Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 192
Ingolstadt
30-09-1525
Ecks Neffe, Michael Knab, hat mit Gotthard Wackinger einen unvorteilhaften Ausgleich
vereinbart. Leider hat der apostolische Stuhl seine, Ecks, Aktivitäten gegenüber dem
Häretiker Wolfgang Wackinger nicht so unterstützt wie diese Übereinkunft. Gleichzeitig
wird Eck in Rom vom Prokurator Ferber übel mitgespielt. Dieser ließ ihn nach Ingolstadt
zitieren, obwohl er wußte, daß diese Zitation Eck nicht erreichen konnte. Niemand in
Ingolstadt und im Herzogtum Bayern wußte damals, wo Eck sich aufhielt. Mit diesem
Streich erpreßte Ferber bei der Kurie ein gegen Eck gerichtetes Votum. So gerät die
römische Kurie in üblen Ruf. Giberti möge daher Ecks Ärger verstehen; er möge Ecks
Angelegenheit wohlwollend auslegen, denn Eck kann in seinem Kampf für die Ehre des
apostolischen Stuhls, die ihm große Gefahren einbringt, nicht auch noch die Ungnade
dieses apostolischen Stuhls ertragen. Der Papst verteilt großzügig Benefizien, indes die
wenigen gelehrten und frommen Männer, die den Krieg mit den Häretikern fast allein zu
tragen haben, dabei leer ausgehen. Zwar haben die Legaten entsprechende Anweisungen
erhalten und ist Papst Hadrian VI. bekanntermaßen so verfahren, daß diese bevorzugt
Pfründen erhalten sollten, jedoch geschieht nichts. An der Kurie gibt es viele Deutsche,
die bereits zahlreiche Pfründen besitzen und trotzdem vor der Rota um weitere im Streit
liegen. Trotzdem verspricht ihnen der Papst weitere Exspektanzen, mit denen sie dann
den Guten übel mitspielen und der Kurie Haß zuziehen. Wenn doch der Papst ein
Heilmittel fände, den Querelen ein Ende zu machen. Ecks eigenes Anliegen soll
entsprechend den letzten Briefen behandelt werden. Für das Augsburger Kapitel möge
der Papst einen Nachfolger bestimmen. Eck hofft, daß Kurfürst Johann der Beständige
von Sachsen ein besserer Fürst sein werde als sein Vorgänger Friedrich der Weise. - In
einem beiliegenden Bericht über die "Früchte der lutherischen Aussaat" will Eck das
Unglück Deutschlands in Kurzform darstellen. Ursprünglich war es ein Kurzbericht für
die Hand König Heinrichs VIII. von England.
Reverendissimo in Christo Patri ac Domino Domino Joanni Mattheo Episcopo Veronensi S.D.N. Datario, Maecenati suo. S.P. cum paratissimis obsequiis. Transegit nepos meus, Reverendissime
Pater, cum Gotthardo Weckinger etiam
iniquiori concordia, at cum per me actitata
contra haereticum privatum minus
tuerentur per Sedem Apostolicam, coactus
fui eam acceptare concordiam, non quam
volebam, sed quam poteram impetrare.
Adhuc dilanior a Ferbero omnibus modis
dolosissimo; nam cum in oppido
Ingolstadiensi iam moretur satis ei fuit
perspectum, citationem illam verisimiliter
ad meam notitiam non posse pervenire.
Non etiam solum in oppido, sed nec in
toto Ducatu quispiam novit ubi essem, aut
quin reverterer; unde fraudulentus iste
Lupus Arabicus sic nequiter intendebat
contra absentem, ut nihil huiusmodi
cogitantem, aliquam in curia extorqueret
sententiam. Intueatur iam Reverendissima
P.T. quomodo isti venatores dolosi
infamiam ingerant Romanae Curiae, ex
quibus nullum unquam habet honorem;
expendat an non iuste succensuerim dum
has larvas Ferberi conspexissem: vereor ne
acerbius quippiam scripserim, vel in eius,
vel S.D.N. literis. Tuae fuerit
mansuetudinis Reverendissime Pater
omnia benigniter interpretari, nam mihi
pro honore Sedis Apostolicae militanti
tanto cum periculo quomodo non iusta
suboriretur indignatio, dum sub scuto
Sedis Apostolicae ab illis nihili, ac navei
hominibus devexor? Tot enim
beneficiorum aucupatoribus providet
S.D.N. in dies, et accumulat beneficia
super beneficia, cum iam perpetuum
sexennium viri iuxti docti et pii in se totum
bellum haereticorumm susceperint, cui
nulli video esse per Sedem Apostolicam
provisum. Verum est quod committitur
legatis, et pollicemini semper quod
Adrianus Papa effusissime facere solebat,
doctis viris esse providendum; tamen qui
praestet, video neminem. Habetis in curia
aliquot Germanos, qui licet sint
onustissimi beneficiis, et pensionibuss, et
super aliquot beneficiis, (puta unus super
X aut XX) litigant in Rota: tamen iam
procul dubio Pontifex eis novas confert
gratias expectivas, quibus postea viros
bonos divexent, et ipsum orbem quoque,
et supremum odium Romanae curiae
concitent. Quam vellem S.D.N. in his
remedium apponere, ut harum querelarum
finis fieret: has enim voces, has
accusationes quotidie audire cogor. In re
mea eadem peto, quae proximis literis. Ad
conventum Augustanum omnino S.D.N.
