Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 132

Eck an Bischof Ernst von Passau
Landshut
01-01-1521

München BayHStA Passauer Blechkastenarchiv 134/28
[F 003.h]

Eck hatte vor einiger Zeit dem Bischof eine gesiegelte Kopie des römischen Druckes der Bulle »Exsurge Domine« zugesandt mit der Bitte, für die Verbreitung in der Diözese Passau Sorge zu tragen; jedoch hat Eck keine Antwort erhalten. Da aber der Papst auf die Ausführung der in der Bulle enthaltenen Bestimmungen drängt und inzwischen Luthers Bücher in Löwen, Brüssel, Lüttich, Köln und Basel durch den Rat, in Mainz durch den Primas Albrecht und den Nuntius Aleander verbrannt worden sind, ist Eck gezwungen, ebenso zu verfahren. Er verweist auf den Bischof von Eichstätt und die Geistlichkeit von Ingolstadt. Die übrigen Bischöfe haben die Publikation der Bulle versprochen oder um Aufschub gebeten. Eck ist schon gefragt worden, ob er den Bischof von Passau als seinen Patron "übergangen" und geschont habe. Er fleht den Bischof an,innerhalb von acht Tagen die Bulle im Dom öffentlich bekannt zu machen und sie dann in Druck zu geben, damit genug Exemplare in die Pfarreien gelangten. So haben die Bischöfe von Augsburg, Eichstätt und Regensburg die Drucklegung in Ingolstadt verfügt, der Freisinger bei Johannes Weißenburger in Landshut. Bischof Ernst soll ebenso verfahren, sonst muß Eck ihm die kanonischen Strafandrohungen der Bulle verkünden. Der Bischof möge dem apostolischen Stuhl Gehorsam leisten und vor allem dafür sorgen, daß die lutherischen Bücher nicht länger in seiner Diözese kursierten. Eck hofft, Bischof Ernst werde den eigens von Eck zu ihm abgesandten Boten empfangen und ihm eine Antwort mitgeben, damit Eck dem Papst von der Gehorsamsleistung des Bischofs Mitteilung machen kann.



Salutem cum paratissimis obsequiis et iocunditate novi anni.

Dudum ad te misi,
Reverendissime Pater et Illustrissime Princeps (1),
copiam bullae apostolicae contra errores Luderanos Romae impressam, subscriptione notarii et sigillo praelati munitam (2), cum petitione, ut illa curaret bullam per totam diocesim publicari: at nullum super hac accepi responsum (3). Cum autem S.D.N. instet pro executione bullae, quae iam est publicata (4) et libri luderani abussi Lovanii, Bruxellis, Leodii, Coloniae, Basileae per senatum, Moguntiae per Reverendissimum D. Cardinalem primatem, sollicitante socio meo D. Hieronymo Aleandro Motensi (5); cogor ego cum Reverendissimis Dominis episcopis [...] commissis in hoc negotio agere idipsum, ut fiat, quare et in diocesi Eistettensi hoc factum est (6), et plebani Ingoldstadii in die S. Stephani publicarunt (7); de reliquiis episcopis michi nondum constat, cum quod aliqui polliciti sunt se publicaturos, aliquibus differentibus terminum praefixi infra quem publicarent, autoritate apostolica michi in hac parte demandata (8). Ideo sic alii episcopi conquerantur, quod Illustrissimam dominationem tuam velut patronum meum praeterierim et gravius quicquam praeceperim eis quam Reverendissimae p.t. (9).

Rogo plurimum, oro, peto, supplico atque obsecro, quatenus velit bullam infra octo dies Jn ecclesia cathedrali Pataviensi publicare coram clero et plebe (10), et interea disponere per calcographos, ut exemplaribus pluribus impressis per totam diocesim cures ad omnes parrochias destinari et publicari bullam secundum eius continentiam(11), sicut Augustenses et Eistetenses episcopi fecerunt imprimi Ingoldstadii (12); ibi etiam curat hoc Ratisponensis (13). Reverendissimus episcopus Frisingensis Illustrissimus princeps demandavit illud fieri Landsuti per dominum Joannem Wissenburger (14): poterit in altero loco illud idem curare Illustrissima dominatio tua, quam rogo obnixius, ut quam primum fieri curat.

