Vinzenz Pfnür

Religion in Verruf gekommen – Heilmittel Aufklärung?
Die Bedeutung der Religion für die Gesellschaft

 Historische Aspekte
des Verhältnisses von Kirche und Staat in Deutschland
.

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(Überarb. Fassung des Kurzreferates auf der Tagung der Stiftung Genshagen
Der Laizismus in Europa,
28.-29. Oktober 2005)



I. Das Christentum
  
in den römischen Provinzen
  
Süd- und Westdeutschlands

1. Verfolgung: Tödlicher Konflikt:

2. Die Kirche in der Situation
    
des Zerfalls staatlicher Macht.

3. Die Kirche in enger Verbindung
    
mit dem Staat.
     
Sonntag und Weihnachten als staatliche Feste
    
Das Kreuz:
       christliches Symbol mit öffentlicher  Bedeutung

II. Das Christentum und die
     mittelalterliche Gesellschaft

1. Einfluß der Kirche auf
   
Verständnis und Ausübung
    
von Herrschaft.
     
Übertragung der Herrschaft.
       König / Kaiser Vicarius Christi

2. Kirchliche Impulse
    
zur Humanisierung
    
von Staat und Gesellschaft
      
Verzicht auf Rache und Vergeltung
       Krieg und Frieden
      
Überwindung des Tribalismus
      
Gleichheit vor Gott
       
Stärkung der gesellschaftl. Stellung der Frau
      
Organisierung sozialer Fürsorge

3. Inhumane religiöse Impulse


III.  Kirche und Staat in der Neuzeit.

1. Wichtige politische und rechtliche Vorgaben
1.1 Augsburger Religionsfrieden von 1555
1.2 Säkularisation 1803 -
Ende des Hl. Röm. Reiches Deutscher Nation 1806
1.3
Kulturkampf
1.4
Reichskonkordat von 1933
1.5 Grundgesetz

2. Geistesgeschichtlicher Hintergrund:
2.1. Aufklärung
2.2 Laizismus

Resumée



Vorbemerkung:
Die Geschichte als kulturelles, Identität stiftendes Gedächtnis ist von doppelter Bedeutung: zum einen aufgrund des unmittelbaren Wirkungszusammenhanges mit der Gegenwart, zum anderen als Gesprächsforum mit den Menschen vor uns. Das Weiterwirken in lebendigen Traditionen ist dabei verschieden je nach konfessioneller und soziokulltureller Prägung einer Region. Verhängnisvoll aber wäre es, die Menschen vor der Aufklärung aus dem Dialog um humane Werte und die Identität Europas auszuschließen.

I. Das Christentum in den römischen Provinzen Süd- und Westdeutschlands

Die Anfänge der Kirche in Deutschland liegen in der Zeit des römischen Reiches. Irenäus, Bischof von Lyon, schreibt um 180 n.Chr., daß »die in den Germanien gegründeten Kirchen« nichts anderes glauben und überliefern als die Kirche in der ganzen Welt. (1) Der Plural Germanien verweist auf die beiden römischen Provinzen: Germania inferior mit dem Zentrum Köln (Colonia Claudia Ara Agrippinensium, röm. Stadtrecht im Jahre 50 n.Chr.) und Germania superior mit der Hauptstadt Mainz (Moguntiacum). Augsburg (Augusta Vindelicorum, 15 v.Chr.) war die wichtigste Stadt der Provinz Raetien). Das Zentrum der Provinz Belgica war Trier (Augusta Treverorum), 16 -13 v.Chr gegründet.

Bereits in dieser Zeit finden wir ein breites Spektrum des Verhältnisses von Kirche und Staat, angefangen von der Verfolgung der Kirche durch den Staat bis hin zur engen Verbindung zwischen Staat und Kirche:


1. Verfolgung: Tödlicher Konflikt:

Christen werden hingerichtet, weil sie sich weigern den Staatsgöttern zu opfern und den Kaiser als Gott anzuerkennen.

Als Beispiel sei verwiesen auf die Stadt und Bistumspatronin von Augsburg, die hl. Afra, die unter Diokletian um 304 den Märtyrertod erlitt. (2) Die älteste christliche Inschrift auf bayerischem Boden bezeugt den Märtyrertod der hl. Sarmannina in Regensburg (Castra Regina) (3).

Die Stadtpatrone von Bonn, Cassius und Florentius, gehören ebenso wie Gereon, in Köln oder Victor in Xanten zur Gruppe der Soldatenmartyrer, die in der Überlieferung in Zusammenhang gebracht werden mit dem Martyrium der Thebaischen Legion. (4)

Der als Patron in Feuer und Wassergefahr in der Volksfrömmigkeit verehrte hl. Florian, ein hoher römischer Verwaltungsbeamter der Provinz Ufernoricum, wurde um 304 Opfer der diokletianischen Christenverfolgung. (5)


2. Die Kirche in der Situation des Zerfalls staatlicher Macht.

Als im fünften Jahrhundert an der Donau die römische Verwaltung zerfiel und die Germaneneinfälle und Plünderungen sich häuften, organisierte im Raum von Passau (Batavis) der hl. Severin von Noricum (gest. 482) die Lebensmittelversorgung, verhandelte mit den Germanenfürsten, etwa dem König der Alemannen Gibuld, und sorgte für den Freikauf von Gefangenen.(6)


3. Die Kirche in enger Verbindung mit dem Staat.

Trier war von 260-390 Kaiser-Residenz und unter Konstantin die größte römische Stadt jenseits der Alpen.  Am 30. April 311 erließ Galerius auf dem Totenbett ein Edikt, das den Christen Toleranz gewährte. Sein Nachfolger im Osten, Maximinus Daia, »verbot zwar die Diener Gottes umzubringen, ließ sie aber verstümmeln: Deshalbe wurden den Bekennern die Augen ausgestochen, die Hände abgetrennt, die Füße abgehauen, Nasen und Ohren abgeschnitten«. Die Verfolgung endete mit dem Sieg über Maximinus Daia. Entsprechend der Mailänder Vereinbarung mit Konstantin bestätigt Licinius im Schreiben vom 13. Juni 313 »über die Wiederherstellung der Kirche«, »daß  wir die freie und uneingeschränkte Möglichkeit, ihre Religion auszuüben, den nämlichen Christen eingeräumt haben«. Zugleich wird die Rückgabe des konfiszierten Kirchenbesitzes verfügt. (7) In der Folgezeit begünstigte Konstantin, ab 324 Alleinherrscher, das Christentum durch Schenkungen und Kirchenbauten in Rom, Jerusalem und Trier (Dom, erstes Kirchengebäude in Deutschland). Der Klerus wurde von staatlichen Dienstleistungen und bestimmten Steuern befreit, Prozesse konnten auch vor bischöflichen Gerichten geführt werden. Verurteilte sollten »nicht am Gesicht gebrandmarkt werden, denn das nach dem Gleichnis der himmlischen Schönheit gebildete Antlitz darf nicht geschändet werden.« (8)

Sonntag und Weihnachten als staatliche Feste

Bis heute reicht das von Konstantin 321 erlassene Sonntagsgebot, das nicht bloßes Arbeitsverbot bedeutet, sondern eine positiv humanitäre Ausrichtung hat: »Gerichtshändel« und »Parteienhader« sind an diesem »hochangesehenen Tag der Sonne« untersagt, aber Sklavenfreilassung und deren Protokollierung werden begrüßt. (9) Christliche Feste werden staatliche Feiertage. Ein Jahr vor Konstantins Tod ist die Feier von Weihnachten am 25. Dez., dem Fest des sol invictus, bezeugt.


Das Kreuz: christliches Symbol mit öffentlicher Bedeutung

Das Kreuz als christliches Symbol gewinnt öffentliche Bedeutung. Dabei sind m.E. drei Aspekte von Bedeutung.

(1) Bereits in der christlichen Literatur vor Konstantin (z.B. bei Justin, Irenäus, Clemens von Alexandrien, Origenes, Tertullian, Cyprian u.a.) (10) sind die theologischen Grundelemente christlicher Kreuzessymbolik fest ausgeprägt.

Dabei wird zum einen angeknüpft am Material des Kreuzes: Holz - wobei das griechische Wort Xylon (ξύλον) sowohl totes Holz wie Baum bedeutet. Damit konnte zum Ausdruck gebracht werden, daß das Holz des Todes zugleich der Baum des Lebens ist.

