Excommunicatio und amicum colloquium.
Das Religionsgespräch auf dem Reichstag zu Augsburg
1530
auf dem Hintergrund der Frage des Lutherbannes.*
1. Die Disputation
2. Die Durchführung des Wormser Edikts
gegen die häretischen Theologen
3. Das amicum colloquium
Die Rezeption der Bulle Exsurge Domine
im amicum colloqium
Exsurge
Domine, Irrtum 1 (und 5): Die Frage der Wirkung der Sakramente ex opere
operato
Exsurge
Domine, Irrtum 2 und 3: Die Frage der nach der Taufe zurückbleibenden
Sünde
Rückblick: Bedeutung für die
Frage des Umgangs mit dem Lutherbann
Fußnoten
Die Religionsverhandlungen auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 sind in
zweifacher Hinsicht von Bedeutung für die Frage des Lutherbannes:
1. Wie auf den vorausgegangenen Reichstagen zu Nürnberg 1522/23
und 1524, Speyer 1526 und 1529 spielte auch auf dem Reichstag zu Augsburg
von 1530 die Frage der Durchführung des Wormser Ediktes (und damit
auch der Umsetzung des Lutherbannes) eine wichtige Rolle.
2. Die Beachtung des Umgangs mit diesem Problem auf dem Reichstag zu
Augsburg gibt m.E. Hinweise zur Bewältigung der auch in der Gegenwart
noch nicht erledigten Frage des Lutherbannes.
Um das Problem in seiner ganzen Dimension zu sehen, ist es zunächst angebracht, uns kurz die wichtigsten Vorgaben zu vergegenwärtigen:
In der Bannandrohungsbulle Exsurge Domine vom 15. Juni 1520 verwirft und verdammt Papst Leo X 41 Sätze Luthers als »häretisch oder skandalös oder falsch oder beleidigend für fromme Ohren oder die einfachen Gemüter verführend und der katholischen Wahrheit entgegenstehend« (1) und verbietet unter Androhung der Strafe der Exkommunikation die Lektüre und Verbreitung der Schriften Luthers, die diese und ähnliche Irrtümer enthalten. Luther wird aufgefordert, innerhalb von 60 Tagen (als Ersatz für eine dreimalige Mahnung von je 20 Tagen Frist) nach Anschlagung der Bulle seine Irrtümer zu widerrufen, andernfalls gilt er als Häretiker. (2) Für diesen Fall verbietet der Papst unter Strafe der Exkommunikation die Lektüre aller Schriften Luthers, auch derer, »die die vorgenannten Irrtümer nicht enthalten«, »damit sein Gedächtnis ganz aus der Gemeinschaft der Gläubigen Christi getilgt wird«. Desgleichen verfällt der Exkommunikation, wer nach Verstreichung des Termins weiterhin mit Luther Gemeinschaft unterhält. (3)In der Folgezeit ließ sich das Wormser Edikt nicht in allen Territorien des Reiches umsetzen. Damit war auch die einheitliche Geltung der Reichsgesetze bedroht. Die Reaktion auf den Reichstagen schwankte zwischen der Forderung nach Durchführung des Wormser Ediktes und dessen Sistierung zugunsten einer Entscheidung durch ein allgemeines Konzil oder ein Nationalkonzil.Luther reagiert am 10. Okt. 1520 mit der Verbrennung der Bannbulle vor dem Elstertor in Wittenberg und verteidigt in der Ende Dez. 1520 / Anfang 1521 veröffentlichten Schrift Assertio omnium articulorum per bullam Leonis X. novissimam damnatorum (Widmungsbrief vom 1. Dez. 1520) in zugespitzter polemischer Form seine monierten 41 Sätze.
In der Bulle Decet Romanum Pontificem vom 3. Jan. 1521 werden die Aussagen von Exsurge Domine rekapituliert. (4) Nach Ablauf der Frist ist Luther als Häretiker erwiesen. Diejenigen, die Luther folgen oder ihn schützen, sind als Häretiker und als zu meidende (vitandi) Exkommunizierte zu halten. (5)
In der Gründonnerstagsbulle vom 28.3.1521 werden unter den Häretikern auch Martin Luther und seine Anhänger, Beschützer, Begünstiger und Verteidiger als Häretiker exkommuniziert und mit dem Anathema belegt (6)Das Wormser Edikt gebietet, Luther »als von Gottes Kirche abgesondertes Glied und einen verstopften Zertrenner und offenbaren Ketzer« zu achten und erklärt auch über seine Anhänger die Reichsacht. (7) Zudem sollen alle Schriften Luthers »von aller Menschen Gedächtnis abgetan und vertilgt« werden. Wer sie druckt, verkauft oder kauft verfällt der Reichsacht. (8)
Auf dem Reichstag zu Augsburg 1530
zeigen sich zur Lösung der Frage des Zwiespaltes
in der Religion
Der genaue Titel lautet: »Unter dem Schutz des Herrn Jesu und Mariens erbietet sich Johannes Eck, geringster Diener der Kirche, 404 Artikel, teils die Leipziger, Badener und Berner Disputation betreffend, teils aber aus den Schriften derer, die den Frieden der Kirche stören, vor dem göttlichen Kaiser Karl V. ... und den Fürsten des Reiches zu disputieren, wie dann im Anschlag in Augsburg weiter dargelegt wird. Tag und Stunde sind nach Bewilligung des Kaisers danach bekannt zu geben«.