Nam si Reverendissima et Illustrissima amplitudo illud ad preces meas supplices id facere recusaret vel differret, cogerer ego litteris invitissimum gravius hoc [...] sub censuris ipsa Reverendissima p.t. observet obedientiam sedis apostolicae (15), [...]potissimum Jn hoc negotio fidei, potissimum autem curet, ne libri Luderani emantur vel vendantur aut vanum exponantur per diocesim (16) [...]. Sperabam ego colloquium et accessum Reverendissimae p.t. hic [...]) dudum proprium destinasse nuncium secum illum iam [...] autem [...]responsum ex amplitudine t. excellentissima, ut S.D.N. possem certificare de obedientia eius (17), apud quem, ubi [...] occureret amplus episcopatus, tibi possem plurimum prodesse.

Valeat et salva sit Illustrissimus principatus tuus.

Ex Landshuto 1.Ian. Anno gratiae M.D.XXI.

E. Reverendissimae p. ac Illustrissimae dominationi
deditissimus Capellanus Jo. Eckius
nuncius et protonotarius apostolicus


Gruß mit bereitwilligem Gehorsam und ein glückliches Neues Jahr!

Ich habe Euch vorlängst,
hochwürdigster Vater und erlauchtester Fürst,
eine in Rom gedruckte Kopie der päpstlichen Bulle gegen die lutherischen Irrtümer mit der Unterschrift eines Notars und dem Siegel eines Prälaten versehen zugesandt, verbunden mit der Bitte, für die Publikation der Bulle überall in Eurer Diözese Sorge zu tragen. Ich habe jedoch darauf keine Antwort erhalten. Da aber Seine Heiligkeit auf die Exekution der Bulle drängt, die bereits veröffentlicht ist, und die lutherischen Bücher in Löwen, Brüssel, Lüttich, Köln und Basel durch die Räte, in Mainz durch den hochwürdigsten Kardinalprimas auf die Initiative meines Gefährten HIERONYMUS ALEANDER aus Motta in Istrien hin verbrannt sind, bin ich gezwungen, zusammen mit den hochwürdigsten Bischöfen, die mit dieser Sache beauftragt sind, dasselbe zu tun. So geschah das dann auch in der Diözese Eichstätt, und die Pfarrer haben die Bulle in Ingolstadt zu Sankt Stephan veröffentlicht. Bei den übrigen Bischöfen steht es für mich noch nicht fest: einige haben die Publikation zugesagt, einigen habe ich eine Frist gesetzt, innerhalb derer sie publizieren sollen: das alles mit meiner mir dafür verliehenen Autorität. Andere Bischöfe haben sich beschwert, ich hätte Eurer erlauchtetesten Herrschaft gegenüber als meinem Patron eine Ausnahme gemacht und wäre mit ihnen strenger verfahren als mit Eurer hochwürdigsten Väterlichkeit.

So bitte ich dringend, ja beschwöre Euch, innerhalb von acht Tagen in der Domkirche zu Passau vor Klerus und Volk die Bulle zu publizieren und in der Zwischenzeit mit Druckern Verabredungen zu treffen, damit von Euch Sorge getragen wird, daß viele Exemplare der Bulle überall in der Diözese an alle Pfarreien versandt werden und die Bulle gemäß ihrem Inhalt veröffentlicht wird, wie die Bischöfe von Augsburg und Eichstätt die Drucklegung in Ingolstadt veranlaßt haben; auch der Regensburger Bischof läßt dort die Bulle drucken. Der hochwürdigste Bischof von Freising, der erlauchteste Fürst, hat den Auftrag erteilt, daß der Druck bei Johann Weißenburger in Landshut geschieht. Dasselbe könnte Eure erlauchteste Herrschaft auch an einem anderen Ort veranlassen: ich bitte Euch dringlich, so schnell wie möglich dafür zu sorgen.

Wenn nämlich Eure hochwürdigste und erlauchteste Berühmtheit das zu tun trotz meiner flehentlichen Bitten verweigert oder verzögert, wäre ich gezwungen, schriftlich in gravierender Weise zu veranlassen, daß Eure hochwürdigste Väterlichkeit unter Androhung von Zensuren den Gehorsam gegenüber dem apostolischen Stuhl doch beobachtet. Da es sich um eine ernste Glaubenssache handelt, sollt Ihr auch besonders dafür sorgen, daß die lutherischen Bücher weder gekauft noch verkauft oder in Eurer Diözese ohne Grund vorgezeigt werden. Ich selbst hoffte auf ein Gespräch und eine Begegnung mit Eurer hochwürdigsten Väterlichkeit, habe wegen Eurer Antwort einen persönlichen Boten zu Euch gesandt, so daß ich dem Heiligen Vater Euren Gehorsam hätte versichern können. Ich könnte Euch in Rom sehr von Nutzen sein, wenn ein so bedeutendes Bistum ihm entgegenkäme.