Der andere Bezug ist mit der Form gegeben, den beiden sich kreuzenden Linien (vgl. das deutsche Wort Kreuzung, das eine symbolische Deutung des Kreuzes bereits voraussetzt): Durch die Vertikale sieht man die Verbindung von Gott und Mensch und durch die Horizontale die Verbindung der Menschen untereinander zum Ausdruck gebracht. (11)

(2) Durch die Vision Konstantins vor der Schlacht an der Milvischen Brücke am 28.12.312 kommt ein weiterer nicht unproblematischer Aspekt hinzu: Das Kreuz als Siegeszeichen auf Waffen (12). Dem entgegen steht das theologische Verständnis des Kreuzes als Siegeszeichen (τρόπαιον / tropaeum), wie es etwa vor Konstantin in der Zeit der Christenverfolgung durch Tertullian formuliert ist (13): Der Sieg Christi am Kreuz über Sünde und Tod erfolgt gerade durch die Liebe bis zur Hingabe des eigenen Lebens. (14)

(3) Ein weiterer Aspekt des Kreuzesverständnisses bildet die Verehrung des historischen Kreuzes im Kontext der Kreuzauffindung durch die hl. Helena, die Mutter Konstantins. (15) Sie ließ in das Diadem und den Zaum einen Nagel des Kreuzes einfügen zum Zeichen, wie Ambrosius interpretiert, daß es »ein gerechtes Herrschen sein soll und nicht ein ungerechtes Gebieten«. (16) Im Zentrum der 328 neugegründeten Stadt Konstantinopel wurde der zentrale Meilenstein, von dem aus alle Entfernungen im Reich gemessen werden sollten, gekrönt durch eine Kuppel mit einem Fragment des Wahren Kreuzes. »Das Kreuz wurde damit zum Nabel der Welt« (17) Vermutlich schon aus der Reliquiensammlung Kaiser Karls d. Gr. stammte eine Kreuzpartikel, die spätestens seit Otto III in einem kreuzförmigen Reliquiar die Spitze bildete des Herrschaftszeichens der deutschen Kaiser, der Heiligen Lanze. (18) Die Kreuzauffindung war weiter ein wichtiger Impuls für die Pilgerfahrt ins Hl. Land bis hin zu den Kreuzzügen.

Die Weichenstellungen unter Konstantin wirken bis in die Gegenwart nach:

- Die Kirche als Körperschaft öffentlichen Rechts

- Sonntag und Weihnachten als staatliche Feiertage, wobei der religiöse Freiraum und die humanitäre Ausrichtung auch gegenwärtig von aktueller Bedeutung sind.

- Das Kreuz als öffentliches Zeichen. Hier ist es wichtig, daß die Christen ihr zentrales Symbol eindeutig besetzen als Zeichen des Lebens und der Versöhnung, als Bestätigung einer Liebe, die stärker ist als Sünde und Tod (19), damit es von Nichtchristen nicht als Zeichen von Rache und Gewalt gesehen wird. (20)



II. Das Christentum und die mittelalterliche Gesellschaft

1. Einfluß der Kirche auf Verständnis und Ausübung von Herrschaft.

Übertragung der Herrschaft.

Die Herrschaftsübertragung nach der Wahl geschah im Mittelalter bis weit in die Neuzeit im Rahmen eines Gottesdienstes. Dabei wurde der deutsche König durch den Erzbischof von Mainz oder Köln (21), der Kaiser durch den Papst gekrönt (Karl d. Gr. 800 in Rom).

Der König bzw. Kaiser übertrug umgekehrt Bischöfen und Äbten, die in die Verwaltung des Reiches eingebunden wurden, durch Investitur mit Stab (und Ring) die weltlichen Güter und Rechte (Regalien). Damit war ein Interessenkonflikt der Gewichtung zwischen weltlichem und geistlichem Amt verbunden. Dies führte zum Investiturstreit und zum Wormser Konkordat (1122): Der Kaiser sichert freie Wahl entsprechend dem Kirchenrecht zu. Die Übertragung der Regalien mittels Szepter (nicht mehr mittels Stab und Ring) geschieht in Deutschland vor der Weihe, in Italien und Burgund nach der Weihe.(22)


König / Kaiser als Stellvertreter Christi

»Die Kirche entwickelte ... mit der christlichen Herrscherethik Normen, die die Könige auf bestimmte Tugenden besonders festlegte, und sie verpflichtete diese in mündlicher Beratung wie in öffentlichen Ritualen auf die Anerkennung und Befolgung dieser Normen. Nicht zufällig waren die Milde (clementia) und die Barmherzigkeit (misericordia) Eckpunkte dieses Tugendsystems, die gerade das Verhalten der Könige in Konflikten prägten«. (23)

Die religiöse Legitimierung von Herrschaft, wie sie etwa im Sakramentar Heinrichs II (zwischen 1002-1014) ins Bild umgesetzt ist: Kaiser Heinrich II wird von Christus gekrönt und von den Bischöfen Emmeram und Ulrich gestützt, (24) bedeutet zugleich Verpflichtung des Herrschers: »Du bist Christi Stellvertreter. Niemand ist wahrer Herrscher, der Ihm nicht nachfolgt«. (25)

Wenn der Herrscher seiner Aufgabe nicht mehr gerecht wird und zum Tyrannen wird, ist er abzusetzen, notfalls gewaltsam.(26)

Zu Beginn der Neuzeit stehen sich mit den Fürstenspiegeln von Erasmus und Machiavelli zwei gegensätzliche Herrschaftsverständnisse gegenüber. Machiavelli berät den Fürsten, wie er angesichts der allgemeinen Schlechtigkeit der Menschen ohne Rücksicht auf Moral an der Macht bleiben kann. (27) Erasmus dagegen betont, daß der Fürst für das Gemeinwohl sorgen und dabei persönliche Nachteile in Kauf nehmen muß. (28)


2. Kirchliche Impulse zur Humanisierung von Staat und Gesellschaft
Verzicht auf Rache und Vergeltung

Entgegen germanischem Ehr-Verständnis hat Gregor von Utrecht, wie sein Schüler Bischof Liudger schreibt, »Feinden in bewundernswerter Liebe verziehen und damit der Nachwelt ein segensreiches Beispiel gegeben, indem er die Mörder seiner Brüder in Frieden ziehen ließ (29). Im Krönungsgottesdienst vergab König Konrad II (1024-1039) »wie die Bischöfe und die Herzöge mit allem Volk baten, allen, was sie gegen ihn begangen hatten« (30) Die Literatur des Mittelalters spiegelt den entscheidenden Einfluß der Kirche zum Verzicht auf Rache. (31)

Krieg und Frieden

Die theologische Rede vom »gerechten Krieg« besagt, daß nur unter ganz bestimmten Bedingungen ein Krieg zu rechtfertigen ist: Legitime Autorität, gerechte Sache, kein Angriffskrieg, keine ungerechte Vorteilsnahme, der Schaden durch den Krieg darf nicht größer sein als der Anlaß des Krieges. (32)

Zur Eingrenzung des Fehderechts gilt Schutz von Priestern, Frauen, Juden und bestimmten Orten sowie Kampfverbot an Feiertagen und (von Donnerstag bis) Sonntag (33). Für bewußtes Töten im Krieg ist als Kirchenbuße der zeitweilige Ausschluß von der Kommunion bestimmt. (34)

Zur Vermeidung von Kriegen und zur Förderung des Friedens wird ein vielfältiges Instrumentarium der Konfliktregelung entwickelt. (35) Bischof Ulrich von Augsburg vermittelte z.B. zusammen mit Bischof Hartberg von Chur im Krieg zwischen Otto d. Großen und dessen Sohn Liudolf. Er »ermahnte sie zur Eintracht des Friedens, damit das Volk, das ihnen von Gott zur Regierung anvertraut wurde, nicht durch ihre Schuld in den Untergang geführt würde«. (36)


Überwindung des Stammesdenkens

Wichtige durch die Kirche fundierte Bausteine zur Bildung einer Stämme und Nationen übergreifenden gemeinsamen christlichen europäischen Identität waren u.a.