In der Widmung an den Kaiser heißt es weiter: »So mögen sie also hervortreten die Feinde der Kirche ... und das, was sie überheblich und anmaßend vor dem Volk rühmten, mögen sie durch die Tat einlösen und vor der Obrigkeit, die von Gott ist ... bezüglich des Glaubens Antwort stehen« (9)
Die Religionsfrage soll so (vergleichbar einem mittelalterlichen Turnierkampf) durch eine große Schau-Disputation im Angesicht des Kaiser und der Reichsfürsten entschieden werden. Eck reizt hier die Linie Disputation bewußt aus, indem er aus reformatorischen Schriften gesammelte überspitzte Formulierungen als Thesen der Gegner präsentiert, die er zu widerlegen sich anbietet. Damit stellte er die Gegner vor die verhängnisvolle Alternative, die überspitzten Formulierungen zu verteidigen oder sich als besiegt zu erklären. (10)Als »Gegenmittel« gegen diese »teuflische« Disputationsstrategie entschließt sich Melanchthon der mitgebrachten sächsichen Verteidigung der geänderten Kirchenbräuche eine Zusammenfassung der Glaubensartikel, nämlich dessen was bei ihnen gelehrt wird, voranzustellen. (11)
Der Kaiser ließ sich nicht auf diese Absicht Ecks ein, es kam vielmehr zur Übergabe der CA.
Der nächste Versuch ist mit der ersten Form der Widerlegung der CA, der Catholica responsio, gegeben.
Sie zielte wieder auf eine Durchführung des Wormser Ediktes, aber nicht generell im Blick auf alle Anhänger und Verteidiger Luthers, wie dies in der Bannbulle und im Wormser Edikt vorgesehen ist - was aber offensichtlich politisch nicht durchzusetzen war. Sie sucht vielmehr Fürsten und lutherische Prediger zu trennen. Die Confessio Augustana [CA] wird positiv als Bekenntnis der Fürsten gewertet. Da wo die CA noch abzulehnende Positionen vertrete, seien diese den Fürsten durch ihre Theologen unterschoben worden (12).Durch die mitübergebenen 9 Schriften und die in der Catholica Responsio der CA entgegengestellten früheren Äußerungen der Prediger sollen diese als Häretiker erwiesen werden, gegen die die Fürsten selbst vorgehen sollten.
Entsprechend der Weisung des Kaisers auf jenes gehässige Erinnern an das, was vor 10 Jahren geschrieben wurde, zu verzichten, und die Antwort auf die Aussagen der CA zu begrenzen, fallen dann diese Zitate früherer Äußerungen der Prediger in der Confutatio heraus. Auch der Verweise auf das Wormser Edikt wird in der letzten Redaktionsstufe der Confutatio gestrichen.
Die CA erwies sich so als wirksame Alternative sowohl
gegenüber der Option einer Entscheidung durch die Disputation wie
dem Bemühen, die lutherischen Prediger als Häretiker zu erweisen.
Die CA führt so folgerichtig zum nächsten Versuch,
den Zwiespalt in der Religion zu überwinden, dessen Konturen sich
Mitte August abzeichnen:
In der Antwort der evangelischen Fürsten und Städte vom
13. August 1530 (13)
beschweren sich diese dagegen, daß »ihre Lehre und ihr Bekenntnis
so beurteilt werden, als ob sie sich darin von der gemeinen christlichen
Kirche gesondert sollten haben und zu sondern gedächten«.
»Und wär zum höchsten wider unser Gewissen, daß
wir einen Artikel des Glaubens entgegen der Hl. Schrift oder den christlichen
Konzilien der Väter halten oder predigen lassen wollten; und haben
uns also nicht von des Reichs und der heiligen Christenheit Einigkeit gewendet,
weil wir treulich und fest alle Artikel des heiligen Christlichen Glaubens
halten, und diese zu rechtem Verstand der Apostel und Väter wiederum
zu bringen und also rechte und wahrhaftige Einigkeit der Kirche zu erhalten
durch Zulassung des Wortes Gottes fleißig gefördert haben«.
So hätten auch die Gegner sich nun
in vielen Sachen derselbigen Lehre angeglichen und
würde nun schicklicher gelehrt als zuvor. (14)
Daß aber Sekten an anderen Orten entstanden, sei nicht Schuld ihrer
Lehre. Die Mißbräuche bezüglich Ablässe, Wallfahrten
etc. seien eingerissen, weil die Verantwortlichen die Konzilien und Synoden
vernachlässigt hätten.
Wenn hierin ordentlich gehandelt worden wäre und die Bischöfe
ein Aufsehen in die christliche Lehre und Predigt gehabt hätten, wie
sie doch schuldig seien vor Gott und der Welt, hätte man leicht Frieden
und Einigkeit erhalten können. »Darüber haben wir uns
allezeit erboten und tun dies jetzt noch, der Bischöfe ordentliche
Obedienz und Gehorsam, soweit die im Wort Gottes gegründet ist, erhalten
zu helfen«. (15) »Und
was aber etliche von Konziliis geschrieben oder gelehrt, lassen wir zu
eines jeden Verantwortung stehen. Denn wir geben den christlichen
Konzilien ihre gebührende Ehre, wie die alten Canones davon
halten«. (16)
Um jetzt schon auf dem Reichstag gemäß dem Reichstagsausschreiben
»zu
gänzlicher gütlicher Beilegung dieser Entzweiungen oder zumindest
zu passender Handlung derselben in Liebe und Güte«
zu kommen,
wird die Bildung einer kleinen Verhandlungsgruppe vorgeschlagen.
In seiner Antwort vom Sonntag den 14. August bestätigt Kurfürst
Joachim von Brandenburg für die katholische Seite zunächst nochmal
indirekt die bisherige Strategie: Der Kurfürst, die Fürsten und
die anderen Ständevertreter hätten sich zu unrecht betroffen
gefühlt (nämlich von dem Vorwurf der Absonderung von der einen
Kirche), vielmehr sei alles nur im Blick auf ihre Prediger gesagt gewesen.
(17) Sie sollten deshalb zur weiteren Handlung bereit sein. Die
evangelische Seite kommt daraufhin wieder auf den Vorschlag zurück,
einen kleinen Ausschuß zu bilden aus Fürsten, Juristen und Theologen
von beiden Seiten.
