Reformation: Übersicht
Vinzenz Pfnür

Excommunicatio und amicum colloquium.
Das Religionsgespräch auf dem Reichstag zu Augsburg 1530
auf dem Hintergrund der Frage des Lutherbannes.*

1. Die Disputation
2. Die Durchführung des Wormser Edikts gegen die häretischen Theologen
3. Das amicum colloquium
Die Rezeption der Bulle Exsurge Domine im amicum colloqium
      Exsurge Domine, Irrtum 1 (und 5): Die Frage der Wirkung der Sakramente ex opere operato
      Exsurge Domine, Irrtum 2 und 3: Die Frage der nach der Taufe zurückbleibenden Sünde
Rückblick: Bedeutung für die Frage des Umgangs mit dem Lutherbann
Fußnoten
 

Die Religionsverhandlungen auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 sind in zweifacher Hinsicht von Bedeutung für die Frage des Lutherbannes:
1. Wie auf den vorausgegangenen Reichstagen zu Nürnberg 1522/23 und 1524, Speyer 1526 und 1529 spielte auch auf dem Reichstag zu Augsburg von 1530 die Frage der Durchführung des Wormser Ediktes (und damit auch der Umsetzung des Lutherbannes) eine wichtige Rolle.
2. Die Beachtung des Umgangs mit diesem Problem auf dem Reichstag zu Augsburg gibt m.E. Hinweise zur Bewältigung der auch in der Gegenwart noch nicht erledigten Frage des Lutherbannes.

Um das Problem in seiner ganzen Dimension zu sehen, ist es zunächst angebracht, uns kurz die wichtigsten Vorgaben zu vergegenwärtigen:

In der Bannandrohungsbulle Exsurge Domine vom 15. Juni 1520 verwirft und verdammt Papst Leo X 41 Sätze Luthers als »häretisch oder skandalös oder falsch oder beleidigend für fromme Ohren oder die einfachen Gemüter verführend und der katholischen Wahrheit entgegenstehend« (1) und verbietet unter Androhung der Strafe der Exkommunikation die Lektüre und Verbreitung der Schriften Luthers, die diese und ähnliche Irrtümer enthalten. Luther wird aufgefordert, innerhalb von 60 Tagen (als Ersatz für eine dreimalige Mahnung von je 20 Tagen Frist) nach Anschlagung der Bulle seine Irrtümer zu widerrufen, andernfalls gilt er als Häretiker. (2) Für diesen Fall verbietet der Papst unter Strafe der Exkommunikation die Lektüre aller Schriften Luthers, auch derer, »die die vorgenannten Irrtümer nicht enthalten«, »damit sein Gedächtnis ganz aus der Gemeinschaft der Gläubigen Christi getilgt wird«. Desgleichen verfällt der Exkommunikation, wer nach Verstreichung des Termins weiterhin mit Luther Gemeinschaft unterhält. (3)

Luther reagiert am 10. Okt. 1520 mit der Verbrennung der Bannbulle vor dem Elstertor in Wittenberg und verteidigt in der Ende Dez. 1520 / Anfang 1521 veröffentlichten Schrift Assertio omnium articulorum per bullam Leonis X. novissimam damnatorum (Widmungsbrief vom 1. Dez. 1520) in zugespitzter polemischer Form seine monierten 41 Sätze.

In der Bulle Decet Romanum Pontificem vom 3. Jan. 1521 werden die Aussagen von Exsurge Domine rekapituliert. (4) Nach Ablauf der Frist ist Luther als Häretiker erwiesen. Diejenigen, die Luther folgen oder ihn schützen, sind als Häretiker und als zu meidende (vitandi) Exkommunizierte zu halten. (5)
In der Gründonnerstagsbulle vom 28.3.1521 werden unter den Häretikern auch Martin Luther und seine Anhänger, Beschützer, Begünstiger und Verteidiger als Häretiker exkommuniziert und mit dem Anathema belegt (6)

Das Wormser Edikt gebietet, Luther »als von Gottes Kirche abgesondertes Glied und einen verstopften Zertrenner und offenbaren Ketzer« zu achten und erklärt auch über seine Anhänger die Reichsacht. (7) Zudem sollen alle Schriften Luthers »von aller Menschen Gedächtnis abgetan und vertilgt« werden. Wer sie druckt, verkauft oder kauft verfällt der Reichsacht. (8)

In der Folgezeit ließ sich das Wormser Edikt nicht in allen Territorien des Reiches umsetzen. Damit war auch die einheitliche Geltung der Reichsgesetze bedroht. Die Reaktion auf den Reichstagen schwankte zwischen der Forderung nach Durchführung des Wormser Ediktes und dessen Sistierung zugunsten einer Entscheidung durch ein allgemeines Konzil oder ein Nationalkonzil.
 
 

Auf dem Reichstag zu Augsburg 1530
zeigen sich zur Lösung der Frage des Zwiespaltes in der Religion

drei Versuche von altkirchlicher Seite:
1. Die Disputation,
2. die Durchführung des Wormser Edikts gegen die häretischen Theologen,
3. das amicum colloquium.
 
 

1. Die Disputation

Der erste Versuch wird von Johannes Eck mit seinen kurz vor Beginn des Reichstages in Ingolstadt gedruckten 404 Artikeln unternommen:
Der genaue Titel lautet: »Unter dem Schutz des Herrn Jesu und Mariens erbietet sich Johannes Eck, geringster Diener der Kirche, 404 Artikel, teils die Leipziger, Badener und Berner Disputation betreffend, teils aber aus den Schriften derer, die den Frieden der Kirche stören, vor dem göttlichen Kaiser Karl V. ... und den Fürsten des Reiches zu disputieren, wie dann im Anschlag in Augsburg weiter dargelegt wird. Tag und Stunde sind nach Bewilligung des Kaisers danach bekannt zu geben«.
In der Widmung an den Kaiser heißt es weiter: »So mögen sie also hervortreten die Feinde der Kirche ... und das, was sie überheblich und anmaßend vor dem Volk rühmten, mögen sie durch die Tat einlösen und vor der Obrigkeit, die von Gott ist ... bezüglich des Glaubens Antwort stehen« (9)
Die Religionsfrage soll so (vergleichbar einem mittelalterlichen Turnierkampf) durch eine große Schau-Disputation im Angesicht des Kaiser und der Reichsfürsten entschieden werden. Eck reizt hier die Linie Disputation bewußt aus, indem er aus reformatorischen Schriften gesammelte überspitzte Formulierungen als Thesen der Gegner präsentiert, die er zu widerlegen sich anbietet. Damit stellte er die Gegner vor die verhängnisvolle Alternative, die überspitzten Formulierungen zu verteidigen oder sich als besiegt zu erklären. (10)

Als »Gegenmittel« gegen diese »teuflische« Disputationsstrategie entschließt sich Melanchthon der mitgebrachten sächsichen Verteidigung der geänderten Kirchenbräuche eine Zusammenfassung der Glaubensartikel, nämlich dessen was bei ihnen gelehrt wird, voranzustellen. (11)

Der Kaiser ließ sich nicht auf diese Absicht Ecks ein, es kam vielmehr zur Übergabe der CA.
 