- ein gemeinsames Bildungsprogramm, gepflegt in Kloster- und Kathedralschulen und Universitäten (37), das auf der Basis von Latein (38) als gemeinsamer Sprache eine intensive Kommunikation ermöglichte,

- gemeinsame Heilige (39), was bis in die Gegenwart in Nationalitäten übergreifenden gemeinsamen Vornamen zum Ausdruck kommt, und deren Reliquien selbst Kriege überstehende Städte- und Bistumspartnerschaften begründeten (40),

- Überwindung von Mißtrauen durch religiöse Symbolhandlungen wie der Übernahme der Taufpatenschaften, etwa Karls d. Gr. für Widukind, oder Ludwig des Frommen für Harald von Dänemark (41), oder der Überreichung einer Nachbildung der hl. Lanze durch Otto III und eines Armreliquiars des hl. Adalbert durch Boleslaw Chrobry (Akt von Gnesen im Jahre 1000) (42)

- Romanische und Gotische Kirchen und Kathedralen in ganz Europa, von Sizilien bis Skandinavien, Von Portugal bis Polen

- Ländergrenzen überwindende Pilgerfahrten (43)


Gleichheit vor Gott

»Die Armen und die Reichen hat Gott aus dem einem Lehm gemacht« (44). Vor Gott gilt kein Ansehen der Person (45). Norbert von Xanten tritt sein Amt als Erzbischof von Magdeburg in der Kleidung eines Bettlers an. (46) Der Umgang der Landgräfin Elisabeth von Thüringen (1207-1231), Tochter des ungarischen Königs, mit Mägden, Bettlern und Aussätzigen ist der Hofgesellschaft ein Ärgernis, wird aber von der Kirche durch die schon vier Jahre nach ihrem Tod erfolgte Heiligsprechung als Vorbild gewürdigt. (47)


Stärkung der Stellung der Frau in der Gesellschaft

Im Vergleich zum germanischen und frühen deutschen Recht stärkte der Grundsatz des kanonischen Rechts, daß die Ehe nur durch die freie Zustimmung der Frau zustande kommt, die Stellung der Frau. (48) Im Rahmen des geistlichen Standes entfalteten sich neue Lebensformen und neue Wirkmöglichkeiten der Frau in der Gesellschaft. 
Vgl. auch Petrus Lombardus, Sententiae in iv libris distinctae. lib. 2, dist. 18, cap. 2; / Decretum Gratiani C. XX. T. I


Organisierung sozialer Fürsorge

Nach mittelalterlichem Kirchenrecht war 1/4 bzw. 1/3 des Einkommens der Kirche für die Armen bestimmt. (49) Der Schutz von Witwen und Waisen wird betont. Wucher verurteilt. (50) Entsprechend Mt. 25,35-46, katechetisch vermittelt im Schema der Werke der Barmherzigkeit, (51) wurde die Sorge für Hungrige, Arme, Fremde, Kranke und Aussätzige, Gefangene durch vielerlei Initiativen insbesondere vom Bischof, von den Klöstern oder Ordensgemeinschaften, aber auch von Einzelpersonen, wie Elisabeth von Thüringen oder städtischen Gruppen wie den Zünften organisiert und durch Stiftungen gefördert. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Hospital zu (52).



3. Inhumane religiöse Impulse

Diesen humanisierenden Impulsen steht ein Gefährdungspotential gegenüber, das mit der (theologisch kurzschlüssigen) Aufforderung zur Rache in Namen Gottes und zur Bestrafung und Vernichtung der Gottlosen verhängnisvolle Auswirkungen hatte: Judenpogrome, Blutbad bei der Eroberung Jerusalems im ersten Kreuzzug, um den Tod Christi zu rächen, Ketzergesetzgebung, Verbrennung von Jan Hus auf dem Konzil von Konstanz 1415, Täuferreich von Münster (vgl. Bernhard Rothmann, Von der Rache), Thomas Müntzer (Fürstenpredigt: »Drum lasst die Übeltäter nicht länger leben die uns von Gott abwenden (5. Mos. 13). Denn ein gottloser Mensch hat kein Recht zu leben, wo er die Frommen verhindert. 2. Mos. am 22. Kapitel sagt Gott: "Du sollst die Übeltäter nicht leben lassen"«), Hexenverfolgungen (53) etc.



III. Kirche und Staat in der Neuzeit. (54)

1. Wichtige politische und rechtliche Vorgaben

1.1 Augsburger Religionsfrieden von 1555

Mit der Einführung der Reformation in verschiedenen Städten und Territorien war die einheitliche Geltung des Rechts und das friedliche Zusammenleben im deutschen Reich gefährdet. Die vom Kaiser initiierten Religionsgespräche führten zwar nicht zum abschließenden Erfolg, zeigten aber doch eine Gemeinsamkeit in zentralen christlichen Glaubensfragen. (55) Mit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 sichern sich der Kaiser mit den »H. Reichs Ständen der alten Religion anhängig« und die »Stände, so der Augspurgischen Confession verwandt« gegenseitig Frieden zu. (56)

Bis zum Jahre 1806 war das Christentum die Basis des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation.

1.2 Säkularisation 1803 - Ende des Hl. Römischen Reiches Deutscher Nation 1806

Einen gravierenden Einschnitt bedeutete der Reichsdeputationshauptschluß von 1803. Zur Entschädigung der weltlichen Landesherren, die von der Abtretung der linksrheinischen Gebiete an Frankreich betroffen waren, wurden zum einen die geistlichen Fürstentümer im Reich aufgehoben, zum anderen fast sämtliche Stifte und Klöster und deren Besitz zur freien Verfügung der weltlichen Fürsten eingezogen. (57) Diese Neuordnung führte schließlich 1806 zur Auflösung des Hl. Römischen Reiches deutscher Nation


1.3 Kulturkampf

Der Kulturkampf in Preussen beinhaltet Absetzung und Inhaftierung von Bischöfen, Entfernung von etwa 1000 Angehörigen von Orden und Kongregationen aus dem Schuldienst, Verbot der Niederlassungen des Jesuitenordens auf deutschem Boden, Zurückdrängung des Einflusses der Kirche (Schulaufsichtsgesetz, obligatorische Zivilehe), Überprüfung kirchlicher Predigt (Kanzelparagraf) und Bevormundung der Kirche in innerkirchlichen Angelegenheiten. (58)


1.4 Reichskonkordat von 1933

Für die Regelung des gegenwärtigen Verhältnisses von Staat und katholischer Kirche in Deutschland hat - in Verbindung mit einzelnen Länderkonkordaten und Staatskirchenverträgen (59) - weiterhin wichtige Bedeutung das Reichs-Konkordat vom 20. Juli 1933: Es sichert der Kirche selbständige Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten zu (Art. 1). Die Geistlichen genießen in Ausübung ihrer geistlichen Tätigkeit in gleicher Weise wie die Staatsbeamten den Schutz des Staates (Art.5; vgl. Art.9: Beichtgeheimnis, Art.10: Geistliche Kleidung), dürfen jedoch nicht für politische Parteien tätig sein (Art.32). Weitere Punkte: Schutz kirchlichen Eigentums (Art.17), erforderliches Einvernehmen bei Ablösung rechtlich zugesicherter Staatsleistungen (Art.18), Erhaltung der katholisch-theologischen Fakultäten (Art. 19), Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach (Art. 21), Recht zur Errichtung von Privatschulen (Art. 25), Militärseelsorge (Art.27), Seelsorge in Krankenhäusern und Strafanstalten (Art. 28). Muttersprache in Gottesdienst und Religionsunterricht für innerhalb des Deutschen Reiches wohnhafte katholische Angehörige einer nichtdeutschen Minderheit (Art. 29). (60)

In seinen aufsehenerregenden Predigten gegen willkürliche Verhaftung und Tötung sogenannten unwerten Lebens berief sich der jetzt selig gesprochene Bischof von Münster Clemens August Graf von Galen auf seinen, entsprechend Art. 16 des Konkordates, abgelegten Bischofseid, er werde »in der pflichtmäßigen Sorge um das Wohl und das Interesse des deutschen Staatswesens ... jeden Schaden zu verhüten trachten«. (61)

1.5 Grundgesetz

Im Unterschied zur Weimarer Verfassung, die das Wort Gott vermieden hat, verweist das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland in der Präambel auf die »Verantwortung vor Gott«. In Reaktion auf den Absolutheitsanspruch des Nationalsozialismus wird damit zum Ausdruck gebracht, daß es überstaatliche Werte gibt, die nicht zur Disposition des Staates stehen (62) und daß der Staat Religion und Religionsgemeinschaften unbefangen gegenüber steht (63)

Konkretisiert wird das Verhältnis u.a.in Artikel 4: »Die ungestörte Relgionsausübung wird gewährleistet« und Artikel 140: »Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.« (64)

2. Geistesgeschichtlicher Hintergrund:

2.1 Aufklärung

Die Geschichte des Verhältnisses von Staat und Kirche in den vergangenen zwei Jahrhunderten ist in starkem Maße von der Geistesströmung der Aufklärung beeinflußt.

Für Immanuel Kant ist Aufklärung »der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.« Ihr Wahlspruch ist: »Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!« (65)

Damit verbunden ist eine Relativierung und kritische Hinterfragung jeder Tradition und damit auch der Religion.

