JULIUS
PFLUG
BISHER UNBEKANNTES PROTOKOLL
VOM
REGENSBURGER
RELIGIONSGESPRÄCH 1541
bearbeitet und transskribiert
von
Venicio
Marcolino
Einführung
Das
Manuskript Pag. 75 gamma der Stiftsbibliothek Zeitz umfaßt 40 Blatt,
von den die ersten 35 mit Bleistift von 1-69 paginiert sind. Von den S.
1-69 sind folgende S. 2, 4, 6, 31-34, 41-42, 45-46, 50, 57-58, 63-65 nicht
beschrieben, ebenso enthalten die unnumerierten Seiten keinen Text. Durchgehend
weisen die Blätter starke Wasserschäden auf und deswegen ist
die Schrift an unzähligen Stellen schwer lesbar, an einigen überhaupt
nicht entzifferbar, an manchen Blättern sind sogar Stücke Papier
und somit Textteile durch die Feuchte verlorengegangen. Der Text der S.
1-66 ist ein Autograph Julius Pflugs, von anderer Hand stammt das Schriftstück
auf S. 67-69, das mit der eigenhändigen Überschrift Pflugs Eccianum
de iustificatione versehen ist. Das Autograph gibt stichwortartig den
Verlauf des Regensburger Religionskolloquiums im Jahre 1541 wieder. Das
Schriftstück von anderer Hand erweist sich als eine Abschrift der
Einigungsformel, die Johannes Eck damals zur Ersetzung des Artikels 5 im
Wormser Buch vorschlug.
Das
Ms. 75 gamma findet sich nicht in den Verzeichnissen der Handschriften
Pflugs, die Atnasius Faber 1595[1]
und Johanne Zader 1649[2]
anfertigten.Im Handschriftenkatalog, der Ende des 17. Jahrhunderts angefertigt
wurde und noch heute im Gebrauch ist[3], wurde es erst
nachträglich registriert. Dieser Umstand erklärt sich wohl dadurch,
daß die losen Blätter unter den unsortierten Papiere erst später
aufgefunden und vom Stiftsbibliothekar einfach zusammengestellt. Um die
richtige Reihenfolge der Blätter hat man sich sicher nicht besonders
bemüht, sonst würde die Unordnungen geringer ausfallen. Nach
dem Fortgang des Textinhalts sind die Seiten folgendermaßen einzuordnen:
S. 27-28, 1-4, 10, 9, 7-8, 35-36, 12, 11, 13-24, 37-42, 25-26, 29-34, 43-50,
59-66, 51-58, 5-6, 67-69. Einige Blätter sind verlorengegangen, es
fehlt mindestens ein Blatt mit dem Anfang des Protokolls.
Das
Autograph Julius Pflugs ist ein kurzes Protokoll der Verhandlungen auf
dem Regensburger Kolloquium 1541, an dem der Naumburger Bischof als Kollokutor
teilnahm. Es lassen sich zwei Teile unterscheiden. Der eine betrifft die
Wortmeldungen der einzelnen Kollokutoren während der ersten Lesung
des Gesprächsbuches vom 28. April bis 22. Mai 1541 und ist passend
Notiunculae
de dialogis inter catholicos et luteranos collocutores Ratisponae anno
1541 zu überschreiben. Dazu gehören die Aufzeichnungen auf
S. 27-28, 1, 3, 10, 9, 7-8, 35-36, 12, 11, 13-24, 37-40, 25-26, 29-30,
43-44, 47-49, 59-62; die dreizeilige Notiz auf S. 66 läßt nicht
entziffern und daher nicht einordnen. Der andere Teil betrifft die Ergebnisse
der Abschlußberatungen in der zweiten Lesung des Buches vom 24.-25.
Mai 1541 und diesen kann man Notae de articulis conciliatis et non conciliatis
in colloquio Ratisponensi anno 1541 bezeichnen. Es ist festzustellen,
daß es sich nicht um ein vollständiges Protokoll, sondern um
zwei sich teils wiederholenden und teils sich ergänzenden unvollständigen
Fassungen. Die Praescriptio A betrifft die Artikel 1-14 (S. 51-54)
und die Praescriptio B umfaßt die Artikel 6-7, 9 (S. 5) sowie
Artikel 12, 11, 15, 19-20 (S. 55-56).