Die katholische Seite stimmt zu und so kommt es zur Nominierung des
14-Ausschusses.
Bemerkenswert sind die Anforderungen an die Mitglieder: Es sollen »sachverständige
und zu Frieden und Einigkeit geneigte«, »schiedliche«
Personen
sein und »sie sollen in Liebe, Güte
und freundlich untereinander handeln«
(18), »sich freundlich
unterreden« (19), »sich
freundlich
und gütlich von den sachen der Religion unterreden
und handeln« mit dem Ziel, dadurch zu einem Vergleich
zu kommen. (20)
Am Dienstag, dem Tag nach Mariä Himmelfahrt, werden beim ersten
Treffen des Ausschusses von beiden Seiten folgende Punkte für das
Vorgehen vereinbart:
1. » Daß diese Verhandlung ohne Streitsucht und ohne Disputation im freundschaftlichen Gespräch der Parteien geschehe« (21);Ziel ist also das amicum colloquium, das freundschaftliche Gespräch, und nicht die Disputation. Daß diese Vorgabe den Teilnehmern durchaus bewußt ist, zeigt Johannes Eck im Rückblick: »So habe ich durch Gottes Gnade so Ihren Mut gebrochen, daß sie es nicht wagen, sich in eine Disputation einzulassen, sondern nur ein freundschaftliches Gespräch (amicum colloquium) suchen, wie in Augsburg, Worms und Regensburg« (24). Damit ist auch der Beginn der Religionsgespräche mit dem Augsburger 14-Ausschuß bezeugt.
2. daß keine abschließende Entscheidung gefällt werde, sondern vielmehr alles den Reichsständen und dem Kaiser anheimzustellen sei;
3. daß nichts behandelt werde, was im Gegensatz stehe zum katholischen Glauben oder zum allgemeinen Brauch; 4. daß man sich mit dem vergleiche, was in der Confutatio vorgebracht werde (22);
5. daß die Akten dieser Verhandlung nur an die dafür Zuständigen weitergegeben werden dürften. (23)
Im folgenden soll an einzelnen Beispielen die Auswirkung
der kurz skizzierten Entwicklung auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 auf
die Behandlung der in der Bulle Exsurge Domine und im Wormser Edikt angesprochenen
Sachfragen dargelegt werden.
Grundsätzlich ist unter dem Gesichtspunkt der Frage des Lutherbannes bemerkenswert, daß Eck in den 404 Artikeln gleich zu Anfang die 41 in der Bulle Exsurge Domine verurteilten Sätze hier wieder zur Disputation stellt, obwohl er selbst in der Widmung an den Kaiser daran erinnert, daß es niemanden erlaubt ist, erneut über etwas zu disputieren, was schon einmal rechtmäßig von einem Konzil beurteilt und entschieden wurde. (25)
Bulle Exsurge Domine, Irrtum 1:
Die Frage der Wirkung der Sakramente ex opere operato
Auf den ersten der in der Bulle Exsurge Domine verurteilten Irrtümer Luthers verweist die Catholica Responsio in der Erwiderung auf CA 5:
»Zu recht bekräftigen hier die Fürsten, das Amt der Evangeliumsverkündigung und der Spendung der Sakramente, aber ihre Prediger streuten viel Unkraut aus, das vom wahren Glauben abführt. Denn wenn sie zuerst bekennen, daß der Hl. Geist durch die Sakramente gleichsam durch Instrumente gegeben werde, so sagte und lehrte Luther nicht nur einmal das Gegenteil. Deshalb hat Papst Leo X seligen Angedenkens diesen Artikel von ihm verworfen: "Es ist eine häretische, aber gebräuchliche Ansicht, daß die Sakramente des Neuen Bundes jenen rechtfertigende Gnade geben, die keinen Riegel vorschieben". Was also Luther als häretisch bezeichnete, bekennen nun die Prediger als katholisch. So schön widerstreiten sie sich selbst!«. (26)Zur Aussage von CA 8, daß die Sakramente »gleichwohl kräftig« (Lt.: efficacia) sind, »obschon die Priester, durch die sie gereicht werden, nicht fromm sind« (27), vermerkt die Catholica Responsio: »Die Fürsten mögen hier bei der Verwerfung der Donatisten auch Luther miteinschließen«. (28)
In der Confutatio fehlen diese Verweise auf Luther, weil entsprechend der Weisung des Kaisers nur auf die Aussagen der CA selbst Bezug genommen wird.
Im 14-Ausschuß kam es in dieser Frage bei den Verhandlungen
zu CA 4-6 zu einer vollen Einigung:
Die Sündenvergebung geschieht »per verbum et sacramenta
instrumentaliter«. (29)
Das Problem wird der Sache nach noch in den Verhandlungen
Um den Zusammenhang zu verdeutlichen ist es angebracht, den Hintergrund
der ganzen Kontroverse noch etwas zu beleuchten.
Der oben angeführte an erster Stelle in der Bulle Exsurge Domine
verurteilte Irrtum ist ein nahezu wörtlichen Zitat aus Luthers Resolutionen
zu seinen Ablaßthesen:
»Obwohl ich selbst also die sechste These nicht aus voller Überzeugung aufstellte, wie ich ebendort sagte, sondern weil andere so denken, so bleibe ich doch dabei, weil auch die Gegner selbst mit allen ihren Lehrern bis heute nicht aufzeigen können, wie der Priester die Schuld erläßt, außer wenn sie nicht jene häretische, aber gebräuchliche Ansicht vortragen, daß die Sakramente des Neuen Bundes jenen rechtfertigende Gnade geben, die keinen Riegel vorschieben; denn es ist unmöglich, daß das Sakrament heilbringend mitgeteilt wird außer bereits Glaubenden und Gerechten und Würdigen« (30).Im Hintergrund steht die in der scholastischen Theologie unterschiedliche Wertung der Bedeutung der Absolution.