2. Die Durchführung des Wormser Edikts gegen die häretischen Theologen

Der nächste Versuch ist mit der ersten Form der Widerlegung der CA, der Catholica responsio, gegeben.

Sie zielte wieder auf eine Durchführung des Wormser Ediktes, aber nicht generell im Blick auf alle Anhänger und Verteidiger Luthers, wie dies in der Bannbulle und im Wormser Edikt vorgesehen ist - was aber offensichtlich politisch nicht durchzusetzen war. Sie sucht vielmehr Fürsten und lutherische Prediger zu trennen. Die Confessio Augustana [CA] wird positiv als Bekenntnis der Fürsten gewertet. Da wo die CA noch abzulehnende Positionen vertrete, seien diese den Fürsten durch ihre Theologen unterschoben worden (12).
Durch die mitübergebenen 9 Schriften und die in der Catholica Responsio der CA entgegengestellten früheren Äußerungen der Prediger sollen diese als Häretiker erwiesen werden, gegen die die Fürsten selbst vorgehen sollten.

Entsprechend der Weisung des Kaisers auf jenes gehässige Erinnern an das, was vor 10 Jahren geschrieben wurde, zu verzichten, und die Antwort auf die Aussagen der CA zu begrenzen, fallen dann diese Zitate früherer Äußerungen der Prediger in der Confutatio heraus. Auch der Verweise auf das Wormser Edikt wird in der letzten Redaktionsstufe der Confutatio gestrichen.

Die CA erwies sich so als wirksame Alternative sowohl gegenüber der Option einer Entscheidung durch die Disputation wie dem Bemühen, die lutherischen Prediger als Häretiker zu erweisen.
 
 

3. Das amicum colloquium

Die CA führt so folgerichtig zum nächsten Versuch, den Zwiespalt in der Religion zu überwinden, dessen Konturen sich Mitte August abzeichnen:
In der Antwort der evangelischen Fürsten und Städte vom 13. August 1530 (13) beschweren sich diese dagegen, daß »ihre Lehre und ihr Bekenntnis so beurteilt werden, als ob sie sich darin von der gemeinen christlichen Kirche gesondert sollten haben und zu sondern gedächten«.
»Und wär zum höchsten wider unser Gewissen, daß wir einen Artikel des Glaubens entgegen der Hl. Schrift oder den christlichen Konzilien der Väter halten oder predigen lassen wollten; und haben uns also nicht von des Reichs und der heiligen Christenheit Einigkeit gewendet, weil wir treulich und fest alle Artikel des heiligen Christlichen Glaubens halten, und diese zu rechtem Verstand der Apostel und Väter wiederum zu bringen und also rechte und wahrhaftige Einigkeit der Kirche zu erhalten durch Zulassung des Wortes Gottes fleißig gefördert haben«.
So hätten auch die Gegner sich nun in vielen Sachen derselbigen Lehre angeglichen und würde nun schicklicher gelehrt als zuvor. (14) Daß aber Sekten an anderen Orten entstanden, sei nicht Schuld ihrer Lehre. Die Mißbräuche bezüglich Ablässe, Wallfahrten etc. seien eingerissen, weil die Verantwortlichen die Konzilien und Synoden vernachlässigt hätten.
Wenn hierin ordentlich gehandelt worden wäre und die Bischöfe ein Aufsehen in die christliche Lehre und Predigt gehabt hätten, wie sie doch schuldig seien vor Gott und der Welt, hätte man leicht Frieden und Einigkeit erhalten können. »Darüber haben wir uns allezeit erboten und tun dies jetzt noch, der Bischöfe ordentliche Obedienz und Gehorsam, soweit die im Wort Gottes gegründet ist, erhalten zu helfen«. (15) »Und was aber etliche von Konziliis geschrieben oder gelehrt, lassen wir zu eines jeden Verantwortung stehen. Denn wir geben den christlichen Konzilien ihre gebührende Ehre, wie die alten Canones davon halten«. (16)
Um jetzt schon auf dem Reichstag gemäß dem Reichstagsausschreiben »zu gänzlicher gütlicher Beilegung dieser Entzweiungen oder zumindest zu passender Handlung derselben in Liebe und Güte« zu kommen, wird die Bildung einer kleinen Verhandlungsgruppe vorgeschlagen.
In seiner Antwort vom Sonntag den 14. August bestätigt Kurfürst Joachim von Brandenburg für die katholische Seite zunächst nochmal indirekt die bisherige Strategie: Der Kurfürst, die Fürsten und die anderen Ständevertreter hätten sich zu unrecht betroffen gefühlt (nämlich von dem Vorwurf der Absonderung von der einen Kirche), vielmehr sei alles nur im Blick auf ihre Prediger gesagt gewesen. (17) Sie sollten deshalb zur weiteren Handlung bereit sein. Die evangelische Seite kommt daraufhin wieder auf den Vorschlag zurück, einen kleinen Ausschuß zu bilden aus Fürsten, Juristen und Theologen von beiden Seiten.
Die katholische Seite stimmt zu und so kommt es zur Nominierung des 14-Ausschusses. Bemerkenswert sind die Anforderungen an die Mitglieder: Es sollen »sachverständige und zu Frieden und Einigkeit geneigte«, »schiedliche« Personen sein und »sie sollen in Liebe, Güte und freundlich untereinander handeln« (18), »sich freundlich unterreden« (19), »sich freundlich und gütlich von den sachen der Religion unterreden und handeln« mit dem Ziel, dadurch zu einem Vergleich zu kommen. (20)
Am Dienstag, dem Tag nach Mariä Himmelfahrt, werden beim ersten Treffen des Ausschusses von beiden Seiten folgende Punkte für das Vorgehen vereinbart:

1. » Daß diese Verhandlung ohne Streitsucht und ohne Disputation im freundschaftlichen Gespräch der Parteien geschehe« (21);
2. daß keine abschließende Entscheidung gefällt werde, sondern vielmehr alles den Reichsständen und dem Kaiser anheimzustellen sei;
3. daß nichts behandelt werde, was im Gegensatz stehe zum katholischen Glauben oder zum allgemeinen Brauch; 4. daß man sich mit dem vergleiche, was in der Confutatio vorgebracht werde (22);
5. daß die Akten dieser Verhandlung nur an die dafür Zuständigen weitergegeben werden dürften. (23)
Ziel ist also das amicum colloquium, das freundschaftliche Gespräch, und nicht die Disputation. Daß diese Vorgabe den Teilnehmern durchaus bewußt ist, zeigt Johannes Eck im Rückblick: »So habe ich durch Gottes Gnade so Ihren Mut gebrochen, daß sie es nicht wagen, sich in eine Disputation einzulassen, sondern nur ein freundschaftliches Gespräch (amicum colloquium) suchen, wie in Augsburg, Worms und Regensburg« (24). Damit ist auch der Beginn der Religionsgespräche mit dem Augsburger 14-Ausschuß bezeugt.
Unter dem Gesichtspunkt des Lutherbannes und der Anwendung des Wormser Ediktes ist dabei bemerkenswert, daß damit die katholische Seite nicht nur die Fürsten, sondern jetzt auch die beteiligten Theologen als Gesprächspartner akzeptiert und damit nicht als Exkommunizierte behandelt.

