Reformationsgeschichte
als Testfall
ökumenischer Kirchengeschichtsschreibung.
(1)
Reformationsgeschichte und konfessionelle
Identität
Die Feier des Reformationsfestes
Datierung und Inhalt von Luthers
Turmerlebnis
Die Leipziger Disputation
zwischen Luther und Eck(4.-14. Juli 1519)
Die reformatorische Bewegung
Das reformatorische Bekenntnis
Das Wort »katholisch« im vorgegebenen Titel: Katholische Anstöße zur ökumenischen Kirchengeschichtsschreibung bezeichnet die Spannung zwischen konfessioneller Identität (im Blick auf Herkommen und Verortung im konfessionell verstandenen Katholischen) und ökumenischer Katholizität auf der Basis der im Apostolischen Glaubensbekenntnis bekannten einen heiligen katholischen und apostolischen Kirche.
Unabhängig von meinen persönlichen Erfahrungen
(2) kann eine ökumenische Kirchengeschichtsschreibung im
gegenwärtigen Stadium des fortgeschrittenen ökumenischen Dialoges
sich der Aufgabe der Findung eines gemeinsamen ökumenischen Standortes
nicht mehr entziehen. So wichtig und hilfreich es in einer polemisch verhärteten
Situation ist, auch den Vertreter der anderen Konfession (mit seiner anderen
Meinung) im selben Werk zu Wort kommen zu lassen, so geht es jetzt darum,
»einen gemeinsamen Nachvollzug unserer Geschichte zu erlauben, der
notwendig ist, um die Wunden unserer gemeinsamen und getrennten Vergangenheit
zu heilen« (3) Für einen solchen
gemeinsamen Standort in der Wertung der Trennungsgeschichte bieten die
neueren Dokumente des evangelisch-katholischen Dialoges
(4) wichtige inhaltliche und methodische Hinweise. Im folgenden
sollen diese Anstöße für eine ökumenische Kirchengeschichtsschreibung
mit eingebracht werden.
Für eine ökumenische Kirchengeschichtsschreibung ist die Reformationsgeschichte
vielfach immer noch ein nicht entschärfter Konfliktbereich, wie nicht
zuletzt auch die von R. Kottje und B. Moeller hg. Ökumenische Kirchengeschichte
eindringlich vor Augen führt.
Dabei stellt sich ein grundsätzliches Problem: Die gegenwärtige
evangelisch-katholische Konfessionstrennung steht im wirkungsgeschichtlichen
Zusammenhang mit den Ereignissen der Reformationszeit. Die Erinnerung daran
ist auch heute noch ein wichtiger Faktor konfessioneller
Identität.
Daraus ergibt sich auf den ersten Blick eine verhängnisvolle Alternative:
Bewahrung der überkommenen Identität
durch Wachhalten der Erinnerung und damit auch Wachhalten
der Trennung
oder Wegwerfen des geschichtlichen Ballastes aber damit auch Verlust
der gewachsenen Identität.
Wie kann ökumenische Kirchengeschichtsschreibung mit diesem Dilemma
zurechtkommen?
Im folgenden soll dies an einzelnen Beispielen aus der Reformationsgeschichte
gezeigt werden.
Der Durchbruch der reformatorischen
Erkenntnis bei Luther.
Zur Frage von
Datierung und Inhalt von Luthers Turmerlebnis.
Gegenwärtig gibt es sowohl auf evangelischer wie katholischer Seite der Reformationsgeschichtsforschung Vertreter einer Früh- Mittel- oder Spätdatierung von Luthers Turmerlebnis. (8) Konsequenz der von bekannten evangelischen Reformationshistorikern vertretenen Spätdatierung (1518) ist dabei, daß der jahrhundertelang am Reformationsfest gefeierte Luther vom 31. Oktober 1517 noch gar nicht zur reformatorischen Erkenntnis gelangt war. Unabhängig davon bedeutet der Dissens in der Bestimmung des Zeitpunktes und des Inhaltes von Luthers Turmerlebnis, daß die Vertreter derselben Konfession sich über die konfessionelle Einordnung des Inhaltes zweier Bände der Weimarer Lutherausgabe (WA 56 und 57/I) nicht einig werden können. Ist für die Vertreter der Frühdatierung (z.B. Holl-Schule, Lortz) Luthers Römerbriefvorlesung klares Zeugnis von Luthers reformatorischer Position, so bestreiten dies die Vertreter der Spätdatierung (z.B. Bizer, Aland, Brecht, Grisar). Einen Ausweg aus dieser - angesichts voreiliger vollmundiger konfessioneller Schlagwortabgrenzung - heilsamen Verlegenheit gibt es m.E. nur, wenn man für diese Auseinandersetzungen in der Frühzeit Luthers den theologischen Schulbetrieb als Sitz im Leben berücksichtigt: Es geht hier noch nicht um den Streit zwischen verschiedenen Kirchen und Konfessionen, sondern zwischen verschiedenen theologischen Schulrichtungen. Nimmt man Luthers eigene Aussagen ernst, so ergibt sich eine frappierende Übereinstimmung zwischen der im Rückblick beschriebenen reformatorischen Erkenntnis und Luthers Ausführungen in der Römerbriefvorlesung (9):
Neues Verständnis von Röm 1,17:
Rückblick
Luthers:
»... passivische Gerechtigkeit,
durch die uns der barmherzige Gott rechtfertigt durch den Glauben ...«
»Da fühlte ich
mich wie neugeboren und wie durch offene Pforten in das Paradies eingetreten.