Es kann hier nicht um eine umfassende Würdigung der komplexen Strömung der Aufklärung gehen. Unbestritten ist der wichtige Beitrag der Aufklärung für Freiheit und Menschenrechte. Anderseits ist nicht zu verdrängen, daß mit der Aufklärung auch problematische geschichtliche Auswirkungen und ein bis in die Gegenwart reichendes Gefahrenpotential verknüpft sind, worauf hier nur schlagwortartig verwiesen werden kann (66):


Tendenz zur Überheblichkeit und Intoleranz

»Wenn die Metaphorik der Aufklärungssprache in die Politik überführt wird, dann kennt sie nur noch zwei Lager: Das des Lichtes und das der Finsternis. Dahinter lauern Zwangsalternativen, die nur einen Ausweg zulassen. Denn wer wollte nicht im Lichte stehen, auf dem Weg zur Sonne voranschreiten, alle Finsterlinge hinter sich lassend, wenn möglich oder nötig sie beseitigen?« (67)

Beispiele sind u.a. die Vernichtung dessen, was als Aberglaube gewertet wurde. So wurden in Bayern im Zuge der staatlich verordneten Durchführung der Säkularisation »von den über 300000 Büchern aus den altbayerischen Bettelordensklöstern [wurden] nur 8900 für den Staat ausgewählt ... der Rest wurde wegen Volksverführung und Aberglaubens eingestampft«. Wertvolles Kulturgut wurde vernichtet oder wie die Wieskirche - heute Weltkulturerbe - nur von den in den Augen der Aufklärer ungebildeten und abergläubischen einfachen Bauern vor dem Abriß bewahrt. (68)

Mit der Überzeugung von der durch die Vernunft bewirkten Fortschrittsgeschichte ist eine Abwertung etwa des Mittelalters als finsterer Zeit verbunden. Ähnliches gilt im Blick auf den Umgang mit Menschen sogenannter niedriger Rassen (69).

Tendenz der Reduzierung der Wirklichkeit auf den Gebrauchswert

Dies zeigt sich etwa wieder bei der Säkularisierung der Klöster (70): »Kirchensilber und kostbare Paramente, aber auch Silberbeschläge an Möbeln und Reliquienbehältern wurden ihres Edelmetallwertes wegen eingezogen und eingeschmolzen. Die Wirk- und Stickarbeiten der kostbaren Paramente wurden zur schnellen Rückgewinnung von Gold und Silber teilweise einfach ausgebrannt.« (71) Die mittelalterlichen Glasfenster der Kirche von Cluny wurden zerstört, um ihr Blei für Gewehrkugeln verwerten zu können.

Gespaltene Freiheit

Der uneingeschränkten Publikationsfreiheit des Gelehrten, (72) der Pressefreiheit - bis hin zum Recht auf Blasphemie als Prüfstein der Freiheit (73), steht die eingeschränkte Freiheit der Bürger zum Gebrauch der eigenen Vernunft und die Aufforderung zum Gehorsam gegenüber, wenn es um das Funktionieren des Staates und die ungestörte Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung geht. (74)

In beiden Bereichen ist die kritische Funktion vorgegebener humaner Grundwerte ausgeblendet bzw. ausgeschaltet.


Aufklärung als Weg zur Selbsterlösung

Nach Koselleck blieb die deutsche Aufklärung im Unterschied zur französischen

»theologisch imprägniert. Von Lessings Kritik zum Schutz der pädagogischen Offenbarung über Kants moralische Abschöpfung einer hypothetischen Offenbarung zu Hegels Interpretation der Selbstoffenbarung des Geistes in ihren jeweiligen Geschichtsphilosophien führt ein Strang, der schließlich wie ein roter Faden in den bildungsbürgerlichen Weltanschauungen auftaucht und sie zusammenhält.

Die »Hallischen Jahrbücher«, das Organ der Junghegelianer, sind dafür ein beredtes Zeugnis. Sie begriffen sich als die radikale, die wahre und die einzig konsequente Aufklärung. Und in der Tat waren sie radikaler als alle Aufklärer in Frankreich oder in England - radikaler, weil sie als Berufsprotestanten religiös motiviert blieben.

Die kritische Destruktion des Jenseits, die Aufhebung der Religion in der zwischenmenschlichen, gesellschaftlichen Selbstkonstitution hinderte diese radikalen Aufklärer nicht, weiterhin an die Erlösung zu glauben. Mehr noch, sie glaubten, sich die Erlösung selbst einlösen zu können. Sei es, daß der heilige Staat diese Aufgabe vollstreckt, oder sei es, daß er sich aufhebt, weil die sich selbst beherrschende Gesellschaft, frei und souverän jeden Staat erübrigt. So führt die Argumentationslinie von den Illuminaten über Weishaupt und Fichte zu den Junghegelianern bis hin zu Marx und Engels einbegriffen.« (75)

2.2 Laizismus (76)

Papst Pius XI schreibt in der Enzyklika „Quas primas" vom 11. Dezember 1925 (77):

»Die Pest unserer Zeit ist der sogenannte Laizismus mit seinen Irrtümern und gottlosen Absichten. ... Die überaus bitteren Früchte, welche diese Abkehr der Einzelnen und der Staaten von Gott in so großer Zahl und andauernd zeitigte, haben Wir im Rundschreiben Ubi arcano (78) beklagt und beklagen sie heute wieder: nämlich den weitverbreiteten Samen der Zwietracht, jenen verzehrenden Neid und jene aufgestachelten Eifersüchteleien unter den Völkern, die eine friedliche Wiederversöhnung noch weitgehend behindern; die Zügellosigkeit der Leidenschaften und Begierden, die sich nicht selten unter der Maske der Vaterlandsliebe verbergen; und als Folgen dieser Unbeherrschtheit sowohl Streitigkeiten unter den Bürgern als auch jene blinde und schrankenlose Selbstsucht, die nur auf den eigenen Vorteil und Nutzen schaut und alles einzig danach bemißt. Der häusliche Friede ist durch Pflichtvergessenheit und Pflichtvernachlässigung völlig zerrüttet; die Einheit und die Beständigkeit der Familiengemeinschaft ist untergraben; die menschliche Gesellschaft selbst ist erschüttert und treibt dem Abgrunde zu.« (Nr. 29f).

Graf Clemens von Galen nimmt dieses Thema als Pfarrer in einer eigenen, 1932 in Münster veröffentlichten, Schrift mit dem Titel: »Die "Pest des Laizismus" und ihre Erscheinungsformen« auf. Ziel des Laizismus sei, »das ganze menschliche Leben nach rein diesseitigen, von der geoffenbarten Religion unabhängigen Gesetzen zu regeln«, sein Fundament sei die Auffassung: »Alle Anlagen und Triebe der menschlichen Natur sind gut; alles also, wonach die gesunde, gut entwickelte menschliche Natur verlangt, ist gut« (S. 10f). Im Anschluß an die Enzyklika Ubi arcano entfaltet er dies unter den Stichworten von 1 Joh 2,16 Fleischeslust, Augenlust und Hoffart des Lebens (S. 12) in drei Aspekten:

1. Die durch den Laizismus geförderte ungehemmte und schamverletzende Begierde nach sinnlichem Genuß bedrohe die Volkssittlichkeit im Bereich der Familie wie des Staatswesen (S. 13-20).

2. Das unmäßige Streben nach äußeren Gütern führe einerseits durch die Wirtschaftsideen des Liberalismus zur Bereicherung weniger Kapitalisten und zur "Daseinsunsicherheit" eines ungeheuren Heers von "Proletariern", anderseits zur Entrechtung des einzelnen und zur völligen Unordnung des Staatswesens durch den Sozialismus, der vorgibt, »nach Abschaffung des Privateigentums an Produktionsgütern durch die Fürsorge der Gesellschaft die gleichmäßige Bedarfsdeckung für alle Genossen herbeiführen zu können« . Beide Systeme basierten auf der falschen Voraussetzung des Laizismus, daß die menschliche Natur vermöge ihrer natürlichen Güte imstande sei, eine alle befriedigende Wirtschaftsordnung herbeizuführen.

3. Hinsichtlich der Frage der Herrschaft und der Ordnung des gesellschaftlichen Lebens folgt für von Galen aus der Voraussetzung, daß alle Menschen gut sind, der »naturalistische, laizistische Grundsatz«: »Was der Menge, was dem Volke gefällt, soll Gesetz sein«, »gut ist, was das Volk will« (S. 44f). Gegenüber der unbeschränkten Auslieferung der Gesetzgebungs- und Regierungsgewalt an den Volkswillen, an die Parteien der jeweiligen Parlamentsmehrheit verweist von Galen auf die »naturrechtlichen Schranken und die naturgegebenen Rechte der untergeordneten Gemeinschaften«, auf »die Rechte der Einzelpersonen und Familien« (S. 51).