»Deshalb ... ist es wahrscheinlicher, daß der Priester des Neuen Bundes den Erlaß durch Gott lediglich deklariert und bestätigt (d.h. anzeigt)« (33)Bereits im Sermon von der Buße ändert Luther jedoch seine Meinung. Die Absolution ist nun nicht mehr nur nachträgliche Bestätigung, sondern wirksamer Zuspruch der Sündenvergebung. (34)
»durch Gewalt der Schlüssel wahrhaftig hier auf Erden die Sünde los gezählet, also, daß sie für Gott im Himmel los sein, wie der Spruch lautet: "Wer euch höret, der höret mich". Darum sollen wir das Wort der Absolution nicht weniger achten noch glauben, denn wenn wir Gottes klare Stimme von Himmel höreten, und die Absolution, das selige tröstliche Wort sollt billig das Sacrament der Buß heißen, wie den auch etliche Scholastici, welche gelerter, denn die andern gewesen, davon reden«. (36)Erst auf diesem Hintergrund ist die in Augsburg im 14-Ausschuß erzielte Einigung zu CA 11-12 richtig zu würdigen.
»Wir weigern uns nicht, drei Teile der Buße zu setzen, nämlich die contritio, d.h. das Erschrecken des Gewissens über die erkannte Sünde; - die Confessio, aber dabei ist es notwendig auf die Absolution zu sehen und ihr zu glauben, die Sünde wird nämlich nicht vergeben, außer wenn man glaubt, daß sie um des Verdienstes des Leidens Christi vergeben wird. Der dritte Teil ist die satisfactio, nämlich würdige Früchte der Buße...« (38)Während für die Confutatio die Bezeichnung des Glaubens als zweiten Teil der Buße unter keinen Umständen zuzulassen ist, kommt es hier im amicum colloquium wie schon bei der Einigung zu CA 4-6 in der Zuordnung von Glaube und Gnade zu einer »Übersetzung von einer Sprache in die andere«. (39) Die Einigung in der Sache liegt dabei darin, daß beide Seiten in der Absolution das Wichtigste des zweiten Teiles der Buße sehen und sowohl confessio in der katholischen Redeweise wie fides in der reformatorischen ihren Bezugspunkt in der Absolution als Zuspruch der Sündenvergebung haben.
Mit der in Augsburg erreichten Einigung zu CA 11-12 ist auch der Weg
zu einer Verständigung gewiesen über den in der Bulle Exsurge
Domine aufgeführten fünften IrrtumLuthers,
der für die Confutatio zu recht verurteilt wurde, nämlich daß
es nicht in der Schrift und auch nicht bei den heiligen christlichen Vätern
fundiert sei, daß es drei Teile der Buße
gebe, nämlich contritio, confessio und satisfactio. Daß es sich
bei der Einigung im 14-Ausschuß nicht um eine opportunistische Leisetreterei
handelt, sondern um eine sachlich fundierte Einigung, wird deutlich im
Blick auf den Unterricht der Visitatoren, in dem Melanchthon im Zusammenhang
der Auseinandersetzung mit Johannes Agricola über die Bedeutung der
Bußpredigt diese Redeweise von den drei Teilen der Buße bereits
vorher wieder positiv aufgenommen hatte. (41)
Bulle Exsurge Domine, Irrtum 2 und
3:
Die Frage der nach der Taufe zurückbleibenden Sünde
Der zweite in der Bulle Exsurge Domine verurteilte Irrtum lautet:
»Im Kinde nach der Taufe die zurückbleibende Sünde zu leugnen, heißt Paulus und Christus zugleich zertreten«.Die Catholica Responsio sieht diesen Irrtum auch in der CA noch gegeben und sieht darin eine Leugnung der Wirksamkeit und Kraft der Taufe. (42)
»daß auch die begierliche Neigung, die aus der Erbsünde erwächst, bleibe in den Menschen, aber die erbsündliche Schuld durch die Taufe hinweggenommen werde, id est quod tollatur quo ad formale, sed maneat quo ad materiale« (48)Die sachliche Einigung bestätigt auch die Apologie, indem sie Thomas von Aquin, Bonaventura und Hugo von St. Viktor als Gewährsleute zitiert.
»Hier schreien nun die Widersacher heftig wider Luther, daß er geschrieben habe, die Erbsünde bleibe auch nach der Taufe, und fügen hinzu, derselbe Artikel sei zu recht von Papst Leo X. verdammt worden. Aber die Kaiserliche Majestät wird hier diese offensichtliche Verleumdung mißbilligen. Denn die Widersacher wissen, in welchem Sinn Luther diesen Ausspruch verstehen will, daß die Erbsünde nach der Taufe zurückbleibt. Immer hat er so geschrieben, daß die Taufe die ganze Schuld und Erbpflicht der Erbsünde wegnimmt und austilgt, wenngleich das Material, wie sie es nennen, der Sünde, nämlich die Konkupiszenz, die böse Neigung und Lust, bleibt. Er fügt auch hinsichtlich des Materiale der Sünde hinzu, daß der in der Taufe geschenkte Hl. Geist die Konkupiszenz abzutöten beginnt und neue Regungen im Menschen schafft.« (49)Beim Wormser Religionsgespräch 1540/41 zwischen Eck und Melanchthon kam es dann über die in der Confutatio genannte Einigungsmöglichkeit hinaus auch noch zur Verständigung über die Frage, inwiefern die zurückbleibende Konkupiszenz zu Recht als Sünde bezeichnet werden dürfe. Eck akzeptierte dabei, obwohl er selbst persönlich diese Meinung nicht teilte, die Deutung von Röm 7 auf den Gerechtfertigten als mögliche Position, da auch Augustinus, auf den Melanchthon sich berief, dies vertreten habe. (50)
Rückblick:
Bedeutung für die Frage des Umgangs mit dem Lutherbann
Rückblickend ergeben sich m.E. bezüglich des gegenwärtigen Umganges mit dem Lutherbann folgende Gesichtspunkte: Die Frage ist durch den Tod Luthers insofern noch nicht erledigt, als es nach den Aussagen von Exsurge Domine und Decet Romanum Pontificem nicht nur um Luther als Person geht, sondern auch um das öffentliche Gedächtnis Luthers in der Kirche und um seine Anhänger. Zumindest daraufhin kann sich die katholische Kirche heute einer Anfrage nicht entziehen.