Da zeigte sich mir durchgehend ein anderes Gesicht der ganzen Schrift ...
und ich sammelte auch in anderen Wörtern die Analogie: Werk Gottes,
d.h. durch das Gott in uns wirkt,
Kraft Gottes, durch die er
uns kräftig macht ...« (qua nos potentes facit)
»Danach las ich Augustinus'
Schrift "Über den Geist und den Buchstaben", wo ich wider Erwarten
überrascht wurde, daß auch er Gerechtigkeit Gottes ähnlich
interpretiert: als die, durch die Gott uns bekleidet, wenn er uns rechtfertigt«
Römerbriefvorlesung
1515
zu Röm 1,17:
»Die Gerechtigkeit Gottes
ist die Ursache des Heils. Und hier darf wiederum Gerechtigkeit Gottes
nicht als diese angenommen werden, durch die er selbst gerecht ist in sich
selbst, sondern durch die er uns durch sich selbst rechtfertigt, was geschieht
durch Glauben an das Evangelium.«
»... Kraft Gottes, nicht
durch die er selbst kräftig ist formaliter in sich selbst, sondern
durch die er kräftige und starke macht« (qua potentes et valentes
ipse facit)
»Von daher sagt der
hl. Augustinus in Kap.9 der Schrift "Über den Geist und den Buchstaben"
: Deshalb wird sie Gerechtigkeit Gottes genannt, weil er dadurch, daß
er sie mitteilt, Gerechte macht
Dazwischen eine Konfessionsgrenze ziehen zu wollen ist m.E. unmöglich. Anderseits verweisen die Vertreter der Spätdatierung zu Recht darauf, daß Luther 1518 zu einem neuen Verständnis der Absolution gelangte.
Eine Lösung dieses Problems
ist m.E. nur möglich, wenn der Hintergrund der schultheologischen
Auseinandersetzung Luthers mit einbezogen wird. Danach ergibt sich folgendes
Bild: Zunächst erfolgt die Abgrenzung gegenüber den »Sautheologen«,
die behaupten, »der Mensch könne aus eigenen Kräften Gott
über alle Dinge lieben und die gebotenen Werke tun 'ihrem Tatbestand
nach' (quoad substantiam actuum), aber nicht nach dem Willen des Gesetzgebers,
weil er sie nicht im Stande der Gnade tue... So war die Gnade also nur
notwendig um der neuen, das Gesetz überbietenden Forderung willen«.
Gemeint ist Gabriel Biel, wie aus Luthers Randbemerkungen zum Sentenzenkommentar
von Gabriel Biel und der Disputation gegen die scholastische Theologie
zu belegen ist. (10)
Von daher wird auch der besondere
Anstoß an dem Wort Evangelium in Röm 1,17 deutlich, den Luther
im Rückblick ausdrücklich erwähnt: Genügt es nicht,
daß die armen Sünder durch das Gesetz des Dekaloges bedrückt
werden, muß Gott auch noch durch das Evangelium dem Schmerz einen
Schmerz hinzufügen! (11) Auf diesem
Hintergrund bedeutet Luthers neue Erkenntnis: Gerechtigkeit und Vergebung
der Sünde werden nicht erlangt durch Erfüllung des Gebotes der
Gottes- und Nächstenliebe aus eigener Kraft, sondern durch Gottes
Geschenk des Glaubens. Biels Position der Sündenvergebung durch die
Liebesreue (Kontritionismus) beinhaltet zugleich, daß der Priester
in der Absolution nur nachträglich bestätigt, daß die Sünden
bereits vor Gott vergeben sind. Noch in den Resolutionen schreibt Luther:
»So ist es wahrscheinlicher, daß der Priester des Neuen Bundes
lediglich erklärt und die Lösung vor Gott approbiert«
(12). Luther vertritt diese Position zwar »nicht aus voller
Überzeugung«, aber er sieht noch keine andere Lösung, außer
der von ihm als häretisch abgelehnten Alternative derer, die sagen,
»daß die Sakramente denen die rechtfertigende Gnade geben,
die keinen Riegel vorschieben, derer Urheber Scotus ist«. »Einige
von denen sagen gar, daß keine gute Regung des Herzens erforderlich
sei« (13). Im Sermon vom Sakrament
der Buße hingegen sieht Luther in der Absolution nicht mehr die nachträgliche
Bestätigung des Priesters, der sich zuvor davon überzeugen muß,
ob der Beichtende auch eine Liebesreue hat, sondern den Zuspruch der Vergebung
in Christi Namen (14). Luther übernimmt
damit die Position von Duns Scotus, daß die Absolution das wichtigste
in der Beichte ist und daß durch sie die Sünden vergeben werden,
(15) lehnt aber weiter die bei Scotus damit verbundene Folgerung
ab, daß von seiten des Menschen nicht einmal eine gute Regung erforderlich
ist. (16)
Wenn es sich hier also noch
nicht um eine Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Konfessionen handelt,
so ist die in dieser Auseinandersetzung bezogene Position Luthers für
lutherische Konfession doch relevant: Die Confessio Augustana verweist
in der nach dem Scheitern der Einigungsbemühungen des Augsburger Reichstages
von 1530 redigierten geschichtswirksamen Fassung von 1531, der Editio princeps,
mit den zwei gegen die 'katholische' Seite neu aufgenommenen Verwerfungen
gerade auf diesen Hintergrund der Abgrenzung gegen Biel (Art.18)
(17) und Scotus (Art.13) (18).
Diese differenziertere Sicht,
die die Position der »von Luther studierten und vorwiegend bekämpften
Spätscholastik« (19) nicht unter
der Hand eins setzt mit der Position der Hochscholastik oder Augustins
oder der katholischen Position überhaupt, ermöglicht es, der
eingangs dargelegten verhängnisvollen Alternative zwischen Aufrechterhaltung
der Konfessionstrennung oder Verlust der Identität zu entkommen. Lutherische
Identität wird gewahrt, indem die sachliche Berechtigung der Abgrenzung
gegenüber einer problematischen theologischen Schulposition als bleibend
gültig festgehalten und im ökumenischen Dialog auch von der katholischen
Seite anerkannt wird. (20) Dies bedeutet
aber nicht Verwerfung der »kirchlich verantworteten Lehre der katholischen
Kirche«, wie auch die lutherische Seite festhält
(21). An die Stelle einer rein negativen Gruppenidentität,
bei der die Sachfragen in den Hintergrund treten oder durch Schlagworte
zugedeckt werden, tritt eine positive Identität. Ziel einer katholisch-ökumenischen
Kirchengeschichtsschreibung muß es sein, in Aufnahme der im ökumenischen
Dialog erreichten gemeinsamen Sicht die Bedeutung der in der Auseinandersetzung
mit den spätscholastischen Positionen des Kontritionismus und Attritionismus
zu Tage tretenden Anliegen Luthers als auch für die katholische Seite
relevant zu vermitteln.