Resumée:

Charakteristisch für Deutschland ist ein fruchtbares aber auch spannungsreiches Gegenüber von Kirche und Staat. Weder ging die (katholische) Kirche in den Staat auf, noch der Staat in die Kirche. »Das Verhältnis von Staat und Kirche im Sinne eines rechtlich geordneten Gegenübers von weltlichem Gemeinwesen und rechtlich selbstständigen Religionsverbänden ist eine Hervorbringung des Christentums.« (79)

Grundsätzlich geht es um eine »notwendige Korrelationalität von Vernunft und Glaube, Vernunft und Religion«, »die zu gegenseitiger Reinigung und Heilung berufen sind und die sich gegenseitig brauchen und das gegenseitig anerkennen müssen«.(80)

Wichtig ist so m.E. für die Gegenwart die gemeinsame Orientierung von Staat und Religion an humanen Grundwerten und die Entwicklung einer christlichen Zivilreligion, »die wieder unser europäisches Bewußtsein prägt und über die Trennung von Laici und Cattolici hinaus die Vernünftigkeit und die gemeinsame Verbindlichkeit jener großen Werte erscheinen läßt, die Europa gebaut haben und es wieder neu bauen sollen und können« (81)

»Der richtige Laizismus garantiert eigentlich die Freiheit der Religion. Der Staat schreibt einem keine Religion vor, aber gibt jenen Religionen, die sich verantwortlich um das Allgemeinwohl kümmern, einen offenen Raum - und erlaubt diesen Religionen damit, Mitbeteiligte bei der Konstruktion des sozialen Lebens zu sein.« (82)


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Anmerkungen


1. Irenäus von Lyon, Adversus haereses I 10,2 (Fontes Christiani (8/1, S.200): αἱ ἐν Γερμανίαις ἱδρυμέναι ἐκκλησίαι.

2. Ihre überregionale Bedeutung bekundet der Reiseführer des Dichters Venantius Fortunatus (530/40-600): »Wenn es dir vergönnt ist, über die Flüsse der Barbaren zu gehen, so daß du friedsam den Rhein und die Donau überschreiten kannst, so ziehst Du nach Augsburg, wo Lech und Wertach fließen; dort sollst Du die Gebeine der heiligen Märtyrerin Afra verehren.« Zit. nach Martha Schad, Afra. Bilder einer Heiligen, Augsburg 1993, S.9; vgl. auch Eberhard Dünninger, Die christliche Frühzeit Bayerns, München 1966.

3. Vgl. Karl Hausberger, Geschichte des Bistums Regensburg, Bd I, Regensburg 1989, S.15; Emmeram H. Ritter, Zeugen des Glaubens. Heilige, Selige und Diener Gottes im Bistum Regensburg, Regensburg 1989, S. 312: »Zum seligen Gedenken für Sarmannina, die da ruht in Frieden den Märtyrern beigesellt«.

4. Vgl. Ekkart Sauser, Viktor von Xanten, in: BBKL XXI (2003) 266; Thomas Bauer, Thebäer, in: BBKL XI (1996) 784-791; Hans Reinhard Seeliger, Thebaische Legion, in: LThK3, IX 1386f; Ingo Runde,: "Thebäische Legion", in: Reallexikon der germanischen Altertumskunde 30, Berlin / New York 2005,  400-405.

5. Vgl. Rudolf Zinnhobler, Florian von Noricum, in: LThK3 III 1329.

6. Vgl. Das Leben des hl. Severin. Einführung, Übersetzung und Erläuterung, hg. von R. Noll, Berlin 1963; Th. Nüßlein, Eugippius. Vita Sancti Severini. Bamberg 1985. Vgl. auch  http://www.thelatinlibrary.com/eugippius.html

7. Lactantius, De morte persecutorum c. 34,1-5; 36,6f; 48,1-8 (Fontes Christiani, Bd 43 (2003) 181-183; 186f; 212-219; vgl. Eusebius, Kirchengeschichte X,5.

8. Cod. Theodosianus 9,40,2:  »...quo facies, quae ad similitudinem pulchritudinis caelestis est figurata, minime maculetur« Dat. XII kal. april. Cavilluno Constantino a. IIII et Licinio IIII conss. (315 [316?] mart. 21).

9. Cod. Theodosianus 2,8,1: »Sicut indignissimum videbatur, diem solis, veneratione sui celebrem, altercantibus iurgiis et noxiis partium contentionibus occupari, ita gratum ac iucundum est, eo die, quae sunt maxime votiva, compleri. Atque ideo emancipandi et manumittendi die festo cuncti licentiam habeant, et super his rebus acta non prohibeantur«.

10.  Vgl. u.a. Justin, Dialog mit dem Juden Tryphon c.86.94.97; Irenäus von Lyon, Erweis der apostolischen Verkündigung 31-34; Clemens von Alexandrien, Protreptikos XII, 118f; - Stromateis VII, 72; Origenes (185-253), Selecta in Ez IX; Tertullian, Adversus Iudaeos, c.10.13; - Adversus Marcionem, l.3.4; Cyprian, Ad Quirinum, l. 2, c. 20ff.

11.  Vgl. V. Pfnür, Das Kreuz: Lebensbaum in der Mitte des Paradiesgartens. Zur Bedeutung der christlichen Kreuzessymbolik, in: Garten des Lebens. Festschrift für Winfrid Cramer, hg. von M.-B. von Stritzky / Ch. Uhrig, Altenberge 1999 (MThA 69), S. 203-222. Vgl. auch http://ivv7srv15.uni-muenster.de/mnkg/pfnuer/kreuzessymbolik.htm

12.  Vgl. Eusebius, Vita Constantini I 28,2: »... das Siegeszeichen des Kreuzes, aus Licht gebildet, gesehen und damit verbunden die Schrift: Darin siege« ; Lactantius, De morte persecutorum 44,6: »... mit diesem Zeichen bewaffnet«. Auch Eusebius versteht das erschienene Zeichen als Symbol der Unsterblichkeit, als Siegeszeichen über den Tod (Vita Constantini I 32,2.

13.  Tertullian, Adversus Marcionem, lib.4 (CCL 1,485,10)

14.  Vgl. Offb 5,5ff: Angekündigt wird der Löwe aus dem Stamm Juda, der gesiegt hat, gezeigt aber wird das Lamm, das aussah wie geschlachtet.

15.  Vgl. Carsten Peter Thiede / Matthew d'Ancona, Das Jesus-Fragment. Kaiserin Helena und die Suche nach dem Kreuz. Aus dem Englischen von U. Enderwitz und M. Noll, München 2000.

16.  Vgl. Ambrosius, Trauerrede auf Theodosius,48 (BKV2 Ambrosius, III 415-418); Vgl. M. Hesemann, Die stummen Zeugen von Golgatha. Die faszinierende Geschichte der Passionsreliquien Christi, München 2000, bes. S.32-36.

17.  Michael Hesemann, a.a.O, S. 52.

18.  Ebd. S. 54.

19.  Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen.Studiendokument von Glauben und Kirchenverfassung, Nr.17. (Frankfurt/Paderborn 1991), S. 26f; Joseph Ratzinger, Vom Geist der Liturgie, Freiburg 2000², S.152; Joseph Ratzinger, Interview in: Die WELT vom 24. November 2004: »Das Kreuz spricht von einem Gott, der Mensch geworden und für den Menschen gestorben ist, der den Menschen liebt und ihm vergibt. In ihm leuchtet also auch immer noch eine Vision Gottes auf, die jeden Terrorismus ausschließt, und auch alle Kriege im Namen Gottes.« (http://www.welt.de/data/2004/11/24/364776.html?s=1)

20.  Zur Diskussion um den Kruzifix-Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vgl. Hans Maier (Hg.), Das Kreuz im Widerspruch. Der Kruzifix-Beschluß des Bundesverfassungsgerichts in der Kontroverse, Freiburg 1996.

21.  Im Mainzer Ordo aus ottonischer Zeit heißt es z.B.: »... Verteidiger des Reiches, das Dir von Gott gegeben ist und das nun, indem wir den Dienst des Segens an Stelle der Apostel und aller Heiligen vollziehen, Deiner Leitung anvertraut wird.« Zit. nach Reinhart Staats, Die Reichskrone, Göttingen 1991, S. 114.

22.  Lorenz Weinrich (Hg.), Quellen zur deutschen Verfassungs-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte bis 1250, Darmstadt 20002, Nr.49.

23.  Gerd Althoff, Otto der Große und die neue europäische Identität, in: Der Hoftag in Quedlinburg 973. Von den historischen Wurzeln zum Neuen Europa, hg. v. Andreas Ranft, Berlin 2006, 3-19, Zit. S. 13.

24.  Vgl. die Abbildung in: Klaus Guth, Kaiser Heinrich II. und Kaiserin Kunigunde, Petersberg 20022, S. 34. Vgl. auch Frank Kämpfer, Der mittelalterliche Herrscher zwischen Christus und Untertan, in: Hans Hecker (Hg.), Der Herrscher. Leitbild und Abbild in Mittelalter und Renaissance, Düsseldorf 1990, 203-223, bes. 215.