- Eine erste, moderner Mentalität naheliegende Reaktion könnte sein, das Problem durch eine grundsätzliche Ablehnung jedweder Exkommunikation als unchristlich aus der Welt zu schaffen. Eine solche Lösung wäre jedoch im Widerspruch zu klaren Aussagen der Schrift, aber auch zu Luther und der lutherischen Position auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 (51), und würde die Communio zur Farce machen, insofern damit jedes noch so sehr Communio zerstörende Verhalten als irrelevant angesehen oder sogar indirekt gebilligt würde. (52)
- Weiter ist es m.E. nicht möglich, den Lutherbann von Anfang an aufgrund formaler Defekte für ungültig zu erklären.
- Wie schon auf dem Reichstag scheidet ferner das Modell der Besiegung des Gegners durch die theologische Disputation als Lösung des Problems aus.
- Ernsthaft zu erwägen ist jedoch, ob die Geltung aufgrund mangelnder Rezeption infrage zu stellen ist. Das amicum colloquium in Augsburg 1530, aber auch der Gebrauch von Luther-Liedern im katholischen Gottesdienst oder Lutherzitate durch den Papst sind Belege einer Nicht-Rezeption von Exsurge Domine. Anderseits bleibt bestehen, daß - ungeachtet der zeitgenössischen geringen Wertschätzung der Exkommunikationspraxis (53) und ungeachtet der Tatsache, daß Luther sich mit der Exkommunikation in guter Gesellschaft, etwa der Gründer des Kapuzinerordens Mateo de Bascio und Ludovico de Fossombrone oder des päpstlichen Legaten Aleander, befindet (54) - Luther selbst als Gebannter nicht auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 erscheinen konnte, daß noch kurz vor Beginn des Reichstages Papst Clemens VII in einem Schreiben vom 15.1.1530 selbstverständlich voraussetzt, daß diejenigen, die die Schriften Luthers lesen, der Exkommunikation verfallen sind (55) oder daß bis zur Einstellung der Verlesung der Gründonnerstagsbulle im Jahre 1770 »Luther und seine Anhänger« bzw. die »Lutheraner« explizit exkommuniziert wurden (56). Unabhängig davon, wie die Frage der Rezeption schließlich gewertet wird, bleibt die Frage des rechten Verständnisses und der Wertung der Position Luthers ungelöst.
- Das Konzil, das wie schon zuvor auch auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 als Revisionsinstanz angesehen wurde, konnte zunächst nicht realisiert werden. Als dann schließlich am 13.12.1545 das Konzil von Trient eröffnet wurde, starb Luther kurz darauf am 18.2.1546. Obwohl es, wie dann auch das I. und II. Vatikanische Konzil, wichtige Weichen in der Sache selbst stellte, sah es sich mit der Aufgabe überfordert, zu prüfen, ob die dem Konzil vorgelegten Exzerpte aus Luthers Schriften für dessen Position repräsentativ sind. Es lehnte deshalb eine namentliche Verurteilung Luthers und anderer Reformatoren ab und beschränkte sich auf eine Stellungnahme zu den vorgelegten Sätzen.
- So macht auch das Konzil den in Augsburg beschrittenen Weg des amicum
colloquium nicht überflüssig, da nur auf diesem Weg eine intensive
Verständigung durch Hinhören auf die Anliegen und Motive der
anderen Seite und durch Übersetzen von einer Sprache in die andere
möglich ist. Wie am Beispiel des Umgangs in Augsburg mit den in der
Bulle Exsurge Domine verurteilten Artikeln 1, 2-3, 5 deutlich wurde, ist
so eine Überwindung der verhängnisvollen Alternative zwischen
Verwerfung und bewußter Aufrechterhaltung (assertio) der umstrittenen
Äußerungen Luthers möglich, insofern durch
eine genauere Beachtung des Hintergrundes der Aussagen und der weiteren
Abklärung im Verlauf der Reformationsgeschichte eine gemeinsame
Sicht der mit den genannten Errores angesprochenen Sachthemen gewonnen
werden konnte. (57)
Insgesamt geht es darum, im Hinblick auf Luther und sein Gedenken zwischen
Verdammung und Heroisierung einen gemeinsamen Standort zu finden.
Wichtige Elemente einer Basis dafür sind die Beachtung der nicht
unkritischen Rezeption Luthers im Luthertum selbst, etwa in der Konkordienformel;
die sachgemäße Gewichtung des Werkes Luthers, etwa seine geschichtswirksame
Bedeutung für die Glaubensverkündigung und -tradierung in den
lutherischen Kirchen insbesondere durch Bibelübersetzung, Kirchenlied
und Kleinen Katechismus; sowie die Anerkennung der in den Religionsgesprächen
der Reformationszeit (58) und im gegenwärtigen
lutherisch-katholischen Dialog erreichten Verständigung im Blick auf
Rechtfertigung, Sakramente, Kirche und Amt. Wird Luther von daher gelesen,
ist es m.E. sachlich gerechtfertigt und im Interesse eigener Glaubwürdigkeit
geboten, den Lutherbann der Vergessenheit anheimzustellen und Luther, wie
dies ja zum Teil jetzt schon geschieht, in das öffentliche
Gedächtnis der katholischen Kirche wieder aufzunehmen.