Im folgenden soll an einzelnen Beispielen die Auswirkung der kurz skizzierten Entwicklung auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 auf die Behandlung der in der Bulle Exsurge Domine und im Wormser Edikt angesprochenen Sachfragen dargelegt werden.
 
 

Die Rezeption der Bulle Exsurge Domine im amicum colloqium

Grundsätzlich ist unter dem Gesichtspunkt der Frage des Lutherbannes bemerkenswert, daß Eck in den 404 Artikeln gleich zu Anfang die 41 in der Bulle Exsurge Domine verurteilten Sätze hier wieder zur Disputation stellt, obwohl er selbst in der Widmung an den Kaiser daran erinnert, daß es niemanden erlaubt ist, erneut über etwas zu disputieren, was schon einmal rechtmäßig von einem Konzil beurteilt und entschieden wurde. (25)

Bulle Exsurge Domine, Irrtum 1:
Die Frage der Wirkung der Sakramente ex opere operato

Auf den ersten der in der Bulle Exsurge Domine verurteilten Irrtümer Luthers verweist die Catholica Responsio in der Erwiderung auf CA 5:

»Zu recht bekräftigen hier die Fürsten, das Amt der Evangeliumsverkündigung und der Spendung der Sakramente, aber ihre Prediger streuten viel Unkraut aus, das vom wahren Glauben abführt. Denn wenn sie zuerst bekennen, daß der Hl. Geist durch die Sakramente gleichsam durch Instrumente gegeben werde, so sagte und lehrte Luther nicht nur einmal das Gegenteil. Deshalb hat Papst Leo X seligen Angedenkens diesen Artikel von ihm verworfen: "Es ist eine häretische, aber gebräuchliche Ansicht, daß die Sakramente des Neuen Bundes jenen rechtfertigende Gnade geben, die keinen Riegel vorschieben". Was also Luther als häretisch bezeichnete, bekennen nun die Prediger als katholisch. So schön widerstreiten sie sich selbst!«. (26)
Zur Aussage von CA 8, daß die Sakramente »gleichwohl kräftig« (Lt.: efficacia) sind, »obschon die Priester, durch die sie gereicht werden, nicht fromm sind« (27), vermerkt die Catholica Responsio: »Die Fürsten mögen hier bei der Verwerfung der Donatisten auch Luther miteinschließen«. (28)

In der Confutatio fehlen diese Verweise auf Luther, weil entsprechend der Weisung des Kaisers nur auf die Aussagen der CA selbst Bezug genommen wird.

Im 14-Ausschuß kam es in dieser Frage bei den Verhandlungen zu CA 4-6 zu einer vollen Einigung:
Die Sündenvergebung geschieht »per verbum et sacramenta instrumentaliter«. (29)

Das Problem wird der Sache nach noch in den Verhandlungen

über das Verständnis von Beichte und Buße (vgl. CA 11 und 12) angesprochen.

Um den Zusammenhang zu verdeutlichen ist es angebracht, den Hintergrund der ganzen Kontroverse noch etwas zu beleuchten.
Der oben angeführte an erster Stelle in der Bulle Exsurge Domine verurteilte Irrtum ist ein nahezu wörtlichen Zitat aus Luthers Resolutionen zu seinen Ablaßthesen:

»Obwohl ich selbst also die sechste These nicht aus voller Überzeugung aufstellte, wie ich ebendort sagte, sondern weil andere so denken, so bleibe ich doch dabei, weil auch die Gegner selbst mit allen ihren Lehrern bis heute nicht aufzeigen können, wie der Priester die Schuld erläßt, außer wenn sie nicht jene häretische, aber gebräuchliche Ansicht vortragen, daß die Sakramente des Neuen Bundes jenen rechtfertigende Gnade geben, die keinen Riegel vorschieben; denn es ist unmöglich, daß das Sakrament heilbringend mitgeteilt wird außer bereits Glaubenden und Gerechten und Würdigen« (30).
Im Hintergrund steht die in der scholastischen Theologie unterschiedliche Wertung der Bedeutung der Absolution.
Duns Scotus schreibt der Absolution als dem Hauptstück des Bußsakraments eine solche Kraft zu, daß der Empfänger nicht einmal eine positive innere Regung zu haben braucht, sondern lediglich keinen Riegel vorschieben darf (31).
Für Gabriel Biel dagegen hat die Absolution nur deklarative Funktion. Der Priester kann nur feststellen und im Angesicht der Kirche erklären, daß die Sünden bereits durch die Liebesreue (contritio) vor Gott vergeben sind. (32)
Luther formulierte in der 6. Ablaß-These, daß der Papst nur die bereits von Gott erlassene Schuld erklären und bestätigen kann. Das Resumée der zitierten Stelle aus den Resolutionen lautet dann auch:
»Deshalb ... ist es wahrscheinlicher, daß der Priester des Neuen Bundes den Erlaß durch Gott lediglich deklariert und bestätigt (d.h. anzeigt)« (33)
Bereits im Sermon von der Buße ändert Luther jedoch seine Meinung. Die Absolution ist nun nicht mehr nur nachträgliche Bestätigung, sondern wirksamer Zuspruch der Sündenvergebung. (34)
Entsprechend ist nach CA 25 die Absolution »nicht des gegenwärtigen Menschen Stimme und Wort, sondern Gottes Wort, der die Sünde vergibt.« (35)
Nach der Apologie werden
»durch Gewalt der Schlüssel wahrhaftig hier auf Erden die Sünde los gezählet, also, daß sie für Gott im Himmel los sein, wie der Spruch lautet: "Wer euch höret, der höret mich". Darum sollen wir das Wort der Absolution nicht weniger achten noch glauben, denn wenn wir Gottes klare Stimme von Himmel höreten, und die Absolution, das selige tröstliche Wort sollt billig das Sacrament der Buß heißen, wie den auch etliche Scholastici, welche gelerter, denn die andern gewesen, davon reden«. (36)
Erst auf diesem Hintergrund ist die in Augsburg im 14-Ausschuß erzielte Einigung zu CA 11-12 richtig zu würdigen.
Eck moniert zunächst »die Ungleichheit, daß der Glaube mit eingemengt sei, daß der Glaube sei ein Teil« der Buße.
Darauf erklärt Melanchthon, »was ihn veranlaßt habe, das Wort Glaube hinzuzusetzen«, denn in der Buße gehe es darum, »daß man erstlich vor den Sünden erschrecke, und danach, daß man wiederum den Glauben und herzliche Zuversicht zu Gottes Gnade und Barmherzigkeit erwische, wie denn mit dem David geschehen sei.«
Daraufhin zieht Eck sein Bedenken zurück: »Doctor Eck hat auch gesagt, daß man in re nicht mißhellig« (37)
Als Ergebnis wird dann festgehalten:
»Wir weigern uns nicht, drei Teile der Buße zu setzen, nämlich die contritio, d.h. das Erschrecken des Gewissens über die erkannte Sünde; - die Confessio, aber dabei ist es notwendig auf die Absolution zu sehen und ihr zu glauben, die Sünde wird nämlich nicht vergeben, außer wenn man glaubt, daß sie um des Verdienstes des Leidens Christi vergeben wird. Der dritte Teil ist die satisfactio, nämlich würdige Früchte der Buße...« (38)
Während für die Confutatio die Bezeichnung des Glaubens als zweiten Teil der Buße unter keinen Umständen zuzulassen ist, kommt es hier im amicum colloquium wie schon bei der Einigung zu CA 4-6 in der Zuordnung von Glaube und Gnade zu einer »Übersetzung von einer Sprache in die andere«. (39) Die Einigung in der Sache liegt dabei darin, daß beide Seiten in der Absolution das Wichtigste des zweiten Teiles der Buße sehen und sowohl confessio in der katholischen Redeweise wie fides in der reformatorischen ihren Bezugspunkt in der Absolution als Zuspruch der Sündenvergebung haben.
Wenn in der Folgezeit bis herein in die Gegenwart die Frage der Wirksamkeit der Sakramente kontrovers eingeschätzt wurde, so lag dies an dem Reizwort ex opere operato, das für die reformtorische Seite auf dem Hintergrund der Auseinandersetzung mit der durch die Brille Biels gesehenen Position von Duns Scotus negativ besetzt ist, während die katholische Seite damit die Wirksamkeit der Sakramente unabhängig von der Würdigkeit des Sakramentenspenders verbindet. Im lutherisch-katholischen Dialog ist diese Kontroverse inzwischen geklärt. (40)