25.  Predigt des Erzbischof von Mainz während der hl. Feier der Salbung Konrad II zum König. Vgl. Hartmut Boockmann (Hg.), Das Mittelalter. Ein Lesebuch aus Texten und Zeugnissen des 6. bis 16.Jahrhunderts, München 1988, S. 23; Vgl. auch vgl. Fritz Kern, Gottesgnadentum und Widerstandsrecht im früheren Mittelalter, Darmstadt 19542. Zur Salbung vgl. Eduard Eichmann, Die Kaiserkrönung im Abendland. Ein Beitrag zur Geistesgeschichte des Mittelalters. Mit besonderer Berücksichtigung des kirchlichen Rechts, der Liturgie und der Kirchenpolitik, 2 Bde., Würzburg 1942, Bd. 1, S. 81-94; 145-9; 206-8; 279f.; 328f; Rolf Gundlach (Hg.), Legitimation und Funktion des Herrschers: vom ägyptischen Pharao zum neuzeitlichen Diktator, Stuttgart 1992; Franz-Reiner Erkens, Vicarius Christi - sacratissimus legislator - sacra majestas. Religiöse Herrschaftslegitimierung im Mittelalter, in: ZRG KA 89, 2003, 1-55.

26.  Thomas von Aquin, De regno ad regem Cypri, lib. 1 cap. 7: »Es ist also wohl besser, gegen die grausame Bedrückung der Tyrannen nicht nach dem persönlichen Dafürhalten einiger weniger, sondern nach allgemeinem Beschluß vorzugehen. Denn wenn es erstens zum Rechte eines Volkes gehört, sich selbst einen König zu bestimmen, so kann mit vollem Rechte der eingesetzte König von ebendemselben Volke von seinem Platze entfernt oder seine Macht eingeschränkt werden, wenn er die königliche Gewalt in tyrannischer Weise mißbraucht. Und man darf nicht glauben, daß ein solches Volk gegen die Treue handelt, indem es den Tyrannen absetzt; auch wenn es sich ihm vorher für immer unterworfen hat. Denn er hat selbst das Schicksal, daß ihm der Vertrag von seinen Untertanen nicht gehalten wird, dadurch verdient, daß er bei der Regierung des Volkes nicht die Treue hielt, wie es die Pflicht eines Königs verlangt... So ist auch Domitian... vom römischen Senat ermordet... worden«. (Thomas von Aquin, Über die Herrschaft der Fürsten, Übersetzung von F. Schreyvogl, Stuttgart 1971, S. 24f). Manegold von Lautenbach, Ad Gebehardum, ed. K. Francke: MGH SCRIPTORES. Libelli de lite imperatorum et pontificum 1, 1891, lib. 1 cap. 30 p.365); vgl. Horst Fuhrmann, 'Volkssouveränität' und 'Herrschaftsvertrag' bei Manegold von Lauterbach, in: FS Hermann Krause, Köln-Wien 1975, 21-42.

27.  Il Principe, c. XV: »... Ein Mensch, der immer nur das Gute tun wollte, muß zugrunde gehen unter so vielen, die nicht gut sind. Daher muß ein Fürst, der sich behaupten will, auch imstande sein, nicht gut zu handeln und das Gute zu tun und zu lassen, wie es die Umstände erfordern«. Cap. XVIII: » ... Es ist wohl zu beachten, daß ein Fürst, zumal ein neuer, nicht alle Tugenden befolgen kann, die den guten Ruf der Menschen begründen, da er oft genötigt ist, um seine Herrschaft zu behaupten, gegen Treue, Barmherzigkeit, Menschlichkeit und Religion zu verstoßen. Deshalb muß er verstehen, sich zu drehen und zu wenden nach dem Winde und den Wechselfällen des Glückes, und am Guten festhalten, soweit es möglich ist, aber im Notfall vor dem Schlechten nicht zurückschrecken.« (Niccolo Machiavelli, Der Fürst. Aus dem Italienischen übertragen von E. Merian-Genast, Stuttgart 1972).

28.  Institutio Principis Christiani, c. 1: »Du wirst fragen, welches ist aber nun mein Kreuz? Ich möchte sagen, wenn du dem Rechten folgst, wenn du niemanden gewalttätig behandelst, niemanden ausplünderst, kein Amt verkaufst, durch kein Geschenk bestochen wirst; allerdings wird dann deine Kasse weniger enthalten. Setze dich über den Verlust deines Vermögens hinweg, wenn du nur einen Gewinn an Gerechtigkeit hast. Solange du außerdem mit allen Mitteln für den Staat sorgst, wirst du ein Leben voll Sorge führen, wirst du deiner Jugend, deiner Natur und den Unterhaltungen Abbruch tun, wirst du dich in Nachtwachen und anstrengenden Beschäftigungen abhärmen. Mache dir nichts daraus, sondern suche Vergnügen im Bewußtsein des Rechten. Ebenso wirst du vielleicht, wenn du lieber Unrecht ertragen statt zum großen Schaden des Staates Rache nehmen willst, etwas von deinem Herrschaftsgebiet einbüßen. Mögest du es ertragen, indem du es für einen unermeßlichen Gewinn ansiehst, daß du einer geringeren Anzahl von Menschen Schaden zugefügt hast.« (Erasmus von Rotterdam. Ausgewählte Schriften, hg. v. Werner Welzig, Bd 5, 142-145)

29.  Liudgers Erinnerungen an Bonifatius und Gregor von Utrecht, c.9. Übersetzung nach Basilius Senger, Liudger in seiner Zeit, Münster 1982, S. 64; vgl. auch Hermann Kamp, Friedensstifter und Vermittler im Mittelalter, Darmstadt 2001, S. 64: »Der Fürsprache oder Fürbitte bedienten sich die Bischöfe in der Merowingerzeit vornehmlich um für Barmherzigkeit und Frieden zu sorgen. Ihr traditionelles Engagement gegen die Todesstrafe stand gerade zu Anfang dabei Pate.«

30.  Wipo, Gesta Chuonradi, zit. in: Das Mittelalter. Ein Lesebuch aus Texten und Zeugnissen des 6. bis 16.Jahrhunderts, hg. v. H. Boockmann, München 1988, S. 24.Vgl. auch Norbert von Xanten: »Unser Vorhaben aber ist: fremdes Gut nicht anstreben; was uns geraubt wurde, nicht durch Verhandlungen, weltliche Gericht oder Klagen wieder zu bekommen suchen; niemanden wegen zugefügten Unrechts oder Schadens irgendwie mit einer kirchlichen Strafe belegen zu lassen, sondern - um, in aller Kürze zu schließen - ich habe es als meinen Anteil erwählt, nach richtiger Einsicht in aller Reinheit ein evangelisches und apostolisches Leben zu führen.... « (J. Bühler, Klosterleben, Frankfurt 1989, S.349.

31.  Vgl. Thomas Möbius, Studien zum Rachegedanken in der deutschen Literatur des Mittelalters, Frankfurt/M 1993; Antje Holzhauer, Rache und Fehde in der mittelhochdeutschen Literatur des 12. und 13. Jahrhunderts, Göppingen 1997. Vgl. Ruodlieb III 12ff: »... Sei ein Löwe im Kampf, bei der Rache jedoch gleich dem Lamm! Keine Ehre ist's für euch, schmerzlichen Verlust zu rächen. Eine erhabene Art der Rache ist es, den Zorn zu bezähmen.« (Ruodlieb, Übertragung, Kommentar und Nachwort von Fritz Peter Knapp, Stuttgart 1977, S. 18f).

32.  Vgl. J. Altenstaig, Vocabularius theologiae 1517 / Lexicon theologicum Köln 1619 (Nachdruck: Hildesheim 1974: Stichwort: bellum iustum. Vgl. auch E.D. Hehl, Kirche und Krieg im 12. Jahrhundert, Stuttgart 1980.

33.  Im dem bedeutendsten Rechtsbuch des Mittelalters, dem Sachsenspiegel, wird bestimmt: »Alle Tage und allzeit sollen Frieden haben Pfaffen und geistliche Leute, Mädchen und Frauen und Juden an ihrem Recht und an ihrem Leib, Kirchen und Kirchhöfe und jegliches Dorf innerhalb seiner Gräbern und seiner Zäune, Pflüge und Mühlen und des Königs Straße im Wasser und im Feld: Die sollen steten Frieden haben, und alles was da hineinkommt. Heilige Tage und gebundene Tage, die sind allen Leuten zu Friedenstagen gesetzt, dazu in jeder Woche vier Tage: der Donnerstag, der Freitag, der Sonnabend und der Sonntag« (Buch II, 66 § 1.2). Vgl. Sachsenspiegel, hg. v. Cl. Frh. v. Schwerin, Stuttgart: reclam 1974, S. 94.

34.  Norbert Ohler, Krieg und Frieden im Mittelalter, Hamburg / München 1997, S. 78: »Bis in die Zeit der Kreuzzüge zeigten Theologen sich überzeugt, daß für die Tötung eines Menschen "in offenem Kriege" eine Buße von 40 Tagen bis zu einem Jahr geleistet werden müsse«. Vgl. Ludwig Hödl, Buße, in: LMA 2, Sp. 1130-1141; Raymund Kottje, Die Tötung im Kriege. Ein moralisches und rechtliches Problem im frühen Mittelalter, Barsbüttel 1991.