Die Leipziger Disputation
zwischen Luther und Eck
Auch hinsichtlich der Wertung der Leipziger Disputation führt eine
konfessionalistische Sicht in eine Aporie, so etwa wenn Luthers Aussage,
daß es »in der ganzen Schrift keine Erwähnung des Fegfeuers
gibt, die im Streitfall Bestand hat und überzeugen kann«,
(22) als Beleg für das reformatorische Sola-scriptura-Prinzip
gewertet wird. Doch wie ist damit zu vereinen, daß Luther trotzdem
das Fegfeuer ausdrücklich als kirchliche Glaubenslehre bejaht: »Ich,
der ich fest glaube, ja vielmehr zu sagen wage: ich weiß, daß
es ein Fegfeuer gibt ...« (23) Auch
hier führt das vorschnelle Schwingen der Konfessionskeulen sich selbst
ad absurdum. Nur eine differenziertere Sicht kann auch hier dem Sachverhalt
gerecht werden. Zunächst ist das Genus Disputation zu beachten. Disputiert
werden kann nur auf der Basis der Bejahung des gemeinsamen Glaubensbekenntnisses
über theologisch noch nicht geklärte Sachfragen. Dabei sind bestimmte
Regeln einzuhalten (vgl. die Verwarnung Karlstadts in Leipzig wegen Ablesens).
Ziel ist - ähnlich wie bei einem mittelalterlichen Ritterturnier oder
heute bei einem Fußballspiel - der zu erringende Sieg. Es geht also
darum, die eigenen Thesen gegen die Einwände des Gegners siegreich
zu verteidigen, und nicht darum, Gemeinsamkeiten festzustellen. So gibt
Luther zwar zu, daß 2 Makk 12,46 das Thema berührt, läßt
die Stelle aber nicht als stichhaltigen Schriftbeweis gelten, da sie nicht
zum hebräischen Kanon gehöre, sodaß sie zwar zur Bekräftigung
bei den Gläubigen aber nicht zur Entscheidung in einem Streitfall
herangezogen werden könne, - eine Kanon-Auffassung, für die sich
Luther auf Hieronymus und Eusebius beruft und die in der damaligen Theologie
u.a. auch von Thomas de Vio Cajetan (gegen Ambrosius Catharinus) oder Johannes
Dietenberger vertreten wurde. Was die Sachfrage des Fegfeuers
selbst betrifft, so bejahen beide, Luther und Eck, das Fegfeuer. Eine Dialogbereitschaft
mit der Geschichte der Theologie könnte auch hier zu einem sachgerechteren
Verständnis führen: Ohne eine Reinigungsmöglichkeit - Fegfeuer
ist die problematische Übersetzung von purgatorium - gibt es im Blick
auf die Hoffnung des Himmels nur eine verhängnisvolle Alternative:
Entweder geht der Mensch mit all seinen Fehlern und Sünden in den
Himmel ein - aber was ist das dann für ein Himmel! - oder er ist ein
so anderer, daß seine eigene Lebensgeschichte als bedeutungslos ausgelöscht
ist - aber ist er dann noch der, der jetzt auf den Himmel hofft!
Die Disputation zwischen Luther
und Eck über das Fegfeuer ging um die Frage, ob der Mensch bei dieser
Reinigung noch selbst aktiv sein kann (so Luther) oder ob mit dem Tod das
Wirken abgeschlossen ist (so Eck). (24)
Schwieriger für eine ökumenische
Kirchengeschichtsschreibung ist der im Zusammenhang mit der Leipziger Disputation
meist genannte Kontroverspunkt, ob Konzilien irren können.
(25) Auch wenn hier im lutherisch-katholischen Dialog noch kein
fester gemeinsamer Standort gewonnen ist, so kann ein unvoreingenommenes
Hören auf die Geschichte doch vorschnelle konfessionelle Zementierung
infrage stellen: Zunächst ist zu sehen, daß es in der Disputation
um die Bewertung des Konzils von Konstanz geht, dessen Geltung zwischen
Konziliarismus und Papalismus umstritten war. Überraschend für
heutige Sicht verteidigt Melanchthon in seinem Bericht über die Leipziger
Disputation an Johannes Ökolampad Luther gegen den Vorwurf, er habe
etwas gegen die Konzilien gesagt: »Dabei hat jener nichts mit größerer
Gottesfurcht betrieben, als daß die Konzilien ihre gebührende
Autorität hätten.« (26)
Nach Art. 1 der Confessio Augustana ist »Der Beschluß des Konzils
von Nizäa ohne jeden Zweifel zu glauben«. Dem gegenüber
wird in den auf dem Reichstag zu Augsburg von katholischer Seite zur Widerlegung
der CA vorgelegten Irrtumslisten die Luther und Melanchthon zugeschriebene
Äußerung zitiert: »Meine Seele haßt das Wort homousios«
(27). Die evangelischen Fürsten und Stände antworten
darauf: »Was aber etliche von den Konzilien geschrieben oder gelert
haben, das lassen wir auf eines jeden Verantwortung stehen; denn wir geben
den christlichen Konzilien ihre gebührende Ehre, wie die alten Canones
davon halten« (28).
Die genannten Beispiele verweisen
auf den theologischen Schulbetrieb als Sitz im Leben. Vorherrschendes literarisches
Genus waren dabei Vorlesung und Disputation.