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* Pfnür, Vinzenz : Excommunicatio und amicum colloquium. Das Religionsgespräch auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 auf dem Hintergrund der Frage des Lutherbannes ,in: Unterwegs zum einen Glauben. Festschrift für Lothar Ullrich zum 65. Geburtstag, hg. von Wolfgang Beinert, Konrad Feiereis und Hermann Josef Röhrig, Leipzig 1997, S. 448-460 ISBN: 3-7462-1216-2
1. »... articulos seu errores tanquam, ut praemittitur, respective hereticos aut scandalosos aut falsos aut piarum aurium offensivos vel simplicium mentium seductivos et veritati Catholicae obviantes, damnamus, reprobamus atque omnino reiicimus... Inhibentes in virtute sancte obedientie ac sub maioris excommunicationis late sententie, nec non ... privationis et inhabilitatis ad illa et alia in posterum obtinenda«. (Dokumente zur Causa Lutheri (1517-1521), 2. Teil: Vom Augsburger Reichstag 1518 bis zum Wormser Edikt 1521. Hg. und kommentiert von Peter Fabisch und Erwin Iserloh, Münster 1991 (Corpus Catholicorum, 42), 388-390).
2. »... mandamus, quatinus infra Sexaginta dies, quorum Viginti pro primo, Viginti pro secundo, et reliquos viginti dies pro tertio et peremptorio termino assignamus, ab affixione presentium in locis infrascriptis immediate sequentes numerandos, ipse Martinus, Complices, fautores, adherentes et receptatores predicti a prefatis erroribus eorumque predicatione ac publicatione et assertione, defensione quoque et librorum seu scripturarum editione super eisdem sive eorum aliquo omnino desistant librosque ac scripturas omnes et singulas, prefatos errores seu eorum aliquos quomodolibet continentes comburant vel comburi faciant. Ipse etiam Martinus errores et assertiones huiusmodi omnino revocet ...« (Dokumente zur Causa Lutheri, II 398-400).
3. »Inhibemus preterea sub omnibus et singulis premissis penis eo ipso incurrendis, omnibus et singulis Christi fidelibus superius nominatis, ne scripta etiam prefatos errores non continentia, ab eodem Martino quomodolibet condita vel edita aut condenda vel edenda seu eorum aliqua tanquam ab homine Orthodoxe fidei Inimico atque ideo vehementer suspecta et ut eius memoria omnino deleatur de Christi fidelium consortio legere, asserere, predicare, laudare, imprimere, publicare, sive defendere per se vel alium seu alios, directe vel indirecte, tacite vel expresse, publice vel occulte, seu in domibus suis sive aliis locis, publicis vel privatis tenere quoquo modo presumant, quinimmo illa comburant, ut prefertur. Monemus insuper omnes et singulos Christi fideles supradictos sub eadem excommunicationis late sententie pena, ut hereticos predictos declaratos et condemnatos mandatis nostris non obtemperantes post lapsum termini supradicti evitent et, quantum in eis est, evitari faciant nec cum eisdem vel eorum aliquo commertium aut aliquam conversationem seu communionem habeant nec eis necessaria ministrent«. (Dokumente zur Causa Lutheri, II 402).
4. »... ut eius memoria omnino de Christifidelium consortio deleretur« (Dokumente zur Causa Lutheri, II 461).
5. Dokumente zur Causa Lutheri, II 463.
6. »Excommunicamus et anathematizamus ... et nuper ob similitudinem impietatis per nos damnatum Martinum Lutherum et eius sequaces ac illi, quominus puniri possit, quomodolibet faventes, ... ac omnes fautores, receptatores et defensores eorumdem« (Dokumente zur Causa Lutheri, II 477).
7. Dokumente zur Causa Lutheri, II 536f.
8. Dokumente zur Causa Lutheri, II 538-545.
9. Im Vorwort heißt es ähnlich: »Ich
biete mich an, zum Urteil und der Entscheidung des ... Kaisers und aller
Fürsten des hl. röm. Reiches ... das unten notierte im Lichte
zu disputieren gegen jedweden Bekämpfer der katholischen Wahrheit,
so daß wir das Unsere bekräftigen, die Lehren der Gegner aber
als falsch erweisen«. (W. Gussmann, Johann Ecks Vierhundertvier Artikel
zum Reichstag von Augsburg 1530, Kassel 1930,
102,20-23; 103,103,23f).
10. »... quod in comicijs Augustae 404 articulos
obtulerim contra omnis generis haereses disputandos, at nemo erat qui ex
adverso vel vellet vel auderet congredi: neque tum fateri volebant se victos"
(An speranda sit VVormaciae concordia in fide, Ingolstadt 10. Okt 1540,
fol.A 2 11. Vgl. Melanchthon, Brief vom 4.5.1530 an Luther:
»Eckius ... Postulat a principibus, ut instituatur disputacio contra
Lutheranos« (MSA VII/2, 137,24-26); Brief vom 11.5.1530 an Luther:
»Mittitur tibi Apologia nostra, quamquam verius confessio est. Neque 12. vgl. J. Ficker, Die Konfutation des Augsburgischen
Bekenntnisses. Ihre erste Gestalt und ihre Geschichte, Leipzig 1891, 8,3.
13. K. E. Förstemann, Urkundenbuch zu der Geschichte
des Reichstages zu Augsburg im Jahre 1530, Halle 1833/35 [im folgenden
mit FU abgekürzt] II 201-217.