Die
Aufzeichnungen haben einen besonderen Quellenwert, weil die meisten wohl
während der Beratungen gemacht wurden. Nur einige Einträge am
Rand und vermutlich auch die Praescriptio B sind erst nachträglich,
aber baldigst noch vor dem 31. Mai 1541 niedergeschrieben. Für diese
Annahme spricht die Art der Notizen, die soviele Einzelheiten in geordeneter
Form, aber stichwortartig wiedergeben, wie sie nur bei der simultanen Notierung
des Gehörten, nicht bei einer nachträglichen Niederschrift aus
der Erinnerung erklärlich sind. Die gleiche Überzeugung gewinnt
man aus der Betrachtung der Konzeptschrift, deren Duktus mehrfach wechselt
und die stellenweise sehr flüchtig ist. Auch der Gebrauch vom Futur
im Protokoll der zweiten Lesung, wie zum Beispiel bezüglich des Artikels
14: de additione cogitabunt Domini collocutores, sed per nos exhibebitur
prout est in libro, bestätigt die Entstehung vor der ZUstellung
des Buches an den Kaisaer. Die verhältnismäßig vielen dazwischen
leer gebliebenen Seiten deuten sicher darauf hin, daß Julius Pflug
freien Raum für nachträgliche Ergänzungen ließ. Es
steht außer Zweifel, daß sämtliche Aufzeichnungen in unmittelbarer
Nähe der Ereignisse entstanden sind und deshalb große Zuverlässigkeit
beanspruchen dürfen.
Das
Ziel, einen lesbaren Text herzustellen und zugänglich zu machen, erwies
sich als überaus schwer erreichbar. Pflug hat sich durchweg mit der
Angabe von Stichwörtern begnügt und auf den Stazbau kaum geachtet.
Statt eines fließenden Textes wurden lose Sätze, manchmal sogar
nur einzelne Wörter, hintereinander gereiht, so daß der Sinn
stellenweise dunkel bleibt. Dieser Tatbestand erschwerte die Bemühungen
um die richtige Interpunktion. Auch der Text des Protokolls konnte nicht
vollständig und nicht immer mit letzter Sicherheit wiedergegeben werden,
und dies nicht nur weil Blätter ganz oder teilweise fehlen, sondern
auch weil die flüchtige Handschrift vor allem wegen der Wasserschäden
nur sehr schwer, an manchen Stellen überhaupt nicht zu entziffern
war. Die unsicheren Entzifferungen werden durch Fragezeichen in eckigen
Klammen angedeutet, wie zum Beispiel: me[?]. Die Streichungen und Verbesserungen
werden im Variantenapparat vermerkt. Ebenso wird im Apparat angegeben,
wenn ein Textstück am Rand (= LR, RR, OR, UR) oder über der Zeile
(= ÜZ) niedergeschrieben wurde. Die nicht lesbaren Stellen werden
im Fortlauf des Textes mit 3 Punkte und der Zahl der Wörter (= W)
in eckigen Klammern festgehalten, zum Beispiel [...2W] = zwei nicht lesbare
Wörter. Ergänzungen des Herausgebers stehen in Spitzenklammern.
Auf den Nachweis der Zitate wurde verzichtet.
1. Athanasius Faber,
Index Bibliothecae a Reverendissimo Principe D. Iulio Episcopo Numburgensi
instructae (Naumburg, Domstiftsarchiv, XVI 4), f 96r-98v: Tandem de
manuscriptis, inter quae Iulij lucubrationes primo ponuntur loco.
2. Johannes Zader,
Catalogus Bibliothecae Episcopalis Numburgensis, Anno 1649 (Naumburg, Domstiftsarchiv,
XVI 5a), f 52r-v: Manuscripta quae sunt Iulli episcopi lucubrationes
et opera.
3. Vgl. Heinz Wießner,
Das Bistum Naumburg, Band 1, Berlin 1997, 102.- Ad. Brinkmann, Alphabetischer
Katalog der in der königl. Stiftsbibliothek zu Zeitz vorhandenen Druckwerke,
Zeitz 1912, IX.