius sequaces ac illi, quominus puniri possit, quomodolibet faventes, ... ac omnes fautores, receptatores et defensores eorumdem" (Dokumente zur Causa Lutheri, a.a.O. II 477). Vgl. K. Pfaff, Beiträge zur Geschichte der Abendmahlsbulle vom 16.-18.Jahrhundert, in: RömQu 38, 1930, 23-76.

36. Generell sind dabei folgende Aspekte zu berücksichtigen:
- der schultheologische Hintergrund, nämlich Luthers Auseinandersetzung mit dem Kontritionismus von Gabriel Biel und dem Attritionismus von Duns Scotus,
- die formalen Vorgaben für eine Disputation im theologischen Schulbetrieb,
- die weitere Entwicklung im Verlauf der Reformation, insbesondere die Abgrenzungen Luthers gegenüber den Schwärmern,
- die Sachposition der lutherischen Bekenntnisschriften,
- die theologische Abklärung in den Religionsgesprächen der Reformationszeit,
- die Rezeption Luthers durch die lutherische Kirche,

Für die Bewertung der in der Bulle Exsurge Domine aufgeführten Artikel 1, 2-3, 5, 14, 35, 36 der Bulle vgl. Vinzenz Pfnür, Excommunicatio und amicum colloquium. Das Religionsgespräch auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 auf dem Hintergrund der Frage des Lutherbannes: Unterwegs zum einen Glauben. Festschrift für Lothar Ullrich zum 65. Geburtstag, hg. von Wolfgang Beinert, Konrad Feiereis und Hermann Josef Röhrig, Leipzig 1997, 448-460.

Was die Autorität der Konzilien betrifft (vgl. Art. 29f = DS 1479f) so beruft sich Luther in der Leipziger Disputation für die Aussage, daß Konzilien irren können, auf Panormitanus (WA 59,479f; vgl. Nicolaus de Tudeschis, Super primo decretalium, Lyon 1516/7, fol .91). Gegenüber Eck beteuert er aber sogleich: „Ich stimme dem Herrn Doktor zu, daß die Bestimmungen der Konzilien in Glaubensfragen auf jede Weise festzuhalten sind. Allein dies behalte ich mir vor, was auch vorzubehalten ist, daß ein Konzil irgendwann geirrt hat und irren kann, zumal in den Dingen, die keine Glaubensfragen betreffen" (WA 59,500: Consentio cum domino doctore quod conciliorum statuta in his quae fidei sunt omni modo amplectenda. Hoc solum mihi reservo quod et reservandum est, concilium aliquando errasse et posse errare, praesertim in his quae non sint fidei.) Im weiteren Verlauf der Disputation sagt Luther ausdrücklich: „Ich glaube, daß ein Konzil und die Kirche niemals irren in Glaubensfragen; in den übrigen Dingen ist es nicht nötig, nicht zu irren." (WA 59, 547). Melanchthon schreibt an Ökolampad: „Auf Luther war man deshalb nicht gut zu sprechen, weil es das Ansehen hatte als rede er gegen die Konzilien, wobei doch jener nichts mit größerem Bedacht betrieb, als daß den Konzilien ihre Autorität zukomme" (MBW T1 Nr.59, S.139) Auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 beteuern die Vertreter der lutherischen Seite: „Und wär zum höchsten wider unser Gewissen, daß wir einen Artikel des Glaubens entgegen der Hl. Schrift oder den christlichen Konzilien der Väter halten oder predigen lassen wollten" (Urkundenbuch zu der Geschichte des Reichstages zu Augsburg im Jahre 1530, hg. v. Carl Eduard Förstemann, Halle 1833/35, II 212f.). „Und was aber etliche von Konziliis geschrieben oder gelehrt, lassen wir zu eines jeden Verantwortung stehen. Denn wir geben den christlichen Konzilien ihre gebührende Ehre, wie die alten Canones davon halten" (ebd. 213-216). Ausdrücklich bekennt die CA: „Ecclesiae magno consensu apud nos docent, decretum Nicaenae synodi ... verum et sine ulla dubitatione credendum esse" (BSLK 50).

37. Joseph Ratzinger, Prognosen für die Zukunft des Ökumenismus: Joseph Kardinal Ratzinger, Vom Wiederauffinden der Mitte, Freiburg 1997, 192.

38. Schmalkaldische Artikel, II (BSLK 416); vgl. BSLK 419: „Also sind und bleiben wir ewiglich geschieden und widereinander".

39. Luther schreibt am 21.11.1518 an den Kurfürsten Friedrich den Weisen: „Dabei hat von dieser Disputation niemand daselbst von den engsten Freunden gewußt außer der ehrwürdige Herr Erzbischof von Magdeburg und der Herr Hieronymus, Bischof von Brandenburg: denn weil ihnen ja daran gelegen sein mußte, derartige Ungereimtheiten zu unterbinden habe ich sie in Privatschreiben - und zwar bevor ich die Disputationsthesen veröffentlichte - in demütiger und ehrerbietiger Weise aufgefordert, die Herde Christi vor diesen Wölfen zu behüten" (WABr 1,245). Der im Original erhaltene Brief Luthers an Erzbischof Albrecht von Mainz, dem er die Ablaßthesen beilegt, trägt das Datum vom 31.10. (Vigil von Allerheiligen) 1517. Da für die Beförderung des Briefes mindestens einige Tage zu veranschlagen sind - faktisch wurde der Brief laut Kanzleivermerk am 17.11. von den Magdeburger Räten geöffnet und danach nach Mainz weitergeleitet - wußten nach Luthers Worten der Erzbischof und somit auch Luthers engste Freunde am 31.10. nichts von der Disputation über den Ablaß. Vgl. Erwin Iserloh, Luther zwischen Reform und Reformation. Der Thesenanschlag fand nicht statt, Münster 31968 (KLK 23/24), S. 41-55.

40. Gemeinsame römisch-katholische / evangelisch-lutherische Kommission, Einheit vor uns, Paderborn/Frankfurt-M 1985, Nr. 123f, S.69.

41. Was in einer Todessituation ein angebrachtes Argument ist, z.B. das Nichterreichen eines Amtsträgers der eigenen Konfession, ist für eine Stadt wie Nürnberg nur schwer vorstellbar.

42. Stellungnahme der Deutschen Bischofskonferenz zur Studie „Lehrverurteilungen - kirchentrennend?": Die deutschen Bischöfe, 52, Bonn 1994, S.23.

43. Gemeinsame römisch-katholische/evangelisch-lutherische Kommission, Einheit vor uns, Paderborn/Frankfurt-M 1985, bes. Nr. 117ff, S. 67ff; vgl. auch Vinzenz Pfnür, Una rinnovata comunione delle chiese: Il Concilio Vaticano II. Recezione e attualità alla luce del Giubileo, a cura di Rino Fisichella, Milano 2000, 403-415.