Briefwechsel Eck - Übersicht Reformationsgeschichte
Nr. 192

Eck an Gian Matteo Giberti, Bischof von Verona
Ingolstadt
30-09-1525


Rom Arch Vat, Arm. 32, 1, fol 250 - 251v. Eckii et aliorum Epistolae fol 246; Bibl Vat, Barb Lat 1499, fol 292v - 293v
ZKG 19; BALAN, Mon. ref. Luth. 544 - 545, Nr 258
[F 201, 10/11f; 177R]

Ecks Neffe, Michael Knab, hat mit Gotthard Wackinger einen unvorteilhaften Ausgleich vereinbart. Leider hat der apostolische Stuhl seine, Ecks, Aktivitäten gegenüber dem Häretiker Wolfgang Wackinger nicht so unterstützt wie diese Übereinkunft. Gleichzeitig wird Eck in Rom vom Prokurator Ferber übel mitgespielt. Dieser ließ ihn nach Ingolstadt zitieren, obwohl er wußte, daß diese Zitation Eck nicht erreichen konnte. Niemand in Ingolstadt und im Herzogtum Bayern wußte damals, wo Eck sich aufhielt. Mit diesem Streich erpreßte Ferber bei der Kurie ein gegen Eck gerichtetes Votum. So gerät die römische Kurie in üblen Ruf. Giberti möge daher Ecks Ärger verstehen; er möge Ecks Angelegenheit wohlwollend auslegen, denn Eck kann in seinem Kampf für die Ehre des apostolischen Stuhls, die ihm große Gefahren einbringt, nicht auch noch die Ungnade dieses apostolischen Stuhls ertragen. Der Papst verteilt großzügig Benefizien, indes die wenigen gelehrten und frommen Männer, die den Krieg mit den Häretikern fast allein zu tragen haben, dabei leer ausgehen. Zwar haben die Legaten entsprechende Anweisungen erhalten und ist Papst Hadrian VI. bekanntermaßen so verfahren, daß diese bevorzugt Pfründen erhalten sollten, jedoch geschieht nichts. An der Kurie gibt es viele Deutsche, die bereits zahlreiche Pfründen besitzen und trotzdem vor der Rota um weitere im Streit liegen. Trotzdem verspricht ihnen der Papst weitere Exspektanzen, mit denen sie dann den Guten übel mitspielen und der Kurie Haß zuziehen. Wenn doch der Papst ein Heilmittel fände, den Querelen ein Ende zu machen. Ecks eigenes Anliegen soll entsprechend den letzten Briefen behandelt werden. Für das Augsburger Kapitel möge der Papst einen Nachfolger bestimmen. Eck hofft, daß Kurfürst Johann der Beständige von Sachsen ein besserer Fürst sein werde als sein Vorgänger Friedrich der Weise. - In einem beiliegenden Bericht über die "Früchte der lutherischen Aussaat" will Eck das Unglück Deutschlands in Kurzform darstellen. Ursprünglich war es ein Kurzbericht für die Hand König Heinrichs VIII. von England.


Reverendissimo in Christo Patri ac Domino Domino Joanni Mattheo Episcopo Veronensi S.D.N. Datario, Maecenati suo.

S.P. cum paratissimis obsequiis.

Transegit nepos meus, Reverendissime Pater, cum Gotthardo Weckinger etiam iniquiori concordia, at cum per me actitata contra haereticum privatum minus tuerentur per Sedem Apostolicam, coactus fui eam acceptare concordiam, non quam volebam, sed quam poteram impetrare.

Adhuc dilanior a Ferbero omnibus modis dolosissimo; nam cum in oppido Ingolstadiensi iam moretur satis ei fuit perspectum, citationem illam verisimiliter ad meam notitiam non posse pervenire. Non etiam solum in oppido, sed nec in toto Ducatu quispiam novit ubi essem, aut quin reverterer; unde fraudulentus iste Lupus Arabicus sic nequiter intendebat contra absentem, ut nihil huiusmodi cogitantem, aliquam in curia extorqueret sententiam.

Intueatur iam Reverendissima P.T. quomodo isti venatores dolosi infamiam ingerant Romanae Curiae, ex quibus nullum unquam habet honorem; expendat an non iuste succensuerim dum has larvas Ferberi conspexissem: vereor ne acerbius quippiam scripserim, vel in eius, vel S.D.N. literis.

Tuae fuerit mansuetudinis Reverendissime Pater omnia benigniter interpretari, nam mihi pro honore Sedis Apostolicae militanti tanto cum periculo quomodo non iusta suboriretur indignatio, dum sub scuto Sedis Apostolicae ab illis nihili, ac navei hominibus devexor?

Tot enim beneficiorum aucupatoribus providet S.D.N. in dies, et accumulat beneficia super beneficia, cum iam perpetuum sexennium viri iuxti docti et pii in se totum bellum haereticorumm susceperint, cui nulli video esse per Sedem Apostolicam provisum. Verum est quod committitur legatis, et pollicemini semper quod Adrianus Papa effusissime facere solebat, doctis viris esse providendum; tamen qui praestet, video neminem.

Habetis in curia aliquot Germanos, qui licet sint onustissimi beneficiis, et pensionibuss, et super aliquot beneficiis, (puta unus super X aut XX) litigant in Rota: tamen iam procul dubio Pontifex eis novas confert gratias expectivas, quibus postea viros bonos divexent, et ipsum orbem quoque, et supremum odium Romanae curiae concitent. Quam vellem S.D.N. in his remedium apponere, ut harum querelarum finis fieret: has enim voces, has accusationes quotidie audire cogor.