Mit der Bulle Exsurge Domine
und der schließlichen Bannung wird Luther zur Sammelfigur der verschiedenen
Gruppen der Gesellschaft (Ritter, Bauern, städtische Schichten, Fürsten),
die mit dem Klerus (angefangen vom Hilfspriester, dem Kloster als Leibherrn
und Konkurrenz der Handwerker, dem Bischof als Stadtherrn, bis hin zum
päpstlichen Hof in Rom) in Konflikt stehen. Auch für diese Phase
der Auseinandersetzung gilt es, das vorherrschende literarische Genus,
hier die Flugschrift, zu beachten. Wer die Konfessionsunterschiede aus
Kampf- und Flugschriften ableitet, zieht die angesprochenen kontroversen
Punkte zu einem System aus, in dem die nichtkontroversen und deshalb nicht
thematisierten Gemeinsamkeiten, nicht zum Tragen kommen. Zudem besteht
die Gefahr, den unmittelbaren Anlaß und Kontext zu übersehen.
So geht es in dieser Phase der Auseinandersetzung Luther mit seinem Streitsatz
»Denn alle Christen sind wahrhaft geistlichen Standes«
(29) nicht um die Frage der Ordination, da geistlicher Stand
und Priesterweihe nach mittelalterlicher Vorgabe nicht identisch sind,
(30) sondern um die gesellschaftlichen Vorrechte (wie Immunität
vor dem weltlichen Gericht, Steuerbefreiung etc.) derer, die durch die
vor den niederen Weihen erteilte Tonsur oder durch die Ordensgelübde
Mitglieder des geistlichen Standes wurden. Eine Schlüsselfunktion
für eine ökumenische Sicht dieser Phase der Reformation hat m.E.
der Hinweis von Lehrverurteilungen - kirchentrennend? auf »die Vielschichtigkeit
des von Luther ausgegangenen Konfliktprozesses« und auf »die
Tragweite der 'nicht-theologischen Faktoren', die eine theologische Einigung
damals erschwerten. Dazu gehören die Verflechtungen von theologischer
Argumentation mit kirchlichen, politischen und wirtschaftlichen Interessen
und zunehmend auch die leidvollen Erfahrungen auf beiden Seiten, die ein
schwer überwindbares Mißtrauen erzeugten. So kam es, daß
man die Gegensätze vielfach von Randgruppen und Extrempositionen her
verstand«. (31) Es würde zu
weit führen, dies im einzelnen auszuführen. Verwiesen sei nur
auf zwei Flugschriften im Umfeld des Kriegszuges von Franz von Sickingen
gegen den Erzbischof von Trier. Der lutherische Prediger Heinrich von Kettenbach
überliefert ein Flugblatt an die Untertanen des Erzbischofs, worin
es u.a. heißt: »Ich begehre, Euch zu erlösen von dem schweren
endchristlichen Joch und Gesetz der Pfaffenheit und zu evangelischen lichten
Gesetzen und zu christlicher Freiheit zu bringen. ... Bedenket, daß
ihr wider Christus und sein Evangelium streitet..!« Für Mathias
Schlegel aus Trier, »das da verbrannt und verheert worden ist von
den Bluthunden und evangelischen Knechten« folgt daraus, daß
»die falschen lutherischen Katzen«, »vergiftet von dem
lutherischen Kater«, »das heilige Evangelium mit Rauben, Morden,
Brennen verfechten wollen« (32) Vereinzelte
Äußerungen Luthers, die als Gewaltaufruf gegen den Klerus verstanden
werden konnten (33), erhalten auf dem Hintergrund
solcher Erfahrungen überproportionale Bedeutung. In der Zwischenzeit
erfolgte Klarstellungen und Korrekturen werden nicht zur Kenntnis oder
nicht ernst genommen. Umgekehrt wußte sich Luther auf dem Reichstag
zu Worms bis aufs Leben bedroht, andere mußten den Anschluß
an die reformatorische Bewegung mit Amtsenthebung, Gefängnis, Vertreibung
oder, wie etwa Leonhard Käser und Adolf Clarenbach, sogar mit dem
Leben bezahlen. Ereignisse und Äußerungen aus der Umbruchszeit
der reformatorischen Bewegung der frühen zwanziger Jahre prägen
so - aufgrund persönlicher Erfahrungen oder von Berichten darüber
- in starkem Maße das gegenseitige Bild. Von diesem hermeneutischen
Rahmen her werden dann auch die gegnerischen Schriften gelesen. Mißtrauen
verhindert dabei ein angemessenes Verstehen und führt so zu Mißverständnis.
Auch politische und ökonomische Faktoren tragen dabei zur Entfremdung
und Trennung bei. (34)
Als die sächsische Delegation
auf dem Augsburger Reichstag 1530 erschien, hatte man sich zunächst
nur auf die Verteidigung der reformatorischen Neuerungen (insbesondere
Priesterehe, Laienkelch, Abschaffung der Privatmesse) eingestellt. Der
erste Teil der Augsburger Konfession, die Artikel der Lehre, wurde erst
in Augsburg erarbeitet. Johann Eck hatte nämlich 404 Artikel, überspitzte
Sätze, exzerpiert aus reformatorischen Schriften, als Disputationsthesen
der Gegner präsentiert und bot sich an, diese in einer großen
Disputation vor dem Kaiser als Schiedsrichter zu widerlegen. Wäre
die evangelische Seite darauf eingegangen, wäre ihr im Rahmen der
Disputation nur die Alternative geblieben, diese überspitzten Positionen
zu verteidigen oder sich davon zu distanzieren und sich damit als besiegt
zu geben. Melanchthons »Gegenmittel« war die Darlegung dessen,
was in den Kirchen bei ihnen gelehrt wird. Die erste Reaktion von katholischer
Seite auf diese lutherische Selbstdarstellung war das Bestreben, das wahre
Gesicht der lutherischen Reformation anhand der gesammelten Häresienkataloge
aufzuzeigen. (35). In der schließlich
vom Kaiser angenommenen Confutatio ist mit dem Ernstnehmen der Confessio
Augustana als Ausdruck lutherisch-reformatorischer Theologie und einer
nur noch bedingungsweisen Zurückweisung (nur wenn CA 2 und CA 7 in
bestimmter Weise verstanden werden) bereits der Weg zu einem ernsthaften
Dialog eröffnet, der dann 1530 in Augsburg aber auch 1540/41 in Worms/Regensburg
unter der Vorgabe des »freundschaftlichen Gesprächs« (amicum
colloquium) zur Formulierung einer weitreichenden Gemeinsamkeit in zentralen
Grundfragen (trinitarisches und christologisches Bekenntnis, Erbsünde,
Rechtfertigung, Sakramente und Kirche) führte.