Mit der in Augsburg erreichten Einigung zu CA 11-12 ist auch der Weg zu einer Verständigung gewiesen über den in der Bulle Exsurge Domine aufgeführten fünften IrrtumLuthers, der für die Confutatio zu recht verurteilt wurde, nämlich daß es nicht in der Schrift und auch nicht bei den heiligen christlichen Vätern fundiert sei, daß es drei Teile der Buße gebe, nämlich contritio, confessio und satisfactio. Daß es sich bei der Einigung im 14-Ausschuß nicht um eine opportunistische Leisetreterei handelt, sondern um eine sachlich fundierte Einigung, wird deutlich im Blick auf den Unterricht der Visitatoren, in dem Melanchthon im Zusammenhang der Auseinandersetzung mit Johannes Agricola über die Bedeutung der Bußpredigt diese Redeweise von den drei Teilen der Buße bereits vorher wieder positiv aufgenommen hatte. (41)
 
 

Bulle Exsurge Domine, Irrtum 2 und 3:
Die Frage der nach der Taufe zurückbleibenden Sünde

Der zweite in der Bulle Exsurge Domine verurteilte Irrtum lautet:

»Im Kinde nach der Taufe die zurückbleibende Sünde zu leugnen, heißt Paulus und Christus zugleich zertreten«.
Die Catholica Responsio sieht diesen Irrtum auch in der CA noch gegeben und sieht darin eine Leugnung der Wirksamkeit und Kraft der Taufe. (42)
Die Confutatio verweist hier ausdrücklich auch noch auf den dritten Irrtum: »Aber auch diese Erklärung wird zurückgewiesen, mit der sie die Erbsünde als Konkupiszenz bezeichnen, wenn (43) sie damit die Konkupiszenz als Sünde verstehen, die auch nach der Taufe im Kinde zurückbleibt. Schon längst sind nämlich vom Apostolischen Stuhl zwei Artikel Martin Luthers verurteilt, nämlich der zweite und dritte, bzgl. der im Kinde nach der Taufe zurückbleibenden Sünde und bzgl. des erbsündlichen Zunders (fomes), der die Seele vom Eingang in den Himmel zurückhält«. (44) Interessant ist jedoch, daß die Confutatio hier nur eine konditionale Verwerfung (45) ausspricht und bereits eine Einigungsmöglichkeit eröffnet: »Wenn sie aber entsprechend der Ansicht des hl. Augustinus die Erbsünde Konkupiszenz nennen würden, die in der Taufe aufhört, Sünde zu sein, wäre es zu akzeptieren.« (46)
Im 14-Ausschuß argumentiert Eck: CA 2 habe in der Definition der Erbsünde einen Mangel, nämlich daß mit der Gleichsetzung von Begierlichkeit und Erbsünde »eine Sünde vor und nach der Taufe bleibe, es sei denn man rede davon, wie der hl. Augustinus, dann wäre es nur ein Wortkampf«.
Melanchthon »hat dazu sich erboten friedlich zu reden.« Er habe die Erbsünde nicht wie in der Schultradition Mangel der Ursprungsgerechtigkeit nennen wollen. (47) Im Hintergrund steht die Abwehr der Position von Gabriel Biel, nach der die Sünde nur Strafverhaftung bedeutet, aber nicht Verderbnis des Menschen; denn auch nach der Sünde ist der Mensch nach Gabriel Biel in der Lage, Gott über alles zu lieben und selbstlos und gut zu sein.
Unter Rückgriff auf die vermittelnde thomistische Richtung kommt es dann zur Einigung,
»daß auch die begierliche Neigung, die aus der Erbsünde erwächst, bleibe in den Menschen, aber die erbsündliche Schuld durch die Taufe hinweggenommen werde, id est quod tollatur quo ad formale, sed maneat quo ad materiale« (48)
Die sachliche Einigung bestätigt auch die Apologie, indem sie Thomas von Aquin, Bonaventura und Hugo von St. Viktor als Gewährsleute zitiert.
Luther selbst habe seine monierte Äußerung im Sinne der Augsburger Einigung verstanden:
»Hier schreien nun die Widersacher heftig wider Luther, daß er geschrieben habe, die Erbsünde bleibe auch nach der Taufe, und fügen hinzu, derselbe Artikel sei zu recht von Papst Leo X. verdammt worden. Aber die Kaiserliche Majestät wird hier diese offensichtliche Verleumdung mißbilligen. Denn die Widersacher wissen, in welchem Sinn Luther diesen Ausspruch verstehen will, daß die Erbsünde nach der Taufe zurückbleibt. Immer hat er so geschrieben, daß die Taufe die ganze Schuld und Erbpflicht der Erbsünde wegnimmt und austilgt, wenngleich das Material, wie sie es nennen, der Sünde, nämlich die Konkupiszenz, die böse Neigung und Lust, bleibt. Er fügt auch hinsichtlich des Materiale der Sünde hinzu, daß der in der Taufe geschenkte Hl. Geist die Konkupiszenz abzutöten beginnt und neue Regungen im Menschen schafft.« (49)
Beim Wormser Religionsgespräch 1540/41 zwischen Eck und Melanchthon kam es dann über die in der Confutatio genannte Einigungsmöglichkeit hinaus auch noch zur Verständigung über die Frage, inwiefern die zurückbleibende Konkupiszenz zu Recht als Sünde bezeichnet werden dürfe. Eck akzeptierte dabei, obwohl er selbst persönlich diese Meinung nicht teilte, die Deutung von Röm 7 auf den Gerechtfertigten als mögliche Position, da auch Augustinus, auf den Melanchthon sich berief, dies vertreten habe. (50)
 