15. FU II 213-215, vgl. auch CA 28,69f; FU I 196;
MSA 7/2,164.176.246.277; CR 2,282. Zur Unterscheidung zwischen Bischof
(dem nach mittelalterlichen Recht, im Unterschied zum Pfarrer, das Recht
der Exkommunikation zusteht) und Pfarrer vgl. FU I 90: »Unnd In solchen
stucken mochte man den Bischoffen den Bann zustellen, so sie der Lehr des
Euangelii, wie droben gesetzt, nicht enntgegen sein wollen ec....Mann mocht
auch den Pfarrhern beuelhen, solche, so Inn offentlichen lastern verharren,
anzuzaigen, wan die bischoff die pfarren, wie sie schuldig, visitirn.«
16. FU II 213-216; vgl. CA 1,1: »Ecclesiae
magno consensu apud nos docent, decretum Nicaenae synodi ... verum et sine
ulla dubitatione credendum esse« (BSLK 50); Bericht Melanchthons
über die Leipziger Disputation: »Male audiit ob haec Martinus,
quod videbatur obstrepere conciliis, quom ille nihil maiore religione praestaret,
quam ut sua conciliis esset auctoritas« (MBW Nr.59, 137-139 T1 S.139).
17. »... unnd wer Inn sonderheit Inn seiner
Red Jr der Churfl., ff und der andern personen nit gemaint noch beschwert,
Sondern solchs alles von den predigern gesagt worden« (FU II 218).
18. »Das man vonn beidenn teiln In gleicher,
doch geringer annzahl etzliche sonndere der sachen vorstenndige und zufridenn
unnd ainigkeit genaigte personen verordennet, die vonn den streittigenn
Artickeln unnd furnehmlich den, so Inn gebrauch der kirchen gehenn, Inn
lieb, guttigkeit unnd freundlich unnder einannder hanndelten« (FU
II 217).
20. F. W. Schirrmacher, Briefe und Acten zu der
Geschichte des Religionsgespräches zu Marburg 1529 und des Reichstages
zu Augsburg 1530, Gotha 1876, 211.
21. Summa tractatus: »... ut tractatus iste
fieret sine contentione, absque disputatione amico partium colloquio«
(Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 23737, fol. 45 22. Spalatin konkretisiert: »Wo sie aber des
beschwert, die ursach antzutzeigen, und wo man etlich fur myßbreuche
hielde, auf mittel zugedencken, dieselben abzustellen« (FU II 221).
23. Vgl. Spalatins Protokoll: »Dise handlung
im geheym zuhalden bis zu endung« (FU II 221).
24. Johannes Eck, Replica (...) adversus scripta
secunda Buceri apostatae super actis Ratisponae, Ingolstadt 1543, 46 26. Ficker, J., Die Konfutation des Augsburgischen
Bekenntnisses. Ihre erste Gestalt und ihre Geschichte, Leipzig 1891, 21f.
29. Vgl. V. Pfnür, Die Einigung in der Rechtfertigungslehre
bei den Religionsverhandlungen auf dem Reichstag zu Augsburg 1530, in:
Confessio Augustana und Confutatio. Der Augsburger Reichstag 1530 und die
Einheit der Kirche, hg. v. Erwin Iserloh in Verbindung mit B. Hallensleben,
Münster 1980, 366f; Eu. Honée, Der Libell des Hieronymus Vehus,
215.
30. »Quamquam igitur sextam conclusionem ipse
non posui ex animo, ut dixi ibidem, sed quia alii sic sentiunt, tamen,
quia nec ipsi adversarii cum omnibus suis Magistris usque hodie possunt
ostendere, quomodo sacerdos remittit culpas, nisi 31. Vgl. Johannes Altenstaig, Vocabularius theologiae
(Hagenau 1517), Stichwort Opus operatum: »Sic autem <sacramenta>
conferunt gratiam ex opere operato, quia ad consequendam gratiam per ea
non requiritur secundum Scotum motus bonus interior de congruo sufficiens
ad gratiae infusionem, sed sufficit quod suscipiens ea non ponat obicem
infidelitatis contrariae voluntatis aut consensus in mortale peccatum commissum
vel committendum«. Vgl Luther: Assertio: »Quare haeretica sententia
est ... At talis est eorum qui dicunt sacramenta novae legis dare gratiam
iis, qui non ponunt obicem, quorum autor Scotus est«. (WA 7, 102,16-19)
32. Vgl. Johannes Altenstaig, Vocabularius theologiae
(Hagenau 1517), Stichwort Clavis: »Potestas quoque clavium extendit
se ad remissionem et retentionem culpae, non coram Deo, sed in facie Ecclesiae.
Non enim remittit peccatum, sed remissum a Deo praesupponit«. Für
Gabriel Biel als Hintergrund der Argumentation von Luther und der Apologie
vgl. V. Pfnür, Einig in der Rechtfertigungslehre, Wiesbaden 1970,
77-82.
33. »Ideo, quicquid blatterent opiniosi sophistae,
vero similius est, quod sacerdos novae legis declarat duntaxat et approbat
solutionem dei (id est, ostendit)«. (WA 1,544,41-545,2)
36. Ap 12 (BSLK 259). Damit wird die eine Seite
der Position von Duns Scotus, daß die Absolution das Bußsakrament
ausmacht, positiv übernommen, während die andere Seite, die (durch
Gabriel Biel überzeichnete) Konsequenz, daß deswegen der Empfänger
keine positive innere Regung zu haben braucht, weiterhin bekämpft
wird.
37. Protokoll Spalatins (FU II 228).
38. Vgl. Eu. Honée, Der Libell des Hieronymus
Vehus, 217.
39. Vgl. Lehrverurteilungen - kirchentrennend? I
Freiburg/ Göttingen 1986, 58f.
40. Vgl. Gemeinsame römisch-katholische evangelisch-lutherische
Kommission, Einheit vor uns, Paderborn/Frankfurt 1985, Nr.68; Gemeinsame
römisch-katholische evangelisch-lutherische Kommission, Das Herrenmahl,
Exkurs: Die Wirksamkeit der Sakramente sola fide und ex opere operato,
S. 93-100; Lehrverurteilungen - kirchentrennend? I, Freiburg/ Göttingen
1986, S. 81-84, ebd. II, 1989, 203-205; ebd. III, 1990, 179-182.