(36)
Dies bleibt bestehen, auch
wenn die endgültige Bereinigung der Konfessionstrennung bei den Religionsgesprächen
nicht erreicht werden konnte. Immerhin sind sie eine wichtige Voraussetzung
für den Augsburger Religionsfrieden, der nur den Anhängern der
Confessio Augustana gilt.
War für Joseph Lortz die
positive Wertung von Luthers abgründig tiefer religiöser Persönlichkeit
der Ansatz zu einem neuen katholischen Lutherbild, so ist die Kehrseite
davon eine negative Wertung des Augsburgischen Bekenntnisses
(37) und damit auch der Herausbildung des lutherischen Kirchenwesens.
Demgegenüber wird im gegenwärtigen ökumenischen Dialog die
wichtige Bedeutung der Confessio Augustana betont: »Der Dialog der
letzten Zeit, die durch ihn erreichten theologischen Verständigungen
und der Grad gelebter Gemeinschaft führen uns nach Augsburg und zum
Augsburger Bekenntnis zurück. Denn diese Bekenntnis, das Basis und
Bezugspunkt der andern lutherischen Bekenntnisschriften ist, spiegelt wie
kein anderes in Inhalt und Struktur den ökumenischen Willen und die
katholische Intention der Reformation« (38).
Diese Sicht beinhaltet einerseits eine Öffnung der Konfessions-Identität
auf eine größere gemeinsame kirchliche und christliche Identität
und ermöglicht anderseits eine grundsätzliche Bejahung der Identität
der anderen Konfession, wie sie etwa im Wort des Papstes und der deutschen
katholischen Bischöfe zur Confessio Augustana zum Ausdruck kommt:
»Freuen wir uns, daß wir nicht nur einen Teilkonsens in einigen
Wahrheiten entdecken können, sondern eine Übereinstimmung in
zentralen Glaubenswahrheiten« (39).
Damit verbunden ist eine Neubewertung
der Religionsgespräche: »Dogmengeschichtliche Forschungen über
Mittelalter, Reformation, nicht zuletzt über die Confutatio... und
über die Augsburger Einigungsverhandlungen von 1530 haben zu Einsichten
geführt, die geeignet sind, frühere Kontroversen unbefangener
einzuordnen, gegenseitige Verurteilungen zu entschärfen und damals
bereits erzielte Einigungen neu zu bewerten«
(40). Verwiesen wird insbesondere auf bereits in den Religionsgesprächen
erreichte Klärungen von Kontroverspunkten der Rechtfertigungslehre
(41). An den dabei formulierten methodischen und hermeneutischen
Hinweisen kann eine ökumenische Kirchengeschichtsschreibung nicht
vorbeigehen: Gegenüber der traditionellen Wertung, die die Einigungen
der Religionsgespräche einer schließlich gemeinsam gefundenen
schillernden Formulierung zuschreibt, durch die die verbleibenden Sachdifferenzen
zugedeckt würden, wird darauf verwiesen, daß die Beteiligten
dies gerade anders sehen: Bei weiterhin unterschiedlicher Terminologie
beider Seiten, die in ihrer Berechtigung anerkannt wird, wird eine Einigung
in der Sache erreicht, wobei ein Übersetzen von einer Sprache in die
andere oder die Zuordnung unterschiedlicher Redeweise zur gemeinsamen Sache
erforderlich ist (42). Wichtig sei »die
Einsicht, daß man offenbar mit verschiedenen Worten dasselbe meinen
kann - ebenso mit denselben Worten Verschiedenes.«
(43) Bereits im 16. Jahrhundert habe man »genau bemerkt,
daß eine weitreichende sachliche Gemeinsamkeit durch eine der jeweils
anderen Seite verdächtige Terminologie zugedeckt wurde«
(44) Die gegenseitigen Verwerfungen stehen dem nicht von vornherein
entgegen, da der Streit sich vielfach »an Extrempositionen, zumindest
an mißverständlich formulierten Sätzen entzündete,
die beiderseits später präzisiert, wenn nicht gar überholt
wurden, ohne daß sich dies auf die Verwerfungen noch voll auswirkte«.
(45)
Zu beachten sei, »daß
weder die reformatorischen Bekenntnisschriften, noch auch die Dekrete und
Canones des Trienter Konzils primär als Texte gelesen werden dürfen,
die sich gegen die genuine und kirchlich verantwortete Lehre der anderen
Seite richten. Besonders bei den jeweiligen Verwerfungen in der Rechtfertigungs-
und Sakramentenlehre wird deutlich, daß sich die reformatorischen
Bekenntnisschriften hauptsächlich gegen Positionen der Spätscholastik
wenden und umgekehrt das Konzil von Trient gegen solche reformatorische
Positionen, wie sie sich den Konzilsvätern aus den dem Konzil vorgelegten
und vielfach aus zweiter und dritter Hand erstellten Irrtumslisten darstellten.«
(46) Wenn das Konzil von Trient das sola fide ablehnt, so ist
dabei das Verständnis von sola fide einzusetzen, das sich den Konzilsvätern
aufgrund der Zusammenstellung einzelner isolierter, aus dem Kontext genommer
Sätze ergab, nämlich daß »damit die Wirksamkeit der
Sakramente, die Bedeutung der guten Werke und die Notwendigkeit eines verbindlichen
Bekenntnisses, das 'Zustimmung' erfordert, ausgeschlossen« sei
(47) Darin eine Ablehnung der genuinen richtig verstandenen lutherischen
Rechtfertigungslehre zu sehen, ist methodisch ein Kurzschluß.