 

Rückblick:
Bedeutung für die Frage des Umgangs mit dem Lutherbann

Rückblickend ergeben sich m.E. bezüglich des gegenwärtigen Umganges mit dem Lutherbann folgende Gesichtspunkte: Die Frage ist durch den Tod Luthers insofern noch nicht erledigt, als es nach den Aussagen von Exsurge Domine und Decet Romanum Pontificem nicht nur um Luther als Person geht, sondern auch um das öffentliche Gedächtnis Luthers in der Kirche und um seine Anhänger. Zumindest daraufhin kann sich die katholische Kirche heute einer Anfrage nicht entziehen.

- Eine erste, moderner Mentalität naheliegende Reaktion könnte sein, das Problem durch eine grundsätzliche Ablehnung jedweder Exkommunikation als unchristlich aus der Welt zu schaffen. Eine solche Lösung wäre jedoch im Widerspruch zu klaren Aussagen der Schrift, aber auch zu Luther und der lutherischen Position auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 (51), und würde die Communio zur Farce machen, insofern damit jedes noch so sehr Communio zerstörende Verhalten als irrelevant angesehen oder sogar indirekt gebilligt würde. (52)

- Weiter ist es m.E. nicht möglich, den Lutherbann von Anfang an aufgrund formaler Defekte für ungültig zu erklären.

- Wie schon auf dem Reichstag scheidet ferner das Modell der Besiegung des Gegners durch die theologische Disputation als Lösung des Problems aus.

- Ernsthaft zu erwägen ist jedoch, ob die Geltung aufgrund mangelnder Rezeption infrage zu stellen ist. Das amicum colloquium in Augsburg 1530, aber auch der Gebrauch von Luther-Liedern im katholischen Gottesdienst oder Lutherzitate durch den Papst sind Belege einer Nicht-Rezeption von Exsurge Domine. Anderseits bleibt bestehen, daß - ungeachtet der zeitgenössischen geringen Wertschätzung der Exkommunikationspraxis (53) und ungeachtet der Tatsache, daß Luther sich mit der Exkommunikation in guter Gesellschaft, etwa der Gründer des Kapuzinerordens Mateo de Bascio und Ludovico de Fossombrone oder des päpstlichen Legaten Aleander, befindet (54) - Luther selbst als Gebannter nicht auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 erscheinen konnte, daß noch kurz vor Beginn des Reichstages Papst Clemens VII in einem Schreiben vom 15.1.1530 selbstverständlich voraussetzt, daß diejenigen, die die Schriften Luthers lesen, der Exkommunikation verfallen sind (55) oder daß bis zur Einstellung der Verlesung der Gründonnerstagsbulle im Jahre 1770 »Luther und seine Anhänger« bzw. die »Lutheraner« explizit exkommuniziert wurden (56). Unabhängig davon, wie die Frage der Rezeption schließlich gewertet wird, bleibt die Frage des rechten Verständnisses und der Wertung der Position Luthers ungelöst.

- Das Konzil, das wie schon zuvor auch auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 als Revisionsinstanz angesehen wurde, konnte zunächst nicht realisiert werden. Als dann schließlich am 13.12.1545 das Konzil von Trient eröffnet wurde, starb Luther kurz darauf am 18.2.1546. Obwohl es, wie dann auch das I. und II. Vatikanische Konzil, wichtige Weichen in der Sache selbst stellte, sah es sich mit der Aufgabe überfordert, zu prüfen, ob die dem Konzil vorgelegten Exzerpte aus Luthers Schriften für dessen Position repräsentativ sind. Es lehnte deshalb eine namentliche Verurteilung Luthers und anderer Reformatoren ab und beschränkte sich auf eine Stellungnahme zu den vorgelegten Sätzen.

- So macht auch das Konzil den in Augsburg beschrittenen Weg des amicum colloquium nicht überflüssig, da nur auf diesem Weg eine intensive Verständigung durch Hinhören auf die Anliegen und Motive der anderen Seite und durch Übersetzen von einer Sprache in die andere möglich ist. Wie am Beispiel des Umgangs in Augsburg mit den in der Bulle Exsurge Domine verurteilten Artikeln 1, 2-3, 5 deutlich wurde, ist so eine Überwindung der verhängnisvollen Alternative zwischen Verwerfung und bewußter Aufrechterhaltung (assertio) der umstrittenen Äußerungen Luthers möglich, insofern durch eine genauere Beachtung des Hintergrundes der Aussagen und der weiteren Abklärung im Verlauf der Reformationsgeschichte eine gemeinsame Sicht der mit den genannten Errores angesprochenen Sachthemen gewonnen werden konnte. (57)
Insgesamt geht es darum, im Hinblick auf Luther und sein Gedenken zwischen Verdammung und Heroisierung einen gemeinsamen Standort zu finden.
Wichtige Elemente einer Basis dafür sind die Beachtung der nicht unkritischen Rezeption Luthers im Luthertum selbst, etwa in der Konkordienformel; die sachgemäße Gewichtung des Werkes Luthers, etwa seine geschichtswirksame Bedeutung für die Glaubensverkündigung und -tradierung in den lutherischen Kirchen insbesondere durch Bibelübersetzung, Kirchenlied und Kleinen Katechismus; sowie die Anerkennung der in den Religionsgesprächen der Reformationszeit (58) und im gegenwärtigen lutherisch-katholischen Dialog erreichten Verständigung im Blick auf Rechtfertigung, Sakramente, Kirche und Amt. Wird Luther von daher gelesen, ist es m.E. sachlich gerechtfertigt und im Interesse eigener Glaubwürdigkeit geboten, den Lutherbann der Vergessenheit anheimzustellen und Luther, wie dies ja zum Teil jetzt schon geschieht, in das öffentliche Gedächtnis der katholischen Kirche wieder aufzunehmen.
 