35.  Vgl. Hermann Kamp, Friedensstifter und Vermittler im Mittelalter, Darmstadt 2001. Zur Frage des Asyls vgl. Decretum Gratiani, D. LXXXVII c. VI.

36.  Gerhard, Vita sancti Oudalrici, c.12 S. 401.; vgl. Hermann Kamp, a.a.O., S.173, 317f.

37.  Bis 1500 wurden in Europa etwa 65 Universitäten gegründet, u.a. in Paris, Bologna, Oxford, Cambridge, Köln, Krakau, Catania, Lissabon, Salamanca, Aberdeen, Uppsala.

38.  Vgl. M. Fuhrmann, Latein und Europa, Köln 20012; F. Rädle, Die lateinische Kultur als tertium comparationis der europäischen Nationen, in: Der Hoftag in Quedlinburg 973 [wie Anm. 23] 87-98.

39.  Waren die Ungarn zur Zeit Ottos d. Gr. noch verhaßte Feinde, die plünderten und raubten (Schlacht auf dem Lechfeld 955), so wird deren König Stephan ein Jahrhundert später zum gemeinsamen Heiligen (Kanonisierung 1083), dessen Reliquien zusammen mit zwei weiteren hl. ungarischen Königen, Emerich und Ladislaus, in Analogie zu den hl. Drei Königen in Köln und Aachen verehrt wurden. Vgl. Z. Szilárdfy, in: LCI VIII, 407-409.

40.  So begründete die Übergabe der Reliquien des Hl. Liborius im Jahre 836 den Bund ewiger Bruderschaft zwischen dem Erzbistum Paderborn und dem Bistum Le Mans. Vgl. V. de Vry, Liborius, Brückenbauer Europas. Die mittelalterlichen Viten und Translationsberichte, Paderborn 1999; G. Beaugrand, Sankt Liborius, Schutzpatron im Strom der Zeit, Paderborn 2001. Vgl. auch die Übersicht über die Reliquientranslationen zwischen 600 und 1200, in: Atlas zur Kirchengeschichte, hg. v. H. Jedin u.a., Freiburg 1970, Karte Nr. 28.

41.  Vgl. A. Angenendt, Kaiserherrschaft und Königstaufe, Berlin 1984.

42.  Vgl. z.B. J. Fried, Otto III. und Boleslaw Chrobry. Das Widmungsbild des Aachener Evangeliars, der Akt von Gnesen und das frühe polnische und ungarische Königtum. Eine Bildanalyse und ihre historischen Folgen, Stuttgart 1989; J. Fried, Die Formierung Europas 840-1046, München 1991; R. Michałowski, Polen und Europa um das Jahr 1000, in: Der Hoftag in Quedlinburg 973 [s.o. Anm.23], 51-72.

43.  Vgl. Norbert Ohler, Pilgerstab und Jakobsmuschel. Wallfahrten in Mittelalter und Neuzeit, Düsseldorf 2000, S. 237: »Mit anderen Reisenden haben Pilger dazu beigetragen, daß das Abendland Gemeinsamkeiten ausbildete, die langfristig stärker waren als die Konfessionsgrenzen im 16. und 17., solider als die Grenzen der Nationen im 19. und 20. Jahrhundert, fester als der "Eiserne Vorhang", dessen Fall wir erleben durften.«

44.  Decretum Gratiani, Dist. VIII c.1.

45.  Vgl. Kap.2 der Regula Benedicti: Es gelte bei ihm [dem Abt] kein Ansehen der Person im Kloster. Er liebe den einen nicht mehr als den andern... Der Freie soll nicht dem, der aus dem Sklavenstande kommt, vorgezogen werden, wenn sonst kein vernünftiger Grund vorliegt. ... Denn ob Sklave oder Freier, in Christus sind wir alle eins, und wir tragen die gleichen Waffen im Dienste des einen Herrn: »Vor Gott gilt ja kein Ansehen der Person.« (Röm 2,21). Vgl. Decretum Gratiani, Dist. XLIX, c. 2: Ein Priester, »der den Mächtigen ehrt und den Armen« bringt ein beschmutztes Opfer dar.

46.  »Als er die Stadt Magdeburg erblickte... ging er mit entblößten Füßen hinein. Er wurde in der Kirche empfangen und betrat, begleitet von vielen, die Burg, bekleidet mit einem Bettelgewand. Als er so nicht erkannt wurde, ertrug er die Zurückweisung durch den Torwächter.« (MGSS 12, 694; vgl. PL 170,1323).

47.  In der um 1252/60 verfaßten Legenda aurea - »mit einer Überl. v. etwa 1000 Hss. u. Übers. in viele Volkssprachen eine der bedeutendsten Schr. des Mittelalters« (A. Strauss, in: LThK3 1997, 741) - heißt es etwa: »... Also nahm sie einen siechen und ungestalten Menschen, des Haupt gar böslich stank, in ihren eigenen Schoß und schor ihm sein greulich Haar und wusch ihm sein Haupt, dieweil die Mägde ihrer lachten. Bei den Bittgängen ging sie allezeit in der Procession mit nackten Füßen und in Wollen gekleidet, und wann man Halt machte zur Predigt, so saß sie unter den armen Weibern als ein arm demütig Weib« (Die Legenda aurea des Jacobus de Voragine. Aus dem Lateinischen übersetzt von Richard Benz, Gütersloh 195513, S. 673).

48.  Decretum Gratiani, C. XXVII, qu.1: »Consensus facit matrimonium«. Frauenraub ist ein Ehehindernis. Vgl. R. Puza: LMA 4,855-857.

49.  Vgl. Decretum Gratiani C.XII qu.2 c.27-29.

50.  Vgl.H.-J.Gilomen, Wucher: in LMA 9,341-345

51.  Vgl. Ralf van Bühren, Die Werke der Barmherzigkeit in der Kunst des 12.-18. Jahrhunderts, Hildesheim 1998.

52.  Entsprechend der Doppelbedeutung des Wortes hospes wird aus dem Fremden der Gast. Vgl. Benedikt-Regel, Kap.53: Der Abt wäscht den Fremden die Füße. »Ganz besondere Aufmerksamkeit zeige man bei der Aufnahme von Armen und Pilgern, da in ihnen Christus ganz besonders aufgenommen wird. Bei den Reichen bewirkt nämlich bereits das Gebieterische ihres Auftretens Ehrerbietung« 

53.  Die großen epidemischen Hexenverfolgungen gab es nicht im Mittelalter und auch nicht im päpstlichen Kirchenstaat, sondern in der frühen Neuzeit in katholischen und protestantischen Gebieten Deutschlands.

54.  Vgl. den Beitrag von Christian Krause in diesem Band; vgl. auch Brigitte Sauzay und Rudolf von Thadden (Hg.), Eine Welt ohne Gott? Religion und Ethik in Staat, Schule und Gesellschaft. Genshagener Gespräche, Bd. III, Göttingen 1999; Joseph Listl und Dietrich Pirson (Hg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd I/II, Berlin2 1994/1995.

55.  Vgl. Vinzenz Pfnür, Colloquies, in: Hans J. Hillerbrand (Hg.), The Oxford Encyclopedia of the Reformation, New York - Oxford 1996, I, 375-383

56.  Arno Buschmann (Hg.)| Kaiser und Reich, München 1984, Teil 1, S. 215-283; für den Westfälischen Frieden von 1648 vgl. ebd. Teil 2, S. 11-14, 106-128.

57.  Vgl. Harm Klueting (Hg.), 200 Jahre Reichsdeputationshauptschluß. Säkularisation, Mediatisierung und Modernisierung zwischen Altem Reich und neuer Staatlichkeit. Tagung der Historischen Kommission für Westfalen vom 3.-5. April 2003 in Corvey, Münster i. W. 2005

58.  Vgl. Rudolf Lill (Hg.), Der Kulturkampf, Paderborn 1997 (Beiträge zur Katholizismusforschung, Reihe A, Bd. 10)

59.  Vgl. Joseph Listl, Konkordat, in: LThK3 6,263-268; Joseph Listl und Dietrich Pirson (Hg.), Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd I/II, Berlin2 1994/1995.