Glück und Heil für Euer erlauchtes Fürstentum!

Aus Landshut, 1. Januar im Jahr der Gnade 1521.

Eurer hochwürdigsten Väterlichkeit und erlauchtesten Herrschaft
ergebenster Kaplan
Johannes Eck,
Nuntius und apostolischer Protonotar.

 

1. Zu B. Ernst von Passau s. Brief Nr 51 Eck an B. Ernst vom 24-01-1518 

2. Vgl. Eck an Schmidbergen, 01-10-1520 Anm. 7.

3. Der Bischof hatte im Gegensatz zu B. Philipp von Freising (Brief 28-12-1520, Anm.1) Eck ganz ohne Antwort auf dessen Publikationsaufforderung gelassen. Vgl. jedoch dessen Schreiben an B. Philipp (ca. 10-11-1520 = DRUFFEL 584, Nr.3):

»Unser freuntlich etc. E.L. schreiben, darin dieselb anzaigt, wie ir von doktor Ecken, theologen zu Ingollstat ain babstliche bullen wider doctor Martinum Lutter mit vergebener potschaft zugeschickt, das auch E.L., was sich darauf zu handeln gebür, irrig sei, demnach die in solchem fall unsers furnemens wissen und underricht begert etc., haben wir verners inhalts vernommen und geben darauf E.L. freuntlicher guter mainung zu erkennen, das uns solche babstliche bullen oder abschrift davon nit behendigt worden, darumben wir derselben vermöge oder inhalt gar kain wissen tragen. So aber das beschehen wäre, wolten wir solches E.L. nit verhalten, wiewol wir nit zweifeln E.L. wissen in solchem und ainem merern fall, was nach gestaltt der sachen ratsam und gebürlich ist, bas dann wir zu ermessen; damit E.L. freuntlichen zu dienen etc. Datum Passau an Freitag vor Martini anno 20.« Vgl. KALKOFF: ZKG 37 (1918), 99.

Dazu das Schreiben der Statthalter und Räte zu Passau an Hg. Wilhelm (18-03-1521 = DRUFFEL 593f, Nr. 14):

»Durchleuchtiger hochgeborner furst, E.F.G. sein unser undertenig willig dienst alzeit mit vleis zuvoran bereit! Genediger herr! In abwesen unsers gnedigen herrn ist ain schreiben von E.F.G. ausgeend, - desselben inhalt,mit unsers gnedigen herrn undertonen geistlichs stands irer F.G. gebiets zu verordnen und darob zu sein damit dieselben die pücher, so durch den Luther gemacht, auf den cantzeln mit predigen auch in dem peichthören, bis verner mit ime, dem Luther, gehandelt, nit verdamen, auch weder bos noch gut haissen, sonder in ruhe steen zu lassen - uns zukommen und vernomen. Dieweil wir dann nach muglicher erfarung nit wissen tragen, das ainich mandat durch merbemelten unsern gnedigen herrn oder I.F.G. official deshalben ausgangen, auch des in derselben gebieten begeben, darumb wir dann solhes zu verbieten ursach haben, so aber dermassen, des wir uns doch nit versehen, durch angezaigten unsers gn. herrn untertonen gehandelt und wir desselben bericht, wellen wir, domit solhem furkomen werde, bei denselben muglichen vleis furwenden. Haben E.F.G., deren wir uns bevelen thun, auf derselben schreiben zu underteniger antbort nit verhalten wellen. Datum Passau am Montag nach dem Sontag Judica anno 21.«

4. Brief 06-10-1520, Anm. 5.

5. Vgl. den Brief Karls V. an die Universität Wien: vgl. o Brief  14-10-1520 (Wien) Anm.11 u. KALKOFF, Die Anfänge 1, 21. Besonders Aleander setzte sich für die Bücherverbrennungen ein: s.o. Brief 18-07-1520  u. unten die Briefe 09-02-1521 und 17-02-1521.

6. Zum Vollzug der Bulle in Eichstätt s. Brief 29-10-1520 Anm. 25.

7.  Am 17-10-1520? S.o. Brief  den Brief von diesem Tage an die Universität Ingolstadt.

8. Das Verhalten der Bischöfe war also unterschiedlich.

9. Es könnte der Verdacht entstehen, Eck behandle den Bischof von Passau, seinen "Patron", bevorzugt und weniger unnachgiebig als die übrigen Bischöfe.