 

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Fußnoten

*  Pfnür, Vinzenz : Excommunicatio und amicum colloquium. Das Religionsgespräch auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 auf dem Hintergrund der Frage des Lutherbannes ,in: Unterwegs zum einen Glauben. Festschrift für Lothar Ullrich zum 65. Geburtstag, hg. von Wolfgang Beinert, Konrad Feiereis und Hermann Josef Röhrig, Leipzig  1997,  S. 448-460  ISBN: 3-7462-1216-2

1. »... articulos seu errores tanquam, ut praemittitur, respective hereticos aut scandalosos aut falsos aut piarum aurium offensivos vel simplicium mentium seductivos et veritati Catholicae obviantes, damnamus, reprobamus atque omnino reiicimus... Inhibentes in virtute sancte obedientie ac sub maioris excommunicationis late sententie, nec non ... privationis et inhabilitatis ad illa et alia in posterum obtinenda«. (Dokumente zur Causa Lutheri (1517-1521), 2. Teil: Vom Augsburger Reichstag 1518 bis zum Wormser Edikt 1521. Hg. und kommentiert von Peter Fabisch und Erwin Iserloh, Münster 1991 (Corpus Catholicorum, 42), 388-390).

2. »... mandamus, quatinus infra Sexaginta dies, quorum Viginti pro primo, Viginti pro secundo, et reliquos viginti dies pro tertio et peremptorio termino assignamus, ab affixione presentium in locis infrascriptis immediate sequentes numerandos, ipse Martinus, Complices, fautores, adherentes et receptatores predicti a prefatis erroribus eorumque predicatione ac publicatione et assertione, defensione quoque et librorum seu scripturarum editione super eisdem sive eorum aliquo omnino desistant librosque ac scripturas omnes et singulas, prefatos errores seu eorum aliquos quomodolibet continentes comburant vel comburi faciant. Ipse etiam Martinus errores et assertiones huiusmodi omnino revocet ...« (Dokumente zur Causa Lutheri, II 398-400).

3. »Inhibemus preterea sub omnibus et singulis premissis penis eo ipso incurrendis, omnibus et singulis Christi fidelibus superius nominatis, ne scripta etiam prefatos errores non continentia, ab eodem Martino quomodolibet condita vel edita aut condenda vel edenda seu eorum aliqua tanquam ab homine Orthodoxe fidei Inimico atque ideo vehementer suspecta et ut eius memoria omnino deleatur de Christi fidelium consortio legere, asserere, predicare, laudare, imprimere, publicare, sive defendere per se vel alium seu alios, directe vel indirecte, tacite vel expresse, publice vel occulte, seu in domibus suis sive aliis locis, publicis vel privatis tenere quoquo modo presumant, quinimmo illa comburant, ut prefertur. Monemus insuper omnes et singulos Christi fideles supradictos sub eadem excommunicationis late sententie pena, ut hereticos predictos declaratos et condemnatos mandatis nostris non obtemperantes post lapsum termini supradicti evitent et, quantum in eis est, evitari faciant nec cum eisdem vel eorum aliquo commertium aut aliquam conversationem seu communionem habeant nec eis necessaria ministrent«. (Dokumente zur Causa Lutheri, II 402).

4. »... ut eius memoria omnino de Christifidelium consortio deleretur« (Dokumente zur Causa Lutheri, II 461).

5. Dokumente zur Causa Lutheri, II 463.

6. »Excommunicamus et anathematizamus ... et nuper ob similitudinem impietatis per nos damnatum Martinum Lutherum et eius sequaces ac illi, quominus puniri possit, quomodolibet faventes, ... ac omnes fautores, receptatores et defensores eorumdem« (Dokumente zur Causa Lutheri, II 477).

7. Dokumente zur Causa Lutheri, II 536f.

8. Dokumente zur Causa Lutheri, II 538-545.

9. Im Vorwort heißt es ähnlich: »Ich biete mich an, zum Urteil und der Entscheidung des ... Kaisers und aller Fürsten des hl. röm. Reiches ... das unten notierte im Lichte zu disputieren gegen jedweden Bekämpfer der katholischen Wahrheit, so daß wir das Unsere bekräftigen, die Lehren der Gegner aber als falsch erweisen«. (W. Gussmann, Johann Ecks Vierhundertvier Artikel zum Reichstag von Augsburg 1530, Kassel 1930, 102,20-23; 103,103,23f).

10. »... quod in comicijs Augustae 404 articulos obtulerim contra omnis generis haereses disputandos, at nemo erat qui ex adverso vel vellet vel auderet congredi: neque tum fateri volebant se victos" (An speranda sit VVormaciae concordia in fide, Ingolstadt 10. Okt 1540, fol.A 2v). Vgl. V. Pfnür, Johannes Ecks Verständnis der Religionsgespräche, sein theologischer Beitrag in ihnen und seine Sicht der Konfessionsgegensätze, in: Johannes Eck (1483-1543) im Streit der Jahrhunderte, Münster 1988, 223-249, 230f.

11. Vgl. Melanchthon, Brief vom 4.5.1530 an Luther: »Eckius ... Postulat a principibus, ut instituatur disputacio contra Lutheranos« (MSA VII/2, 137,24-26); Brief vom 11.5.1530 an Luther: »Mittitur tibi Apologia nostra, quamquam verius confessio est. Neque enim vacat Caesari audire prolixas disputaciones. Ego tamen ea dixi, quae arbitrabar maxime vel prodesse vel decere. Hoc consilio omnes fere articulos fidei complexus sum, quia Eccius edidit contra nos; adversus has volui remedium opponere«. (MSA VII/2, 149,2-8)

12. vgl. J. Ficker, Die Konfutation des Augsburgischen Bekenntnisses. Ihre erste Gestalt und ihre Geschichte, Leipzig 1891, 8,3.

13. K. E. Förstemann, Urkundenbuch zu der Geschichte des Reichstages zu Augsburg im Jahre 1530, Halle 1833/35 [im folgenden mit FU abgekürzt] II 201-217.