60.  Vgl. Ludwig Volk, Das Reichskonkordat vom 20. Juli 1933. Von den Ansätzen in der Weimarer Republik bis zur Ratifizierung am 10. September 1933, Mainz 1972 (Veröffentlichungen d. Komm. f. Zeitgeschichte bei d. Kath. Akad. in Bayern. Bd. 5)

61.  Predigt vom 13. Juli 1941 in Sankt Lamberti: Die Gerechtigkeit ist das einzig tragfeste Fundament aller Staatswesen! ... Wie viele deutsche Menschen schmachten in Polizeihaft, in Konzentrationslagern, sind aus ihrer Heimat ausgewiesen, die niemals von einem ordentlichen Gericht verurteilt worden sind, oder die nach Freispruch vor Gericht oder nach Verbüßung der vom Gericht verhängten Strafe erneut von der GStP gefangengenommen und in Haft gehalten werden!... Die Pflicht meines bischöflichen Amtes, für die sittliche Ordnung einzutreten, die Pflicht meines Eides, in dem ich vor Gott und vor dem Vertreter der Reichsregierung gelobt habe, nach Kräften „jeden Schaden zu verhüten, der das deutsche Volk bedrohen könnte", drängen mich, angesichts der Taten der GStP, diese Tatsache öffentlich warnend auszusprechen. Vgl. Peter Löffler (Hg.), Bischof Clemens August Graf von Galen. Akten, Briefe und Predigten 1933 - 1946, Paderborn 19962. (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe A Bd.42)

62.  Vgl. Axel Freiherr von Campenhausen, Christentum und Recht, in: Peter Antes (Hg.), Christentum und europäische Kultur, Freiburg 2002, S.104: Kein Zufall ist es, dass Regime wie der deutsche Nationalsozialismus (1933-1945) und der sowjetische Kommunismus (1919-1990 in der Sowjetunion, 1945-1990 im östlichen Europa einschließlich der DDR) mit dem Bemühen um Alleinherrschaft über das ganze soziale Leben des Menschen keine Appellationsinstanz nichtstaatlicher Natur neben sich duldete. Die christlichen Kirchen wurden als ein kritisches Gegenüber außerhalb der staatlichen Organisation von Anfang an und grundsätzlich bekämpft. Der Staat selbst wollte den Menschen auch in weltanschaulicher Hinsicht einzige Autorität sein.

63.  Vgl. Jörg Ennuschat. »Gott« und Grundgesetz, in: Neue Juristische Wochenschrift 51, 1998, 953-957. Vgl. Auch Jörg Winter, Staatskirchenrecht der Bundesrepublik Deutschland, Neuwied [u.a.] 2001, Axel v. Campenhausen u.a., Lexikon für Kirchen- und Staatskirchenrecht, Paderborn ##

64.  Vgl. Art. Artikel 137: Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Das Eigentum und andere Rechte der Religionsgesellschaften und religiösen Vereine an ihren für Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und sonstigen Vermögen werden gewährleistet.
Artikel 139: Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.
Artikel 141: Soweit das Bedürfnis nach Gottesdienst und Seelsorge im Heer, in Krankenhäusern, Strafanstalten oder sonstigen öffentlichen Anstalten besteht, sind die Religionsgesellschaften zur Vornahme religiöser Handlungen zuzulassen, wobei jeder Zwang fernzuhalten ist.

65.  Immanuel Kant, Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? (Kant's gesammelte Schriften, hg. von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften, Bd VIII, Berlin 1923, S.35.

66.  Horst Stuke, Aufklärung, in: Otto Brunner u. a (Hg.), Geschichtliche Grundbegriffe, Stuttgart 1972, Band I, S. 243-342.

67.  Reinhart Koselleck, Über den Stellenwert der Aufklärung in der deutschen Geschichte, in: Hans Joas u.a. (Hg.), Die kulturellen Werte Europas, Frankfurt/M 2005, 365f.

68.  Vgl. Vgl. Dietmar Stutzer und Alois Fink, Die irdische und die himmlische Wies, Rosenheim 1982.

69.  Vgl. die Einteilung der Menschenrassen, angefangen vom »niedrigsten Typus, der australischen Urrasse« bis hin zur weißen Rasse des Nordeuropäers (Brockhaus. Kleines Konversationslexikon, 19065, Bd. 2, S. 166)

70.  Vgl. Reinhart Koselleck, a.a.O., S. 353-366, S.364: »Die Säkularisierung der katholischen Reichskirche samt Klöstern, ihren Besitztümern und ihrer Verfassungsposition ist auch ein Ergebnis der Aufklärung« .

71.  Vgl. C. Grimm, Kunstbewahrung und Kulturverlust, in: Glanz und Ende der alten Klöster. Säkularisation im bayerischen Oberland 1803, München 1991, S. 78f

72.  Immanuel Kant, a.a.O., S. 37: »Der öffentliche Gebrauch seiner Vernunft muß jederzeit frei sein, und der allein kann Aufklärung unter Menschen zu Stande bringen; der Privatgebrauch derselben aber darf öfters sehr enge eingeschränkt sein, ohne doch darum den Fortschritt der Aufklärung sonderlich zu hindern. Ich verstehe aber unter dem öffentlichen Gebrauche seiner eigenen Vernunft denjenigen, den jemand als Gelehrter von ihr vor dem ganzen Publicum der Leserwelt macht.«

73.  Vgl. Den vielziterten Satz von Voltaire: »Es gibt ein Recht auf Blasphemie, sonst gibt es keine wahre Freiheit« .

74.  Immanuel Kant, a.a.O., S. 37: »Den Privatgebrauch nenne ich denjenigen, den er in einem gewissen ihm anvertrauten bürgerlichen Posten oder Amte von seiner Vernunft machen darf.... So würde es sehr verderblich sein, wenn ein Offizier, dem von seinen Oberen etwas anbefohlen wird, im Dienste über die Zweckmäßigkeit oder Nützlichkeit dieses Befehls laut vernünfteln wollte; er muß gehorchen. Es kann ihm aber billigermaßen nicht verwehrt werden, als Gelehrter, über die Fehler im Kriegesdienste Anmerkungen zu machen, und diese seinem Publicum zur Beurtheilung vorzulegen«

75.  Reinhart Koselleck, a.a.O. S. 365.

76.  Vgl. Klaus Weber, Laizismus und katholische Kirche, Essen 1967; Roger Mehl, Laizismus: TRE 20, 1990, 404-409; François Marty, Laizismus: LThK3 6, 1997, 612f; Jeffrey Klaiber, Laizismus: RGG4 5, 2002, 37-39.

77.  Anton Rohrbasser (Hg.), Heilslehre der Kirche. Dokumente von Pius IX. bis Pius XII., Freiburg/Schweiz 1953, Nr. 61-103; lat. in: AAS 17 (1925) 593-610.

78.  Pius XI., Rundschreiben Ubi arcano vom 23. Dezember 1922. AAS XIV (1922) 673-700.

79.  Axel Freiherr von Campenhausen, Christentum und Recht, in: Christentum und europäische Kultur. Eine Geschichte und ihre Gegenwart. Hg. Von Peter Antes, Freiburg 2002, S.98. Vgl. ebd.: Mit dem Christentum tritt in einer vorher unbekannten Weise die Verantwortung des Menschen in der Welt des Rechts und der Politik hervor. Politisches Handeln macht rechenschaftspflichtig vor Gott, vor dem eigenen Gewissen und heute als Ergebnis einer christlich geprägten Geschichte des Staates auch vor den Organen des freiheitlichen Rechtsstaats. Das Nebeneinander von Staat und Kirche, allgemeiner von Staat und Religionsgemeinschaften, ist den modernen Menschen so selbstverständlich, dass kaum zu Bewusstsein kommt, dass diese Unterscheidung eine Besonderheit der durch das Christentum geprägten Welt ist.

80. J. Ratzinger, in: J. Habermas / J. Ratzinger, Dialektik der Säkularisierung, Freiburg 2006, S.57. Vgl. ebd. S. 56: »Wir hatten gesehen, dass es Pathologien in der Religion gibt, die höchst gefährlich sind und die es nötig machen, das göttliche Licht der Vernunft sozusagen als ein Kontrollorgan anzusehen, von dem her sich Religion immer wieder neu reinigen und ordnen lassen muss, was übrigens auch die Vorstellung der Kirchenväter war. Aber in unseren Überlegungen hat sich auch gezeigt, dass es (was der Menschheit heute im allgemeinen nicht ebenso bewusst ist) auch Pathologien der Vernunft gibt, eine Hybris der Vernunft, die nicht minder gefährlich, sondern von ihrer potentiellen Effizienz her noch bedrohlicher ist: Atombombe. Mensch als Produkt. Deswegen muss umgekehrt auch die Vernunft an ihre Grenzen gemahnt werden und Hörbereitschaft gegenüber den großen religiösen Überlieferungen der Menschheit lernen. Wenn sie sich völlig emanzipiert und diese Lernbereitschaft, diese Korrelationalität ablegt, wird sie zerstörerisch.«

81. J. Ratzinger, in: Marcello Pera / Joseph Ratzinger, Ohne Wurzeln. Der Relativismus und die Krise der europäischen Kultur. Augsburg 2005, S. 145.

82. J. Ratzinger, Interview in: Die WELT vom 24.11.2004 (http://www.welt.de/data/2004/11/24/364776.html?s=1)

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