(48)
Aus diesen fragmentarischen
Hinweisen dürfte deutlich geworden sein, daß eine konfessionalistisch
verengte Kirchengeschichtsschreibung dem komplexen Phänomen Reformation
nicht gerecht wird, daß die verhängnisvolle Alternative zwischen
Wachhalten der Konfessions-Trennung und Verlust der Identität nur
in einem gemeinsamen neuen Lesen der Geschichte überwunden werden
kann, daß ökumenischer Kirchengeschichtsschreibung im Blick
auf die Glaubwürdigkeit des christlichen Zeugnisses in der Gegenwart
eine wichtige Rolle zufällt und daß der im katholisch-lutherischen
ökumenischen Dialog erreichte Gesprächsstand zugleich eine Hilfe
und eine Herausforderung darstellt, der ökumenische Kirchengeschichtsschreibung
sich nicht entziehen kann.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- 1. überarb.
Fassung meines Referates »Gedächtnis und Dialog. Katholische
Anstöße zur ökumenischen Kirchengeschichtsschreibung«
auf der Tagung in Hofgeismar, 25.-27 November 1994, zum Thema Ökumenische
Kirchengeschichtsschreibung«, veröffentlicht in: Ökumenische
Kirchengeschichte: Probleme, Visionen, Methoden, hg. von Bernd Jaspert,
Paderborn / Frankfurt/M 1998, 139-153 ISBN: 3-87088-874-1 / 3-87476-317-X
2. Schon vor dem
Konzil machte ich in meiner Studienzeit in Bonn (1959-1963) positive ökumenische
Erfahrung in der gemeinsamen praktischen Arbeit des Sozialen Arbeitskreises
des Evgl. Stutentengemeinde und der kath. Akad. Vinzenzkonferenz. Damals
erhielt jedoch die katholischen Seite vom katholischen Studentenpfarrer
noch nicht die Erlaubnis für ein gemeinsames Gebet mit den Mitlgiedern
der evangelischen Seite in der Kapelle des evangelischen Studentenheimes.
Während meiner Hilfskrafttätigkeit im Ökumenischen Institut
der Kath. Theol. Fak. Münster vertrat ich in der zweiten Hälfte
der sechziger Jahre das Bistum Münster im Gaststatus in der Arbeitsgemeinschaft
christlicher Kirchen vertrat. Neben meiner Tätigkeit in ökumenischen
Kommissionen des Bistums Münster und der Deutschen Bischofskonferenz
war ich von 1973 - 1994 Mitglied der internationalen Gemeinsamen römisch-katholischen
/ evangelisch-lutherischen Kommission. An der Erarbeitung der Erklärung
»Lehrverurteilungen - kirchentrennend?« des Ökumenischen
Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen was ich als Mitglied
zweier Unterkommissionen beteiligt.
3. Gruppe von
Dombes, Für die Umkehr der Kirchen. Identität und Wandel im Vollzug
der Kirchengemeinschaft, Frankfurt/M 1994, S. 25.
4. Neben der bereits
genannten Erklärung der Gruppe von Dombes (s. Anm.2) sind für
unsere Fragestellung besonders hervorzuheben die (bei Bonifatius/Lembeck
erschienenen) Veröffentlichungen
5. Vgl. Schönstädt,
Jürgen: Antichrist, Weltheilsgeschehen und Gottes Werkzeug. Römische
Kirche, Reformation und Luther im Spiegel des Reformationsjubiläums
1617 (Wiesbaden 1978) = VIEG, 80. Die jährliche Festfeier wurde 1668
eingeführt.
6. Iserloh, Erwin:
Luther zwischen Reform und Reformation. Der Thesenanschlag fand nicht statt
(Münster 31968) = KLK 23/24.
7. Luther schreibt
am 21.11.1518 an den Kurfürsten Friedrich den Weisen: »Dabei
hat von dieser Disputation niemand daselbst von den engsten Freunden gewußt
außer der ehrwürdige Herr Erzbischof von Magdeburg und der Herr
Hieronymus, Bischof von Brandenburg: denn weil ihnen ja daran gelegen sein
mußte, derartige Ungereimtheiten zu unterbinden habe ich sie in Privatschreiben
- und zwar bevor ich die Disputationsthesen veröffentlichte - in demütiger
und ehrerbietiger Weise aufgefordert, die Herde Christi vor diesen Wölfen
zu behüten« (WABr 1,245). Der im Original erhaltene Brief Luthers
an Erzbischof Albrecht von Mainz, dem er die Ablaßthesen beilegt,
trägt das Datum vom 31.10. (Vigil von Allerheiligen) 1517. Da für
die Beförderung des Briefes mindestens einige Tage zu veranschlagen
sind - faktisch wurde der Brief laut Kanzleivermerk am 17.11. von den Magdeburger
Räten geöffnet und danach nach Mainz weitergeleitet - wußten
nach Luthers Worten der Erzbischof und somit auch Luthers engste Freunde
am 31.10. nichts von der Disputation über den Ablaß. Vgl. Iserloh,
a.a.O. 41-55.
8. Vgl. Der Durchbruch
der reformatorischen Erkenntnis bei Luther / Der Durchbruch der reformatorischen
Erkenntnis bei Luther. Neuere Untersuchungen, hg. v. Bernhard Lohse (Darmstadt
1968) = WdF 123 / (Stuttgart 1988) = VIEG.RG Beiheft 25.
9. WA 54,185f;
WA 56,169-173; WA 57/I,24.132-134.
10. Für
die Einzelnachweise vgl. Pfnür, Vinzenz: Die Verwerfungen der Confessio
Augustana, der Apologie und der Schmalkaldischen Artikel hinsichtlich der
Rechtfertigungslehre, in: Lehrverurteilungen - kirchentrennend? II Materialien
zu den Lehrverurteilungen und zur Theologie der Rechtfertigung, Freiburg
/ Göttingen 1989, 191-209. 15. Vgl. Apol.
12: »Und dieweil Gott durch das Wort wahrlich neu Leben und Trost
ins Herz gibt, so werden auch durch Gewalt der Schlüssel wahrhaftig
hier auf Erden die Sunde los gezählet also, daß sie für
Gott im Himmel los ein, wie der Spruch lautet: "Wer euch höret, der
höret mich". Darum sollen wir das Wort der Absolution nicht weniger
achten noch glauben, denn wenn wir Gottes klare Stimme von Himmel höreten,
und die Absolution, das selige tröstliche Wort, sollt billig das Sakrament
der Buß heißen, wie denn etliche Scholastici, welche gelehrter
denn die andern gewesen, davon reden« (BSLK 259).