14. FU II 212f.

15. FU II 213-215, vgl. auch CA 28,69f; FU I 196; MSA 7/2,164.176.246.277; CR 2,282. Zur Unterscheidung zwischen Bischof (dem nach mittelalterlichen Recht, im Unterschied zum Pfarrer, das Recht der Exkommunikation zusteht) und Pfarrer vgl. FU I 90: »Unnd In solchen stucken mochte man den Bischoffen den Bann zustellen, so sie der Lehr des Euangelii, wie droben gesetzt, nicht enntgegen sein wollen ec....Mann mocht auch den Pfarrhern beuelhen, solche, so Inn offentlichen lastern verharren, anzuzaigen, wan die bischoff die pfarren, wie sie schuldig, visitirn.«

16. FU II 213-216; vgl. CA 1,1: »Ecclesiae magno consensu apud nos docent, decretum Nicaenae synodi ... verum et sine ulla dubitatione credendum esse« (BSLK 50); Bericht Melanchthons über die Leipziger Disputation: »Male audiit ob haec Martinus, quod videbatur obstrepere conciliis, quom ille nihil maiore religione praestaret, quam ut sua conciliis esset auctoritas« (MBW Nr.59, 137-139 T1 S.139).

17. »... unnd wer Inn sonderheit Inn seiner Red Jr der Churfl., ff und der andern personen nit gemaint noch beschwert, Sondern solchs alles von den predigern gesagt worden« (FU II 218).

18. »Das man vonn beidenn teiln In gleicher, doch geringer annzahl etzliche sonndere der sachen vorstenndige und zufridenn unnd ainigkeit genaigte personen verordennet, die vonn den streittigenn Artickeln unnd furnehmlich den, so Inn gebrauch der kirchen gehenn, Inn lieb, guttigkeit unnd freundlich unnder einannder hanndelten« (FU II 217).

19. FU II 218.

20. F. W. Schirrmacher, Briefe und Acten zu der Geschichte des Religionsgespräches zu Marburg 1529 und des Reichstages zu Augsburg 1530, Gotha 1876, 211.

21. Summa tractatus: »... ut tractatus iste fieret sine contentione, absque disputatione amico partium colloquio« (Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 23737, fol. 45r; ÖNB Wien 11833, fol. 127r; ÖNB Wien 11824, Fol. 114r; Coelestin, Historia Comitiorum anno MDXXX Augustae celebratorum, Frankfurt/Oder 1577, III 43; Schirrmacher 217f); vgl. Spalatins Protokoll: »Die Sachen ohne Getzenck furzunemen« (FU II 220); Acta der Sieben: »Das sie sich in dieser sachen aller zenckischen, disputierlichen und weittleuffigen reden enthalten...was von uns geredt, dasselb der guten unnd wolmeynung, wie es beschehe, unnd in keinem argen uffzenemmen« (Eu. Honée, Der Libell des Hieronymus Vehus zum Augsburger Reichstag 1530. Untersuchungen und Texte zur katholischen Concordia- Politik, Münster 1988, 208).

22. Spalatin konkretisiert: »Wo sie aber des beschwert, die ursach antzutzeigen, und wo man etlich fur myßbreuche hielde, auf mittel zugedencken, dieselben abzustellen« (FU II 221).

23. Vgl. Spalatins Protokoll: »Dise handlung im geheym zuhalden bis zu endung« (FU II 221).

24. Johannes Eck, Replica (...) adversus scripta secunda Buceri apostatae super actis Ratisponae, Ingolstadt 1543, 46v.

25. Gussmann, a.a.O. 102,10-12.

26. Ficker, J., Die Konfutation des Augsburgischen Bekenntnisses. Ihre erste Gestalt und ihre Geschichte, Leipzig 1891, 21f.

27. BSLK 62.

28. J. Ficker, a.a.O. 37.

29. Vgl. V. Pfnür, Die Einigung in der Rechtfertigungslehre bei den Religionsverhandlungen auf dem Reichstag zu Augsburg 1530, in: Confessio Augustana und Confutatio. Der Augsburger Reichstag 1530 und die Einheit der Kirche, hg. v. Erwin Iserloh in Verbindung mit B. Hallensleben, Münster 1980, 366f; Eu. Honée, Der Libell des Hieronymus Vehus, 215.

30. »Quamquam igitur sextam conclusionem ipse non posui ex animo, ut dixi ibidem, sed quia alii sic sentiunt, tamen, quia nec ipsi adversarii cum omnibus suis Magistris usque hodie possunt ostendere, quomodo sacerdos remittit culpas, nisi haereticam illam, sed usitatam sententiam proferant, qua dicitur sacramenta novae legis iustificantem gratiam dare illis, qui non ponunt obicem, Cum sit impossibile sacramentum conferri salubriter, nisi iam credentibus, et iustis et dignis«. (WA 1, 544,33-39)

31. Vgl. Johannes Altenstaig, Vocabularius theologiae (Hagenau 1517), Stichwort Opus operatum: »Sic autem <sacramenta> conferunt gratiam ex opere operato, quia ad consequendam gratiam per ea non requiritur secundum Scotum motus bonus interior de congruo sufficiens ad gratiae infusionem, sed sufficit quod suscipiens ea non ponat obicem infidelitatis contrariae voluntatis aut consensus in mortale peccatum commissum vel committendum«. Vgl Luther: Assertio: »Quare haeretica sententia est ... At talis est eorum qui dicunt sacramenta novae legis dare gratiam iis, qui non ponunt obicem, quorum autor Scotus est«. (WA 7, 102,16-19)

32. Vgl. Johannes Altenstaig, Vocabularius theologiae (Hagenau 1517), Stichwort Clavis: »Potestas quoque clavium extendit se ad remissionem et retentionem culpae, non coram Deo, sed in facie Ecclesiae. Non enim remittit peccatum, sed remissum a Deo praesupponit«. Für Gabriel Biel als Hintergrund der Argumentation von Luther und der Apologie vgl. V. Pfnür, Einig in der Rechtfertigungslehre, Wiesbaden 1970, 77-82.

33. »Ideo, quicquid blatterent opiniosi sophistae, vero similius est, quod sacerdos novae legis declarat duntaxat et approbat solutionem dei (id est, ostendit)«. (WA 1,544,41-545,2)

34. WA 2,715ff.

35. BSLK 98.

36. Ap 12 (BSLK 259). Damit wird die eine Seite der Position von Duns Scotus, daß die Absolution das Bußsakrament ausmacht, positiv übernommen, während die andere Seite, die (durch Gabriel Biel überzeichnete) Konsequenz, daß deswegen der Empfänger keine positive innere Regung zu haben braucht, weiterhin bekämpft wird.

37. Protokoll Spalatins (FU II 228).

38. Vgl. Eu. Honée, Der Libell des Hieronymus Vehus, 217.

39. Vgl. Lehrverurteilungen - kirchentrennend? I Freiburg/ Göttingen 1986, 58f.

40. Vgl. Gemeinsame römisch-katholische evangelisch-lutherische Kommission, Einheit vor uns, Paderborn/Frankfurt 1985, Nr.68; Gemeinsame römisch-katholische evangelisch-lutherische Kommission, Das Herrenmahl, Exkurs: Die Wirksamkeit der Sakramente sola fide und ex opere operato, S. 93-100; Lehrverurteilungen - kirchentrennend? I, Freiburg/ Göttingen 1986, S. 81-84, ebd. II, 1989, 203-205; ebd. III, 1990, 179-182.