42. »At se produnt concionatores quod addunt
cum concupiscentia, id videlicet docentes quod olim Luther pertinaciter
asseruit, concupiscentiam esse peccatum proprie, idcirco in puero post
baptismum remanere peccatum proprie... Id autem dicere est evacuare efficaciam
et virtutem baptismi« (Ficker 8f)
43. H. Immenkötter, Der Reichstag zu Augsburg
und die Confutatio, Münster 1979, 47 übersetzt hier fälschlich
und sinnverändernd das lateinische 46. H. Immenkötter, Die Confutatio 81-83.
48. Vgl. die Einzelnachweise bei V. Pfnür,
Die Einigung in der Rechtfertigungslehre bei den Religionsverhandlungen
auf dem Reichstag zu Augsburg 1530, in: Confessio Augustana und Confutatio.
Der Augsburger Reichstag 1530 und die Einheit der Kirche, hg. v. Erwin
Iserloh in Verbindung mit B. Hallensleben, Münster 1980, 361-364;
Eu. Honée, Der Libell des Hieronymus Vehus, 214.
50. Vgl. V. Pfnür, Johannes Ecks Verständnis
der Religionsgespräche, sein theologischer Beitrag in ihnen und seine
Sicht der Konfessionsgegensätze, in: Johannes Eck (1483-1543) im Streit
der Jahrhunderte, Münster 1988, 223-249, bes. 234-243.
51. Vgl. WA 65,276-278; CA 28,21 (BSLK 124); FU
I 90 (s.o. Anm.15).
52. Vgl. dazu auch V. Pfnür, Communio und excommunicatio,
in: Vorgeschmack. Ökumenische Bemühungen um die Eucharistie.
Festschrift für Theodor Schneider, hg. von Bernd Jochen Hilberath
/ Dorothea Sattler, Mainz 1995, 277-292.
53. Generell stand die Kirchenstrafe der Exkommunikation
in der Reformationszeit wegen ihrer häufigen und ungeistlichen Anwendung
nicht hoch im Ansehen. Vgl. die Beschwerden gegen die Geistlichkeit auf
dem Reichstag zu Worms 1521: »Wie der gaistlich pan umb vast gering
sachen scharp gebraucht wurdet« (DRTA.JR 2,685ff); ARC I 444ff; Gesprächbüchlein
Neu-Karsthans: »Zum dritten, das sie hinfur der obgemelten pfaffen
bann gleich achtn wöllen, als ob sie eine ganß anbließ«
(Martin Bucer, Deutsche Schriften 1, 442).
54. Erstere wurden wegen unerlaubter Entfernung
aus dem Kloster (vgl. TRE XVII 619-625), letzterer wegen Finanzangelegenheiten
exkommuniziert (vgl. G. Müller, Causa reformationis. Beiträge
zur Reformationsgeschichte und zur Theologie Martin Luthers, Gütersloh
1989).
55. Magnum Bullarium Romanum I, Luxemburg 1792,
p. 682.
56. Vgl. K. Pfaff, Beiträge zur Geschichte
der Abendmahlsbulle vom 16.-18.Jahrhundert, in: RömQu 38, 1930, 23-76.
57. So wird etwa die Intention der ersten 15 in
der Bulle Exsurge Domine verurteilten Sätze Luthers nur auf dem Hintergrund
der Auseinandersetzung mit der Position von Gabriel Biel deutlich. Satz
14: »Niemand darf dem Priester antworten, er habe Vollreue, noch
darf der Priester fragen« richtet sich z.B. gegen die Auffassung
von Biel, daß der Schlüssel irrt, wenn der Priester jemanden
absolviert, der keine Vollreue hat. Vgl. dazu auch Johannes Altenstaig,
Vocabularius theologiae, Stichwort Clavis: »Error clavis scientiae
potest contingere, ... ex parte sacerdotis, quando omittit investigare
necessaria: puta an confitens sit contritus an non.« Vgl. Luther
WA 1,543,35f: »Nec oportet hic cogitare, 'quid, si sacerdos erraret?'«.
Mit den Erfahrungen der Kirchenvisitation (s.o. Anm. 41) und in der Auseinandersetzung
mit Schwärmern und Wiedertäufern werden ungeschützte Äußerungen
der Frühzeit gegen Mißdeutungen abgesichert, etwa die ungeschützte
Äußerung in error 35 und 36 (DS 1485f) über die Todsünde
durch Luthers betonter Abgrenzung der »offentlichen sunde ... als
... Ehebruch, Mord und Gottslästerung«, durch die Glaube und
Geist verloren gehen, von der allgemeinen Sündigkeit als Auswirkung
der Erbsünde (Schmalkaldische Artikel III,42 - BSLK 448). In der Frage
der Willensfreiheit (vgl. Error 36, DS 1486; Wormser Edikt, Dokumente zur
Causa Lutheri, II 518,17-19; Catholica Responsio. J. Ficker, Die Konfutation,
60f) verdeutlicht CA 18 (BSLK 73f) die inzwischen erfolgte abklärende
Selbstkorrektur.
58. Eine genauere Beachtung der Geschichte zeigt
auch, daß Luther die Einigung in der Rechtfertigungslehre beim Regensburger
Religionsgespräch von 1541 nicht hinsichtlich der Sachaussagen selbst,
sondern nur der Glaubwürdigkeit der Gegenseite infrage stellte. Vgl.
V. Pfnür, Die Einigung bei den Religionsgesprächen von Worms
und Regensburg 1540/41 eine Täuschung? in: Die Religionsgespräche
der Reformationszeit, hg. von G. Müller, Gütersloh 1980, 55-88,
bes. 64-70.