16. Vgl. Altenstaig,
Theologisches Lexikon (1517): »So aber teilen sie [die Sakramente]
Gnade mit durch ihren Vollzug (ex opere operato), weil zur Erlangung der
Gnade durch sie nach Scotus eine gute innere Regung nicht erforderlich
ist ..., sondern es genügt, daß der Empfänger keinen Riegel
vorschiebt ...«. Die Apologie verbindet ex opere operato stereotyp
mit
sine bono motu accipientis, sine bono motu utentis, sine bono motu
cordis (BSLK 172,52f; 295,7; 238,48; 255,12; 256,37; 295,4f.50f; 350,32).
Vgl. Das Herrenmahl (s.o. Anm.3), Exkurs: Die Wirksamkeit der Sakramente
sola fide und ex opere operato (S.93-100).
17. »Sie
verwerfen die Pelagianer und die anderen, die lehren, daß wir ohne
den Heiligen Geist durch die bloßen Kräfte der Natur Gott über
alles
lieben, desgleichen die Gebote Gottes dem Tatbestand nach (quoad substantiam
actuum) tun können« (BSLK 74).
18. »Sie
verwerfen also jene, die lehren, daß die Sakramente durch ihren Vollzug
(ex opere operato) rechtfertigen, und die nicht lehren, daß beim
Empfang der Sakramente der Glaube erforderlich ist, der glaubt, daß
die Sünden vergeben werden« (BSLK 68). 19. Lehrverurteilungen
- kirchentrennend? I 21,13; vgl. ebd. 26,7-10: »Besonders bei den
jeweiligen Verwerfungen in der Rechtfertigungs- und Sakramentenlehre wird
deutlich, daß sich die reformatorischen Bekenntnisschriften hauptsächlich
gegen Positionen der Spätscholastik wenden.«
20. Vgl. Einheit
vor uns, Nr. 68 (S. 43). Vgl. Lehrverurteilungen - kirchentrennend? I,
21,18-21: »So erkennt heute die katholische Seite unbefangener den
Beitrag der Reformation zu einem von der Schrift her erneuertem Verständnis
des Evangeliums und die Berechtigung der Kritik Luthers und Calvins an
Theologie und kirchlichem Leben ihrer Zeit«.
21. Vgl. Einheit
vor uns, a.a.O.
23. WA 59,527,2931:
»Ego, qui credo fortiter, immo ausim dicere: scio purgatorium esse
....«; vgl. Ecks Antwort (ebd. 2951f): »Quod se excuset credere
se et scire purgatorium esse, bene accipio et prius novi«.
24. Vgl. WA 9,209,23-26;
WA 2, 161,20ff; WA 59,525,2868-553,3790.
25. Vgl. WA 59,500,2080-2085:
»Ich stimme dem Herrn Doktor zu, daß die Beschlüsse der
Konzilien in Glaubenssachen auf jede Weise festzuhalten sind. Nur das allein
behalte ich mir vor, was auch vorzubehalten ist, daß ein Konzil manchmal
geirrt hat und irren kann, besonders in Dingen, die nicht Glaubenssache
sind. Auch hat das Konzil keine Vollmacht, neue Glaubensartikel grundzulegen«;
511,2409-2418.
26. Melanchthons
Briefwechsel, hg. v. Heinz Scheible, Bd T1, hg. v. Richard Wetzel (Stuttgart-
Bad Cannstatt 1991) S.139, 137-139.
27. Vgl. die
Einzelnachweise bei Pfnür, Vinzenz: Die Einigung bei den Religionsgesprächen
von Worms und Regensburg 1540/41 eine Täuschung?, in: Die Religionsgespräche
der Reformationszeit, hg. von Gerhard Müller, 1980, S. 61 Anm.36.
28. Urkundenbuch
zu der Geschichte des Reichstages zu Augsburg im Jahre 1530, hg. v. Karl
Eduard Förstemann Bd II (Halle 1835), S.216.
30. Vgl. Das
geistliche Amt in der Kirche (s.o. Anm.3), S.18 Anm.13.
31. Lehrverurteilungen
- kirchentrennend? I (s.o. Anm.3) S. 22,3-10.
32. Die Reformation
in Augenzeugenberichten,hg. v. Helmar Junghans (München 1967), S.247f.
250.; Flugschriften der Ritterschaftsbewegung des Jahres 1523, hg. v. Karl
Schottenloher (Münster 1929), S.49-51.
33. Vgl. WA 6,347,22-27:
»Wenn wir die Diebe durch Auspeitschen, die Räuber durch das
Schwert, die Häretiker durch das Feuer strafen, warum sollen wir dann
nicht umso mehr diese Lehrer der Verderbnis, diese Kardinäle, diese
Päpste und jenen ganzen Haufen römischer Sodomie, der die Kirche
Gottes ohne Unterlaß verdirbt, mit allen Waffen bekämpfen und
unsere Hände in ihrem Blut waschen, um uns und die Unseren gleichsam
von einem allgemeinen und überaus gefährlichen Brand zu befreien?«
34. Alle unter
einem Christus. Stellungnahme zum Augsburgischen Bekenntnis (s,o, Anm.3)
Nr.12 (S.58).
35. Vgl. die
Titel der neun zusammen mit der Catholica responsio übergebenen Schriften:
1) Antilogiarum, hoc est contradictionum M. Lutheri Babylonia; 2) Haereses
et errores ex diversis Martini Lutheri libris in unum collecti; 3) Haereses
in sacris conciliis antea damnatae per Lutheranos iterum ab inferis reductae;
4) Haereses et errores Martini Lutheri per Leonem Pontificem ante decennium
condemnati; 5) Haereses et errores Martini Lutheri ante septennium per
Universitatem Parisiensem condemnati; 6) Condemnatio facultatis theologiae
Lovaniensis; 7) Epitome aliquot haeresium et errorum Martini Lutheri; 8)
Monstra sectarum ex Luthero et Lutheranis enata; 9) Lutherani Evangelii
abominabiles nimiumque perniciosi damnatissimi fructus.