41. Vgl. MSA I 245.

42. »At se produnt concionatores quod addunt cum concupiscentia, id videlicet docentes quod olim Luther pertinaciter asseruit, concupiscentiam esse peccatum proprie, idcirco in puero post baptismum remanere peccatum proprie... Id autem dicere est evacuare efficaciam et virtutem baptismi« (Ficker 8f)

43. H. Immenkötter, Der Reichstag zu Augsburg und die Confutatio, Münster 1979, 47 übersetzt hier fälschlich und sinnverändernd das lateinische si bzw. das frühneuhochdeutschewan (H. Immenkötter, Die Confutatio der Confessio Augustana vom 3. August 1530, bearb. von H. Immenkötter, Münster 1979, 80,16) mit Denn, statt mit wenn (wie er selbst dann das nächste wan [a.a.O. 80,21] übersetzt. Ähnlich macht er aus der nur konditionalen Verwerfung in Art. 7, eine begründete: »Das kann nicht ohne Gefahr für den heiligen Glauben gebilligt werden. Denn dadurch würden aus der Kirche die Bösen und die Sünder ausgeschieden« (H. Immenkötter, Der Reichstag 52). Richtig muß es heißen: Der 7.Artikel »kann nicht ohne Nachteil des heiligen Glaubens zugelassen werden, wenn durch denselben die Bösen und die Sünder von der Kirche abgeschieden würden«.

44. Die Confutatio 80-83.

45. s.o, Anm.43.

46. H. Immenkötter, Die Confutatio 81-83.

47. FU II 223f.

48. Vgl. die Einzelnachweise bei V. Pfnür, Die Einigung in der Rechtfertigungslehre bei den Religionsverhandlungen auf dem Reichstag zu Augsburg 1530, in: Confessio Augustana und Confutatio. Der Augsburger Reichstag 1530 und die Einheit der Kirche, hg. v. Erwin Iserloh in Verbindung mit B. Hallensleben, Münster 1980, 361-364; Eu. Honée, Der Libell des Hieronymus Vehus, 214.

49. Ap 2, 35f (BSLK 153f).

50. Vgl. V. Pfnür, Johannes Ecks Verständnis der Religionsgespräche, sein theologischer Beitrag in ihnen und seine Sicht der Konfessionsgegensätze, in: Johannes Eck (1483-1543) im Streit der Jahrhunderte, Münster 1988, 223-249, bes. 234-243.

51. Vgl. WA 65,276-278; CA 28,21 (BSLK 124); FU I 90 (s.o. Anm.15).

52. Vgl. dazu auch V. Pfnür, Communio und excommunicatio, in: Vorgeschmack. Ökumenische Bemühungen um die Eucharistie. Festschrift für Theodor Schneider, hg. von Bernd Jochen Hilberath / Dorothea Sattler, Mainz 1995, 277-292.

53. Generell stand die Kirchenstrafe der Exkommunikation in der Reformationszeit wegen ihrer häufigen und ungeistlichen Anwendung nicht hoch im Ansehen. Vgl. die Beschwerden gegen die Geistlichkeit auf dem Reichstag zu Worms 1521: »Wie der gaistlich pan umb vast gering sachen scharp gebraucht wurdet« (DRTA.JR 2,685ff); ARC I 444ff; Gesprächbüchlein Neu-Karsthans: »Zum dritten, das sie hinfur der obgemelten pfaffen bann gleich achtn wöllen, als ob sie eine ganß anbließ« (Martin Bucer, Deutsche Schriften 1, 442).

54. Erstere wurden wegen unerlaubter Entfernung aus dem Kloster (vgl. TRE XVII 619-625), letzterer wegen Finanzangelegenheiten exkommuniziert (vgl. G. Müller, Causa reformationis. Beiträge zur Reformationsgeschichte und zur Theologie Martin Luthers, Gütersloh 1989).

55. Magnum Bullarium Romanum I, Luxemburg 1792, p. 682.

56. Vgl. K. Pfaff, Beiträge zur Geschichte der Abendmahlsbulle vom 16.-18.Jahrhundert, in: RömQu 38, 1930, 23-76.

57. So wird etwa die Intention der ersten 15 in der Bulle Exsurge Domine verurteilten Sätze Luthers nur auf dem Hintergrund der Auseinandersetzung mit der Position von Gabriel Biel deutlich. Satz 14: »Niemand darf dem Priester antworten, er habe Vollreue, noch darf der Priester fragen« richtet sich z.B. gegen die Auffassung von Biel, daß der Schlüssel irrt, wenn der Priester jemanden absolviert, der keine Vollreue hat. Vgl. dazu auch Johannes Altenstaig, Vocabularius theologiae, Stichwort Clavis: »Error clavis scientiae potest contingere, ... ex parte sacerdotis, quando omittit investigare necessaria: puta an confitens sit contritus an non.« Vgl. Luther WA 1,543,35f: »Nec oportet hic cogitare, 'quid, si sacerdos erraret?'«. Mit den Erfahrungen der Kirchenvisitation (s.o. Anm. 41) und in der Auseinandersetzung mit Schwärmern und Wiedertäufern werden ungeschützte Äußerungen der Frühzeit gegen Mißdeutungen abgesichert, etwa die ungeschützte Äußerung in error 35 und 36 (DS 1485f) über die Todsünde durch Luthers betonter Abgrenzung der »offentlichen sunde ... als ... Ehebruch, Mord und Gottslästerung«, durch die Glaube und Geist verloren gehen, von der allgemeinen Sündigkeit als Auswirkung der Erbsünde (Schmalkaldische Artikel III,42 - BSLK 448). In der Frage der Willensfreiheit (vgl. Error 36, DS 1486; Wormser Edikt, Dokumente zur Causa Lutheri, II 518,17-19; Catholica Responsio. J. Ficker, Die Konfutation, 60f) verdeutlicht CA 18 (BSLK 73f) die inzwischen erfolgte abklärende Selbstkorrektur.

58. Eine genauere Beachtung der Geschichte zeigt auch, daß Luther die Einigung in der Rechtfertigungslehre beim Regensburger Religionsgespräch von 1541 nicht hinsichtlich der Sachaussagen selbst, sondern nur der Glaubwürdigkeit der Gegenseite infrage stellte. Vgl. V. Pfnür, Die Einigung bei den Religionsgesprächen von Worms und Regensburg 1540/41 eine Täuschung? in: Die Religionsgespräche der Reformationszeit, hg. von G. Müller, Gütersloh 1980, 55-88, bes. 64-70.