10. Aufforderung, innerhalb von 8 Tagen die Bulle im Passauer Dom zu publizieren.

11. Vorbereitung des Druckes einer ausreichenden Zahl von Druckexemplaren für die Bedürfnisse der ganzen Diözese: vgl. o. Brief 10-11-1520 (2) Anm. 6.

12. Andreas Lutz in Ingolstadt hatte für die Diözesen Augsburg u. Eichstätt den Druck der Bulle übernommen: s. K. SCHOTTENLOHER, Andreas Lutz passim.

13. Der Regensburger Bischof ließ ebenfalls in Ingolstadt drucken: vgl. die Darstellung über die Rezeption der Bulle in Regensburg bei KALKOFF: ZKG 37 (1918), 101 - 104:

»Den beiden Pfalzgrafen Johann III., Bischof von Regensburg (1507 - 38) und Philipp von Freising ist Eck zwar bald nach seiner Rückkehr aus Sachsen mit einer Requisition zu Leibe gegangen...Ähnlich muß die Regensburger Behörde die unbequeme Sache auf die lange Bank geschoben haben, da auch ihr Mandat erst vom 04-01-1521 datiert ist (Abdruck bei K. Th. GEMEINER, Geschichte der Kirchenreformation in Regensburg. Regensburg 1792, 13 Anm,. 9 u. Th. RIED, Codex chronologico-diplomaticus episcopatus Ratisbonensis. Regensburg 1816, 1121ff)...Johann III. lag damals in heftigem Streit mit der Bürgerschaft wegen der reichen Einkünfte der Wallfahrtskapelle zur schönen Maria, von denen er ein Drittel beanspruchte. Der Rat hatte dagegen in Rom eine förmliche Exemptionsbulle erwirkt und drohte gleichzeitig mit der Hinneigung des gemeinen Mannes zur Lehre Luthers. Er beteuerte zwar dabei seine eigene Ergebenheit gegen den Heiligen Stuhl, die der Vertreter des Bischofs anzweifelte, ließ aber schon im Dezember 1519 durch den Reichshauptmann Thomas Fuchs, der Luthern 1518 dem Kardinal Kajetan gegenüber einen Dienst erwiesen hatte, anfragen, welches denn die Rechte des Ordinarius loci im vorliegenden Falle seien...In Rom hatte man schon im April 1520 das der Stadt gewährte Indult dem Bischof zu Gefallen aufgehoben, so daß dieser nun die hübsche Abfindungssumme von 5 400 Gulden erpressen konnte. Einem so gut empfohlenen Kirchenfürsten durfte also der Ingolstäder Professor nicht mit Absetzung drohen; und er wird es auch nicht nötig gehabt haben, da Johann III. bald begriffen haben muß, daß er durch längeres Sträuben gegen die Verkündigung des päpstlichen Urteils bei der aufsässigen Gemeinde doch nichts gewinnen, wohl aber in Rom das Spiel verlieren könnte. Doch geht seine innere Gleichgültigkeit daraus hervor, daß er es einfach dem Beauftragten der Kurie überließ, die Bulle für seinen Sprengel zu vervielfältigen mit einem schon für ein anderes Bistum gebrauchten Einführungserlaß. Obwohl, wie Schottenloher (259 Nr. 17) bemerkt, Regensburg eine eigene Druckerei besaß; indessen dürfte diese dem Bischof bei seinem gespannten Verhältnis zur Bürgerschaft nicht zur Verfügung gestanden haben.«

Vgl. auch F. JANNER, Gesch. der Bischöfe von Regensburg. 1883-86; G. SCHLICHTING, Dr. Johann Hiltner, der Reformator der Reichsstadt Regensburg: VHVO 120 (1980), 455-471; J. STABER, Kirchengeschichte des Bistums Regensburg. 1966; L. THEOBALD, Die Reformationsgeschichte der Reichsstadt Regensburg. 1936-51; W. ZIEGLER, Das Benediktinerkloster St. Emmeram während der Reformationszeit. 1970.

14. Der Freisinger Bischof hatte den Landshuter Drucker Johann Weissenburger beauftragt.

15. Eck drohte also, entsprechend den Sanktionsdrohungen der Bulle zu verfahren, um die Obödienz der Bischöfe gegenüber dem Papst zu erzwingen.

16. Besonders der Bestimmungen von »Exsurge Domine« hinsichtlich des Kaufs und Verkaufs der lutherischen Bücher soll sich der Bischof annehmen.

17. B. Ernst soll persönlich oder durch einen bevollmächtigten Boten Stellung nehmen, damit Eck nach Rom berichten könne.