aliquem destinet. Sperabamus Joannem
Saxonem meliorem futurum Federico, sed
in apologum de lupis incidimus; profecto
quid sperandum sit nescio augurari, Deus
bene vertat. Me tuae Reverendissimae paternitati commendo. Ingolstadii die S. Hieronymi MDXXV. Quod prius prolixius miseram calamitatem
Almaniae nostrae, iam eamdem mitto
contractius. In hanc enim formulam
redegeram pro Serenissimo Rege Angliae
ut unico obtutu singula mox conspiceret. |
Dem hochwürdigsten Vater und Herrn in Christus, Herrn Johannes Matthäus, Bischof von Verona und päpstlicher Datar, seinem Förderer! Gruß und bereitwilligster Gehorsam! Mein Neffe MICHAEL KNAB, hochwürdigster Vater, hat mit GOTTHARD WACKINGER einen wenn auch unausgewogenen Vertrag geschlossen, denn da mein Vorgehen als Inquisitor gegen den Häretiker wegen dessen Pfründe vom apostolischen Stuhl nicht gedeckt wurde, war ich gezwungen, diese Vereinbarung zu akzeptieren, nicht weil ich sie wollte, sondern weil ich sie durchsetzen konnte. Bis heute werde ich in jeder Weise von FERBER in heimtückischer Art hintergangen; denn als er noch in Ingolstadt weilte, habe ich ihm ausführlich genug dargelegt, daß jene Zitation wahrscheinlich nicht zu meiner Kenntnis gelangen konnte. Denn niemand in der Stadt, geschweige denn im ganzen Herzogtum wußte, wo ich mich aufhielt oder wann ich zurückkehren würde. So hat diese betrügerische Hyäne nichtsnutzig gegen einen Abwesenden und Ahnungslosen ihre kurialen Ränke geschmiedet. Eure hochwürdigste Väterlichkeit mag hier erkennen, wie jene ränkereichen Jäger gegenüber der römischen Kurie Rufmord begehen, von denen diese nie etwas hat, was ihr Ehre machen würde. Ihr mögt erwägen, ob ich nicht mit Recht empört war, als ich diese Versteckspiele FERBERS aufdeckte. Hoffentlich habe ich nicht zu verbittert in den Briefen an Euch oder den Heiligen Vater geschrieben! An Eurer freundlichen Gesinnung, hochwürdigster Vater, wird es liegen, alles günstig zu beurteilen, denn würde mir als Streiter für die Ehre des apostolischen Stuhls in so großer Bedrohung nicht zu Unrecht Ungnade zuteil, während mir unter dem Schild des apostolischen Stuhls von ihnen für nichts, und von den Menschen für meine Mühen übel mitgespielt wird? Täglich sorgt der Heilige Vater für die Pfründenjäger und kumuliert Pfründen auf Pfründen, während bereits volle sechs Jahre hindurch gerechte, gelehrte und fromme Männer den ganzen Streit mit den Häretikern auf sich genommen haben. Ich kenne unter diesen aber keinen, der vom apostolischen Stuhl versorgt worden wäre. Recht ist, was durch Vermächtnisse zugewendet wird, und Ihr versprecht stets, was Papst HADRIAN im Überfluß zu tun pflegte, nämlich daß für gelehrte Männer Vorsorge getroffen werden müsse: ich sehe aber niemanden, der das gewährleistet! Ihr habt an der Kurie zahlreiche Deutsche, die wahrlich mit Pfründen und Pensionen überhäuft sind und die an der Rota um weitere Pfründen streiten (so einer gar um zehn oder zwanzig!). Dennoch gewährt ihnen der Papst zweifellos Anrechte auf spätere Vergünstigungen, mit deren Hilfe sie dann den Gutgesinnten hart zusetzen und schließlich alle Welt gegen die römische Kurie aufbringen. Ich wollte, daß der Heilige Vater hier ein Heilmittel einsetzen würde, um diesen Streitereien ein Ende zu bereiten: so viel Geschrei und Beschuldigungen bin ich täglich anzuhören gezwungen. In meiner eigenen Angelegenheit bitte ich um dasselbe wie im letzten Brief. Für den Reichstag in Augsburg möge der Heilige Vater einen geeigneten Legaten bestimmen. Wir hofften, daß Kurfürst JOHANN von Sachsen ein besserer Fürst würde als FRIEDRICH, aber ich verstricke mich hier in Fabeln über Wölfe: in Wirklichkeit weiß ich nicht vorauszusagen, worauf wir hoffen sollen: Gott möge die Dinge zum Guten wenden! Ich empfehle mich Eurer hochwürdigsten Väterlichkeit. Ingolstadt, am Tag des Heiligen Hieronymus 1525.
Die Beschreibung des Unglücks unseres Deutschlands, die ich zuerst in ausführlicherer Form versandt hatte, sende ich nun in kürzerer Fassung. Ich hatte sie nämlich auf diese Form für den durchlauchten König von England verkürzt, damit er die Einzelheiten auf einen Blick erkennen sollte. |