 In re mea eadem peto, quae proximis literis. Ad conventum Augustanum omnino S.D.N. aliquem destinet. Sperabamus Joannem Saxonem meliorem futurum Federico, sed in apologum de lupis incidimus; profecto quid sperandum sit nescio augurari, Deus bene vertat.

 Me tuae Reverendissimae paternitati commendo.

Ingolstadii die S. Hieronymi MDXXV.

Quod prius prolixius miseram calamitatem Almaniae nostrae, iam eamdem mitto contractius. In hanc enim formulam redegeram pro Serenissimo Rege Angliae ut unico obtutu singula mox conspiceret.

Dem hochwürdigsten Vater und Herrn in Christus, Herrn Johannes Matthäus, Bischof von Verona und päpstlicher Datar, seinem Förderer!


Gruß und bereitwilligster Gehorsam!

Mein Neffe MICHAEL KNAB, hochwürdigster Vater, hat mit GOTTHARD WACKINGER einen wenn auch unausgewogenen Vertrag geschlossen, denn da mein Vorgehen als Inquisitor gegen den Häretiker wegen dessen Pfründe vom apostolischen Stuhl nicht gedeckt wurde, war ich gezwungen, diese Vereinbarung zu akzeptieren, nicht weil ich sie wollte, sondern weil ich sie durchsetzen konnte.

Bis heute werde ich in jeder Weise von FERBER in heimtückischer Art hintergangen; denn als er noch in Ingolstadt weilte, habe ich ihm ausführlich genug dargelegt, daß jene Zitation wahrscheinlich nicht zu meiner Kenntnis gelangen konnte. Denn niemand in der Stadt, geschweige denn im ganzen Herzogtum wußte, wo ich mich aufhielt oder wann ich zurückkehren würde. So hat diese betrügerische Hyäne nichtsnutzig gegen einen Abwesenden und Ahnungslosen ihre kurialen Ränke geschmiedet.

Eure hochwürdigste Väterlichkeit mag hier erkennen, wie jene ränkereichen Jäger gegenüber der römischen Kurie Rufmord begehen, von denen diese nie etwas hat, was ihr Ehre machen würde. Ihr mögt erwägen, ob ich nicht mit Recht empört war, als ich diese Versteckspiele FERBERS aufdeckte. Hoffentlich habe ich nicht zu verbittert in den Briefen an Euch oder den Heiligen Vater geschrieben!

An Eurer freundlichen Gesinnung, hochwürdigster Vater, wird es liegen, alles günstig zu beurteilen, denn würde mir als Streiter für die Ehre des apostolischen Stuhls in so großer Bedrohung nicht zu Unrecht Ungnade zuteil, während mir unter dem Schild des apostolischen Stuhls von ihnen für nichts, und von den Menschen für meine Mühen übel mitgespielt wird?

Täglich sorgt der Heilige Vater für die Pfründenjäger und kumuliert Pfründen auf Pfründen, während bereits volle sechs Jahre hindurch gerechte, gelehrte und fromme Männer den ganzen Streit mit den Häretikern auf sich genommen haben. Ich kenne unter diesen aber keinen, der vom apostolischen Stuhl versorgt worden wäre. Recht ist, was durch Vermächtnisse zugewendet wird, und Ihr versprecht stets, was Papst HADRIAN im Überfluß zu tun pflegte, nämlich daß für gelehrte Männer Vorsorge getroffen werden müsse: ich sehe aber niemanden, der das gewährleistet!

Ihr habt an der Kurie zahlreiche Deutsche, die wahrlich mit Pfründen und Pensionen überhäuft sind und die an der Rota um weitere Pfründen streiten (so einer gar um zehn oder zwanzig!). Dennoch gewährt ihnen der Papst zweifellos Anrechte auf spätere Vergünstigungen, mit deren Hilfe sie dann den Gutgesinnten hart zusetzen und schließlich alle Welt gegen die römische Kurie aufbringen. Ich wollte, daß der Heilige Vater hier ein Heilmittel einsetzen würde, um diesen Streitereien ein Ende zu bereiten: so viel Geschrei und Beschuldigungen bin ich täglich anzuhören gezwungen.

In meiner eigenen Angelegenheit bitte ich um dasselbe wie im letzten Brief. Für den Reichstag in Augsburg möge der Heilige Vater einen geeigneten Legaten bestimmen. Wir hofften, daß Kurfürst JOHANN von Sachsen ein besserer Fürst würde als FRIEDRICH, aber ich verstricke mich hier in Fabeln über Wölfe: in Wirklichkeit weiß ich nicht vorauszusagen, worauf wir hoffen sollen: Gott möge die Dinge zum Guten wenden!

Ich empfehle mich Eurer hochwürdigsten Väterlichkeit.

Ingolstadt, am Tag des Heiligen Hieronymus 1525.

Die Beschreibung des Unglücks unseres Deutschlands, die ich zuerst in ausführlicherer Form versandt hatte, sende ich nun in kürzerer Fassung. Ich hatte sie nämlich auf diese Form für den durchlauchten König von England verkürzt, damit er die Einzelheiten auf einen Blick erkennen sollte.


Beilage: Johannes Eck, Fructus germinis Lutherani