36. Für
Einzelbelege vgl. Pfnür, Vinzenz: Colloquies,
in: The Oxford Encyclopedia of the Reformation, ed. by Hans J. Hillerbrand,
New York - Oxford 1996, Vol I, p. 375-383. 37. Vgl. Joseph
Lortz, Die Reformation in Deutschland, Freiburg 21948, II, S.53:
»Einbruch des Bagatellisierens [des Dogmatischen] und Relativierens
[des Christlichen] in das lutherische Christentum«.
38. Alle unter
einem Christus. Stellungnahme zum Augsburgischen Bekenntnis (s,o, Anm.3)
Nr. 7. Vgl. auch Katholische Anerkennung des Augsburgischen Bekenntnisses,
hg. v. Harding Meyer, Heinz Schütte und Hans-Joachim Mund (Frankfurt
1977); Das katholisch-lutherische Gespräch über das Augsburger
Bekenntnis. Dokumente 1977-1981, hg. v. Harding Meyer (Genf 1982) = LWB-Report
10; Koch, Kurt: Gelähmte Ökumene. Was jetzt noch zu tun ist (Freiburg
1991), S. 65-106.
39. Einheit vor
uns (s.o.Anm.3), Nr.51 (S.31).
41. Vgl. Lehrverurteilungen
- kirchentrennend?, S.51: Bei den Einigungsgesprächen in der Reformationszeit
konnte man sich [bzgl. des Sündenverständnisses] durch einen
Rückgriff auf die Auffassung der Hochscholastik verständigen,
".... daß die Erbsünde weggenommen wird hinsichtlich des 'Formalen',
aber erhalten bleibt hinsichtlich des 'Materialen'«; S.58: »Auch
in Augsburg 1530 kam es zu einer Einigung in der Rechtfertigungslehre durch
die Zuordnung des scholastischen Gnadenbegriffs zum reformatorischen Glaubensbegriff«;
S. 67: »Eine Einigung [in der Kontroverse um die Buße] wurde
(abgesehen von der Frage der Sündenstrafen) bereits 1530 in Augsburg
erzielt«.
42. Vgl. Lehrverurteilungen
- kirchentrennend?, S.59: Ȇbersetzt man von einer Sprache in
die andere, dann entspricht einerseits die reformatorische Rede von der
Rechtfertigung durch den Glauben der katholischen Rede von der Rechtfertigung
durch die Gnade ...«, vgl. ebd.58 (s.o. Anm.36).
43. Lehrverurteilungen
- kirchentrennend? a.a.o. S.22.
48. Wenn in neueren
Untersuchungen aus dem Faktum, daß den einzelnen Sätzen der
tridentinischen Irrtumslisten Stellenangaben beigefügt waren, auf
eine gute Lutherkenntnis auf dem Konzil geschlossen wurde, so liegt dies
daran, daß man dabei auf eine genauere Untersuchung dieser Stellenangaben
verzichtete und so nicht bemerkte, daß eine schon vor Trient entstandene
fehlerhafte Angabe, bei der nichts mehr stimmte, von den Theologen, denen
eine gute Lutherkenntnis attestiert wird, unbesehen übernommen wird,
oder daß eine von Luther abgelehnte Position der Schwärmer Luther
zugeschrieben wird. Für die Einzelnachweise vgl. Pfnür, Vinzenz:
Verwirft das Konzil von Trient in der Lehre von den Sakramenten die reformatorische
Bekenntnisposition? Zur Frage der Kenntnis der reformatorischen Theologie
auf dem Konzil von Trient. Untersuchung der Irrtumslisten über die
Sakramente, in: Lehrverurteilungen - kirchentrennend? III Materialien zur
Lehre von den Sakramenten und vom kirchlichen Amt, hg. v. Wolfhart Pannenberg
(Freiburg / Göttingen, 1989), S. 159-186.
(4.-14. Juli 1519)
der Gemeinsamen römisch-katholisch
/ evangelisch-lutherischen Kommission:
Das Herrenmahl, 1978;
Wege zur Gemeinschaft, 1980;
Alle unter einem Christus. Stellungnahme
zum Augsburgischen Bekenntnis, 1980, a.a.O. 53-63;
Das geistliche Amt in der Kirche,
1981;
Einheit vor uns, 1985;
Martin Luther - Zeuge Jesu Christi,
1983, a.a.O S. 86-95)
und des Ökumenischen Arbeitskreises
evangelischer und katholischer Theologen (Dialog der Kirchen, hg. von Karl
Lehmann und Wolfhart Pannenberg,
Bd 1: Glaubensbekenntnis und
Kirchengemeinschaft. Das Modell des Konzils von Konstantinopel (381);
Bd 2: Evangelium- Sakramente-
Amt und die Einheit der Kirche. Die ökumenische Tragweite der Confessio
Augustana;
Bd 3: Das Opfer Jesu Christi
und seine Gegenwart in der Kirche. Klärungen zum Opfercharakter des
Herrenmahls;
Bd 4-6.8: Lehrverurteilungen
-kirchentrennend? Rechtfertigung, Sakramente und Amt im Zeitalter der
Reformation und heute, I-IV 1986.1989.1991.1994;
Bd 7: Verbindliches Zeugnis I:
Kanon - Schrift - Tradition, 1992 -
erschienen bei Herder/Vandenhoeck).
Vgl.
Apologie, Art. 13: »Hier verdammen wir den ganzen Haufen der scholastischen
Lehrer, die lehren, daß die Sakramente dem, der keinen Riegel vorschiebt,
Gnade mitteilen durch ihren Vollzug (ex opere operato) ohne gute Regung
im Empfänger« (BSLK 295,1-8). Vgl. Pfnür, Vinzenz: Die
Verwerfungen der Confessio Augustana, der Apologie und der Schmalkaldischen
Artikel hinsichtlich der Rechtfertigungslehre, a.a.O. (s.o. Anm. 9) S.
203-205.